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verschiedenes Rechtssubject besteht, die gemeinschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten jedem Einzelnen pro rata zukommen. Anders, wenn der Verein Subject einer juristischen Person ist (,,Corporationsrechte" hat). Hier ist das Subject der Rechte und Verbindlichkeiten des Vereins das Ganze, die juristische Person, die etwas von allen einzelnen Gliedern verschiedenes ist"), wie sie denn auch stets dieselbe bleibt, wenn auch alle ihre Glieder sich verändern®).

Als solche universitates personarum tommen vor: 1) vor allem der Staat selbst, sofern er Vermögen hat und durch dieses in privatrechtliche Verhältnisse eintritt, diese Seite des Staats wird durch das Wort fiscus bezeichnet); 2) die Gemeinden (civitates, municipia etc.), als dem Staat gleichartige und daher auch mit demselben Namen (respublicae) bezeichnete Corporationens); 3) die Corporationen, welche

d) L. 6 §. 1 D. de div. rer. (1, 8): - ideoque nec servus communis civitatis singulorum pro parte intelligitur, sed universitatis. Et ideo tam contra civem, quam pro eo posse servum civitatis torqueri, Divi fratres rescripserunt. Ideo et libertus civitatis non habet necesse veniam edicti petere, si vocet in ius aliquem ex civibus. L. 1 §. 7 D. de quaest. (48, 18), L. 7 §. 1 D. quod cuiusc. univ. (3, 4): Si quid universitati debetur, singulis non debetur, nec quod debet universitas, singuli debent. L. 2 eod.: Si municipes vel aliqua universitas ad agendum det actorem, non erit dicendum, quasi a pluribus datum sic haberi; hic enim pro republica vel universitate intervenit, non pro singulis. Uebertragung eines Corporationsguts an die einzelnen Glieder ist daher durchweg eine reine Veräußerung. L. 1 §. 15 D. ad S. Trebell. (36, 1). (Auch die Rechte, deren Ausübung den einzelnen „Interessenten“ überlassen ist, stehen nur der Corporation zu. Vgl. Veseler, System des gem. deutschen Privatrechts II. §. 84 E. 301. Annalen des Advocaten-Vereins zu Hannover 1846. S. 76–83. R.)

e) L. 7 §. 2 D. quod cuiusc. univ. (3, 4), L. 76 D. de iud. (5, 1), vgl. L. 59 pr. D. pro soc. (17, 2). Das Verhältniß der Glieder ist das einer Vertretung des Ganzen, wie diese durch die Corporationsverfassung bestimmt wird (§. 53).

f) Der Fiscus hat mannigfache Rechtswohlthaten. Dig. XLIX. 14. Cod. X. 1: de jure fisci. Eine Zusammenstellung s. z. B. bey Westenberg, principia iuris 49, 14. Auf der anderen Seite hat man gegenüber dieser mächtigsten aller Personen den Grundsaß für gerecht gehalten, den L. 10 D. h. t. ausspricht: Non puto delinquere eum, qui in dubiis quaestionibus contra fiscum facile responderit. Eine andere Erklärung, wonach nur die Straflosigkeit eines solchen Verfahrens in der Stelle ausgesprochen seyn soll, scheint, wenn überall, doch wenigstens zu ihrer Aufnahme in die Pandekten nicht zu passen. (Anders Böcking, Pand. I. §. 65 d. Keller, Pand. §. 36. Streitig ist die juristische Persönlichkeit der successiven Träger der Staats- und Kirchengewalt. L. 56 D. 57 D. de leg. 2 (31) c. 5 de rescr. in 6to sedes ipsa (apostolica) non moritur. Dagegen: Savigny §. 103, vgl. Windscheid §. 57 Anm. 3. Arndts §. 41 Anm. 2. R.)

g) Auch sie haben mancherlei singuläre Rechte. Cod. XI. 29: de iure reipublicae. Von ihrer Verfassung handeln Dig. L. 1-11. 15, Cod. I. 55. 56. VIII. 12. 13. X. 3170. XI. 13–57.

in Verbindung mit einzelnen Staatsanstalten stehen, so daß sie öffentlichen Zwecken dienen, wenn auch nicht auf jene unmittelbare Weise, wie die Gemeinden, sie heißen corpora collegia, decuriae, societates (publicae), sodalitates"), wohin die römischen Beamtenvereine, Zünfte, Gesellschaften zur Pachtung öffentlicher Rechte 2c. gehörten'); 4) die Kirche und die kirchlichen Corporationen, die in ihr unterschieden werden *).

§. 27.

Wer Güter für einen frommen und gemeinnüßigen Zweck (z. B. für Armen-, Kranken-, Waisen-Versorgung, Unterricht, Beförderung der Künste und Wissenschaften, Ausbreitung des Christenthums) stiften will, hat nicht nöthig, diese Güter in das Eigenthum einer bestehenden, natürlichen oder juristischen, Person mit der Auflage der Verwendung zu jenem Zweck zu bringen. Vielmehr wird eine solche ,,milde Stiftung", wenn jenes nicht geschehen ist, als ein selbstständiges Vermögen behandelt, welches das Subject, dem es zusteht, in sich trägt; der Zweck selbst, die pia causa, ist dieses Subject, und so werden solche Güterinbegriffe Träger juristischer Persönlichkeiten, welche pia corpora, piae causae genannt werden1).

Es giebt noch eine universitas bonorum, welche als Träger einer juristischen Persönlichkeit zu betrachten ist, dieß ist das Vermögen, sofern es als ein Ganzes auf einen Anderen übergeht, der die in dem

h) Dig. XLVII. 22: de collegiis et corporibus.

i) Savigny, System II. §. 88. In unserer Zeit gehören dahin auch die Universitäten, sofern sie als Corporationen behandelt werden; ist dieß nicht mehr der Fall, so ist doch mit ihnen noch eine juristische Persönlichkeit verbunden, die aber unter die Rubrik der Stiftungen (§. 27) gehört.

k) Cod. I. 2. 3. Es fragt sich, ob die Persönlichkeit der Kirche lediglich in den einzelnen Kirchengemeinden sich darstelle, oder auch in der über diesen stehenden Kirche. Vgl. die Lehre von dem Subject des Kirchenvermögens bey Eichhorn, Grunds. des K. R. II. S. 649 f., Richter, Lehrb. d. K. R. §. 287.

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1) S. die Rubrik von Cod. I, 3, und L. 23 C. de ss. eccles. (1, 2), L. 24. 28. 35. 46. (ungloss.) 49 C. de episc. et cler. (1, 3), Nov. 131 c. 11. 15. Clem. 2 pr. de relig. domib. (3, 11). (Roth, über Stiftungen, in den Jahrb. für Dogmatik I. S. 189 ff. 1856. R.) · Einige Neuere leugnen die Eristen; der piae causae als besonderer juristischer Personen, indem sie solche Güter schlechthin der Kirche oder Gemeinde 2c. zuweisen, so Roßhirt im Archiv für civil. Praris X. 13 . 321 ff. (Zeitschrift für Civil- und Griminalrecht V. S. 239 ff.) Friß, Erläuterung zu Wening I. S. 153 f. Diese Meinung beruht auf einer Verwechselung der Verwaltungsmit der Eristenzfrage, vgl. Savigny, System II. S. 271, Mühlenbruch in Glück's Commentar XL. S. 79 ff.

Vermögen als juristische fortgedachte Person des früheren Berechtigten repräsentirt, so namentlich die ErbschaftTM).

§. 28.

Die Entstehung einer juristischen Person hat zwey Voraussetzungen: 1) das Daseyn der Thatsache, welche die Unterlage derselben bildet, dieß ist entweder a) ein Personenverein von der Beschaffenheit, wie das Recht ihn fordert"), oder b) ein Güterinbegriff, bey den piae causae namentlich Stiftung durch eine wirksame Disposition für einen Zweck der erforderlichen Art; 2) eine Rechtsvorschrift, welche diesem Subject die Persönlichkeit beilegt, diese aber kann a) eine Rechtsregel seyn (eben

m) L. 22 D. de fideiuss. (46, 1): hereditas personae vice fungitur sicuti municipium et decuria et societas. L. 31 §. 1 D. de hered. inst. (28, 5), L. 34 D. de adquir. dom. (41. 1). Ueber die Nothwendigkeit und Bedeutung dieser Fiction s. §. 446. 447. Auch diese juristische Persönlichkeit ist in Abrede gestellt worden, s. besonders Savigny, System II. §. 102 und dagegen Puchta in Richter's und Schneider's Jahrb. 1840 S. 712 ff. (Eine Eigenthümlichkeit dieser „juristischen“ Persönlichkeit ist jedenfalls, daß sie eine vorausgehende natürliche vorausseßt und in eine andere natürliche oder juristische überzugehen bestimmt ist. R.) — Man hat die Aemter unter die juristischen Personen gerechnet, so unter vielen Anderen Mühlenbruch,; Lehrbuch §. 199, vgl. daselbst §. 40 Note 4. Der Grund ist L. 25 D. ad munic. (50, 1): magistratus municipales, cum unum magistratum administrent, etiam unius hominis vicem sustinent, et hoc plerumque quidem lege municipali eis datur, verum etsi non sit datum, dummodo non denegatum, moribus competit. Man sieht, wenn in dieser Stelle den Municipalmagistraten Corporationsrechte gegeben wären, so würde dieß so wenig ein allgemeiner Grundsaß seyn, als bey der Curie, die sie wirklich hat. Die Stelle aber sagt dieß gar nicht, sonst müßten auch Correalgläubiger eine huristische Person seyn, von denen L. 9 D. de pact. (2, 14) jagt, unius loco habentur. Uebrigens ist jene Behauptung gewöhnlich harmlos gemeint, man pflegt den Aermtern kein Eigenthum, keine Forderungen und Schulden zuzuschreiben (in der That ist das Subject solcher Privatverhältnisse immer entweder die natürliche Person des Veamten, oder der Fiscus), während die Rechtssäte, die Mühlenbruch a. a. D. vorträgt und mit jener Behauptung einleitet, in keinem wirklichen Zusammenhang mit ihr stehen. Einige haben sogar Grundstücke in die Reihe der Personen geseßt, weil es Rechte giebt, die mit dem Eigenthum eines Grundstücks verknüpft sind, und ihrem Inhalt nach wesentlich auf dieses fich beziehen (Realservituten, operis novi nuntiatio); diese schon ihrem Resultat nach höchst widernatürliche Ansicht bedarf kaum einer Widerlegung. (Dafür ist: Böcking, Inst. §. 62 und Pand. I. S. 231. Vgl. aber Arndts §. 41 Anm. 5. Kunze in der Heidelb. frit. Zeitschr. I. S. 549 f. R.)

n) Bey Collegien hat das römische Recht die Vorschrift, daß für den Anfang wenigstens drey Glieder vorhanden seyn müssen. L. 85 D. de V. S. (50, 16). Was aber überhaupt zur rechtlichen Eristenz dieser Thatsache, z. B. einer Gemeinde, einer Kirche x., gehöre, ist eine Frage des öffentlichen Rechts jedes Staats. (Jene Stelle enthält keinen absoluten Rechtssay und gilt auch für verbotene Collegien. Windscheid §. 60. Anm. 6. Arndts §. 44 Anm. 2. R.)

so wie bey den natürlichen Personen), welche also nicht blos einen individuellen Fall betrifft; hier ist in dem einzelnen vorliegenden Fall nur zu untersuchen, ob die Voraussetzungen des Rechtssaßes vorhanden sind, und dieß ist ein Gegenstand richterlicher Thätigkeit; b) eine Concession (constitutio personalis), die nur für die einzelne juristische Person gilt, die dadurch errichtet wird. Auf einem Rechtssaß beruht unzweifelhaft die Persönlichkeit des Staats, der Gemeinden, der Kirche, der Erbschaft; dasselbe (was offenbar das natürlichste ist) bey piae causae zu leugnen, ist kein Grund vorhandeno). Auch bei den Corporationen außer den vorhin genannten nennt das römische Recht solche, deren Persönlichkeit auf einer Rechtsregel beruht, gegenüber anderen, die nur als einzelne durch Concession entstanden sind »); inwieweit die collegia, welche heutzutage vorkommen, zu den vermöge eines Rechtssahes als Personen geltenden gehören, ist nicht nach dem römischen Recht zu entscheiden).

o) Unser geschriebenes Recht sezt ihre Persönlichkeit voraus, ohne des Erfordernisses einer besonderen Concession mit einem Wort zu gedenken, mit der man übrigens das Erforderniß einer gerichtlichen Confirmation der Stiftung, wenn diese vorgeschrieben wäre, nicht verwechseln darf; dieß bezieht sich auf die Vorausseßung 1, nicht auf die Vorausseßung 2. Diese Frage ist bey Gelegenheit einiger neuerer Fälle vielfach zur Erörterung gekommen, vgl. unter anderen: Rechtliches Gutachten der Juristenfacultät zu Berlin in der Städtel. Erbschaftssache 1827. Elvers, Erörterungen aus der Lehre von der testament. Erbfähigkeit jurist. Personen 1827. F. A. Northoff, die Gültigkeit der Erbeseinseyung einer zu errichtenden milden Stiftung in dem Test. des weiland 2. Blum 1833. Für die Nothwendigkeit einer besonderen Concession ist aufgetreten Mühlenbruch, Rechtliche Beurtheilung des Städtel. Beerbungsfalls 1828, und in Glück's Commentar XL. §. 1438b, auch Savigny, System II. §. 89 hat sich dafür erklärt. S. dagegen Puchta in Richter's und Schneider's Jahrb. 1840 705-712. (Arndts §. 46 Anm. 4. arg. L. 24. 28. 49 C. de ep. et cler. (1, 3), L. (restituta) 46 eod. Nov. 131 c. 10. 11. 15. und in Weiske's Rechtslerikon III. S. 915. 916. Windscheid §. 60 Anm. 2. 3. Demelius in den Jahrb. für Dogmatik IV. S. 139. Seuffert's Archiv XI. 9. XIV. S. 151.. Anm. 2. R.)

p) L. 1 pr. D. quod cuiusc. univ. (3, 4): vectigalium publicorum sociis permissum est corpus habere, vel aurifodinarum etc. (nicht einzelnen, sondern allen auch fünftig zusammentretenden) — item collegia Romae certa sunt, quorum corpus senatusconsultis atque constitutionibus principalibus confirmatum est, veluti pistorum (hier ist von einer Concession die Rede).

q) Vgl. Puchta a. a. D. S. 712. Uebrigens ist auch hier eine polizeiliche Genehmigung, die zu ihrer Gristenz nöthig seyn kann, nicht mit einer Concession der juristischen Persönlichkeit (die kein Ausfluß der Polizeigewalt ist) zu verwechseln. Ist eine Concession nöthig, so ist jene polizeiliche Genehmigung nicht hinreichend, und ist diese nöthig, so ist damit noch nicht gesagt, daß eine Concession erforderlich sey. (Bestritten: Vgl. jedoch L. 20 D. de reb. dub. (34, 5) nulla dubitatio est, quod, si corpori, cui licet coire, legatum sit, debeatur. Windscheid §. 60 Anm. 2. 3

Die Aufhebung einer bestehenden juristischen Person geschieht 1) durch den Untergang des Subjects (welcher dem Tod einer natürlichen Person gleichsteht)), so bey einem Personenverein durch Auflösung desselben von Seiten des Staats, nicht durch bloßen Beschluß der Glieder), auch nicht durch das bloße Aussterben der Glieder, wodurch an sich nur ein Stillstand der Thätigkeit eintritt); 2) durch die Entziehung der Persönlichkeit von Seiten des Staats, während das Subject, so namentlich der Personenverein, fortdauert").

(§. 28a.

Subjectlosigkeit der Rechte und des Vermögens?

Eine Frage, welche in neuerer Zeit vielfach erörtert ist"), betrifft den Streit, ob ein Recht, sei es ein einzelnes Privatrecht oder ein ganzes Privatvermögen ohne jedes Subject, also ohne einen natürlichen oder künstlichen Träger denkbar sei? Sie ist zu verneinen, nur Rechtsobjecte, nicht aber Rechte können als herrenlos gedacht werden. Ein herrenloses Recht, eine Macht ohne Träger würde einen innern Widerspruch enthalten). Wenn daher scheinbar von herrenlosen Rechten die Rede ist), so ist lediglich der Mangel eines natürlichen Inha

a. E. Unger in der frit. Ueberschau VI. S. 148 f. Sintenis I. S. 110. Anm. 24 Arndts §. 44 Anm. 4. 5. Keller §. 39. R.)

r) L. 21 D. quib. mod. ususfr. (7, 4).

s) Dieser ist dadurch ausgeschlossen, daß bey einer Corporation eine von den Gliedern verschiedene Person eristirt, deren Daseyn pon ihrer Willfür unabhängig ist. (Vgl. Savigny II. S. 279. Anders Sintenis §. 15 Anm. 29. R.)

t) Dieß folgt auch aus dem Saß, daß die juristische Person bei der Reduction auf Ein Glied fortdauert, L. 7 §. 2 D. quod cuiusc. univ. (3, 4), denn von dem gegenwärtigen Bestehen eines Personenvereins kann hier so wenig die Rede seyn, als wenn momentan kein Glied mehr eristirt. Non est novum, ut quae semel utiliter constituta sunt, durent, licet ille casus exstiterit, a quo initium capere non potuerunt. L. 85 §. 1 D. de R. I (50, 17). (Eine beliebige Auflösung behauptet Unger in der krit. Ueberschau VI. S. 177, eine Ausnahme (wenn dieser Fall in den Statuten der Corporation vorgesehen ist) Windscheid §. 61 Anm. 2 Arndts §. 45. R.)

u) Die Berechtigung der Staatsgewalt zu einer solchen Maßregel ist eine Frage des öffentlichen Rechts. Ueber das Schicksal der Güter einer aufgehobenen juri

stischen Person s. §. 564.

a) Die Litteratur s. bei Windscheid §. 49 Note 3.

b) Windscheid a. a. D. beruft sich darauf, daß das Recht kein reales Wollen, sondern nur ein „Wollen dürfen“ enthalte; aber selbst dieses seyt einen Träger voraus. Eine Anwendung ist, daß ein derelinquirter Sclave nicht stipuliren konnte L. 36 D. de stip. serv. (45, 3).

c) L. 1 pr. D. de rer. div. (1, 8), L. 13 §. 2 D. ad leg. Aquil. (9, 2), L. 13 §. 5 D. quod vi aut clam (43, 24), L. 3 pr. §. 6 L. 19 §. 5 D. de neg. gest. (3,5).

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