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Fünftes Kapitel.

Das Pfandrecht").

I. Begriff und Arten der Verpfändung.

§. 193.

Ein Recht an einer Sache kann jemandem zu dem Zweck gegeben seyn, daß ihm die Sache für eine Forderung hafte, und ihn der künftigen Realisirung seiner Forderung namentlich dadurch versichere, daß er vermöge jenes Rechts die Sache zum Verkauf bringen, und aus dem Preis sich bezahlt machen kann. In diesem lezteren, dem Recht, einen Gegenstand zur Befriedigung des Berechtigten wegen einer Forderung zu verkaufen"), liegt der Charakter der Pfandrechts; daß es ein Recht an der Sache ist, ist nur eine, und nicht die ausschließliche Form seines Bestehens, durch die dem Berechtigten die Ausübung jenes Rechts gesichert werden soll. Als solche Pfandrechtsformen kommen im römischen Recht vor: die Ueberlieferung des Eigenthums (mit der Bedingung der Rückgabe nach beendigtem Pfandrecht, fiducia), diese Form ist nicht ins justinianische Recht übergegangen ferner die Uebertragung des bloßen Besizes, juristischen oder natürlichen, endlich ein Pfandrecht ohne Eigenthum und Bejig, hypotheca). Diese Verpfän

a) Dig. XX. 1: de pignoribus et hypothecis et qualiter ea contrahantur et de pactis eorum. Cod. VIII. 14: de pignoribus et hypothecis. Gesterding, die Lehre vom Pfandrecht nach Grunds. des R. R. 1816. 1831. - Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts 1836. Vgl. Puchta, Cursus der Inst. II. §. 246. (Bachofen, das römische Pfandrecht. Bd. I. (die Klagen und die Befriedigung durch Fruchtgenuß und Verkauf enthaltend). 1847. Dazu Keller in Richter's frit. Jahrb. Bd. XI. S. 961-1022. Jezt vor Allen: Dernburg, das Pfandrecht nach den Grundsäßen des heutigen römischen Rechts dargestellt. Ed. I. 1860. (Tazu: Scheurl in Pözl's Bierteljahrsschr. II. S. 416 f. 481 f., Kunze in Schletter's Jahrb. VII. S. 10 f.) Bd. II. 1864. R.)

b) (Eine andere Definition bei Arndts §. 364: „das Recht eines Gläubigers, eine Sache, ohne Rücksicht darauf, ob sie im Vermögen des persönlich Verpflichteten sich besinde oder nicht, als durch ihren Werth ihm haftend, für die Befriedigung seiner Forderung in Anspruch zu nehmen." S. R.) (Aehnlich Erner, Kritik des Pfandrechtsbegriffes 1873. dem auch s. bej. S. 25 ff. das Pfandrecht ein Recht am Werthe ist.]

c) L. 9 §. 2 D. de pign. act. (13, 7): Proprie pignus dicimus quod ad cre ditorem transit (die Fiducia und das Pfandrecht im Besit), hypothecam, cum transit nec possessio ad creditorem. (Interpolationen? L. 49 §. 1 D. sol. matr. (24, 3), Vat. fragm. 94. Eigenthumsübertragung im heutigen Recht? [pactum reservati dominii] Seuffert's Archiv VII. 282, XIV. 90. R.)

dung ohne Eigenthums- oder Besitübertragung gewährt aber dem Gläubiger, wenn ihr Gegenstand eine Sache ist, ein Recht an derselben, also ein ius in red), und dieß hat sich natürlich auch auf die Verpfän dung mit Besitzübertragung (Faustpfand) erstreckt, die sich nur durch das Hinzukommen dieses, den Begriff des Pfandrechts nicht berührenden Elements von jener unterscheidet). Der Begriff des Pfandrechts überhaupt ist also der, daß es das Recht ist, einen Gegenstand zu dem obengenannten Zweck zu verkaufen); zu welcher Classe von Rechten

d) Vgl. L. 19 pr. D. de damno inf. (39, 2): Eorum, qui bona fide absunt, in stipulatione damni infecti ius non corrumpitur, si reversis cavendi ex bono et aequo potestas datur, sive domini sint, sive aliquid in ea re ius habeant, qualis est creditor et fructuarius et superficiarius. L. 30 D. de nox. act. (9, 4), L. 44 §. 5 D. de usurp. (41, 3): Non mutat usucapio superveniens pro emtore, vel pro herede, quo minus pignoris persecutio salva sit; ut enim ususfructus usucapi non potest, ita persecutio pignoris, quae nulla societate dominii coniungitur, sed sola conventione constituitur, usucapione rei non perimitur. Gegen diese Eigenschaft des Pfandrechts hat sich eine lebhafte Opposition erhoben (vgl. hauptsächlich Büchel, über die Natur des Pfandrechts 1833), die dasselbe durchweg als ein Forderungsrecht darstellt, was sich bei Mühlenbruch, Lehrb. des Land. R. §. 303 zu einem Begriff gestaltet, wonach das Pfandrecht ein Forderungsrecht gegen die Sache als verpflichtetes Subject, und zugleich ein dem Gläubiger an der Sache zustehendes Recht, ein dingliches Recht (ibid. §. 307) wäre. Man führt dafür an, daß (um die beziehungsweise besten Gründe zu nennen) die Römer die Verprändung mit dem Ausdruck obligatio rei bezeichnen, und daß das Pfandrecht nicht durch einen freien Stellvertreter erworben werden könne, L. 11 §. 6 D. de pign. act. (13, 7), L. 21 pr. D. h. t., L. 2 C. per quas person. (4. 27). Den Werth des ersten Arguments wird ohnedieß kein Unbefangener zu hoch anschlagen, wegen des weiten . oben §. 52. Das abjurde Resultat, daß jede verpfändete Sache als Schuldnerin, also als Person zu betrachten jey, hat Sintenis (Pfandr. §. 1) vermieden, indem er in diese angebliche Obligatio nicht die Sache, sondern jeden Besißer derselben stellen will. - Dieser Jrrthum ist übrigens bis jezt ein ziemlich harmloser geblieben, da er für die Ausführung der Lehre keine merklichen Consequenzen gehabt hat. (Eine specielle Widerlegung versucht Lang, im Archiv für civ. Pr. XXVIII. 14. 1846, vgl. auch Keller §. 190, Dernburg I. 104 f., Windscheid §. 224 Anm. 8. R.) [Eine verdienstvolle Kritik der bisherigen Pfandrechtsauffassungen bei Erner a. a. O.; minder befriedigend dürften seine positiven Ausführungen sein. Der Grund der in unserer neueren Doctrin herrschenden Confusion liegt schließlich doch wohl zum großen Theil darin, daß man den öconomischen und juristischen Begriff einer Pfandsicherheit nicht immer gehörig auseinander gehalten hat, schon im Sprachgebrauch der Römischen Quellen geschieht das nicht durchweg consequent, und so zur Annahme eines Pfandrechts in Fällen fam, in denen das öconomische Resultat einer Pfandsicherung auf anderem Wege als durch Constituirung eines eigentlichen Pfandrechts erreicht wird.] e) L. 5 §. 1 D. de pignor. (20, 1): Inter pignus autem et hypothecam tantum nominis sonus differt.

f) Nur ein Recht mit diesem Inhalt ist ein wahres Pfandrecht, wodurch aber natürlich keine Beschränkung auf diesen wesentlichen Inhalt ausgesprochen ist, s. unten §. 206-208.

es gehört, hängt, abgesehen von der Verpfändungsweise (wie bey der fiducia des älteren Rechts), von dem Gegenstand der Verpfändung abs). Der Hauptfall aber, welcher der Ausbildung des Pfandrechts zu Grunde liegt, und daher auch seine Stelle im System bestimmt, ist der der Verpfändung einer Sache, und sonach der des Pfandrechts als eines ius in reh).

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Das Pfandrecht ist kein für sich bestehendes Recht, das seine Bedeutung in sich selbst hätte; es ist zur Sicherheit einer Forderung des Pfandberechtigten) bestimmt, zu welcher es in einem accessorischen Verhältniß steht, und deren Existenz daher die condicio sine qua non des Pfandrechts iste), aber auch nur ihre Eristenz, welcher Art die Forderung auch sein mögea).

g) So betrachten die Römer das ius pignoris an einem ab hostibus redemptus als eine Art von Potestas, L. 20 §. 1 D. qui test. f. p. (28, 1), L. 15. 19 §. 9 D. de captiv. (49, 15).

h) Man darf aber darum nicht mit Göschen (Grundriß §. 368) dieses das eigentliche, das Pfandrecht dagegen, welches durch Verpfändung von Rechten entsteht, ein uneigentliches nennen. (Streitfrage über die Dinglichkeit der Rechtsverpfändung, zusammenhängend mit dem Schwanken der Begriffe res corporales und incorporales, verneint von Arndts §. 364, vertheidigt von Windscheid §. 227 Anm. 7. 8, vgl. unten §. 208. Eine Consequenz der Dinglichkeit ist, daß Veräußerungen und Ersizungen das Pfandrecht nicht afficiren L. 1 §. 2 D. de pign. (20, 1), L. 12 C. de distr. (8, 28), ohne Grund bestritten bei partieller Veräußerung durch Bestellung dinglicher Rechte; dagegen: Scheurl in der krit. Ueberschau V. 38, s. aber Fitting, Rückziehung S. 73, Arndts §. 364, 2. R.)

a) Cod. VIII. 33: si pignoris conventionem numeratio pecuniae secuta non fuerit.

b) L. 33 D. pignor. (20, 1): Is, qui promisit tibi aut Titio, solutum quidem Titio repetere non potest, sed pignus ei datum et ante solutionem recipit. Der Pfandberechtigte muß der Gläubiger, der Verpfänder braucht nicht der Schuldner zu sein, L. 2 §. 2 eod.

c) L. 1. 2 C. h. t. (Die Nothwendigkeit einer Forderung ist jedoch schon im römischen Recht nicht festgehalten bey der Aufhebung ohne Befriedigung, z. B. bei der Confusion der Schuld. Weiter noch geht das deutsche Recht, indem es zwar ohne obligatorische causa keine Hypothek entstehen läßt, dagegen aber bei der Geltendmachung auf die Veranlassung nicht weiter Rücksicht nimmt, vielmehr ohne Beweis einer Forderung eine dingliche Klage auf die Realisirung der Hypothekenschuld gestattet. Vgl. Meibom, das deutsche Pfandrecht 1867 S. 273 f. 409, Stobbe, frit. V. J. Schr. IX. S. 292–310, Beseler, System des deutschen Privatrechts §. 95, Gerber, deutsches Privatrecht §. 149, Goldschmidt, Handelsrecht I. §. 87. R.)

d) L. 5 pr. D. de pign. (20,1): Res hypothecae dari posse sciendum est pro

B. Gegenstand").
§. 195.

Durch die hypothekarische Verpfändung (welche sich nicht auf Mancipations- und In jure cessionsfähige Gegenstände, wie die Fiducia, und nicht auf Sachen, wie das Faustpfand beschränkt) ist der Grundsab möglich geworden, daß alles, was einen Verkaufswerth hat, und den Verkauf zuläßt, auch verpfändet werden kann), daher nicht blos wirkliche Sachen (jene Eigenschaft vorausgesezt), einzelne und universitates rerum (j. §. 203), sondern auch künftige, res futurae (fünftig entstehende, zu unterscheiden von fünftig zu erwerbenden überhaupt) c), ferner auch Rechte: Servituten), Emphyteusis und Superficies),

quacunque obligatione, sive mutua pecunia datur, sive dos, sive emtio vel venditio contrahatur, vel etiam locatio et conductio, vel mandatum, et sive pura est obligatio, vel in diem, vel sub condicione, et sive in praesenti contractu, sive etiam praecedat. Sed et futurae obligationis nomine dari possunt; sed et non solvendae omnis pecuniae causa, verum etiam de parte eius et vel pro civili obligatione, vel honoraria, vel tantum naturali. Sed et in condicionali obligatione non alias obligantur, nisi condicio exstiterit. L. 14 §. 1 eod.: Ex quibus casibus naturalis obligatio consistit, pignus perseverare constitit. L. 59 pr. D. ad S. C. Treb. (36, 1), L. 101 §. 1 D. de solut. (46, 3), L. 2 C. de luit. pign. (8, 31). Die Meinung einiger Juristen (z. B. Weber, Lehre von d. natürl. Verbindl. §. 107), daß die Verpfändung für eine naturalis obligatio nur ein Retentionsrecht gebe, ist ohne Grund. Selbst die dafür angeführte L. 2 D. quae res pign. (20, 3) spricht vielmehr dagegen. (Doch kann der Pfandklage dieselbe Einrede, wie der persönlichen, entgegen stehen. L. 9 §. 3 D. ad S. C. Mac. (14, 6). Büchel, Erört. II. 1, Dernburg I. §. 72. 73 S. 537 f., Schwanert, Naturalobl. S. 210 f., Vangerow §. 364, Arndts §. 366 Anm. 1. R.)

a) Dig. XX. 3: quae res pignori vel hypothecae obligari possunt. Cod. VIII. 17: quae res pignori obl. p. vel non etc. (Verpfändung von Rechten: Büchel, Erört. I. 3, v. d. Pfordten im Archiv für civ. Pr. XXII. S. 25 f., Lang, daselbst XXIX. 10, Schmid in Linde's Zeitschr. N. F. V. 8, Dernburg I. §. 26. 62. 63. S. 218. 484 f.; von Geld? Pfaff, Geld als Mittel pfandrechtlicher Sicherstellung: österr. Gerichtszeitung 1868. S. 13. R.)

b) L. 9 §. 1, L. 24 D. de pignor. (20, 1), L. 1 §. 2 D., L. 3. 6 C. h. t. c) L. 15 pr. D. de pignor. (20, 1), L. 11 §. 3 D. qui pot. (20, 4), s. unten §. 210. Huschke, Zeitschr, für Civilrecht und Proceß XX. 6. 1844. S. 245 f.

d) Ususfructus, L. 11 §. 2, L. 15 pr. D. de pignor. (20, 1), L. 49 D. de usur. (22, 1), §. 181 Note d. Servitutes praediorum rusticorum. L. 12 D. de pign., vgl. §. 178 Note k.

e) L. 13 §. 3 eod., L. 16 §. 2 D. de pign. act. (13, 7). (Die Verpfändung des Emphyteuta und Superficiars ist Rechts-, nicht Eigenthumsverpfändung, oder Verpfändung der Sache, wie Büchel, Erört. I. S, 121 f., 2. Aufl. S. 435 f., Dernburg §. 26. [Erner a. a. O. S. 75 ff.] Dagegen Arndts in Linde's Zeitschr. N. F. III. S. 285, Pand. §. 367, 2. Windscheid §. 227, 3. Anders die Verpfändung zu emphyteutischem und superficiarischem Recht durch den Eigenthümer. Zweifelhaft ist

Forderungen (nomen pignori datum)), und das Pfandrecht selbst (Subpignus)×). Endlich können diese Gegenstände nicht blos spe= ciell (mit specieller Bezeichnung), sondern auch generell (durch Zusammenfassung mehrerer unter einer Gattung oder Collectivbezeichnung) hypothekarisch verpfändet werden").

III. Entstehung des Pfandrechts.

§. 196.

Die Entstehung eines Pfandrechts fordert 1) die Existenz seiner allgemeinen Bedingungen (§. 194. 195), 2) den Eintritt eines Ent stehungsgrundes, der entweder in dem Willen dessen, welchem der Gegenstand gehört, und damit in einer Privatdisposition besteht (pignus voluntarium §. 197), oder von diesem Willen unabhängig ist (p. necessarium §. 198. 199). Das entstandene Pfandrecht ist, so lange es besteht, von der Forderung, für deren Sicherung es bestimmt. ist, untrennbar, es kann nicht von dieser auf eine andere Forderung desselben oder eines anderen Gläubigers übergetragen werden. Nur so weit ein Uebergang der Forderung, so weit findet auch ein Uebergang des Pfandrechts mit ihr Statt (§. 213).

A. Bestellung durch Privatdisposition").

§. 197.

Die Bestellung des Pfandrechts durch Uebereinkunft (Conventionalpfandrecht), für welche keine besondere Form vorgeschrieben ist")

die Beziehung der L. 1 §. 6 D. de superf. (43, 18), petitori quoque in superficiem dari, Ant. Faber, pignori quoque et, Huschke, pignori quoque insuper superficiem dari. R.)

f) L. 4 C. h. t. (8, 17), j. unten §. 208.

g) Cod. VIII. 24: si piguus pignori datum sit, s. §. 208. (Eine besondere Schrift über diesen Gegenstand ist: Trotsche, das Verpfändungsrecht des Pfandgläubigers. 1834. Statt des Pfandrechts nimmt Brinz I. 325 ein Verpfändungsrecht als Juhalt des pignus pignori datum an. Dieses aber liegt in keinem Pfandrecht. Eine Verpfändung der Sache, worauf man die Afterverpfändung bezogen hat (§. 208 g, Vangerow §. 368 Anm. 2), würde vollends undenkbar sein, weil [die Sache] für den Pfandgläubiger eine res aliena ist. Vgl. Windscheid §. 239 Anm. 14, Arndts §.367 Anm. 3, Sohm, Lehre vom subpignus (Rostocker Preisschrift) 1864, Bremer, Pfandrecht S. 215 s. S. R.)

h) So 3. B. L. 6. 15 §. 1 D. de pignor. (20, 1), L. 11 §. 2 D. qui pot. (20,4). Puchta, Cursus der Inst. II. §. 250 Note k. Man hat einen sehr unnüßen und nothwendig erfolglosen Streit über die Bestimmung der Begriffe generelles und specielles Pfandrecht 'geführt; die Begriffe eristiren gar nicht. Was aber wirklich eristirt: generelle und specielle Verpfändung, über dessen Begriffsbestimmung kann kein Streit seyn.

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