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3. Verjährunga).
§. 89.

Die Klagverjährung: Aufhebung einer Klage wegen Versäumung ihrer Anstellung während der ihr durch das Recht geseßten Zeit, hat ihren ersten Ursprung in den magistratischen Edicten, bey manchen honorariae actiones, welche die Magistrate nur mit jener Beschränkung gaben), sie wurde auf manche Civilklagen, namentlich aus singulären Rechten ausgedehnt, aber sie blieb ein im Ganzen nicht sehr bedeutendes Institut, bis endlich Theodosius II. mit wenigen Ausnahmen alle Klagen der Verjährung unterwarf), um der die Sicherheit und Gerechtigkeit des richterlichen Urtheils gefährdenden Verzögerung der Klaganstellung Schranken zu setzen). Eine Auset ad heredem eius nihil ex eo dolo pervenerit. Vgl. Gai. IV. 113: aliquando tamen (etiam) ex contractu actio neque heredi neque in heredem competit, nam adstipulatoris heres non habet actionem, et sponsoris et fidepromissoris heres non tenetur. Theophilus führt zur Institutionenstelle die actio depositi an, diese also scheinen die Verfasser gemeint zu haben, aber irriger Weise, denn s. L. 12. 49 D. de O. et A. (44, 7), L. 1 §. 1 D. depos. (16, 3). Vgl. Francke a. a. D. §. 3. Die actio rationibus distrahendis ist keine Delictsklage, sie entspringt aus dem Quasicontract der Tutel. L. 1 §. 21 D. de tut. act. (27, 3): ex una obligatione duas actiones und doch geht sie nicht gegen die Erben, L. 1 §. 23 eod. (Im ältern Recht waren indeß beide Delictsklagen und daher passiv unvererblich, wovon sich bei Theophilus aus einem ältern Juristen eine Notiz erhalten hat. Jhering, Schuldmoment 1867 S. 32. Die actio rationibus distrahendis wurde im Edict sogar mit der actio furti zusammengestellt. Rudorff, ed. perp. §. 131. R.)

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a) Inst. IV. 12: de perpetuis et temporalibus actionibus etc. Cod. VII. 39: de praescriptione XXX vel XL annorum. 40: de annali exceptione italici contractus tollenda, et diversis temporibus et exceptionibus et praescriptionibus, et interruptionibus earum. Unterholzner, Verjährungslehre II, §. 252–283 und an verschiedenen anderen Stellen seines Buches. Savigny, System V. §. 237-252. Puchta, Gursus der Inst. II. §. 208. (Demelius, Untersuchungen aus dem röm. Eivilrecht 1856. Abschn. I.: Geschichte der Klagverjährung. R.)

b) L. 35 pr. D. de O. et A. (44, 7): In honorariis actionibus sic esse definiendum, ut, quae rei persecutionem habeant, hae etiam post annum darentur, ceterae intra annum - Illae autem rei persecutionem continent, quibus persequimur, quod ex patrimonio nobis abest, ut cum agimus cum bonorum possessore debitoris nostri. Item Publiciana, quae ad exemplum vindicationis datur, sed cum rescissa usucapione redditur, anno finitur, quia contra ius civile datur.

e) L. un C. Th. de action. certo temp. fin. (4, 14), im justinianischen Recht, L. 3 C. de praescr. XXX ann. (7, 39), mit den übrigen ergänzenden Constitutionen dieses Titels und des folgenden, von Anastasius, Justinus, Justinian.

d) Das Recht giebt die Klagen mit dieser Beschränkung, diese kann auch durch die Verabredung, daß dem Gläubiger künftig die Verjährung nicht entgegenstehen solle, nicht beseitigt werden, denn es kann niemand durch Vertrag eine Klage erhalten, als

nahme von der allgemeinen Verjährbarkeit der Klagen machen nur aus einem inneren Grund die Theilungsklagen, sofern die Nöthigung zu einer ewigen Dauer der Gemeinschaft die Folge davon wäre®), und vermöge singulärer Vorschrift einige Klagen, die im heutigen Recht theils nicht mehr vorkommen), theils dieser Befreiung beraubt sinds). §. 90.

Die Bedingungen der Klagverjährung sind folgende:

1) Actio nata (§. 81); die Veranlassung der Klage muß eingetreten seyn (die Entstehung des Rechts, woraus sie entspringt, ist ohnehin eine Vorausseßung derselben). Bey dinglichen Klagen muß ein Beklagter gegeben seyn"), bey persönlichen, wo der Beklagte schon durch die Existenz der Forderung gegeben ist, beginnt die Verjährung von dem Augenblick, wo der Gläubiger fordern kann und der Schuldner die Leistung unterläßt1), also mit der Verstreichung des Zahlungstermins*), auch des durch Kündigung gesetzten1), bey verzinslicher Schuld

die und wie sie das Recht giebt und zuläßt. Vgl. über die Streitfrage Savigny a. a. D. G. 411-413.

e) L. ult. C. comm. div. (3, 37). Sie verjähren aber (L. 1 §. 1 C. de annali exc.), sofern sie auf praestationes personales oder auf Anfechtung einer Privattheilung gerichtet sind.

f) Die vindicatio in libertatem, L. 3 C. de 1. t. praescr. qu. pro lib. (7, 22), Bindication eines Colonen durch den Patron, L. 23 pr. C. de agric. (11, 47), eines Gurialen durch die Stadt, L. 5 C. de praescr. XXX annor. (7, 39).

g) Klage auf Steuerrückstände, L. 6 C. eod. [A. M. Windscheid §. 106 Anm. 3. S.]

h) Streitfrage: ob die Verjährung der gegen den Besitzer gerichteten Klage auch gegegüber einem natürlichen Besitzer beginne? Nicht, so lange dieser im Namen des Klägers besißt, L. 7 §. 6 in f. C. de praescr. XXX ann. (7, 39), Savigny a. a. O. S. 284 f. Vgl. Puchta, Eursus der Inst. II. §. 232 bey Note f.

i) L. 7 §. 4 C. eod., L. 1 §. 1 C. de annal. exc. (7, 40). [vgl. jedoch unten die bei Anm. 1 Citirten. S.]

k) Anwendung auf terminweise Leistungen, L. 7 §. 6 C. de pr. XXX ann. (7, 39): In his etiam promissionibus vel legatis vel aliis obligationibus, quae dationem per singulos annos vel menses aut aliquod singulare tempus continent, tempora memoratarum praescriptionum non ab exordio talis obligationis, sed ab initio cuiusque anni computari manifestum est. L. 26 pr. C. de usur. (4, 32). Eos, qui principali actione per exceptionem XXX vel XL annorum sive personali sive hypothecaria ceciderunt, non posse super usuris vel fructibus praeteriti temporis aliquam movere quaestionem asserendo singulis annis earum actiones nasci, principali enim actione non subsistente satis supervacuum est, super usuris vel fructibus adhuc iudicem

cognoscere.

1) Bestritten; vgl. Thon, über die Verjährung einer auf Kündigung stehenden Forderung, Zeitschr. für Eivilr. u. Civilpr. VIII. 1. 1834, Savigny §. 240 (da

mit Unterlassung der ZinszahlungTM), bey anderen Obligationen, in denen die Parteien übereinstimmend einen Ausschub der Leistung vor= ausseßen, sowie diese Uebereinstimmung aufhört»), außerdem mit dem Augenblick, wo der Gläubiger zur Geltendmachung seines Rechts befugt ist°).

2) Versäumniß; die Verjährung wird unterbrochen durch wirksame Anstellung der Klage (die Vorladung des Beklagten muß darauf erfolgen) »), aber auch dadurch, daß die Klage aufhört veranlaßt zu seyn, also bey Klagen gegen den Besizer, wenn ein neuer Besizer eintritt, der nicht Successor des vorigen ists), durch Gestattung einer neuen Zahlungsfrist, sonstige Anerkennung des Rechts durch den Beflagten). Die Unterbrechung hat stets die Folge, daß der bisherige Zeitablauf ohne Wirkung bleibt, und die Verjährung von neuem beginnen muß*).

gegen: Bangerow, Archiv für civ. Pr. XXXIII. 1850. 12. Brinz, Pand. §. 48. Windscheid, Pand. §. 107 Anm. 5. 9. Actio S. 47 f. Demelius, Unters. II. S. 111 f. Die Praris stimmt meist mit der im Tert angenommenen Meinung überein, vgl. Seuffert's Archiv I. 312, IV. 201, VI. 3, vgl. jedoch V. 272. Nicht entgegen ist L. 94 §. 1 D. de solut. (46, 3), sin autem communes nummos credam aut solvam, confestim pro mea parte nascetur et actio et liberatio. L. 1 §. 22 D. depositi (16, 3) est autem ... scriptum, eum, quid rem deposuit, statim posse depositi actione agere, hoc enim ipso dolo facere eum qui suscepit, quod reposcenti rem non reddat: beide Stellen beziehen sich nicht auf die Klagverjährung. Eine dritte Stelle, auf die man sich berufen hat (L. 8 §. 7 D. de prec. (43, 26): Interdictnm hoc et post annum competere Labeo scribit — quum enim nonnunquam in longum tempus precarium 'concedatur, absurdum est dicere, interdictum locum non habere post annum), sezt geradezu den Ablauf der Kündigungsfrist als Anfang voraus. Vgl. auch L. 24 pr. D. sol. matr. (24,3), Rudorff zu Puchta, Vorles. §. 90 Note 1 der vierten Ausgabe. R.)

m) L. 8 §. 4 C. de pr. XXX ann. (7, 39).

n) Savigny V. S. 291 ff. Gegen die unrichtige Regel: toties praescribitur acțione nondum nata, quoties nativitas est in potestate creditoris, vgl. Thon a. a. O. S. 2 ff. [Windscheid §. 107. Anm. 9. S.]

6) Savigny V. S. 285 ff. S. auch Kierulff, Theorie des gem. Civilr. I. S. 192 ff. p) L. 3. 7 pr. §. 5 C. de pr. XXX ann. (7, 39). Begünstigungen des Klägers dabey, L. 2. 3 C. de annal. exc. (7, 40), L. 5 C. de duob. reis (8, 40). Schriftliches Anbringen bey einem compromissarischen Richter vertritt die Stelle der gerichtlichen Klage, L. 5 §. 1 C. de rec. arbitr. (2, 56). Ueber das ältere Recht, dessen noch in L. 9 §. 3 D. de iureiur. (12, 2), L. ult. in f. D. de fidei. tut. (27, 7) Erz wähnung geschieht (s. §. 96), vgl. Puchta, Gursus II. §. 208.

q) L. 7 §. 1, L. 8 §. 1 C. de pr. XXX ann. (7, 39), L. 14 C.de fund. patrim. (11, 61).

r) L. 7 §. 5, L. 8 §. 4 C. de pr. XXX ann., L. 5 C. de duob. reis. (8, 40). s) Besondere Wirkung der Anstellung der Klage und Litiscontestation s. §. 96.

3) Ablauf der Zeit. Die Klage ist erst mit dem Ablauf des leßten Tags der Frist aufgehoben (§. 75). Bey den Verjährungen von einem Jahr und darunter ist die Zeit utile tempus, bey allen anderen continuum (§. 76). Auch bey diesem aber wird nicht mit eingerechnet a) die Zeit, wo die Klage einem Unmündigen zusteht'), b) einem Minderjährigen, doch hier nur bey Verjährungen unter dreißig Jahren"), c) wo sie zu den Adventicien eines Filiusfamilias gehört), d) die Zeit eines Schisma bey Klagen der römischen Kirche), e) die eines Justitiums), f) die Zeit, wo gewisse rechtliche Hindernisse der Anstellung der Klage entgegenstehen (agere non valenti non currit praescriptio)). Man faßt alle diese Fälle unter dem Ausdruck der ruhenden Verjährung zusammen.

Mala fides des zu Belangenden ist kein Hinderniß der Klagverjährung nach der Natur dieses Instituts und nach römischem Recht, selbst nicht der Verjährung der dinglichen Klagen gegen den Besißer, die sich eben dadurch von der Ersißung unterscheidet*). Dieß leßtere hat dem canonischen Recht bedenklich geschienen aa).

t) L. 3 C. de pr. XXX ann. (7, 39).

u) L. 5 C. in qu. c. in int. rest. (2, 41). (Emminghaus, Archiv für pract. Rechtswiss. N. F. 7, 2 No. 3. N).

v) L. 1 §. 2 C. de ann. exc. (7, 40), L. 4 in f. C. de bon. qu. lib. (6, 61).

w) c. 14 X. de praescr. (2, 26).

x) c. 10 eod., c. 3 C. 16 qu. 3.

y) Deliberations- oder Inventarisirungsfrist des zu belangenden Erben, L. 22 §. 11 C. de iure delib. (6, 30); Einfügung der zu vindicirenden Materialien in ein (Sebäude, L. 7 §. 10. 11 D. de adqu. dom. (41, 1); Stundungsfrist des Schuldners, L. ult. in f. C. qui bon. ced. p. (7, 71).

z) L. 8 §. 1 C. de pr. XXX ann. (7, 39). aa) c. 5 X de praescr. (2, 26): nulla antiqua dierum possessio (*iure divino *) iuvat aliquem malae fidei possessorem, nisi resipuerit postquam se noverit aliena possidere, quum bonae fidei possessor dici non possit. Ephesinus enim legislator solum propter vitandam miserorum segnitiem et longi temporis errorem et confusionem primus tricennali vel quadragenali praescriptioni vigorem legis imposuit. Nobis autem tam in rebus cognitis quam latentibus placuit non habere vigorem (Alex. III.). c. ult. eod.: Quoniam omne, quod non est ex fide, peccatum est, synodali iudicio diffinimus, ut nulla valeat absque bona fide praescriptio tam canonica quam civilis, cum generaliter sit omni constitutioni atque consuetudini derogandum, quae absque mortali peccato non potest observari. Unde oportet, ut, qui praescribit, in nulla temporis parte rei habeat conscientiam alienae (Innoc. III.). Diese Stellen enthalten eine Neuerung in Absicht auf die bona fides bey der Usucapion (die im Sprachgebrauch des canon. Rechts unter praescriptio mitbegriffen wird), — darauf haben sie einige Juristen beschränken wollen —, aber sie fordern die b. f. auch für die Verjährung der Eigenthumsklage, oder vielmehr sie beseitigen diese

§. 91.

Die regelmäßige Verjährungszeit sind seit dem theodosischen Gesetz dreißig Jahre, die Klagen, denen diese lange (oder eine noch längere) Zeit gesetzt ist, heißen perpetuae actiones im Sinne des neuesten Rechts bb).

Eine längere Dauer haben 1) Klagen, die angestellt worden sind, wenn der Proceß nicht bis zum Ende fortgesezt wurde, sie können vierzig Jahre lang, von der lezten gerichtlichen Handlung an, wieder aufgenommen werden ee). 2) Solche Klagen, die sonst in 10, 20 oder 30 Jahren erlöschen, dauern, wenn sie Kirchen oder milden Stiftungen zustehen, vierzig Jahre da).

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Verjährung ganz und gar, und schüßen nur den Besizer, der sich auf Ersißung berufen kann. Viele Juristen gehen noch weiter, indem sie theils die b. f. für jede Klagverjährung fordern was ohne Sinn und Verstand ist —, theils wenigstens bey dem Besiß einer fremden Sache, mag dieser Vesiß (wie bey der Eigenthumsklage), oder ein Contract (3. V. bey der actio depositi, commodati) den Beklagten zum Beklagten machen. So unter anderen J. H. Böhmer, I. E. P. II. 26. 51 sqq. Möllenthiel, über die Natur des guten Glaubens bey der Verjährung, besonders nach c. ult. X. de praescr. 1820. Savigny V. 244–246. Hildenbrand, de bona fide rei propriae debitori ad temp. praescr. haud necessaria. 1843. (Für die Beschränkung auf Usucapion und Verjährung der Eigenthumsklage spricht auch die Entstehungsgeschichte jener Entscheidungen: Hildenbrand im Archiv für civ. Praris XXXVI. 2. 1853. Die Controverse, welche sie beilegen sollten, beschränkte sich auf die Wirkung der mala fides superveniens bey der possessio rei alienae, über Verjährung persönlicher Klagen war niemals Streit. Die Praris ist meistens für die Anwendung auf alle (auch persönliche) Klagen auf Restitution des Besizes: Seuffert's Archiv I. 6, 210, 403. II. 320. VI. 3. VII. 4. XI. 6, 266. XII. 245. XIII. 80. XIV. 203. R.)

bb) Bei den folgenden Ausnahmen sind nur die genannt, die sich auf ganze Classen von Klagen beziehen, die blos für einzelne Klagen geltenden Abweichungen sind bey diesen zu bemerken. Eine auch diese einzelnen Ausnahmen begreifende Zusammenstellung der Verjährungszeiten s. bey Göschen: Grundriß §. 150. 151. Borlesungen I. §. 150. 151.

cc) L. 9 C. de pr. XXX ann. (7. 39). Vgl. §. 96.

dd) Nov. 111. 131 c. 6. Den Klagen der römischen Kirche hat die Praris des Mittelalters und das canonische Recht eine Tauer von hundert Jahren gegeben, Auth. Quas actiones C. de SS. eccl. (1, 2), c. 13. 14. 17 X. de praescr. (2, 26), c. 2 eod. in VI (2, 13). Jm römischen Recht, wo Justinian die hundertjährige Verjährung zuerst (L. 23 C. de SS. eccl.) allen Kirchen seines damaligen Reichs verlieh, nachher (Nov. 9) auf die römische und die übrigen occidentalischen Kirchen erstreckte, endlich aber durch die cit. Novelle 111 allgemein wieder aufhob, ist dieses Vorrecht nicht gegründet, vgl. Savigny §. 247. — Streitfrage: ob nicht die Städte den Kirchen gleichzustellen sind? In L. 23 cit. waren sie dieß hinsichtlich der hundertjährigen Verjährung, bey der Aufhebung dieser werden sie nicht weiter erwähnt, nur den Kirchen wird die vierzigjährige statt jener gegeben, ja es wird ausdrücklich

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