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5) Endlich verschaffen das Bürgerrecht gewisse Verdienste um die Stadt Rom z. B. Hausbau in Rom.

Ulp. III. 1-6 Gai I. 29, sqq.

2. Bürger.
§. 31.

I. Verschiedenheiten der rechtlichen Stellung innerhalb der Bürgerschaft, welche übrigens nur in zweiter Linie von privatrechtlicher Bedeutung sind, begründete anfänglich der Gegensatz der Patricier und Plebejer, welcher jedoch nach seiner ursprünglichen Bedeutung wesentlich eine Entgegensetzung von Bürgern und Nichtbürgern war. Ausserdem begründet Verschiedenheiten der Rechtsstellung

1) namentlich in der Republik die Schmälerung der bürgerlichen Ehre,

2) seit der Kaiserzeit der Unterschied der Stände,

3) in der christlichen Zeit die Verschiedenheit des Religionskenntnisses.

II. Bürgerliche Ehre ist die dem einzelnen durch Anerkennung seiner Theilnahme an der bürgerlichen Gemeinschaft zuerkannte Würde. Vom Bürgerrechte ist daher die Bürgerehre unzertrennlich; ihre Zerstörung ist ohne Verlust des Bürgerrechtes unmöglich. Begründet aber schon die Theilnahme an der bürgerlichen Gemeinschaft eine gewisse Ehre, so setzt die Zulassung zu öffentlichem Auftreten in der Gemeinde unbefleckte Ehre voraus. Welches Verhalten aber die Ehre beflecke, ist wesentlich eine Sache des persönlichen Ermessens derjenigen Obrigkeit, welcher innerhalb ihres Amtskreises die Zurückweisung Bescholtener obliegt, so des Censors bezüglich des Sitzes im Senate und des Stimmrechtes in der Gemeinde, des wahlleitenden Beamten bezüglich der Wählbarkeit, des Prätors bezüglich des gerichtlichen Auftretens. Indem aber der Prätor in seinem Edicte die Grundsätze angab, nach welchen er das ihm zustehende Ermessen zu handhaben gedächte, wurde der Begriff der vom Prätor angenommenen infamia allmählich rechtlich fixirt sowie in der Kaiserzeit das Gebiet seiner Anwendung dahin ausgedehnt, dass die Gründe der prätorischen Infamie zugleich von Aemtern ausschlossen. Eine privatrechtliche Wirkung verband mit der Infamie die augustische Ehegesetzgebung, durch welche dieselbe

erstmals auch für Personen weiblichen Geschlechtes von Bedeutung wurde. (§. 70 II).

Gründe der Infamie sind

1) schimpfliche Entlassung (missio ignominiosa) eines Soldaten 2) gewisse Rechtsverletzungen. Hierher gehören

a) Criminelle Verurtheilung zunächst nur wegen bestimmter, schliesslich wegen aller nach Volksgesetzen (also nicht erst nach kaiserlicher Verordnung) strafbarer Verbrechen (judicia publica).

b) Verurtheilung wegen Entwendung und Raub, rechtswidriger Täuschung und Jnjurie; der Verurtheilung steht gleich die ein Geständniss des Vergehens enthaltende Abfindung des Verletzten.

c) Verletzungen übernommener Verbindlichkeiten, welche wesentlich als Treubruch oder Vertrauensmissbrauch erscheinen; so der Pflichten aus Uebernahme einer Vormundschaft oder sonstigen Geschäftsführung, aus dem Gesellschaftsverhältnisse und der Annahme eines Depositum; ferner Verletzung eines beschworenen Vergleiches; Ehebruch und Eingehung einer Ehe oder eines Verlöbnisses seitens eines Verheirateten oder Verlobten; endlich Wiederverheiratung während der Trauerzeit. 3) Ueberschuldung, wenn es zum Zwangsverkaufe kommt; freiwillige Abtretung des Vermögens an die Gläubiger wendet die Infamie ab.

4) Betreiben eines nicht ehrenhaften Berufes als leno, Thierkämpfer, Schauspieler, als Denunciant im Falle unerwiesener Angaben, sowie nach Justinian als Wucherer.

Im neuesten Rechte ist die Beschränkung der Infamen bezüglich der Ehe verschwunden, ihr Ausschluss von Aemtern ist der Allgewalt des Kaisers gegenüber ohne Bedeutung und die Beschränkung ihres gerichtlichen Auftretens ins richterliche Ermessen gestellt. Soweit für das Privatrecht die Bescholtenheit von Bedeutung ist, entscheidet nicht der rechtlich bestimmte Begriff der infamia sondern die thatsächliche Unwürdigkeit (turpitudo) und auf ihr beruhende Unehre (ignominia), deren Annahme allerdings beim infamis eine rechtliche Nothwendigkeit ist, während sie im Uebrigen im freien Ermessen des Richters steht.

Existimatio est dignitatis in laesae status legibus ac moribus comprobatus, qui ex delicto nostro auctoritate legum aut minuitur aut consumitur. Minuitur existimatio, quoties manente libertate circa statum dignitatis poena plectimur, sicuti cum relegatur quis, vel cum ordine movetur, vel cum prohibetur honoribus publicis fungi, vel cum plebeius fustibus caeditur, vel in opus publicum datur, vel cum in eam causam quis incidit, quae edicto perpetuo infamiae causa enumeratur. Consumitur vero, quoties magna capitis minutio intervenit.

L. 5 §. 2 D de extr. cogn. 50, 13.

Praetoris verba dicunt: INFAMIA NOTATUR, QUI AB EXERCITU IGNOMINIAE CAUSA AB IMPERATORE EOVE, CUI DE EA RE STATUENDI POTESTAS FUERIT, DIMISSUS ERIT; QUI ARTIS LUDICRAE PRONUNTIANDIVE CAUSA IN SCAENAM PRODIERIT; QUI LENOCINIUM FECERIT; QUI IN IUDICIO PUBLICO CALUMNIAE PRAEVARICATIONISVE CAUSA QUID FECISSE IUDICATUS ERIT; QUI FURTI, VI BONORUM RAPTORUM, INIURIARUM, DE DOLO MALA ET FRAUDE SUO NOMINE DAMNATUS PACTUSVE ERIT; QUI PRO SOCIO, TUTELAE, MANDATI, DEPOSITI SUO NOMINE NON CONTRARIO IUDICIO DAMNATUS ERIT; QUI EAM, QUAE IN POTESTATE EIUS ESSET, GENERO MORTUO, CUM EUM MORTUUM ESSE SCIRET, INTRA ID TEMPUS, QUO ELUGERE VIRUM MORIS EST, ANTEQUAM VIRUM ELUGERET, IN MATRIMONIUM COLLOCAVERIT, EAMVE SCIENS QUIS UXOREM DUXERIT NON IUSSU EIUS, IN CUIUS POTESTATE EST; ET QUI EUM, QUEM IN POTESTATE HABERET, EAM, DE QUA SUPRA COMPREHENSUM EST, UXOREM DUCERE PASSUS FUERIT; QUIVE SUO NOMINE NON IUSSU EIUS, IN CUIUS POTESTATE ESSET, EIUSVE NOMINE, QUEM QUAMVE IN POTESTATE HABERET, BINA SPONSALIA BINASVE NUPTIAS IN EODEM TEMPORE CONSTITUTAS HABUERIT.

L. 1. D. de his q. not. inf. 3, 2.

III. Mit der Bedeutung des Bürgerrechtes beginnt in der Kaiserzeit auch die der Bürgerehre zu schwinden und tritt die Verschiedenheit der Stände (ordines) in den Vordergrund. Von wesentlicher privatrechtlicher Bedeutung ist jedoch nur die Sonderstellung des Soldatenstandes. Derselbe steht jetzt theils als besonderer ausschliesslich dem Waffenhandwerke dienender Berufsstand ausserhalb des bürgerlichen Lebens theils als Grundlage und Stütze der kaiserlichen Herrschaft über dem Bürgerstande. Eine freiere Stellung hatte der Soldat namentlich bezüglich der Verfügung über den Nachlass, worin schon Cäsar, sowie als filius familias im Verhältniss zum pater familias, wozu August den Anfang machte.

Militibus liberam testamenti factionem primus quidem Divus Julius Caesar concessit, sed ea concessio temporalis erat; postea vero primus Divus Titus dedit; post hoc Domitianus; postea Divus Nerva plenissimam indulgentiam in milites contulit, eamque et Traianus secutus est, et exinde mandatis inseri coepit caput tale. Caput ex mandatis: Cum in notitiam meam prolatum sit, subinde testamenta a commilitonibus relicta

proferri, quae possint in controversiam deduci, si ad diligentiam legum revocentur et observantiam, secutus animi mei integritudinem erga optimos fidelissimosque commilitones simplicitati eorum consulendum existimavi, ut, quoquo modo testati fuissent, rata esset eorum voluntas. Faciant igitur testamenta, quo modo volent, faciant, quo modo poterint, sufficiatque ad bonorum suorum divisionem faciendam nuda voluntas testatoris. L. 1 D. de test. mil. 29. 1.

IV. Mit der Erhebung des Christenthums zur herrschenden Religion bekommt auch die Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses Einfluss auf die rechtliche Stellung. Der Vollgenuss der bürgerlichen Rechte kommt jetzt nur noch dem rechtgläubigen Christen zu. Unter den haeretici wird den Manichäern geradezu alle bürgerliche Berechtigung und Ehre abgesprochen; den apostatae wird Erb- und Zeugnissfähigkeit, den Juden der Zutritt zu öffentlichen Aemtern und die Ehe mit Christen versagt. Zurückgesetzt werden auch die Heiden pagani; so genannt im Gegensatze zu den Bekennern der herrschenden Religion wie früher die Bürger im Gegensatze zu den Angehörigen des herrschenden Soldatenstandes.

II. Die Familienbeziehung.

1. Die Hausunterthänigkeit.

§. 32.

I. Alieni juris ist wer in der Weise Object fremden Privatrechtes ist, dass er dem ihn beherrschenden Subjecte dieses Rechtes gegenüber eigener Berechtigung entbehrt. Der Begriff der persona sui juris ist identisch mit dem des pater familias. Pater familias oder princeps familiae ist jeder, der sein eigener Herr ist; familia das Gebiet seiner Herrschaft, welches neben seiner eigenen Person die seiner Herrschaft unterworfenen Sachen sowol als Personen in sich begreift.

II. Bestandtheil einer fremden familia ist der Mensch theils 1) als Sklave, weil seine Rechtlosigkeit ihn der Aneignung durch andere preisgibt, theils

2) als Freier durch Abstammung.

Ist die Persönlichkeit des Sklaven keine selbständige, weil er der erforderlichen rechtlichen Fähigkeit entbehrt, so ist die Persönlichkeit des Rechtsfähigen keine selbständige gegenüber seinem Erzeuger. So sind zwei einander entgegengesetzte Classen

von personae alieni juris die servi und liberi, die Objecte der dominica und patria potestas. Letztere können in allen nicht durch die potestas an die Person des paterfamilias geknüpften Rechtsverhältnissen für ihre eigene Person stehen, so namentlich in Verpflichtungsverhältnissen.

III. Ein blosses Analogon der patria potestas ist die manus; die Ehefrau in manu mariti ist filiae loco d. h. dem Ehemanne ebenso unterworfen wie wenn sie ihm ihr Dasein verdankte. Ein Analogon der dominica potestas dagegen, zu dessen Begründung die patria potestas befähigt, ist die mancipii causa; der in ihr befindliche Freie ist servi loco d. h. in einer der des Sklaven analogen Stellung, welche aber nicht seine Freiheit aufhebt, sondern nur zeitweilig ihre Bethätigung beschränkt.

IV. Indem die dominica potestas auf der Unterwerfung Unfreier beruht, die patria potestas und manus dagegen eine Abhängigkeit freier begründet, ist der Mangel der Unabhängigkeit, der beim Sklaven ein principaler ist, beim Objecte der Familiengewalt eine Consequenz seines Verhältnisses zum Subjecte derselben; der Lehre von der persönlichen Rechtsstellung gehört daher nur die durch die Familiengewalt gegebene Beschränkung eigener Berechtigung und nicht jene selbst an. Der mancipii causa ähnlich war die Stellung des Schuldknechtes (§. 25, I.).

Familiae appellatio qualiter accipiatur, videamus; et quidem varie accepta est, nam et in res et in personas deducitur; in res, utputa in lege duodecim tabularum his verbis: ADGNATUS PROXIMUS FAMILIAM HABETO; ad personas autem refertur familiae significatio ita, cum de patrono et liberto loquitur lex: EX EA FAMILIA, inquit, IN EAM FAMILIAM; et hic de singularibus personis legem loqui constat. Familiae appellatio refertur et ad corporis cuiusdam significationem, quod aut iure proprio ipsorum aut communi universae cognationis continetur. Iure proprio familiam dicimus plures personas, quae sunt sub unius potestate aut natura aut iure subiectae, utputa patremfamilias, matremfamilias, filiumfamilias, filiamfamilias, quique deinceps vicem eorum sequuntur, utputa nepotes et neptes, et deinceps. Pater autem familias appellatur, qui in domo dominium habet; recteque hoc nomine appellatur, quamvis filium non habeat; non enim solam personam eius, sed et ius demonstramus. Denique et pupillum patremfamilias appellamus, et cum paterfamilias moritur, quotquot capita ei subiecta fuerint, singulas familias incipiunt habere; singuli enim patrumfamiliarum nomen subeunt. Idemque eveniet et in eo, qui emancipatus est; nam et hic sui iuris effectus propriam familiam habet. Communi iure familiam dicimus omnium adgnatorum; nam et si patre familias mortuo singuli singulas familias habent, tamen omnes, qui sub

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