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2) ein Rechtsverhältniss ein anderes ablösen, ohne von diesem abgeleitet zu sein.

So können z. B. kraft Eigenthums dingliche dasselbe nicht aufhebende Rechte begründet und das Eigenthum des einen kann durch das von ihm nicht abgeleitete eines anderen verdrängt werden. Im Falle der Succession pflegt man vermöge der Identität des Inhaltes und Umfanges das Recht des Nachfolgers mit dem des Vorgängers zu identificiren und die Ablösung des einen Rechtsverhältnisses durch das andere als blosen Wechsel der in einem und demselben Verhältnisse stehenden Subjecte anzusehen.

III. Die Succession ist entweder Singularsuccession oder Universalsuccession; diese ist Nachfolge in das ganze Vermögen eines anderen wie sie eintritt auf Grund seines Todes und des Verlustes seiner persönlichen oder ökonomischen Unabhängigkeit.

IV. Von rechtlicher Bedeutung sind die verschiedenartigsten Thatsachen; hier ist nur eine Uebersicht derjenigen Thatsachen zu geben, deren Bedeutung sich über das ganze Rechtssystem erstreckt.

B. Einzelne Thatsachen von rechtlicher Bedeutung.

1. Die Zeit.
§. 16.

Rechtlich erhebliche Thatsachen sind Ereignisse und Zustände; Aenderungen der Rechtsverhältnisse setzen theils positiv den Eintritt bestimmter Ereignisse oder eine gewisse Dauer bestimmter Zustände voraus, theils werden sie durch bestimmte Ereignisse ausgeschlossen. Von rechtlicher Bedeutung ist daher auch die Bestimmung der Zeit und zwar sowohl ihre Eintheilung in bestimmte zur Bezeichnung zeitlicher Verhältnisse verwendete Abschnitte als die Berechnung zeitlicher Verhältnisse nach diesen Abschnitten.

I. Die Zeiteinheit des römischen Privatrechtes ist der Kalendertag

A. Der Tag ist nicht nur ein bestimmtes Zeitmass, sondern ein durch den Anfangs- und Endpunkt der Mitternacht fest bestimmter Zeitabschnitt. Nie haben die Römer einen beliebigen Zeitraum von der Grösse eines Kalendertages als dies bezeichnet. Vom naturalis oder verus dies, dem Tage im Gegensatz zur

Nacht, unterscheidet sich der civilis dies durch die Verschiedenheit des Anfangs- und Endpunktes, während er den Mittelpunkt (meridies) mit ihm gemein hat.

B. Ist Zeiteinheit der Tag, so ergibt sich daraus:

1) Zeitunterschiede innerhalb des Tages kommen nicht in Betracht.

2) Grössere Zeitabschnittte sind nicht einheitliche Zeitgrössen, in denen die einzelnen Tage als Theile enthalten wären, sondern sie sind Mehrheiten von Tagen; ihre Nennung ist nur eine abgekürzte Bezeichnung einer bestimmten Zahl von Tagen. So ist a) das Jahr eine Summe von 365 Tagen. Zum Zwecke der Uebereinstimmung mit der wirklichen Jahresdauer zählt der Schalttag (dies intercalaris) nicht mit, gilt vielmehr als Wiederholung des vorhergehenden Tages; eingeschoben wird er hinter dem 24. Februar (a. d. VI. Kal. Mart.) und heist daher bisextus oder bisextum. b) Welche Anzahl von Tagen mit der Monatsbezeichnung gemeint sei, ist eine Frage der Auslegung des einzelnen Falles; in der Regel bezeichnet sie eine Zahl von 30 Tagen.

II. Unter einem nach Tagen bestimmten Zeitraum verstehen die Römer nicht einen mit der bestimmten Zahl von Tagen identischen, was durch die feste Tagesgrenze ausgeschlossen ist; sondern einen solchen, der in die bestimmte Zahl von Tagen fällt, dessen Anfang also in den ersten, dessen Ende in den letzten jener Anzahl fällt. Daher wird.

1) derjenige Tag, in welchen der Beginn der bestimmten Zeit fällt, stets mitgerechnet.

2) Indem das Ende der bestimmten Zeit in den letzten Tag der bestimmten Anzahl fällt, muss dieser entweder als Anfangstermin erreicht oder als Endtermin abgelaufen sein; die Zeit einer bestimmten Rechtswirkung ist entweder mit seinem Anfange erreicht oder mit seinem Ende abgelaufen. So wird das Eigenthum durch Ersitzung erworben mit der Erreichung, die Forderung durch Verjährung getilgt mit dem Ablaufe der hiefür bestimmten Zahl von Tagen.

Ist so die nach Tagen bestimmte Zeit eine ungleiche, deren Maximum die Dauer der bestimmten Zahl von Tagen ist, so erreicht sie

1) in einem Falle jenes Maximum immer. Indem für die in integrum restitutio minorum 25 Jahre als Maximum desjenigen Alters galten, bis zu welchem die Jugend Grund einer Schädigung sein kann, nahm man hier erst das Maximum des nach regelmässiger Berechnung sich ergebenden Alters als Grenze an, berücksichtigte also ausnahmsweise die Geburtsstunde.

2) Bei gewissen für die Vornahme von Rechtsacten vor der Obrigkeit bestimmten höchstens ein Jahr betragenden Fristen werden nur diejenigen Tage gezählt, welche nicht wegen zeitweiligen Hindernisses zur Vornahme der Handlung untauglich waren, die dies utiles; die so zu berechnende Frist ist utile im Gegensatze zum continuum tempus.

More Romano dies a media nocte incipit, et sequentis noctis media parte finitur; itaque quidquid in his viginti quatuor horis, id est duabus dimidiatis noctibus et luce media, actum est, perinde est, quasi quavis hora lucis actum esset. L. 8. D. de fer. 2, 12.

In usu capione ita servatur, ut, etiamsi minimo momento novissimi diei possessa sit res, nihilominus repleatur usucapio; nec totus dies exigitur ad explendum constitutum tempus. L. 15 pr. D. de div. temp. praescr. 44, 3. In omnibus temporalibus actionibus, nisi novissimus totus dies compleatur non finit obligationem. L. 6 D. de Obl. et Act. 44, 7.

Minorem autem vigintiquinque annis natu videndum, an etiam die natalis sui adhuc dicimus ante horam, qua natus est, ut, si captus sit, restituatur; et cum nondum compleverit, ita erit dicendum, ut a momento in momentum tempus spectetur. Proinde et si bissexto natus est, sive priore, sive posteriore die, Celsus scripsit, nihil referre; nam id biduum pro uno die habetur, et posterior dies Kalendarum intercalatur. L. 3 §. 3 D. de min. 4, 4.

2. Die Handlung.

a. Das Delict.

§. 17.

I. Die wichtigsten Ereignisse von rechtlicher Bedeutung sind Handlungen und zwar erzeugen sie rechtliche Wirkungen namentlich als vom Handelnden theils beabsichtigte theils verschuldete d. h. theils kraft seines auf eine rechtliche Wirkung gerichteten und durch seine rechtsgemässe Aeusserung sie herbeiführenden Willens, theils kraft seiner rechtswidrigen, die Gegenwirkung des

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Rechtes hervorrufenden That. Die Handlungen der ersten Art ind Rechtsgeschäfte, die der zweiten Delicte.

II. Delictum oder maleficium ist die vom Rechte verfolgte Jebelthat. Merkmale des Delictes sind

1) eine vom Rechte missbilligte Handlung;

2) ein durch sie verschuldetes Uebel;

3) eine das Subject jener Handlung als den Urheber dieses Uebels treffende rechtliche Wirkung.

III. Das Unrecht sowohl als seine Rechtsfolge ist doppeler Art.

1) Indem das Uebel ein durch den Handelnden verschuldetes d. h. entweder gewolltes oder wenigstens nicht vermiedenes ist, ist seine Ursache entweder rechtswidrige Absicht oder das Unterlassen pflichtmässiger Vorsicht, entweder böser Wille (dolus malus) oder Unachtsamkeit (negligentia). Indem das negative Moment eines nicht auf Meidung des Uebels bedachten Verhaltens jeglichem Verschulden gemein ist, heisst culpa sowohl die Schuld überhaupt als die der Unbedachtsamkeit insbesondere. Die letztere ist

a) levis culpa als Vernachlässigung der diligentia diligentis oder der von einem streng Gewissenhaften und im Gebiete seines Handelns durchaus Bewanderten beobachteten Sorgfalt.

b) lata culpa ist dasjenige Verhalten, für welches es an jedem Entschuldigungsgrunde gebricht,

2) die Rechtsfolgen des Unrechts wenden sich theils unmittelbar gegen dieses selbst, theils gegen seinen Erfolg, indem sie entweder Bestrafung des Schuldigen oder Entschädigung des Verletzten bezwecken.

Lata culpa est nimia negligentia i. e. non intelligere quod omnes intelligunt. L. 213 §. 2 D. de v. s. 50, 16.

Culpa autem abest, si omnia facta sunt quae diligentissimus quisque observaturus fuisset. L. 25 §. 7 D. loc. 19, 2.

I. Rechtsgeschäft ist dasjenige Handeln, welches eine rechtliche rkung erzeugt als eine von den Handelnden beabsichtigte.

Hölder, Institutionen d. röm. Rechtes.

Die Willensäusserung des Einzelnen wirkt entweder für sich oder in Verbindung mit dem Willen anderer als einem auf dieselbe Wirkung gerichteten. Die für sich rechtswirksame Handlung des einzelnen ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das Zusammenwirken mehrerer ein Vertrag (pactum, conventio). Das einseitige Geschäft ist letzwilliges als eine erst mit dem Tode des Erklärenden in Kraft tretende und bis dahin widerrufliche Erklärung. Est pactio duorum pluriumve in idem placitum consensus. L. 1 §. 2. D. de pact. 2, 14.

II. Innerhalb der Handlung sind zu unterscheiden die auf eine rechtliche Wirkung gerichtete Absicht und ihre den Anforderungen des Rechtes genügende Aeusserung. Die Aeusserung ist theils, wie z. B. bei der Besitzergreifung, eine reale Bethätigung, theils wie bei den meisten Rechtsgeschäften eine Erklärung der auf eine Rechtswirkung gerichteten Absicht; für die rechtliche Bedeutung der Erklärung entscheidet ihre Abgabe mit dem Willen ihrer Entgegennahme als einer ernstlichen. Während daher die reservatio mentalis ohne Bedeutung ist, begründet kein Rechtsgeschäft diejenige Erklärung, welche nicht als ernstliche entgegengenommen sein will.

III. Willensäusserung ist nur diejenige äussere Bewegung eines Wollenden, welche von dem Willensentschlusse, der sie veranlasst hat, beherrscht ist; irrt sie sei es wegen mangelnder Energie, des Willens (Zerstreutheit) oder wegen äusserer Hindernisse von der durch den Entschluss gegebenen Richtung ab, so ist nicht gehandelt, weil der Wille nicht geäussert, das Geschehene nicht gewollt ist; so z. B. wenn sich einer versprochen, verschrieben, oder sonst vergriffen hat Wie hier keine Handlung, so entsteht da kein Zusammenwirken mehrerer Handlungen, kein Vertrag, wo mehrere nur scheinbar denselben, in Wirklichkeit aber einen verschiedenen Willen äussern. Sowol jenes Abirren der Bewegung von der gewollten Richtung als dieses Verfehlen des Zusammenwirkens (den dissensus) nennen die Römer error. Der Begriff des error ist mithin nicht identisch mit dem des Irrthums, umfasst nicht nur die Differenz der Wirklichkeit und der Vorstellung, sondern auch die des Gewollten und Geschehenen sowie des vom einen und vom anderen gewollten.

Qui aliud dicit quam vult, neque id dicit quod vox significat, quia non vult, neque id quod vult, quia id non loquitur. L. 3 D. de reb. dub. 34. 5.

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