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der

Römischen Litteratur

von

G. Bernhardy.

Halle,

bei C. A. Schwetschke und Sohn

1830.

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Vorrede.

Seitdem das philologische Studium des Alterthums zur Selbständigkeit und zum Bewusstsein seiner Gesetze, Mittel und Kräfte gediehen ist, haben sich die Forschungen über Geschichte der Griechischen und Römischen Litteratur auch aufser dem engen Kreise der Berufsgelehrten gehoben und die frühere Bahn der Mittelmässigkeit und planlosen Nüchternheit verlassen. Noch ge

währt indessen die Fülle der Monographieen, der Sammlungen, der systematischen Werke weder einen wissenschaftlichen Ueberblick des gesammten, so mannichfaltigen Gebietes, noch den umfassenden Begriff des Bildungsganges und der Erscheinungen, auf denen der Zusammenhang der Römischen Kultur und Produktionen ruht. Vielmehr sind die Vorwürfe, welche diesen wichtigen Theil der allgemeinen Litterarhistorie treffen, die Dürftigkeit einer fragmentarischen Tradition, die ungründliche Kombination und Befangenheit des Urtheils, das leblose Gepräge des Ganzen, eines im innersten und im einzelnen zerrissenen Aggregats, zu fühlbar, zu wesentlich verwandt mit den Mängeln der älteren Methodik für Lateinische Erudition, als dass es eines ausführlichen Erweises bedürfte, wie wenig hier das Ziel, die vernunftmässige Darstellung des Organismus und der fortschreitenden Entwicklung in Römischer Schrift und

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Kunst erreicht sei. Niemand mag sich hier gänzlich die Ueberzeugung verhehlen, dafs die bisherigen Leistungen welche mit bibliographischen und biographi schen Kollektaneen begannen, dann in der gefälligen Rhetorik und Geschichtverzierung verweilten, und zum ungemüthlichen aber in unseren Tagen nicht ganz erloschenen Unwesen der Litterar-Register und Reperto1 rien gereift sind, eher bemüht gewesen den sichtbaren Stoff in nützlichen Folgen und Ordnungen zu Tage zu fördern, als die Klarheit, Wahrhaftigkeit und An1 schauung jenes lebendigen Körpers herzustellen, der ak lein aus der Durchdringung von Ursachen und Wirkun gen hervorgeht.

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Im Gefühl dieser Lücken und mit Hinsicht auf einen grofsen Vorgänger ist der gegenwärtige Grundrifs zur Ausführung gelangt. Dem flüchtigen Entwurf von Wolf*), dessen Talent und Verdienst erhaben über jede niedrige Beurtheilung mehr und mehr Anerkennung finden werden, gebührt der Ruhm zuerst die Grenzen des Faches lichtvoll verzeichnet und den Gehalt desselben in den Andeutungen seiner psychologischen, chronologischen und individuellen Massen erschöpft zu haben; doch die schärfere Scheidung und analytische Gewissheit der all

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*),,Geschichte der Römischen Litteratur: nebst biographischen und litterärischen Nachrichten von den lateinischen Schriftstellern, ihren Werken und Ausgaben. Ein Leitfaden für akademische Vorlesungen von Friedr. Aug. Wolf. Halle 1787. 45 S. 8." Nur die Vorrede schien es zu verdienen dafs sie in ihrer ursprünglichen Gestalt auch jetzt noch wiederholt würde. Unvollendet blieb der gleichzeitig unternommene Abrifs,,Zu den Vorlesungen über die Geschichte der Griechischen Litteratur. Von Fr. A. Wolf. 16 S. 4." Uebrigens s. Museum d, Alterth. I. P. 60. ff.

gemeinen und besonderen Entwicklungsstufen lag dem Schöpfer der Alterthumswissenschaft ferne, der lieber die propädeutischen Formen von Grundsätzen und empfänglichen Studien als den konsequenten Vortrag eines geregelten Lehrgebäudes zu bezwecken gewohnt war, Aber die dort befolgte Stellung und Vertheilung der Gattungen) welche von einer modischen Anordnung der neueren Litteraturen abstammte, mufste mit mehreren jüngeren Methoden, die sich weder durch Einfachheit noch durch historische Nothwendigkeit ihre Geltung erwarben, als unstatthaft und unvereinbar mit der geistigen Bildung des antiken Denkens und Darstellens völlig aufgegeben werden. Wohl ist es nun eine leichte Mühe, die Willkühr jener mechanischen Gerüste zu enthüllen, welche den zarten Bau der edelsten Hervorbringungen nrit kalter Anatomie zerstückelten; doch desto schwieriger erscheint das Unternehmen, die jetzt erwählte Behandlung der äufseren Litterargeschichte Schrittweise zu rechtfertigen und ihr mit Gründen den Werth einer

*) Nemlich in der Poesie I. Dramatische Dichtkunst: a. Tragö die. b. Komödie. c. Atellanen. d. Mimen und Pantomimen. II. Epische Dichtkunst. III. Poetische Erzählung. IV. Lehrgedicht. V. Satire. VI. Epistel. VII. Lyrische Poesie, VIII. Elegie. IX. Heroide. X. Bukolische Dichtkunst. XI. Aesopi sche Fabel. XII. Epigramm. Und in der Prosa I, Geschichtschreibung: a. Römische Geschichte, allgemeiner und kürzerer Perioden.. b. Ausländische Geschichte, allgemeiner und kürzerer Perioden. c. Litterärgeschichte. d. Biographie. e, Vermischte Geschichte. f. Roman. II. Beredsamkeit. a. StaatsBeredsamkeit. b. Deklamationen. c. Lobreden. d. Briefe. III. Erudition, a. Philosophie. b. Mathematik, Physik, Astrologie u. s. w. c. Naturgeschichte. d. Arzneikunst. e. Haus und Landwirthschaft, f. Kriegswissenschaft. g. Historie und Antiquitäten.. h. Geographie. i. Mythologie. k. Rechtswissenschaft. 1. Rhetorik. m. Grammatik.

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