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ERKLAERT

VON

HERMANN SCHÜTZ.

DRITTER TEIL:

EPISTEL N.

BERLIN,

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.

1883.

Q. HORATIUS FLACCUS.

87203

EPISTELN

ERKLAERT

VON

HERMANN SCHÜTZ,

PROFESSOR UND GYMNASIALDIREKTOR A. D.

BERLIN,

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.

1883.

Recat, 10-29-40

V.A

VORWORT.

Den Ausdruck epistula hat Hor. nur epist. II 2, 22; und auch dort ist es mindestens zweifelhaft, ob er diese bestimmte Dichtungsart oder im Gegensatz zu carmina V. 25 nur allgemein einen Brief gemeint hat. Dagegen nennt er die Epistel an Augustus (II 1, 4) einen sermo und ebendas. V. 250 die sämtlichen Episteln allgemein sermones. Da nun dieselbe Bezeichnung auch für die Satiren gilt*), so darf man schon hieraus schliefsen, dafs der Unterschied beider mehr in der Darstellungsform als im Inhalte zu suchen ist. Es erklärt sich daraus, dafs Quintil. X 1, 94 wohl die Satiren, 96 die Iamben und Oden des Hor. nennt, die Episteln aber als besondere Gattung seiner Poesie übergeht. Doch möchte ich darum noch nicht annehmen, dafs Quintil. die Episteln geradezu den Satiren beigezählt habe. Er geht an jener Stelle die Hauptarten der Poesie, das Epos, die Elegie, Satire, den lambus, die Lyrik, das Drama, der Reihe nach durch. Die Epistel hatte darunter als besondere Gattung keinen Raum, und er beabsichtigte nichts weniger als eine vollständige Aufzählung der Werke des Hor. So hat er ja auch von Vergil daselbst weder die bucol. noch die georg. genannt; und doch wird niemand behaupten, dafs er das Idyll oder das Lehrgedicht einer der vorher aufgeführten Arten zugerechnet habe.

In der That enthalten die Episteln nicht minder als die Satiren eine Art Lebensphilosophie oder, wenn dies Wort zu hoch gegriffen scheinen sollte, eine geistreiche Betrachtung des Lebens in seinen mannigfachen Bestrebungen und Verirrungen. Hatte aber schon im zweiten Buche der Satiren die Herbigkeit des Urteils sich wesentlich gemildert, so macht sich in den Episteln die liebenswürdige Humanität des gereiften, erfahrenen Mannes er hatte das 40. Lebensjahr überschritten geltend, der fremde Schwächen nicht lieblos verurteilt, sondern, wie gelegentlich seine eigenen, mit feinem Humor belächelt und für alles aufser

*) Vgl. darüber T. II S. VII-XII.

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