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II. Umgestaltung des Römischen Civilprocesses in der vierten Periode.

§. 23.

Der ordo judiciorum privatorum ging in der vierten Periode unter; durch ein Gesez Diokletians von 294 (L. 2 C. de pedaneis judicibus 3, 3) wurde die Trennung des Verfahrens in jus und judicium aufgehoben, und den Gerichtsbehörden nur insofern noch eine indicis datio gestattet, daß sie ausnahmsweise minder wichtige Prozesse einem judex pedaneus zu gänzlicher Durchführung und Entscheidung übertragen durften. An die Stelle der in jus vocatio und editio actionis, so wie der späteren denuntiatio tritt im Justinianischen Recht Einreichung eines libellus conventionis (zur Anmeldung der Klage) beim Richter und Insinuation derselben sammt der richterlichen Ladung an den Beklagten durch einen Exekutor des Gerichts. Als Litiscontestation gilt nun allgemein dasselbe, was bisher bei den extraordinariae cognitiones dafür angesehen worden war (§. 19); es gibt aber keine exceptio rei in judicium deductae mehr. Das Urtheil muß nicht mehr, wenn es condemnatorisch ist, auf eine Geldsumme, es soll aber wenigstens immer auf einen möglichst bestimmten Gegenstand gehen. Das Institut der Appellation wurde weiter ausgebildet; auch in der Gerichtsverfassung wurde das System der Unterordnung und Centralisirung vollstän=

dig durchgeführt. Es findet jezt durchaus direkte Exekution, durch pignoris capio, Wegnahme der zu restituirenden Sache u. f. f. (§. 21) statt. Die missio in bona fommt nur bei der Verurtheilung in contumaciam und im Concursverfahren noch vor und führt nie zu einer venditio bonorum in der alten Weise; Personalexekution (durch öffentliche Haft) findet blos Statt, wenn die Vermögensexekution erfolglos geblieben ist; anderer geringerer Veränderungen nicht zu gedenken.

1. De ordine et veteri exitu interdictorum supervacuum

est hodie dicere: nam quotiens extra ordinem jus dicitur (qualia sunt hodie omnia judicia), non est necesse, reddi interdictum, sed perinde judicatur sine interdictis, atque si utilis actio ex causa interdicti reddita fuisset. §. ult J. de interd. (4, 15).

2. Patroni autem causarum

quum lis fuerit contes

tata, post narrationem propositam et contradictionem objectam, in qualicumque judicio

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juramentum praestent

L. 14 §. 1 C. de judiciis (3, 1) von 530.

3. Curare autem debet judex, ut omnimodo, quantum pos

sibile ei sit, certae pecuniae vel rei sententiam ferat, etsiamsi de incerta quantitate apud eum actum sit. §. 32 J. de act. (4, 6).

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Bis auf Theodosius II. konnten in der Regel die Klagen (abgesehen von der im neusten Recht beseiz tigten Consumtion durch Litiscontestatio) sowohl von dem ursprünglichen Klageberechtigten, als von dessen Erben und zwar auch gegen die Erben des ursprünglichen Beklagten so lange angestellt werden, als das dadurch geschüßte Recht selbst fortdauerte. Nur ausnahmsweise erloschen

1) durch den Tod des Klägers oder Beklagten die Popularklagen und die injuriarium actio; durch den des Klägers allein die andern actiones, quae vindictam continent; durch den des Beklagten allein die Deliktsflagen auf Strafe und auf Entschädigung, soweit diese eine Vermögensverminderung für den Beklagten zur Folge hätten;

2) durch Verjährung d. h. durch Nichtanstellung während einer bestimmten Zeit die auf ein Jahr (annus utilis) oder eine noch geringere Zeit gegebenen prätorischen (namentlich Pönal-) und ädilitischen Kla= gen; gewisse fiskalische Klagen; Klagen, wodurch der die Rechtsfähigkeit bedingende Stand (status) eines Verstorbenen angefochten wurde (was nach einem Edikt

Nerva's nur 5 Jahre lang von dessen Tod an ge= schehen durfte); die querela inofficiosi testamenti, welche ebenfalls nur eine fünfjährige Dauer hat. Nach neuerem Rechte schüßte auch zehen- (unter Abwesenden zwanzig-) jähriger Besig mit rechtmäßigem Anfang, nach spä= teren Bestimmungen vierzig-, endlich dreißigjähriger Befig an und für sich gegen die Klagen aus dem Eigenthum oder einem jus in re (longi, longissimi temporis praescriptio).

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Durch ein Gesez Theodosius II. von 424 (L. un. C. Th. de action. certo tempore finiendis 4, 14. L. 3 C. J. de praescr. XXX vel XL ann. 7, 39) wurde die Ausnahme zur Regel erhoben. Alle Klagen sollen, wenn sie nicht bisher schon in kürzerer Zeit verjährten, erlöschen, sofern sie nicht von dem Zeitpunkt an, wo sie zuerst angestellt werden konnten, innerhalb 30 Jahren angestellt werden. Für einige Fälle wurde die Verjährungszeit später auf 40 oder mehr Jahre verlängert. Nun heißen temporales actiones die in kürzerer Zeit, perpetuae die erst in 30 oder mehr Jahren verjährenden Klagen.

Durch die Litiscontestation wurden stets alle Kla= gerechte perpetuirt, indem dadurch ihre Form zerstört wurde, ihr Gehalt aber in die unverjährbare Prozeßobligation übergieng (§. 12). Zur Unterbrechung der Klagenverjährung reicht nach dem neusten Rechte schon die Einreichung des libellus conventionis und Ladung des Beklagten hin.

IV.

Außerordentlicher Rechtsschuß durch in integrum restitutio *)

§. 25.

Nicht blos rechtswidrige Handlungen, welche einen dem Recht widersprechenden thatsächlichen Zustand erzeugen, sondern auch rechtsförmliche und rechtsgültige Vorgänge (Rechtsgeschäfte, Rechtsverluste durch Zeitablauf, rechtskräftige Erkenntnisse u. s. f.), die an die Stelle eines bisher bestandenen Rechtszustands einen neuen anderen Rechtszustand segen, können für Jemand einen Nachtheil (eine- Läsion) verursachen, der vom Standpunkte der Billigkeit aus als ein dem wahren (von dem blos förmlichen zu unterscheidenden) Rechte so widersprechender erscheint, daß darin ein gerechter Grund (justa causa) liegt, ihm einen außerordentlichen Rechtsschuß durch Wiedereinsegnng in den vori= gen (Rechts) Stand (in integrum restitutio), also eine Hülfe nicht nach dem förmlichen Recht, sondern gegen dasselbe zu ertheilen, indem eine richterliche Behörde ihn mit bewußter, absichtlicher Veränderung des durch den benachtheiligenden Vorgang bewirkten gegenwärtigen Rechtszustands so behandelt, als wenn der dadurch aufgehobene Rechtszustand noch fortbestünde.

Solche Rechtshülfe konnten früher nur die höheren Magistrate auf Grund ihrer Edikte ertheilen, was sie im einzelnen Fall durch ein nach vorgängiger, auf das

*) Savigny System des heutigen R. R. Bd. 7 §. 315

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