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obligationes bestehen ↳, auch als solche während der Dauer der väterlichen Gewalt nur dritten Personen gegenüber ©, erst nach Endigung derselben auch zwischen Vater und Kind, mit Rücksicht auf das Schicksal des Peculiums, wirken. Und dasselbe gilt denn auch e in Ansehung der unter Personen, welche in derselben väterlichen Gewalt stehen, entstandenen Obligationen 2.

In dieser Beziehung macht auch das regelmäßige Verhältniß der bona adventitia feine Aenderung; bezüglich derselben ist das Kind, obwohl ihm das Eigenthum vorbehalten ist, noch ganz vom Vater abhängig, und entbehrt jeder Dispositionsbefugniß. Ueberläßt dieser ihm den Genuß solcher Güter und den Bezug von Früchten derselben, so wirkt dieses nicht anders, als wenn er ihm sonst Etwas von dem Seinigen gibt, und nur wenn er es vor Endigung der väterlichen Gewalt nicht zurücknimmt, bleibt das dadurch Gewonnene dem Kinde, wie ein anderes nicht widerrufenes Geschent. Rücksichtlich des castrense und quasi castrense peculium aber fällt die fragliche Rechtsregel völlig weg, und auch rücksichtlich der bona adventitia irregularia scheint es inconse quent, dieselbe noch festzuhalten 3.

Anm. Man hat dieses gewöhnlich aus einer sog. unitas personae abge Leitet, die zwischen Vater und Kind durch die väterliche Gewalt bestehe. VeranLaßt ist dieser Ausdruck „durch eine nicht hiehergehörige Phrase Justinians“ in L. 11. Cod. de impub. subst. 6. 26. „cum et natura pater et filius eadem persona pene intelligantur"; vgl. §. 4. J. de inutil. stip. 3. 19. „quia vox tua tamquam filii sit, sicuti filii vox tanquam tua intelligetur in iis rebus, quae tibi acquiri possunt“, „woraus man ebensogut eine unitas oris hätte ziehen können“. Puchta §. 432. not. d. „Der Ausdruck Personeneinheit ist sehr ungeeignet, die wahre Natur des Verhältnisses zu bezeichnen; wer von ihm als Princip ausgeht, wird unter drei Punkten zwei falsch entscheiden.“ Puchta Vorles. §. 432. Vgl. vorzüglich v. d. Pfordten Abh. Nr. 2. „über Obligationen zwischen den durch väterliche Gewalt verbundenen Personen.“

2 L. 38. pr. D. 12. 6. (eine der sog. leges damnatae): Frater a fratre, cum in eiusdem potestate essent, pecuniam mutuatus, post mortem patris ei solvit; quaesitum est, an repetere possit? Respondit: utique quidem pro ea parte, qua ipse patri heres extitisset, repetiturum, pro ea vero, qua frater heres extiterit, ita repetiturum, si non minus ex

b L. 3. §. 7. L. 11. §. 2. L. 38. pr. §. 1. L. 52. pr. 56. D. de peculio. 45. 4. L. 38. D. de cond. indeb. 12. 6. L. 56. §. 1. D. de fideiuss. 46. 1. cf. §. 247. not. o. r. indeb. 12. 6. L. 38. pr. cit. f L. 6. §. 2. Cod. L. 2. pr. D. de contrah. emt. 18. 1. L. 42. §. 3. D. de

L. 38. §. 1. 2. D. de cond.

de bon. quae lib. 6. 64.

acquir. hered. 29. 2. L. 15. §. 1. 2. D. de castrensi pecul. 49. 17. cf. L. 10. in f. D.

de fideiuss. 46. 1. L. 4. D. de jud. 5. 1.

peculio suo ad fratrem pervenisset; naturalem enim obligationem, quae fuisset, hoc ipso sublatam videri, quod peculii partem frater sit consecutus, adeo ut, si praelegatum filio eidemque debitori id fuisset, deductio huius debiti a fratre ex eo fieret: idque maxime consequens esse ei sententiae, quam Julianus probaret: si extraneo quid debuisset et ab eo post mortem patris exactum esset, tantum iudicio eum familiae erciscundae recuperaturum a coheredibus fuisse, quantum ab his creditor actione de peculio consequi potuisset. Igitur et si re integra familiae erciscundae agatur, ita peculium dividi aequum esse, ut ad quantitatem eius indemnis a coherede praestetur; porro eum, quem adversus extraneum defendi oportet, longe magis in eo, quod fratri debuisset. indemnem esse praestandum. Vgl. v. d. Pfordten S. 172. fg.

3 Noch weiter geht v. d. Pfordten S. 144. fg., indem er selbst auch_bezüglich des peculium adv. reg., wenn gleich mit enger Beschränkung, Rechtsgeschäfte zwischen Vater und Sohn zuläßt. Dagegen halten Viele auch bezüglich des pec. adv. irregulare solche noch für unstatthaft. Puchta §. 438. Bang. §. 237. Sint. §. 142. not. 8.

§. 436.

b) Heutige Geltung des römischen Rechts.

Die bisher (§. 429...435.) dargestellten Regeln des römischen sog. Peculienrechts werden nicht nur von den meisten Schriftstellern noch als praktische vorgetragen; in den meisten Hauptpunkten in auch deren gemeinrechtliche Gültigkeit unbestritten anerkannt. Inebesondere hat das Recht der Adventitien (§. 432.), mit den Beschränkungen der §. 431. 434., um so leichter in Deutschland Anerkennung gefunden, als schon nach älterem deutschen Rechte dem Vater kraft der väterlichen Vormundschaft wesentlich gleiche Befug nisse am Vermögen der Kinder zugestanden waren. Allein nach heutigem Recht muß 1) allerdings wohl als Princip dieses Verhältniffes anerkannt werden, daß der väterliche Nießbrauch als Ausfluß der väterlichen Gewalt an deren Dauer gefnüpft sey 2. 2) Sehr zweifelhaft ist die praktische Gültigkeit des praemium emancipationis 3. 3) Von manchen wird behauptet, daß jezt allgemein Rechtsgeschäfte zwischen Vater und Kind vollkommen wirksam seyen, daher auch insbesondere Schenkungen des Vaters an das Kind, sofort unwiderruflich gültig, nicht ein peculium profectitium bilden oder vermehren, vielmehr den Adventitien gleichzustellen seyen, ja, daß 4) ein peculium profectitium heutzutage überall nicht mehr vorkomme, also auch von der darauf bezüglichen actio de peculio over tributoria feine Rede mehr sey 4.

1

Anm. Vgl. überhaupt Kraut, die Vormundschaft nach den Grundsäßen des deutschen Rechts. II. S. 618. fg.

2 Vgl. §. 433. Anm. 1. 3. 4. Dem ältern deutschen Rechte ist dieses Princip entsprechend, und nach der herrschenden Meinung wurde es bis zur neuesten Zeit auch für das N. R. durchgängig angenommen.

3 Kraut a. a. D. S. 665. fg. Der Zweifelsgrund dagegen ist, daß heutzutage die väterliche Gewalt auch ohne Emancipation gewöhnlich noch bei Lebzeiten des Vaters endigt. Indessen ist in einzelnen Particularrechten das praemium emancipationis sogar ausdrücklich anerkannt, und zwar consequent auch, sofern sie durch des Vaters Willen geschieht, bei der sog. emancipatio Germanica. vgl. Puchta §. 445.

4

Vgl. Kraut a. a. D. S. 634. fg. Dollmann in Seuffert's Bl. f. Ntsanwend. XIV. S. 129. fg. Seuffert Pand. §. 483. 485. 486. Gerber deutsches Privatrecht §. 141. 142. Bayr. Landr. I. 5. §. 2. nr. 4. „obschon nach Römischen Rechten Vater und Kinder dergestalt für eine Person geachtet werden, daß zwischen ihnen weder eine Schenkung, noch Contract, Process oder andere Handlung Platz greiffet, so ist doch solches . . . nicht mehr in Gebrauch u. s. w.“ und sodann zu I. 5. §. 3., wo die römische Theorie des peculium profectitium noch anerkannt ist, Kreittmayr in den Anm. unter Nr. 2. „Hieraus nun siehet man wohl, daß sothane Action (de peculio) meistentheils nur Kauf- oder Handelsleute betreffe, welche ihre Kinder mit einem gewissen Theil ihres Vermögens marchandiren lassen. Und da nun dieses heutzutage selten mehr geschiehet, ohne daß die Kinder ausdrücklich oder tacite per separatam oeconomiam der väterlichen Gewalt entlassen worden, so kommt auch diese Action nicht leicht mehr auf das Tapet. Ita ut hodie plus difficultatis quam utilitatis habere videatur (Lauterb. colleg. h. t. §. 41.). Vgl. auch Seuffert's Arch. I. 353. VII. 195. 196. Vgl. jedoch dagegen Seuffert's Arch. II. 305., wo ein neueres OA-Erkenntniß angeführt wird, das die Widerruflichkeit der väterlichen Schenkung noch anerkennt. Bedenklich ist es, ein Rechtsinstitut wegen der Seltenheit seines Vorkommens in gerichtlichen Verhandlungen als unpraktisch ganz über Bord zu werfen; bedenklich, jeder Gabe des Vaters an das Kind, die unter andern Personen als unwiderrufliche Schenkung erscheinen würde, die Wirkung beizulegen, daß deren Gegenstand dem Verfügungsrechte des Vaters unwiderruflich entzogen sey.

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II. Vom Verhältniß der Aeltern zu den Kindern überhaupt.

§. 437.

A. Zu leiblichen Kindern.

Ohne Rücksicht auf väterliche Gewalt besteht zwischen Aeltern und Kindern gegenseitig die Pflicht der Unterhaltsgewährung nach §. 348. Die Kinder sind außerdem den Aeltern Ehrerbietung schuldig a.

• Dig. de obsequiis parentibus et patronis praestandis. 37. 15. cf. L. 4. 5. Cod. de patr. pot. 8. 47. L. 4. Cod. de cur. fur. 27. 10.

Deshalb sollen die Kinder von den Aeltern keinen Gefährdeeid 1 verlangen ↳, und kein ehrenkränkendes oder ausdrücklich auf Dolus sich gründendes Rechtsmittel gegen dieselben in Anwendung bringen, ausgenommen wegen atrox iniuria d, noch dieselben peinlich anklagen e. Beleidigungen der Kinder gegen die Aeltern aber werden besonders geahndet. Auch steht diesen gegen jene 2 die Rechtswohlthat der Competenz zu 8. Sodann haben die Aeltern als solche, also auch die Mutter, obgleich der Wille des Vaters regelmäßig überwiegt, das Recht auf die Erziehung des Kindes, und unter Umständen wird die Erziehung der Mutter selbst mit Ausschließung des Vaters eingeräumt, namentlich wenn dieser die Schuld der Scheidung trägt oder seines schlechten Lebenswandels wegen das Wohl der Kinder durch ihn gefährdet wäre. Endlich wird schon nach römischem Rechte bei der Ehe einer minderjährigen Tochter, nach heutigem Recht aber überhaupt bei der Ehe der Kinder auch auf die Einwilligung der Mutter Rücksicht genommen '.

Uebrigens hat das Kind gegen die Aeltern nöthigenfalls eine Klage auf Anerkennung seines Kindesverhältnissses, actio de liberis agnoscendis et alendis oder sog. actio de filiatione, und auch die Mutter fann gegen den sie verweigernden Vater auf Anerkennung des Kindes klagen (actio de partu agnoscendo), wobei jedoch, falls das Kind erst nach der Scheidung geboren ist, gemäß dem Sc. Plancianum die Beobachtung besonderer Maßregeln vorausgesetzt ist *. Andere Vorschriften noch hat das Edict für den Fall aufgestellt, wenn die Frau nach dem Tode des Mannes schwanger zu seyn behauptet.

1

Anm. L. 7. §. 3. D. h. t. 37. 15. sagt: Nec deferentes iusiurandum de calumnia iurant. Dagegen L. 34. §. 4. D. de iureiur. 12. 2. Hoc iusiurandum neque patrono neque parentibus remittitur; aber hier ist zu lesen: aeque patrono parentibusque; oder: aeque p. atque par. remittitur. 2 Das beneficium competentiae der Aeltern hatte nach seiner ursprünglichen Bedeutung (§. 225. Anm. 1.) gewiß nur in der reverentia parentibus

b L. 7. §. 3. D. h. t. 37. 15. L. 2. 5. .7. pr. eod. cf. L. 4. §. 46. D. de doli except. 44. 4. d L. 7. §. 3. 4. D. de iniur. 47. 10. cf. L. 16. D. de iureiur 12. 2. L. 41. §. 1. D. de accusat. 48. 2. f L. 1. §. 2. 3. D. h. t. 37. 15. L. 4. Cod. de patr. pot. 8. 47. L. 7. §. 1. eod. §. 38. J. de act. 4. 6. L. 54. D. solut matr. 24. 3. cf. §. 225. Anm. 2. h L. 1. §. 3. L. 3. §. 4. 5. D. de lib. exhib. 43. 30. L. un. Cod. divortio facto apud quem liberi morari et educari debeant. 5. 24. Nov. 117. cap. 7. i L. 1. 20. Cod. de nupt. 5. 4. cf. § 429. not. d. k L. 1. 3. D. de agnosc. et alend. lib. 25. 3. cf. §. 348. Dig. de inspiciendo ventre custodien

doque partu. 25. 4.

debita seinen Grund, wozu aber nach dessen späterer Bedeutung auch noch die Alimentationspflicht der Kinder gegen die dürftigen Aeltern als unterstüßender Grund hinzukommt (§. 348.). Daß auch die Kinder den Aeltern gegenüber derselben Rechtswohlthat genießen, ist in den Quellen nirgend bestimmt ausgesprochen (not. g.); ein ungenügender Beweis dafür ist es, den man in L. 30. in f. D. de re iud. 42. 1. hat finden wollen, und aus der Gegenseitigkeit der Alimentationspflicht ist es auch nicht schlechthin abzuleiten. Es ist daher wohl gegründet, wenn die Neuern großentheils es nicht annehmen. Vang. §. 174. Anm. 2.

S. 438.

B. 3u angenommenen Kindern.

Eine vollkommene Adoption erzeugt zwischen dem Adoptirten und Adoptivvater, auf so lange die Adoptivverwandtschaft besteht, auch in den in §. 437. angegebenen Beziehungen ein gleich wirksames Verhältniß, wie zwischen dem leiblichen Vater und seinem Kinde. Aber auch eine Frau kann durch Rescript des Regenten ein Kind mit der Wirkung adoptiren, daß dasselbe zu ihr ganz die Stellung eines leiblichen rechtmäßigen Kindes einnimmt, obgleich sie nicht die väterliche Gewalt erlangen kann a. Dagegen hat die sog. adoptio minus plena (§. 426.) fein älterliches Recht zur Folge; ihre juristische Wirkung besteht nur darin, daß der Adoptirte ein geseßliches Kindeserbrecht erlangt ↳, welches durch Emancipation wieder ausgeschlossen werden kann o. Ein anderes Verhältniß, das jedoch mit der adoptio minus plena verbunden seyn kann, ist das der Pflegkindschaft. Dieses hat aber, abgesehen von den in Beziehung auf die Aufnahme des Pflegkindes (alumnus) etwa durch Vertrag begründeten obligatorischen Rechtsansprüchen, keine juristische (familienrechtliche) Wirkung; nur soll das Pflegfind die Pflegältern nicht peinlich anklagen a.

Anm. Ein Rescript von Diocletian und Maximian (L. 5. Cod. de adopt.) gewährte der Bittstellerin Syra die Adoption ihres Stiefsohns „in solatium filiorum amissorum“, und so sagt auch §. 10. J. eod. „Feminae....... ex indulgentia principis ad solatium liberorum amissorum adoptare possunt." Es ist aber kein Zweifel, daß die indulgentia principis auch, wo dieser Beweggrund nicht stattfindet, die Adoption gewähren kann.

L. 5. Cod. de adopt. 8. 48. §. 10. J. de adopt. 1. 11. cf. L. 29. §. 3. D. de inoff. test. 5. 2. b L. 10. §. 1. Cod. de adopt. 8. 48. L. 10. §. 2. Cod. 1. c. d L. 17.

Cod. de his qui accus. n. p. 9. 1. cf. L. 132. pr. D. de V. O. 45. 1.

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