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Inhalt des 64. Heftes.

Seite

1. Dr. Hans Schmidkunz, Psychogenesis und Pädagogik.

1-25

2. Dr. Rud. Menge, Über die Reform der höheren Schulen in Griechenland 3. Dr. Andreas Schaeffer, Die Schulfrage in Frankreich

26-38

38-41

4. Dr. Ludwig Schädel, Zur schulmäfsigen Verwendung von Lessings Laokoon

41-49

5. Prof. Jakob Meyer, Wie gestaltet sich die Zusammenfassung von Platons Dialog, Laches' nach Herbartschen Grundsätzen? .

50-68

6. Dr. Theodor Walter, Planimetrische Ableitung der Hauptformeln der Trigonometrie und Goniometrie

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69-104

Litterarisches.

1. Das neue Gymnasium. Lehrplan und Lehraufgaben für die
höhere Schule nebst Erläuterungen und Anmerkungen

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105 105-107

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Mitteilungen der Herausgeber.

1. Mit der Aufnahme der bei der Schriftleitung eingehenden Beiträge wollen die Herausgeber nur aussprechen, dafs sie dieselben für wertvolle Mitteilungen aus der Theorie und Praxis des Unterrichts halten, zu deren möglichst freiem Austausch die Lehrproben und Lehrgänge" Gelegenheit geben sollen. Eine weiter gehende Verantwortlichkeit für den Inhalt übernehmen sie damit nicht, sondern müssen dieselbe dem jedesmaligen Verfasser überlassen.

2. Die Mitteilungen von Wünschen betreffend die Wahl künftiger Lehrproben wird uns auch in Zukunft sehr willkommen sein; auch sonstige Anfragen an dieser Stelle, soweit sie sich dazu eignet, zu beantworten, werden wir gern bereit sein.

3. Wir bemerken noch einmal, dafs die Hefte der „Lehrproben und Lehrgänge" zwanglos erscheinen und auch einzeln käuflich zu haben sind.

4. Die Herausgeber werden in Zukunft mehr als bisher bestrebt sein, in ihren Beiträgen und Mitteilungen sich der entbehrlichen Fremdwörter zu enthalten, und richten diese Bitte auch an die Herren Mitarbeiter.

5. Sendungen von Beiträgen und Büchern bitten wir an die Schriftleitung in Halle zu richten und für Bücher die Vermittlung der Buchhandlung des Waisenhauses zu benutzen.

1. Psychogenesis und Pädagogik.

Von Dr. Hans Schmidkunz (Berlin-Wilmersdorf).

I. Die gegenwärtige Lage der Psychogenesis.

Innerhalb der Anwendung der Psychologie auf Pädagogisches, über deren Wert und Geachtetheit, wenngleich nicht über die Vollkommenheit ihres Gelingens, wir heute wohl kein Wort mehr zu verlieren brauchen, hat die Psychogenesis wenigstens einschliefslich eine Verwertung gefunden. Bekanntlich besagt dieser Name so viel wie Ontogenie der menschlichen Psyche, also den typischen Entwicklungsgang unserer Seele als eines Individuums von ihren ersten Anfängen an, bis wohin wir sie eben verfolgen können. Zugleich mag der Name, den wir hier als objektiven gedeutet, auch subjektiv für die Lehre von dieser Entwicklung stehen; im objektiven Sinne wird er auch durch die Form ,,Psychogenie" vertreten.

Ebenso bekannt dürfte es sein, dafs die Psychogenesis in einem ihrer fruchtbarsten Teile, nämlich als Psychologie des Kindes, bereits eingehender behandelt worden und seit den Bemühungen von Sigismund, Kussmaul, Preyer u. A., zuletzt von Sully (deutsch Leipzig 1897), von Baldwin (deutsch Berlin 1898), von Lindner, Ament, Compayré (deutsch 1900) u. a., ein vollwertiges Glied der Psychologie überhaupt geworden ist. Jenseits der Grenzen dieses Teiles, also für die Entwicklungsstufen vor und nach den ersten Lebensjahren, sind Forschung und Darstellung weniger eifrig gewesen, obwohl man sie aus mehreren Gründen auch hier brauchte; möglich, dafs dabei die Besorgnis vor einer unerwünschten Berührung mit der Unsterblichkeitsfrage hemmend wirkt. Am ehesten sind die der ersten Kindheit folgenden Lebensstufen wenigstens Gegenstand der Erörterung geworden in den mannigfachen Versuchen pädagogischer Psychologie; und die psychogenetischen Unterscheidungen, auf die Herbart manche seiner Anweisungen über den Unterrichtsgang stützt, sind den Freunden dieser Spezialdisziplin voraussichtlich in Erinnerung. Das „Reizungsverhältnis zwischen der natürlichen Fähigkeit der allgemeinen Anlage einer Altersperiode und den Lehrstoffen, ihrem Mafs und ihrer Lehrform" (L. Ramann) ist allerdings noch kaum irgendwo Gegenstand einer systematischen Darstellung geworden.

Implicite ist eine Psychogenesis der Zeit vom sechsten Jahr bis gegen das Ende des zweiten Decenniums des Lebens schon dadurch zur Geltung gekommen, dafs sich die Pädagogik der Volksschule und die der höheren (mittleren) Schulen, also namentlich die Gymnasialpädagogik, als verschiedene Sonderfächer entfaltet haben. Ganz konnte dies wohl nicht auf die Fries u. Menge, Lehrproben und Lehrgänge. Heft LXIV. 1

Verschiedenheiten des Lehrstoffes und auf die Konsequenzen daraus zurückgehen; dafs auch die regelmäfsigen Verschiedenheiten des Schülermaterials dabei eine Rolle spielten, läfst sich wohl ohne allzuviel Optimismus auch von vornherein annehmen. Nun wäre zu vermuten, dafs der mit diesen zwei Gliedern begonnenen Reihe der psychogenetisch unterschiedenen Pädagogiken das dritte und letzte oder, wenn wir als vierte Stufe das „polymathische" Weiterlernen des Erwachsenen mitrechnen, das vorletzte Glied nicht fehle; dafs sich also an die Volksschulpädagogik und Gymnasialpädagogik eine Hochschulpädagogik, insonderheit Universitätspädagogik anschliefse. In der That aber ist eine solche erst im Werden, wenngleich auch ihr historisches und litterarisches Material sich viel weiter erstreckt, als es zunächst scheint. So geht die Unvollkommenheit der einen Grundlage, der psychogenetischen, Hand in Hand mit der Unvollkommenheit dessen, was von ihr getragen werden sollte oder könnte.

Unsere Absicht ist es hier nicht, einen vollständigen Ersatz für das Fehlende, einschliesslich einer Naturgeschichte des Studenten, zu geben. Vielmehr seien diejenigen Punkte als Beispiele herausgehoben, an denen sich voraussichtlich mehr zeigen läfst als an anderen.

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Die der gesamten Pädagogik für gewöhnlich darzubietende Psychogenesis umfafst die ungefähr zwei Jahrzehnte des Lebens, die zwischen der Geburt (also ungerechnet die vorgeburtliche Erziehung") oder aber dem ersten eigentlichen Schuleintritt, etwa zusammenfallend mit der körperlichen Epoche des Zahnwechsels, einerseits und ungefähr der Beendigung des Wachstums andererseits liegen; also kurz vom ersten oder sechsten bis zum vierundzwanzigsten Jahr. Diese zwei Jahrzehnte sind insofern eine lange Zeit, als sie selbst bei langlebigen Menschen etwa ein Drittel oder Viertel des ganzen Lebens ausmachen, abgesehen davon aber nach der Sterbenswahrscheinlichkeit des Vierundzwanzigjährigen beträchtlich mehr als die Hälfte des zu erwartenden Gesamtlebens betragen. In diese lange Zeit hat nun die Natur einen Einschnitt gesetzt, der vielleicht überhaupt der tiefstgehende, berücksichtigungswürdigste, nachsichtwerteste im ganzen Lebensverlauf ist der Eintritt der Pubertät. Genauer ist an diesem Eintritt eine längere besonders wohl beim männlichen Geschlecht längere Dauer mit einem ziemlich deutlichen Anfang und einem weniger deutlichen Ende zu unterscheiden, und insofern gebührt diesem Anfang der Name eines Einschnittes ganz besonders. Er dürfte für unsere Gegenden beim männlichen Geschlecht in das dreizehnte, vierzehnte oder fünfzehnte Lebensjahr fallen, beim weiblichen Geschlecht in das zwölfte, dreizehnte oder vier

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