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6. Zwei Schemata zum französischen Unterricht.

Von Hammer (Wien).

Ebenso wie in der Naturgeschichte, in der Geometrie u. a. Gegenständen anschauliche Zeichnungen an der Tafel geradezu unerlässlich sind, erscheinen dieselben auch im Sprachunterrichte als höchst fördernd. Vor allem macht sich im Französischen von selbst das Bedürfnis geltend, gewisse grundlegende Regeln dem Schüler schon während des Vortrages für immer einzuprägen. Vor allem wird es dem Schüler leichter fallen, die Tempora in strenger Ordnung und, in einfache und zusammengesetzte geschieden, im Gedächtnisse zu behalten, als wenn sie kunterbunt, bald in dieser bald in jener Reihenfolge aufgezählt werden. Da erwies sich nun mir zu wiederholtenmalen auf der ersten Stufe des Unterrichts folgendes innerlich gegliedertes Schema als höchst erfolgreich:

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Auch die Zeitenbildung wird sich so in ihrer verschiedenen Art dem Gedächtnisse leichter einprägen, und vor allem erscheint das mitunter recht ⚫ mechanische Hersagen der Conjugationen gänzlich überflüssig. Durch obige Tabellen wird dem Schüler auch der Uebergang von den einfachen zu den zusammengesetzten Zeiten nicht unbeträchtlich vereinfacht, da jede der zusammengesetzten Zeiten aus dem links gegenüberstehenden einfachen Tempus des Hilfszeitwortes und dem Participium gebildet wird.

Im Anschlufs an diese Tabelle stellt der Lehrer folgende Fragen an die Schüler:

Comment forme-t-on les temps simples?

Comment les temps composés?

Combien de temps simples y-a-t-il?

Combien de temps composés?

Comment forme-t-on le présent d'un verbe?

Comment le futur présent d'un verbe?

Quelle est la différence dans la formation des temps simples et des

temps composés?

Diese Fragen werden unter dem Titel „, Questionnaire" von den Schülern in ihre Hefte eingetragen. Die Beantwortung derselben bildet Stoff für die

nächste Lection.

Fries u. Menge, Lehrproben und Lehrgänge. Heft LXII.

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Nicht ungewöhnlich sind die Schwierigkeiten, welche selbst Schülern der obersten Klassen der Gebrauch der Pronomina bietet. Als Mustersätze für die Anwendung des pronom personnel absolu bewährte sich folgender Satz, natürlich in den für die drei Personen der Ein- und Mehrzahl möglichen Variationen:

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Öfters zeigt sich aber die Unbeholfenheit im Gebrauche der pronoms conjoints. In der That, für den Deutschen ist er auch ein höchst ungewohnter, insofern diese Pronomina im Französischen vor das Verbum finitum zu stehen kommen. Besonders schwierig zeigt sich aber das Gesetz der Aufeinanderfolge, wenn beispielsweise beide Objekte, Accussativ und Dativ, mittelst pronoms conjoints auszudrücken sind. Selbst bei Schülern vorgeschrittener Jahrgänge zeitigte in kurzer Zeit die Aneignung der betreffenden Regel an der Hand folgender Tabelle die schönsten Früchte:

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So haben die in Rubrik I verzeichneten Pronomina den Vortritt vor jenen in Rubrik II vermerkten, und diese wieder den Vortritt vor jenen in Rubrik III und IV; en und y folgen allen andern Pronomina.

Sehr vorteilhaft wäre es, wenn auch die Lehrbücher solche schematische Darstellungen enthielten. Wohl wären dieselben nicht von eben demselben Werte wie das an die Tafel Geschriebene; auch wäre Letzteres selbst dann ebenso notwendig. Aber der Verfasser könnte sich so manche mühsam konstruirte Regel ersparen, deren Erlernung, wenn sie noch so klar ist, für den Schüler keinen Wert hat, wenn die Übung, sie auch richtig anzuwenden, fehlt.

7. Bemerkungen über Inhalt und Methode des mathematischen Unterrichts.

Von M. Schuster (Oldenburg).

Nach einer älteren, indessen auch heute noch nicht völlig überwundenen Ansicht werden erspriefsliche Leistungen in der Mathematik durch eine gewisse eigenartige Anlage bedingt, die demjenigen, der sie besitzt, ohne sonderliche Schwierigkeiten gleichsam wie ein Zauberschlüssel Beziehungen eröffnet, welche dem Auge des nicht also Bevorzugten trotz heifsen Bemühens dunkel bleiben, selbst wenn er auf anderen Wissensgebieten gute Fähigkeiten entwickelt. Allein es ist nicht zu leugnen, dafs dieser einseitige Mangel an mathematischer Begabung in unserer Zeit viel seltener beobachtet wird, als vor etwa 30-40 Jahren. Will man daher nicht etwa einen dem Zeitmafs aller sonstigen generellen Entwicklung weit vorauseilenden plötzlichen Fortschritt des Menschengeschlechtes nach der Seite der exaktwissenschaftlichen Begabung hin annehmen, die thatsächlich vorhandene Besserung also nicht auf subjektive Gründe zurückführen, so wird man auch die Ursachen eines etwa noch vorhandenen Mifsverhältnisses der mathematischen Leistungen mehr in objektiven als in persönlichen Verhältnissen zu suchen haben. Man wird ferner zugeben dürfen, dafs die Momente, unter deren Einwirkung jene Besserung sich vollzogen hat, in ihrem weiteren Fortwirken endlich auch auf dem Gebiete schulmathematischer Unterrichtserfolge durchaus normale Zustände herbeiführen müssen. dieses Ziel zu erreichen, wird es also darauf ankommen, jene Momente klar und vollständig zu erfassen und ihnen dann zu ihrer Wirksamkeit den erforderlichen Raum und die nötigen Stützen zu gewähren.

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Um

Allerdings wird auch, und namentlich von seiten der wissenschaftlichen Pädagogik, als Hauptgrund für das Zurückbleiben sonst gut veranlagter und fleissiger Schüler in den mathematischen Fächern nicht selten unzureichende methodologische Ausbildung und Mangel an didaktischem Geschick der Lehrer genannt. Schon Herbart deutet dies mit den Worten an, Mathematiker seien selten aufgelegt, sich mit Kindern gehörig zu beschäftigen" (Umriss pädagogischer Vorlesungen § 252); schärfer noch geht Schrader mit ihnen ins Gericht (Erziehungs- und Unterrichtslehre § 140). Allein damit wird die Behauptung einer besonderen, seltener als andere vorkommenden mathematischen Anlage nur auf einen neuen Gegenstand übertragen; dem Zweifel an der Befähigung zum Verständnis der Mathematik auf der einen Seite wird der Zweifel an der Fähigkeit zur Mitteilung ihrer Wahrheiten auf der anderen entgegengestellt. Damit aber ist für die psychologische

Erklärung, die doch die Grundlage für Besserungsvorschläge bilden müfste,

nichts gewonnen.

Somit wird es auch von diesem Standpunkte aus richtiger sein, den in der Sache selbst liegenden Hemmnissen nachzuspüren und darauf hin Inhalt und Methode des mathematischen Unterrichts einer vergleichenden Kritik und nötigenfalls einer Revision zu unterziehen.

Nehmen wir z. B. diejenigen Vorzüge zum Muster, die nach Schrader (a. a. O. § 102) den Sprachen den Wert und die Wirkung des „allseitigsten und tiefgreifendsten Bildungsmittels" verleihen, so werden wir den Inhalt unserer Wissenschaft so zu gestalten haben, dafs sie möglichst samtliche Thätigkeitsformen des Geistes in ihrer Vereinigung und gegenseitigen Befruchtung beschäftigt", und eine Methode einschlagen müssen, die ,,stetige Übung und Verwendung des Lehrstoffes fordert, die Zöglinge also unmittelbar und ununterbrochen vom Wissen zum Können leitet".

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I.

Ganz allgemein wird die logische Ausbildung des Verstandes als vornehmster Zweck des mathematischen Unterrichts bezeichnet, und man mufs anerkennen, dafs der Inhalt der Schulmathematik, so wie sie sich zunächst im Anschlufs an Euklid entwickelt hat, dazu vorzugsweise geeignet ist. Es fragt sich nur, ob wir in der Schule in den starren euklidischen Formen stehen bleiben müssen, nachdem sich die höheren Gebiete der Mathematik längst aus ihnen befreit und z. T. ganz selbständig entwickelt haben; ob es nicht möglich ist, den Inhalt auch der Schulmathematik so zu erweitern und zu vertiefen, dafs ihre Wirkung nicht mehr beschränkt bleibt auf den engen Kreis des intellektuellen Interesses, den z. B. Waitz ihr zuweist, indem er sie zur Einführung des Schülers in die übrigen höheren Interessen überhaupt als unbrauchbar" betrachtet (Allgemeine Pädagogik § 26). Dann freilich wäre es nicht nur verständlich, sondern natürlich und notwendig, dafs diejenigen Schüler, die nicht so einseitig veranlagt sind, und das ist - gottlob ! die überwiegende Mehrheit, durch andere Unterrichtszweige bei weitem mehr angezogen fühlen, dafs sich gerade der idealer angelegten Naturen ein gewisser Widerwille gegen die Mathematik (Goethe!) bemächtigt. Denn wenn bei einem einseitig nach logischen Gesichtspunkten erteilten Unterricht, der dabei vielleicht gar noch den psychologischen Fehler unzeitiger wissenschaftlicher Strenge begeht, jedenfalls aber Einbildungskraft und Gemüt völlig leer läfst, die Aufmerksamkeit eines Schülers erlahmt, das Verständnis infolgedessen unsicher und der Fleifs schwankend geworden ist, wenn dadurch erst Lücken in den grundlegenden Kenntnissen entstanden sind: dann freilich macht ihm, wie

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einst Goethe, die Mathematik,, ein grimmig Gesicht". (Briefe an Frau v. Stein).

Der mathematische Unterricht mufs daher, und zwar schon in seinen Elementen1) auch auf die Geschmacksbildung gebührend Rücksicht nehmen. Das kann nach zwei Richtungen hin geschehen, für welche uns Schrader gleichfalls als Führer dienen möge - allerdings dürfen wir uns das Ziel noch erheblich weiter stecken. ,, Die Hilfe, welche der mathematischen Erfindung durch die kombinierende Phantasie geliehen wird" (a. a. O. § 140), wollen wir nicht nur gelegentlich", sondern plan mäfsig in Anspruch nehmen davon wird bei der Erörterung der Methode noch weiter zu sprechen sein und die Geometrie soll zur,,Klärung und Ordnung der Phantasie" (a. a. O. § 64) nicht blofs „,,nebenbei" benutzt werden, vielmehr ist die formale Ausbildung der Phantasie für die harmonische Erziehung der Persönlichkeit ebenso wichtig, wie die formale Ausbildung des Verstandes, und um so mehr Sache des mathematischen, vorab des geometrischen Unterrichts, als er nach dieser Richtung hin seitens der sprachlich-historischen Fächer weit weniger Unterstützung zu erwarten hat. Dafür ersteht ihm ein treuer Bundesgenosse im Zeichenunterricht, der freilich in seiner Bedeutung für die geistige. Bildung und darum wohl auch in den an Lehrende und Lernende zu stellenden Anforderungen noch viel zu wenig gewürdigt wird 2).

Denn vorläufig hat ja auch dieses Fach noch gegen das Vorurteil von der dafür notwendigen „, besonderen Begabung", die man vom Durchschnittsschüler nicht verlangen könne, zu kämpfen als ob es seine Aufgabe wäre, ausübende Künstler heranzubilden. Allein das Zeichnen soll

auf der höheren Schule ebenso wenig einseitiges Fachwissen oder -können vermitteln, wie irgend ein anderer Unterrichtsgegenstand; es dient lediglich der allgemeinen Bildung nach der Seite des ästhetischen Interesses, indem es das Verständnis für die Formen der bildenden Künste erschliesst, deren Werke ihrem Inhalt nach durch die Kunstgeschichte überliefert werden. In Verbindung mit ihm löst die Geometrie vom sinnlich Ge

1) Vgl. meinen Aufsatz,,Die drei ersten Geometriestunden" (Heft 58 d. Ztschr.). 2) Ein Schritt zur Besserung ist übrigens durch die Bestimmungen über die Lehrbefähigung in der angewandten Mathematik" (Prüfungsordnung f. d. höhere Lehramt vom 12. 9. 98) gethan. Hoffentlich folgt ihm bald die Einführung des geometrischen Zeichnens als verbindlichen Unterrichtsgegenstandes in die Lehrpläne und in die Prüfungsordnungen der höheren Schulen. Vgl. auch die Verhandlungen der 8. Hauptversammlung des Vereins zur Förderung des Unterrichts in der Mathematik und den Naturwissenschaften (Hannover 1899), und die dazu von Hildebrandt gestellten Anträge (Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften V, 61.).

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