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Gymnasiallehrervereines, erscheinen in 6 Doppelheften jährlich im Gesamtumfang von 45 Bogen und kosten für Nichtmitglieder 10 Mk.

Inhalt des XI. & XII. Heftes.

Abhandlungen.

L. Mufsgnug, Ein Schülerbrief aus dem XVI. Jahrhundert

J. Klug, Zum mathematischen Unterricht

E. Brand, Aus und zum Kultusetat der XXVIII. Finanzperiode (1906/07)

Rezensionen.

Wunderer, W, Deutsches Lesebuch für die Oberklassen der Gymuasien.
I. Teil, bespr, von Schmaus

Stöckel, Herm., Altdeutsches Lesebuch. Zur Benützung an höheren Lehr

anstalten wie zum Selbstgebrauche, bespr. von Brenner

Des 0. Horatius Flaccus Satiren und Episteln, für den Schulgebrauch
erklärt von Dr. G. F. A. Krüger. 15. Aufl., besorgt von Dr. Gustav
Krüger. I. Bändchen: Satiren, bespr. von Hoeger.

Homers Odyssee. Ein kritischer Kommentar von Prof. Dr. P. D. Ch.
Hennings, bespr. von Seibel

Griechische Münzen. Auktionskatalog Nr. XIII einer hochbedeutenden
Sammlung griechischer Münzen von Dr. Jakob Hirsch, mit Nachtrag,
Auktionskatalog Nr. XIV, bespr. von Hey

Miszellen:

Hofrat Joh. Fesenmair, Nekrolog von Aug. Brunner

Die angebliche Verekelung der deutschen Klassiker auf dem Gymnasium
Prüfungsaufgaben 1905

Verzeichnis der neuen Themata für die Prüfung aus den philologisch-
historischen Fächern auf das Jahr 1906

Verzeichnis der neuen Themata für die Prüfung aus den neueren Sprachen
auf das Jahr 1906 ..

Zum Kapitel,,Unterrichtsvisitationen 1904/05"
Berichtigungen zum Personalstatus

Personalnachrichten..

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In Angelegenheiten des Gymnasiallehrervereines wolle man sich an den ersten Vorstand, Gymnasialprofessor Dr. Aug. Stapfer in München (Preysingstr. 27/111) oder an den Stellvertreter des Vorstandes, Gymnasialprofessor Dr. Friedr. Burger in München (Thierschstr. 21/III 1.) wenden; aufserdem können Anfragen in Vereinsangelegenheiten auch direkt an den Schriftführer, Gymnasiallehrer Dr. Sebastian Schlittenbauer in München, Ringseisstrafse 14/II gerichtet werden; alle die Redaktion dieser Blätter betreffenden Zuschriften sind an den Redakteur, Gymnasialprofessor Dr. Joh. Melber in München, Schellingstrasse 3, Gartengebäude II/r., zu richten, jedoch mögen Artikel über Standesverhältnisse direkt an den 1. Vereinsvorstand gesandt werden.

Alle die Zusendung unserer Zeitschrift betreffenden Reklamationen oder Mitteilungen sind an den Vereinskassier, Gymnasiallehrer Johann Inglsperger in München (Bürkleinstr. 15/III) zu richten.

Frühere Jahrgänge unserer Zeitschrift können, soweit der Vorrat reicht, von Vereinsmitgliedern zu ermälsigtem Preise durch das Ausschufsmitglied Gymnasialprofessor Joseph Zametzer, München, Luitpoldgymnasium, bezogen werden.

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Ein Schülerbrief aus dem XVI. Jahrhundert.

Im Nördlinger Archiv findet sich unter den Missiven des Jahres 1543 folgender Brief, der als Beitrag zur Geschichte der humanistischen Studien des 16. Jahrhunderts vielleicht nicht ohne Wert ist.

S. D. Amantissime fidelissimeque pater, salvum me esse (gratia sit deo) scias, id quod de te matreque ac sororibus meis audirem lubens. De studiis meis sic accipe. Est mihi praeceptor sane quam fidelis, qui quantam potest in me instituendo adhibet diligentiam. Autores, qui mihi praeleguntur, hi sunt. Mane hora sexta Terentius exponitur, qui die sequenti mihi interpretandus est germanice; simulque declinationes constructionesque ex eo quaeruntur; tertio memoriter recitandus. Donati Methodus ac Philippi Melanchthonis Grammatica a Jacobo Micyllo locupleta(ta) ab hora octava ad decimam usque praeleguntur ac reposcuntur. Hora duodecima meridiana Virgilii bucolica eo quo Terentius modo praeleguntur. Prima Aesopi fabulae interpretantur insequentique die reposcuntur. Tertia communiores syntaxis regulae primum a Philippo Melanchthone scriptae a Micyllo postea auctae explicantur. Quarta vero Erasmi colloquia interpretantur, eadem hora una aliqua ex Jani Anysii sententiis vocabulaque rerum. aliquot memoriter recitanda exponuntur. Ad haec argumenta epistolaria germanica latine reddenda nobis a praeceptore bis in hebdomada proponuntur, quae deinde Mercurii Saturnique die ab eodem emendantur. Musices praeterea elementa iisdem diebus traduntur. Postremo Dominicis diebus aut Divorum feriis hora septima Catechismus nobis explicatur ac nobis rursus exigitur. Hora vero decima aut duodecima Evangelium exponitur idque nobis est hora pomeridiana quarta rursum germanice reddendum. Haec, cum hinc nuntium abiturum esse audirem, pro pietate filii obsequentissimi scribenda tibi esse putavi bonique ut consulas has meas rudes literas valde oro. Deus optimus maximusque tibi omnibusque nobis adsit. Datae Nordlingiae 13. Julii anno ct.') quadragesimo tertio supra sesquimillesimum.

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Hector Vogelman filius. Adresse: Pietate summa colendo amantissimoque patri suo Conrado Vogelman hae advolent litterae. Laugingae.

1) Eine in den Briefen jener Zeit übliche Abkürzung für die meist recht umständlichen Beifügungen, mit welchen man in den damaligen Urkunden die Jahreszahl der christlichen Zeitrechnung zu bezeichnen pflegte.

Blätter f. d. Gymnasialschulw. IXL. Jahig.

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(Genau nach dem sehr klar und sorgfältig geschriebenen Originale, abgesehen von der Auflösung der damals üblichen Abkürzungen und von der Berichtigung der manchmal sehr willkürlichen Anfangsbuchstaben und Interpunktionen). Nördlingen.

Zum mathematischen Unterricht.1)

Mufsgnug.

Neue Zeiten bringen neue Forderungen an die Schule. Man wird nicht jede Forderung als berechtigt ansehen, andererseits aber auch berechtigten Wünschen das Ohr nicht verschliefsen dürfen.

Wenn wir unsere Gymnasien betrachten, in denen wir alle unterrichtet wurden, so sind wir gewohnt in ihnen eine Ursache des Aufschwungs und der Gröfse Deutschlands zu erblicken. Es ist daher begreiflich, wenn man diese Schulgattung in ihrer bisherigen Form möglichst zu erhalten sucht und dem Ansturm der neuen Zeit durch Vermehrung der Lehrfächer mit pädagogischen und didaktischen Mafsnahmen zu begegnen hofft. Ob letzteres stets gelingen wird, kann jetzt nicht entschieden werden. Die Zeit wird sich die Schule schaffen, deren sie bedarf. Das aber dürfen wir zuversichtlich hoffen, dafs auch wir in Bayern zur rechten Zeit nicht allzuweit von dem richtigen Wege uns befinden werden.

Ich möchte hier nur mit kurzen Worten über einige Änderungen sprechen, die im mathematischen Unterrichtsstoff aus mehreren Gründen vielleicht wünschenswert wären. In neuerer Zeit macht sich nicht nur bei uns die Bestrebung bemerkbar den mathematischen Unterricht umzugestalten. Es ist wohl eine etwas spröde Arbeit nach der Erklärung der Elemente der Mathematik die meiste Zeit damit zuzubringen, die Schüler auf die Lösung aller möglichen und unmöglichen Aufgaben zu dressieren. Eine Folge dieses Betriebes ist wohl auch die Erscheinung, dafs die Schüler sich überhaupt von der Schwierigkeit und dem Umfang der Mathematik einen falschen Begriff machen. Tatsächlich erhält der Schüler hiebei von der Verwendbarkeit der Mathematik kein rechtes Bild und den Wert der Mathematik lernt er nicht schätzen; es bleibt ihm die Tatsache verschlossen, dafs die Fortschritte in der Technik, Physik und Chemie zum guten Teil ein Erfolg der Mathematik sind.

Es ist daher begreiflich, wenn eine starke Strömung entstanden ist, die dahin geht in den Lehrstoff der Mathematik an den Gymnasien wenigstens die Elemente der höheren Analysis, d. h. der Differentialund Integralrechnung aufzunehmen.

vor.

1) Nachstehende Skizze lag Ende September der Redaktion dieser Blätter Sie wurde jedoch einstweilen zurückgestellt, da in dem Sept.-Okt.-Heft der ausführliche Vortrag des Herrn Konrektors Lengauer erscheinen sollte und meine Ausführungen sich mit diesem, nach dem Titel zu urteilen, vielleicht deckten. Nachdem der Vortrag nunmehr gedruckt vorliegt, ersehe ich, dafs die sehr wertvollen Ausführungen des Herrn Lengauer sich mit den meinigen nicht decken und dafs meine Darlegungen eher als Ergänzung zu jenen angesehen werden können, und deshalb mögen sie auch den Kollegen ungeändert unterbreitet werden!

Dafs dies didaktisch möglich sei, kann nicht bestritten werden, wenn man sich bescheidet, wegen der beschränkten Zeit, die zur Verfügung steht, nur die einfachsten Formen zu behandeln und besonders jene, die mit Grundbegriffen und einfachsten Tatsachen der Physik zusammenhängen.1)

Dieser Ausbau des mathematischen Unterrichts ist auch eine Forderung der Entwicklung. Zur Erklärung dieses Satzes komme ich sofort auf einen Gegenstand des arithmetischen Unterrichts zu sprechen. Man bringt mit den 4 Grundrechnungsarten für ganze und gebrochene Zahlen 32 Jahre hin. Dies ist zum Teil wenigstens eine gewisse Vergeudung der Zeit, die sicherlich besser verwendet werden könnte.

In der 1. Klasse wird die ganze Zahl behandelt. Man kann dies gutheifsen; nur sollte die Zeit auch dazu verwendet werden den Unterricht auf eine höhere Stufe zu bringen. Es kann dies in der einfachsten Weise geschehen. Sieht man die Rechenbücher an, so findet man darin eine Reihe von Textaufgaben, die z. B. als Anwendung der Definitionsgesetze der Grundrechnungsarten zu gelten haben und für die kindliche Auffassung des Schülers zum Teil gewisse Schwierigkeiten nach der theoretischen Seite hin haben. Wer selbst unterrichtet hat, wird wissen, welche Mühe, welcher Aufwand an Erklärungen und Demonstrationen oft nötig ist um den Schüler in den Sinn der schwierigeren Aufgaben einzuführen und ihm die Lösung klar zu machen. Jeder wird auch die Erfahrung gemacht haben, dass ein wirkliches Verständnis bei der Mehrzahl der Schüler kaum erreicht wird und dafs nur wenige derselben fähig sind den Gedankengang der Aufgabe und Lösung zu verfolgen und ähnliche Aufgaben dann selbsttätig zu lösen; dies gilt in höherem Grade von gewissen Aufgaben der 2. und 2, Klasse. Wohl mancher Lehrer hat, gleichsam verstohlenerweise und mit dem Gefühl nicht ganz im Sinne der Vorschriften zu handeln, die gesuchte Zahl als Unbekannte in die Rechnung eingeführt, mit Hilfe derselben den Ansatz als Gleichung dargestellt und ist dann durch Umformung der letzteren zur Lösung gelangt. Niemand wird bei diesem Versuch leugnen, dafs die Schwierigkeiten sofort geringer werden, dafs der Ansatz verständlicher wird und die Lösung leicht gelingt.

Warum soll man diese Erfahrung nicht direkt nutzbar machen und aus ihr nicht die naturgemäfse Folgerung ziehen? Warum soll man die umständlichere Methode beibehalten und die leichtere nicht offen einführen? Es wird vielleicht die Einwendung gemacht, dafs durch die alte Methode die Denkfähigkeit der Kinder bedeutend erprobt und gestärkt wird und jenes Verfahren deshalb beizubehalten sei. Abgesehen davon, dafs das nur für einen geringen Bruchteil der Schüler

1) Herr Professor Dr. W. von Dyck, Rektor der technischen Hochschule, hat in seinem Vortrage beim letzten mathematischen Ferienkurs in München in dankenswerter Weise den ungefähren Umfang des zu behandelnden Gebietes skizziert und auch die notwendigen Anwendungen der Differential- und Integralrechnung auf die Physik für unsere Schulen näher charakterisiert.

zutrifft, und dafs viele trotz aller Mühe und Geschicklichkeit des Lehrers der Sache mit wenig Verständnis gegenüberstehen, warum hält man die leichtere Methode für fördernd beim Unterricht der älteren Schüler, die doch von dem geiststärkenden Mittel der früheren Methode eher Nutzen und Gewinn ziehen würden? Mit anderen Worten: Warum löst man die Aufgaben auf der höheren Lehrstufe mit Hilfe der Gleichungen und nicht auf die umständlichere und schwierigere Verbalmethode? Warum mufs gerade dem jüngeren Schüler diese schwierigere Methode zugemutet werden? Dann noch etwas. Was tut man denn, wenn man eine solche Aufgabe nach der letzteren Methode löst? Man leistet mit gröfserer Anstrengung im Kopf jene Arbeit, die man bei Anwendung der Gleichungslehre schriftlich und mit der Zeit ganz mechanisch zu lösen gewohnt ist. Man macht im Kopf den Ansatz als Gleichung, macht im Kopf die Umformungen, die nötig sind zur Bestimmung der Unbekannten, also zur Lösung der Aufgabe. Wenn man dies doch tun mufs, gut so mache man es nicht verstohlenerweise und dadurch, dafs man die Schüler nicht zur Erkenntnis bringt, dafs sie eigentlich mit grofsem Aufwand an geistiger Anstrengung nichts anderes tun als was man sonst rein mechanisch ohne Anstrengung mit einigen formalen Gesetzen rechnerisch rasch erledigt. Man hat das bequeme Hilfsmittel der Gleichungen, warum wendet man es nicht so früh als möglich an? Es ist gerade so, als wenn man jetzt, also zu einer Zeit, da das dekadische Zahlenrechnen von jedem Schüler mechanisch geübt wird, verlangen wollte, der Schüler solle sich bei jeder einfachen Addition etc. stets bewufst sein, welche Zahlengesetze er hiebei erfüllt; es ist so, als wenn man fordern wollte, der Schüler solle die ältere interlineare Rechenmethode, wie sie vor Adam Riese üblich war, anwenden und zwar deswegen weil diese mehr Aufmerksamkeit und Geistesarbeit erfordere und den Geist mehr schärfe und stärke als die neueren, mechanisch geübten Rechenoperationen.

Die Zeit drängt vorwärts nach neuen Zielen; das Erreichte liegt schon hinter uns und wenn wir neue bequemere Hilfsmittel zur Arbeitsleistung errungen haben, so sollen wir auch mit diesen und nicht mit den alten arbeiten. Dies ist geradezu eine Forderung des Fortschritts und der Ökonomie in dem Verbrauch nicht nur der materiellen sondern auch der geistigen Energien.

Und auf unseren Fall angewendet: Je höhere Aufgaben der Mathematik und des Rechnens wir durch eine mechanische Rechentätigkeit bewältigen können, desto mehr Geisteskraft wird frei zu höheren Zielen.

Wenn ich der Einführungen der Gleichungen in die untersten Klassen des Gymnasiums das Wort rede, so möchte ich mich von vornherein gegen Mifsverständnisse verwahren und deshalb in groben Umrissen darlegen, wie ich mir die Behandlung jenes Stoffes denke:

Sobald man den Begriff der Differenz erklärt und die Definitionsgesetze:,,Wenn man von einer Summe den einen Summanden subtrahiert, erhält man den anderen" und ,,Wenn man zu einer Differenz

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