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dierung von L. Grimm; Einzug Napoleons in Düsseldorf nach einem Original von Petersen); gebunden M. 6.-.

Ein Buch von Holzhausen verspricht immer eine zum mindesten anregende Lektüre. Das vorliegende Werk wird insbesondere dem Heineforscher und Literarhistoriker überhaupt eine willkommene Gabe sein. Hatte Holzhausen anderswo (Allg. Z. Beil. 1898 Nr. 34) Immermanns Verhältnis zu Napoleon I. beleuchtet, so bietet er uns hier, ausgerüstet mit umfangreichen Kenntnissen über die Stimmungen jener Zeiten, wie sie uns aus Dichtung, Memoiren, Denkschriften und Zeitungen1) widerhallen, eine gründliche Studie über Heines Napoleonkultus, ein Thema, das schon Brandes (Literatur des XIX. Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen) aufgegriffen hat. Aber Heines schwankendes Verhalten in den Jahren 1828 und 1837 ist bei Brandes viel zu wenig herausgehoben und erklärt; hierin übertrifft ihn Holzhausen weit. Zunächst wird das ,,Milieu" umgrenzt. Dieses Kapitel gehört zu dem Fesselndsten, was uns der ,,passionierte Milieuzeichner", wie er sich selbst nennt (S. 101) vorsetzt. Dann wird gezeigt, wie Heine der typische Napoleondichter Deutschlands geworden ist. Dabei werden. nun die einzelnen Phasen seines Napoleonkultus des näheren erörtert, die Periode der unbedingten Bewunderung, die Zeit des Zweifels, die Umkehr, die An- und Ausklänge der letzten Lebensjahre Holzhausen beschränkt sich nicht darauf, das Verhältnis Heines und Napoleons allein zu behandeln; jene grofse Zeit mit ihren grofsen Geistern, Goethe, Varnhagen und Rahel, Victor Hugo und Thiers, Byron, Börne, Walter Scott, Béranger u. a. tritt uns in oft ganz neuer Beleuchtung vor die Augen. Ein Kapitel für sich bildet z. B. die,,Rückkehr des Leichnams Napoleons in der internationalen Lyrik“, wofür Holzhausens Note 606 umfangreiche Belege gibt; dabei wäre zu ergänzen: Mauviel, J., L'empereur au tombeau; Saint Helène et retour; chants napoléoniens de 1821-1853 (1853). - Freilich sind wir manchmal nicht einverstanden mit der idealisierenden Verherrlichung Napoleons — aber das ist doch zuletzt Sache des subjektiven Standpunkts. Wenn wir Einzelheiten nachtragen, sei das nur ein Beweis, wie sehr das Buch imstande ist anzuregen. Wie Heine zur Opposition gegen die preufsische Regierung getrieben ward, erörtert auch Lichtenberger (Les théories sociales de H. H. Annales d'Est VII p. 228 ff.) prächtig

Vermissen mussten wir einen Hinweis auf Harrys Kaiserbuch (1837); Haumann, Napoleon in einer Auswahl der denkwürdigsten Urteile (1848); Niemeyer Ed., Die Schwärmerei für Napoleon in der deutschen Dichtung (Archiv. f. Lit. 1875); C. v. Reinhardstöttner, Napoleon I. in der zeitgen. Dichtung (Aufs. u. Abh. 1887); ferner: Eine Betrachtung über die Napoleonsverehrung oder eine Parallele zwischen Napoleon Bonaparte und Friedrich d. Gr. (Berlin 1846). Auffallen mag, dafs einmal Seuberts, ein andermal Gildemeisters Byronübersetzung, bei Börne bald die Hamburger Ausgabe von 1832, bald die Reclam

1) Eine Napoleonbibliographie fehlt noch; Holzhausen bietet viel, aber bei weitem nicht alles.

edition zitiert wird. Auf Seite 203 stört das allerdings häufig gelesene, ,Epikuräismus'; Immermanns Trauerspiel in Tyrol erschien 1826 nicht 1828 [S. 268]. Von Druckfehlern ist das Buch fast frei.

München.

Dr. Stemplinger.

Hermann Oldenberg, Die Literatur des alten Indien. Stuttgart und Berlin 1903, J. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger. IV und 299 S. Preis 5 M.

Es ist eine alte Klage, dafs wie es von der indischen Literatur noch keine wirklich der Wissenschaft entsprechende Bearbeitung, so andererseits auch kein im besten Sinne populäres Handbuch gibt. Das vorliegende Werk füllt nun diese Lücke auf die denkbar glücklichste Weise aus. Es ist eine Zusammenfassung von Aufsätzen, die in den Jahren 1899-1903 in der Deutschen Rundschau erschienen sind, bereichert durch eine Anzahl von Anmerkungen und ein Register. Es ist klar, dafs Oldenberg, der nun schon ein Vierteljahrhundert in der vordersten Reihe der Indologen steht, hier aus dem Vollen schöpfen konnte; gibt es ja doch kaum ein Gebiet der indischen Philologie, auf dem er noch nichts Hervorragendes geleistet hätte. Zu dieser umfassenden Sachkenntnis gesellt sich eine meisterhafte Beherrschung des sprachlichen Ausdrucks.

Oldenberg hat den Stoff in vier grofse Kapitel geteilt: 1. Die Poesie des Veda, 2. die Upanischaden und die Literatur des Buddhismus, 3. die beiden Epen (Mahābhārata und Rāmāyaṇa) und Manus Gesetze, 4. die Kunstdichtung. Er gibt immer zuerst eine Übersicht über die Kultur der Periode und bietet hierin eine ausgezeichnete Einführung in die Kenntnis von Land und Leuten in Indien. Dann folgt die Besprechung der wichtigsten Literaturwerke mit eingestreuten Übersetzungsproben. Diese gehören mit zu dem Besten, was die deutsche Literatur an Nachbildungen aus dem Indischen aufzuweisen hat; ich wüfste eigentlich nur Rückerts Übertragungen mit ihnen zu vergleichen.

Sehr dankbar ist zu begrüfsen, dafs Oldenberg auch die buddhistische Literatur gebührend berücksichtigt; seine Vorgänger beschränkten sich gerade hierin immer nur auf kurze Notizen. Und doch ist gerade die Literatur des alten Buddhismus für die Gegenwart vielleicht der interessanteste Teil der indischen Literaturgeschichte. Eine kurze Erwähnung der so weit ausgedehnten und auch zum Teil schon in guten Ausgaben edierten Literatur der Jainas, auf die Oldenberg S. 87 absichtlich verzichtet, wäre allerdings im Anschlufs an den Buddhismus angenehm gewesen. Ebenso hätte unseres Erachtens Verf. nicht ganz auf die Anführung der wissenschaftlichen Literatur Indiens verzichten sollen. Nur die Grammatik des Panini findet im 3. Teil des Buches eine allerdings ganz vorzügliche Besprechung. Und doch bietet auch die Art des wissenschaftlichen Betriebs in Indien so viel Charakteristisches, dafs durch eine kurze Übersicht über dies Gebiet das Buch nur hätte gewinnen können.

Die Anmerkungen sind sehr knapp gehalten; sie verweisen im wesentlichen auf die indischen Quellen, die im Text zitiert oder ins Deutsche übertragen sind, und geben aufserdem eine Auswahl der Literatur über die einzelnen Fragen. Für die Laien haben sie keinen grofsen Wert, zumal sie nicht die Übersetzungen und andere für Nichtindologen in erster Linie wichtige Bücher angeben, wohl aber für die Fachgelehrten und besonders für Sanskritstudierende. In ihnen ist auch die sonst allgemein gültige Transskription durchgeführt, während im Buche selbst die indischen Laute, die dem deutschen Alphabete fehlen, gröfstenteils durch deutsche Laute wiedergegeben sind. Dieser Standpunkt ist gewifs berechtigt; wenn man aber Wortungetüme wie ,,Satschtschaka" u. a. sieht, sollte man doch meinen, es wäre einfacher gewesen dem Buche eine kurze Transskriptionstabelle vorauszuschicken und die sonst übliche Transskription anzuwenden. Auch eine Bemerkung über die Betonung der indischen Namen wäre manchem erwünscht, zumal die Längenbezeichnung der Vokale weggefallen ist.

Doch das sind unwesentliche Kleinigkeiten. Was Oldenberg mit seinem Werke will, nämlich den nicht fachmännisch gebildeten Leser in die reiche Literatur Indiens einzuführen, das ist aufs glänzendste erreicht.

Druck und Papier sind vortrefflich; schade, dafs in dem Exemplare des Referenten nach S. 224 statt des 15. der 13. Bogen nochmals eingeheftet ist, wodurch eine empfindliche Lücke in dem Buche entstand.

Prof. Dr. Rudolf Meringer, Indogermanische Sprachwissenschaft. Dritte, durchgesehene Auflage. Mit 4 Tafeln. Leipzig, G. J. Göschensche Verlagsbuchhandlung, 1903. 150 S. Preis 0.80 M. (Sammlung Göschen No. 59.)

Das treffliche Werkchen Meringers erscheint nun schon in dritter Auflage. Es verdient auch diese verhältnismäfsig rasche Verbreitung, denn es enthält auf engem Raum und in knappster Form die Hauptergebnisse der vergleichenden Sprachforschung in ihrem heutigen Stande und ist somit besonders für Philologen und Germanisten ein treffliches Hilfsmittel zur raschen und bequemen Orientierung in diesem Wissensgebiet.

Meringer geht zuerst in einem ziemlich ausführlichen Abschnitt (S. 12-56) auf die Lehre von der Sprache im allgemeinen und ihren Veränderungen ein und bespricht hierauf die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen. Dann gibt er (S. 73–132) eine kurze Übersicht über ihre Laut- und Formenlehre und erörtert zum Schlusse noch die Fragen über Kultur und Urheimat der Indogermanen. Verf. berücksichtigt überall die neuesten Forschungen; nur in dem Beharren bei J. Schmidts Wellentheorie ist er etwas zu konservativ. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn Verf. auch einen ganz knappen Abrifs der Entwicklung der indogermanischen Sprachwissenschaft gegeben hätte; durch Kürzung des ersten, sehr ausgedehnten Abschnittes über

die psychophysischen Grundlagen der Sprache hätte sich leicht Raum dafür gewinnen lassen. Dies wäre um so wichtiger, als Verf. in seiner Laut- und Formenlehre natürlich nur die Resultate der Wissenschaft bringt ohne sich irgendwie auf Kontroversen einzulassen. Eigentümlich ist es, dafs der palatale Zischlaut immer noch ç geschrieben wird, während man ihn jetzt doch fast allgemein s oder (z. B. bei Brugmann) š transskribiert. Sehr gut sind die Literaturangaben am Anfang des Büchleins. Ein Register fehlt leider.

Besonders unseren bayerischen Philologen sei das Werkchen zum Schlufs warm empfohlen; denn einerseits haben sie meist während der Universitätsjahre keine Zeit oder auch Gelegenheit eine Vorlesung über vergleichende Sprachforschung zu hören, andererseits aber ist eine Kenntnis wenigstens der wichtigsten Tatsachen der vergleichenden indogermanischen Sprachwissenschaft für den Gymnasiallehrer einfach unerlässlich.

München.

Dutoit.

Die Historien des P. Cornelius Tacitus herausgegeben von Johann Müller. Für den Schulgebrauch bearbeitet von A. Th. Christ. Mit 3 Karten und 15 Abbildungen. Leipzig, Freytag, 1903. XII, 304 S. Preis gebunden 2 M.

Die Einleitung (III-XI) schildert anschaulich und treffend den Übergang von Neros Schreckensregiment auf Vespasian, den Grenzstoff zwischen den Annalen und Historien. Ein Anhang S. 288-302 orientiert gut über die Verwaltung des römischen Reiches unter den Kaisern. Das Namenverzeichnis S. 229-287 vermag bei seiner Reichhaltigkeit und Verlässigkeit fast einen sachlichen Kommentar zu ersetzen. Die Stammtafeln des Galba, Piso, Herodes wird man nicht leicht anderswo so genau verzeichnet finden. Nicht unzweckmäfsig sind die 15 Abbildungen, wenn sie auch künstlerisch nicht hoch stehen, Galba und Titus sogar unschön sind. Darf die hier gegebene Rekonstruktion des etruskischen Tempels (S. 239) als einwandfrei gelten? Ein gutes Anschauungsmittel ist die Lohmeyersche,,Ansprache Trajans"; eine Nachbildung wäre hier erwünscht. Der Plan von Rom zur Zeit Neros ist übersichtlich und, soweit ich das beurteilen kann, korrekt; ein gleiches gilt von den Karten von Oberitalien und den Rheinlanden. Der Text ist im wesentlichen der von Joh. Müller, doch veranlafsten die neuesten Untersuchungen, besonders von G. Andresen, manche Abweichungen.

Der Druck ist vorzüglich, die Inhaltsübersichten am Rand orientieren schnell und gut, werden aber vom didaktischen Standpunkte aus nicht unbeanstandet bleiben.

P. Cornelii Taciti opera quae supersunt. Recensuit Joannes Müller. Editio minor. Vol. I. libros ab excessu divi Augusti continens. Editio altera emendata. Additae sunt tres tabulae

geographicae. Lipsiae-Vindobonae, Freytag-Tempsky MDCCCCIII. 8°. 350 S. M. 2.50 = 3 K.

Der Text zeigt auch in der zweiten Ausgabe besonnenes Urteil und genaueste Kenntnis der Eigenart des Schriftstellers. Die neuen textkritischen Forschungen von Andresen u. a. sind verständnisvoll verwertet. Druck und Ausstattung sind vorzüglich. Anstatt 125 mal als Seitenüberschriften drucken zu lassen,,P. Cornelii Taciti ab excessu Augusti" wäre praktischer der Inhalt der betreffenden Seite angegeben worden, etwa im Wortlaut der den Büchern vorgedruckten Breviarien mit den Jahresangaben. Auch sollten die Annalen ihren Index nominum haben.

Der Plan von Rom zur Zeit Neros ist übersichtlich und verlässig. Auch die Karten vom römischen Reich und von Germanien erfüllen ihren Zweck.

Die Lehrer, die in den Händen ihrer Schüler nur Textausgaben sehen wollen, seien auf den gesicherten Text und die treffliche Ausstattung der Freytagschen Ausgaben des Tacitus von Johann Müller und Christ noch einmal nachdrücklich hingewiesen.

Publii Cornelii Taciti de Germania libellus. Edidit notisque auxit Lad. Okęcki. Cracoviae typis W. L. Anczyc Sociorumque, 1903, II. 74 S. (In Kommissionsverlag von Simmel & Co. in Leipzig). Laden-, preis 2 M.

Die kleine Ausgabe des aureolus liber will der studierenden Jugend einen knappen Kommentar bieten ohne gelehrtes Beiwerk über ethno- und geographische Einzelheiten, ohne etymologische und antiquarische Spitzfindigkeiten, aber nicht ohne Versuche in der Erklärung selbständig Besseres zu finden. Uns erscheint der Verfasser als ein Mann, der seinen Tacitus kennt, über die Germania manches gelesen und durch eigenes Nachdenken sich zurechtgelegt hat und seine Ansicht auch ungescheut vorträgt, aber noch nicht zur Höhe des jetzigen Standes der Germaniaerklärung gelangt ist.

Eine Einleitung wird nicht gegeben, auch eine Karte fehlt. Der Text, über dessen Gestaltung der Verfasser sich nicht äufsert, scheint sich am meisten an Halm anzulehnen. Den Rückschritt gegenüber anderen Ausgaben zeigen Lesarten wie c. 2 ut nunc Tungri tunc Germani | c. 3 voces illae . . videntur | c. 6 cassis aut galeae; das folgende equi läfst den Plural der Hss. leicht erklären | c. 10 si publice consuletur für consultetur, andere consulitur | c. 14 exigunt enim, (ohne a) principis sui liberalite c. 38 formae, sed innoxiae | c. 42 quatenus Danuvio peragitur für praecingitur | c. 45 formasque deorum (für equorum) et radios c. 46 ac torpor procerum: conubiis. Auch die Interpunktion erscheint nicht selten als haltlos, z. B. c. 17 proximi ripae neglegenter, ulteriores exquisitius. ut quibus. . cultus, eligunt.

Der Kommentar, das relativ Wichtigste an dem Buch, bringt passende sprachliche Belege, besonders aus den Schriften des Tacitus

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