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Das bayerische Museum soll ein Landesmuseum werden und den sämtlichen Schulgattungen, vor allem den Volks- und Mittelschulen, zugute kommen. Dies ist in der Hauptsache der Plan, wie er vom Kuratorium der „Gruppe Bayern" in seiner letzten Sitzung, der aufser Vertretern des Hoch-, Mittel- und Volksschulwesens auch ein Mitglied der Kgl. Staatsregierung beiwohnte, entworfen und einhellig begutachtet wurde.

Näheres über die weitere Entwicklung dieser Angelegenheit wird an dieser Stelle mitgeteilt werden.

Da das geplante Schulmuseum auch eine historische Abteilung erhalten soll, werden die Herren Kollegen und insbesondere auch die Herren Schulvorstände schon jetzt angelegentlich ersucht, ältere, nicht mehr im Gebrauch befindliche Bücher und Lehrmittel, die ins Gebiet des Unterrichtes und der Erziehung einschlagen, aus ihrem Besitze an das zu gründende Schulmuseum abzugeben und dadurch auch an ihrem Teile zur Begründung einer Institution beizutragen, die dem Ganzen der Schule und der Lehrer nützen soll.

Zur Annahme und Aufbewahrung hat Herr Studienrat Dr. Krallinger, Rektor der Luitpoldrealschule, Alexandrastrafse 3, München, einstweilen den nötigen Raum zur Verfügung gestellt. An ihn wollen also freiwillige Beiträge gefälligst gesendet werden.

Im Auftrage des Kuratoriums der „Gruppe Bayern":
Gymn.-Prof. Dr. Gebhard.

Ein preussisches Gymnasialjubiläum.

In den Tagen vom 17.-19. Oktober v. J. beging das Gymnasium Saarbrücken die Feier seines dreihundertjährigen Bestehens. Aus zwei Gründen ist wohl eine kurze Erwähnung dieser aufserbayerischen Schulfeier in unseren Blättern zu rechtfertigen, einmal, weil das preulsische Gymnasium in freundnachbarlicher Gesinnung auch an das Lehrerkollegium des pfälzisch-bayerischen Gymnasiums Zweibrücken hatte eine Einladung ergehen lassen, sodann, weil bei Gelegenheit dieser Feier die Saarbrücker Primaner die Antigone im griechischen Urtexte aufführten und diese Aufführung einen Vergleich mit der allen Zuschauern unvergesslichen Nürnberger Aufführung vom Jahre 1899 nahelegte. Um gleich damit zu beginnen, so sei von vornherein bemerkt, dafs die Aufführung der griechischen Tragödie auch in Saarbrücken wohl gelang und auf die zahlreichen Zuhörer (die in dem geräumigen und vornehm ausgestatteten Saarbrücker Saalbau Anwesenden wurden auf reichlich 1500 Personen geschätzt) sichtlich einen tiefen Eindruck machte. Die Schüler entledigten sich ihrer schwierigen Aufgabe mit Lust und mit Geschick; wie in Nürnberg zeigte sich auch bei der Saarbrücker Aufführung, dafs dieses Stück des Sophokles eine nie veraltende Wirkung besitzt. Dadurch, dafs die ganze Mendelssohnsche Musik beigegeben war (der Männerchor war ausschliesslich von Schülern, das Orchester aber von Berufsmusikern gebildet), trug die Saarbrücker Aufführung ein von der Nürnberger bedeutend verschiedenes Gepräge. Die Ausstattung war angemessen, die Gewänder waren fast zu bunt. Im ganzen streifte gegenüber der edlen Einfachheit der Nürnberger Aufführung die Saarbrücker mehr an das Opernhafte, was ja nach der Ansicht vieler dem Charakter der antiken Tragödie vollauf entsprechen würde. Sehr würdig verlief der eigentliche Festakt, bei welchem zunächst der Provinzialschulrat Dr. Nelson (bis vor wenigen Jahren selbst Direktor des Gymnasiums Saarbrücken) in formvollendeter und gedankenreicher Ansprache die Anstalt beglückwünschte und zum Schlusse nicht weniger als vier Ordensauszeichnungen überreichte. („Das hat man bei uns so", meinte ein neben mir sitzender preulsischer Kollege.) Von den übrigen Beglückwünschungen sei nur die der ehemaligen Schüler erwähnt, die 2000 M. zur Ausschmückung der Aula und weitere 10000 M. für Reisestipendien an würdige Abiturienten stifteten. Der gegenwärtige Direktor des Gymnasiums, Professor Neuber, gab in seiner Festrede zuerst einen interessanten Überblick über die

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wechselvollen Schicksale des Saarbrücker Gymnasiums 1), sodann stellte er in wirkungsvollen Ausführungen einen Vergleich zwischen humanistischer und realistischer Bildung an. Leider erlaubte den Zweibrücker Gästen die Rücksicht auf die Arbeit an der eigenen Schule nicht, auch dem übrigen Teile der Feier beizuwohnen. Doch sei erwähnt, dafs aufser dem unvermeidlichen Festessen noch ein Fackelzug der Schüler und ein Kommers mit der Aufführung von Wallensteins Lager (gleichfalls durch die Schüler des Gymnasiums) folgte. Der dritte Tag brachte eine Feier im Ehrental, einer der weihevollsten Stätten unseres deutschen Vaterlandes, dem Begräbnisorte vieler Mitkämpfer des grofen Krieges, und ein Turnspiel auf dem Exerzierplatz am Fufse des historischen Spicherer Berges. Es tat uns leid, gerade diesen Teil der Feier versäumen zu müssen, der uns Gelegenheit geboten hätte, die preufsischen Schüler beim Turnspiel zu beobachten. Nach den Zeitungsberichten verlief auch der letzte Teil der Feier, von herrlichem Herbstwetter begünstigt, aufs beste. Dafs dem Turnspiel in Saarbrücken grofse Beachtung geschenkt wird, hatten wir nicht nur aus den in den Gängen des Gymnasiums aufgehängten schwarzen Tafeln der Schülerturnvereinigung ersehen, sondern auch im Gespräch mit den liebenswürdigen preufsischen Kollegen erfahren. Zw.

Berliner Gymnasiallehrer-Verein.
(Novembersitzung 1904.)

H. St.

In der Novembersitzung des Berliner Gymnasiallehrer-Vereins sprach Herr Prof. R. Werner über „Die Entwicklung des Gymnasiallehrerstandes in Bayern 1773-1904". An der Hand der ausgezeichneten, gleichnamigen Schrift des Münchener Gymnasialprofessors Brand zeigte er, wie der Gymnasiallehrerstand sich in Bayern meist ähnlich wie in Preufsen, vielfach aber auch ganz anders entwickelt hat. Nach Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 wurde das Unterrichtswesen allmählich verweltlicht. Mit der Leitung übernahm der Staat auch die Pflicht, für den Unterhalt der Schüler und der Lehrer zu sorgen. Nach langem Kampfe erlangten die Gymnasiallehrer nach und nach, vom Landtage oft gegen die Regierung unterstützt, eine Besserung ihrer Lage. Sie wurden ordentliche, pensionsberechtigte Staatsbeamte und endlich (1872) den Richtern im Gehalt gleichgestellt, was in Preussen bekanntlich noch immer nicht der Fall ist. Als die Juristen 1876 versuchten, in eine höhere Gehaltsstufe eingereiht zu werden, erklärte der treffliche Unterrichtsminister Dr. v. Lutz, wenn das durchginge, werde er sofort für die Philologen die gleiche Forderung stellen. Ein Hauptverdienst daran, dafs soviel erreicht worden war und auch noch später erreicht wurde, darf sich der 1863 gegründete Bayerische Gymnasiallehrerverein zuschreiben, dessen Mitgliederzahl im Jahre 1903 schon 1041 betrug und dem fast alle Gymnasiallehrer Bayerns angehören.

Neuerdings haben die bayerischen Gymnasiallehrer noch einen besonderen Erfolg errungen. Da es nicht viel Rektorate gibt, höhere Stellen für Philologen aber in Bayern überhaupt nicht vorhanden sind, und da ferner an den Gymnasien mit 400-800 und mehr Schülern und 20-50 Lehrern ein Rektor die gesamte Leitung nicht erspriefslich führen kann, so beschlossen Regierung und Landtag, dafs an solchen Riesenschulen zur Entlastung des Rektors ein „Konrektor" angestellt werden solle mit demselben Range und Gehalte wie der Rektor. Das ist eine hochbedeutsame Neuerung, die auch in Preufsen sorgfältige Beachtung verdient.

Ohne Erfolg blieben bisher noch die Bestrebungen, die auf eine Änderung des „Obersten Schulrates" hinzielten. Diese aus 4 Hochschulprofessoren und 8 Gymnasialrektoren bestehende Behörde hat nur beratende Stimme. Vom Unterrichtsministerium aber sind Schulmänner als vortragende Räte ausgeschlossen, und das Dezernat über die höheren Schulen haben daher hier die Juristen. Mit

1) Die Geschichte des Gymnasiums Saarbrücken, welche sich in vielen Punkten mit der des 45 Jahre älteren Zweibrücker Gymnasiums berührt, hat Professor Ruppersberg in einer gediegenen Festschrift ausführlich behandelt.

diesem Zustande der Dinge sind natürlich die bayerischen Gymnasiallehrer nicht zufrieden. Da aber der Landtag in dieser Frage gespalten war und der Minister sie für noch nicht spruchreif erklärte, so ist einstweilen alles beim alten geblieben. Doch ist wenigstens allseitig die Notwendigkeit einer Reform des Obersten Schulrates anerkannt worden und es steht zu hoffen, dafs auch diese Frage bald in günstigem Sinne entschieden wird. Der Vortragende schlofs mit Worten lebhafter Anerkennung der Bestrebungen des bayerischen Gymnasiallehrerverbandes.

Dem mit Beifall aufgenommenen Vortrage folgte eine lebhafte Debatte, die sich hauptsächlich um die Einrichtung von Konrektorstellen drehte. Es wurden vielfach die Vorzüge dieser Einrichtung hervorgehoben und ihre Übertragung auf preufsische Schulverhältnisse für wünschenswert erklärt, während von anderer Seite die Zweckmässigkeit einer solchen Neuschöpfung bestritten wurde. Darin war man einig, dafs die Frage für die Entwicklung unserer höheren Schulen und des Oberlehrerstandes von höchster Wichtigkeit sei.

Bericht über den archäologischen Ferienkursus in Berlin. (Ostern 1904.)

Am 7. April 1904 vormittags 9 Uhr fand ich mich als einer der 34 Teilnehmer des archäologischen Ferienkurses im Kgl. Neuen Museum in Berlin ein. Schon acht Tage vorher war ich angekommen, hatte also Zeit gehabt, meinen Erinnerungen vom Jahre 1882 nachzugehen, wo ich bei Ernst Curtius Archäologie gehört hatte. Auch sonst hatte ich viel des Neuen und Alten gesehen; ich konnte mich also nunmehr mit ungeteiltem Interesse den alten Ägyptern im Erdgeschosse des Neuen Museums zuwenden, denen der erste Vortrag des Direktors Prof. Dr. Erman galt. Ich möchte jedem Kollegen, der in Zukunft den Ferienkurs mitmacht, den Rat geben, es ebenso zu machen und acht Tage früher zu kommen; denn während des Kurses findet man wenig Zeit Berlin zu sehen. Von 9 Uhr bis gegen 3 Uhr dauern mit einer Stunde Pause die Vorträge; wenn man dann noch seine Aufzeichnungen machen will denn vor den Objekten kann man nur wenige kurze Notizen machen, man soll ja sehen und nicht schreiben dann wird man in der Regel bis zum Abend beschäftigt sein. Aber auch abgesehen davon ist man nach den vier bis fünf Stunden rezeptiver Tätigkeit so ermüdet, dafs man wenig Neues mehr aufnehmen kann. Es war mir überraschend, wie müde mich das Zuhören machte. Wenn man bald zwanzig Jahre selber lehrt, weifs man das nicht mehr. Man glaubt, der Lehrer allein habe ein Recht müde zu werden und kann es daher nicht immer verstehen, dafs die Schüler in der vierten Stunde nicht mehr so frisch sind wie in der ersten. So ist es eben immer gut, wenn man einmal wieder Gelegenheit bekommt, sich eine Sache von der anderen Seite anzusehen. Also wie gesagt: voll reicher Anregung, aber auch recht müde kommt man jeden Tag aus dem Museum heraus. Wo soll man da die Zeit und die Kraft hernehmen nebenbei noch Berlin zu sehen? Aber auch, wenn man sich auf die archäologische Aufgabe beschränken wollte, so sollte man die Museen, in denen man geführt wird, vorher allein gesehen haben. Denn darüber soll man sich nicht täuschen wer nur während der Stunden des Kurses vor den Monumenten steht, der lernt viel Gutes und Brauchbares, zum inneren Erlebnis wird uns aber ein Kunstwerk nur wenn wir allein mit ihm sprechen. Es gilt also sich zuerst mit den Objekten der späteren Erklärung vertraut zu machen; so hat man die doppelte Arbeit und hat reichlich acht Tage vorher in Berlin zu tun, mufs man doch auch Potsdam und Sanssouci besuchen als Lehrer der Geschichte und das Zeughaus und das kgl. Schlofs und das neue Reichstagsgebäude und vieles andere Neue und Alte. Vereinigen lässt sich das nicht mit den Aufgaben des archäologischen Kurses, also muss man es vorher erledigen. Nur dann wird man in die Stimmung kommen, die mich in den Tagen vor Beginn des Kurses im Gewühl der Grossstadt und in der Stille ihrer Museen allmählich erfafste: nun aufzuhören mit dem blofsen Schauen und Geniefsen und etwas Rechtes zu lernen. μantio yag áîn ävoiye thy dúgar, so sprach ich alter Schüler zu mir an der Pforte des ägyptischen Museums und bis zum Schlufs hielt dieser Lerneifer an.

Am zweiten Tage sprach Gymnasialdirektor Prof. Dr. Trendelenburg über die Altertümer von Olympia, am dritten der Geheime Regierungsrat_Prof. Dr. Kekule von Stradonitz über attische Kunst; darauf führte uns Prof. Dr. Winnefeld im neuen Pergamon-Museum. Ich muss es mir versagen, des näheren auf diese vier Vorträge einzugehen, da dies schon in den Berichten von 1889, 1899 und 1902 geschehen ist.

Am Dienstag den 12. April fand kein Vortrag statt. Viele Teilnehmer des Kurses benützten diesen freien Tag zu der Besichtigung der Sammlungen Schliemanns im Museum für Völkerkunde. Hier hatte Dr. Goetze die Liebenswürdigkeit uns zuerst über die Steinzeit, die Bronze- und Eisenzeit im allgemeinen zu belehren und dann die Funde Schliemanns eingehend zu erörtern.

Am folgenden Tage sprach Gymnasialdirektor Prof. Dr. Richter über römische Topographie; von aktuellem Interesse war besonders der zweite Teil des Vortrages, der von den neuen Ausgrabungen auf dem Forum handelte, vom lapis niger und von dem geheimnisvollen cippus. Alles wurde aus frischer eigener Anschauung geboten, war doch der Herr Vortragende erst den Abend zuvor aus Rom zurückgekehrt. Wie häufig, hatte er auch diesmal wieder die Osterferien dazu benützt 25 Primaner seines Gymnasiums nach Rom und Neapel zu führen. Diese Schülerreisen nach Italien empfahl er uns aufs wärmste. Wenn man, wie er es tue, die Schüler ein Vierteljahr vorher durch Vorträge auf das vorbereite, was ihrer wartet, dann seien sie wohl imstande dauernden Nutzen aus ihrer Reise zu ziehen. Man sage ihm oft, seine Primaner seien zu jung für Rom und Neapel; darauf sei zu erwidern: Wann steht der Mensch, wenn er nicht Philologe wird, dem klassischen Altertum näher als in der Prima des Gymnasiums? ,Wer einmal in Rom gewesen ist, der wird nie ein ganzer Banause", darin sieht Richter schliesslich den besten Erfolg seiner Bemühungen. Und erstaunlich billig kommt die Sache! Die Schüler hatten in den 20 Tagen der Reise, die Eisenbahnfahrt mitgerechnet, jeder 280 M. gebraucht.

Am Donnerstag den 14. April sprach im Hörsaale des Kunstgewerbemuseums Professor Dr. Conze über die Ausgrabungen bei Haltern. Was die Römerzüge in Deutschland anlangt, so ungefähr begann der Vortragende, so sind uns die äufseren Vorgänge bekannt, nicht aber die Lokalitäten. Man erschrickt, wenn man von der Varusschlacht hört, wegen der lokalen Diskussion. Es gibt hier gegen zehn Hypothesen. Auch der preufsische Generalstab hat sich einmal mit der Frage beschäftigt und Moltke äufserte bei dieser Gelegenheit, bevor man die Schlachtfelder suche, müsse man erst einmal die befestigten Plätze suchen. Nun besteht begründete Hoffnung, dafs die Hauptbefestigung der Römer auf dem rechten Rheinufer, Aliso, durch die Ausgrabungen gefunden wurde, die der westfälische Altertumsverein und das Kaiserlich deutsche archäologische Institut gemeinsam bei Haltern an der Lippe vornehmen. Wer an Ort und Stelle sich belehren will, muls kommen, wenn gegraben wird, denn alles Ausgegrabene wird wieder zugeworfen. Bei Haltern hat man es nur mit Gräben und mit Holzwerk zu tun, nirgends ist Stein zum Bau verwendet. Der gewachsene Grund besteht aus gelbem Sand, der mit einer dünnen Humusschicht bedeckt ist. Die Gräben sind nun deutlich daran erkennbar, dafs sie mit einem viel dunkleren Material, mit Erde, Asche und Holzrudimenten, ausgefüllt sind. Auch bleibt ja jeder Spatenstich erhalten. Die Löcher für die Pfähle sind mit vermoderten Holzresten ausgefüllt, heben sich also wieder dunkel ab von dem gelben Sand. Wo der goldgelbe Sand ununterbrochen fortzieht, war am Graben ein Tor. Eigentlich sollte zuerst immer eine horizontale Abgrabung stattfinden; da das zu teuer und zu langwierig ist, werden meist Querschnitte gemacht, die freilich das Ausgrabungsobjekt zum Teil vernichten. Dadurch sind diese Untersuchungen viel schwieriger, als wenn anderswo ein Tempel aufgedeckt wird. Aufserste Vorsicht ist hier nötig, der Arbeiter muss gleichsam Gefühl in der Schaufel haben.

An vier Stellen sind bisher bei Haltern römische Anlagen gefunden worden. Es sind dies:

1. Das Kastell auf dem St. Annaberge, 3/4 Stunden von Haltern entfernt, wohl die erste Befestigung, die Drusus im Jahre 11 v. Chr. anlegte.

2. Das sogenannte grofse Lager. Hier fand man gegen 2000 eiserne Geschützpfeile.

3. Der Anlege- und Stapelplatz am alten Lippeufer. Hier war in den Gräben eine dicke Schicht schwarzgefärbten Sandes, durchsetzt mit Millionen von Weizenkörnern. Man nimmt nun an, hier sei ein Kornspeicher durch Brand zugrunde gegangen. Dafs das gerade nach der Varusschlacht geschehen sei, ist natürlich eine temperamentvolle Vermutung, die sich nicht beweisen läfst. Der Herr Vortragende gab sein Urteil überhaupt dahin ab, die Sache sei nicht aufgeklärt, daher gäbe es eine Anzahl von Erklärungen, von denen das Getreidemagazin die plausibelste sei, wenn man nicht näher zusähe".

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Technisch besonders interessant ist schliefslich 4. das sogenannte Uferkastell, bei dem vier Bauperioden neben- und übereinander nachgewiesen wurden. Die sehr reichen und zum Teil schönen Ausgrabungsfunde sind in einem Museum zu Haltern vereinigt. Die Münzen, gegen 60 Stück, reichen von 200 v. Chr. bis auf Augustus; auch die sehr zahlreichen Geschirre, darunter viele als terra sigillata, gehören, wie ihre Stempel beweisen, der Zeit des Augustus an. Der Herr Vortragende erläuterte seine Ausführungen zum Schlufs noch an einem sehr sorgfältig gearbeiteten Modell eines Grabens, auch hatte jeder Teilnehmer des Kurses den Führer durch die römischen Ausgrabungen bei Haltern von Schuchhardt in Händen, dem auch hier manche Angaben entnommen sind. Das gesicherte Resultat der bisherigen Forschungen wurde schliesslich in folgenden Sätzen zusammengefasst: Haltern ist der geeignetste Platz für eine römische Station in dieser Gegend; es ist hier eine Hauptbefestigung aus der Zeit des Augustus gefunden worden; nach unserer jetzigen Kenntnis der Sache ist es die Hauptbefestigung, also Aliso.

Den letzten Vortrag hielt der Geheime Regierungsrat Prof. Dr. Diels. Als Einleitung gab er einen sehr interessanten Überblick über das Buchwesen im Altertum, dann sprach er über den Kommentar des Didymos zum Demosthenes, der eben erst als erstes Heft der „Berliner Klassikertexte" von der Generalverwaltung der Kgl. Museen zu Berlin herausgegeben worden war. Ein Exemplar dieser neuen Publikation erhielt jeder Teilnehmer des Ferienkurses als Geschenk für die Bibliothek seines Gymnasiums.

Am Donnerstag den 14. April 3 Uhr nachmittags endete der Vortrag und mit ihm der Ferienkurs. Ich kann jedem Kollegen, dem sich die Gelegenheit bietet an Ostern nach Berlin zu gehen, nur dringend raten mit beiden Händen zuzugreifen. Er wird zum Lohn für seine Arbeit reichen Gewinn nach Hause bringen. Hugo Steiger.

Nürnberg.

Zur Schulordnung von 1830.1)

Herr Kollega Eugen Brand hat uns in zwei sehr wertvollen und dankenswerten Schriften (s. Kehrbach, Texte und Forschungen IV und besonders Blätter für das Gymnasialschulwesen 1904, Heft VII und VIII) die Geschichte der Entwicklung unseres Standes von 1773-1904 zur Darstellung gebracht. Zur Geschichte des Schulplanes von 1830, der den kaum ins Leben getretenen von 1829, den sogenannten Thiersch'schen, wieder verdrängte, sei im Nachfolgenden ein kleiner, in mehrfacher Beziehung vielleicht nicht uninteressanter Beitrag geliefert, Aufzeichnungen des damaligen Gymnasialprofessors am Neuen (j. Ludwigs-) Gymnasium, späteren K. Lyzealrektors in Freising, Sebastian Freudensprung), der Mitglied der „Kommission zur Prüfung des Schulplanes von 1829 und der gegen denselben erhobenen Erinnerungen" war und den Gang der Verhandlungen, wie es scheint unmittelbar nach den einzelnen Sitzungen kurz skizzierte. Ich gebe das Manuskript, da zu einer Änderung

1) Die zum leichteren Verständnis diesem Artikel beigegebenen kurzen Anmerkungen stammen aus der Feder des Herrn Kollegen Eugen Brand (Anm. d. Redaktion).

Die Aufmerksamkeit der Regierung hatte Freudensprung auf sich gezogen durch das Programm (Neues Gymn. 1829): Historische und pädagogische Bemerkungen über Gymnasialunterricht mit besonderer Rücksicht auf Bayern. 28 S. 11

Blätter f. d. Gymnasialschulw. IXL. Jahrg.

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