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milia. - Das Vermögens-R. hat es zunächst zu thun mit den einzelnen Vermögensbestandtheilen als solchen (reines od. einfaches Verm.-R.), nach deren Verschiedenheit es in das Sachen-R. (dingliche Rechte) und in das Obligationen-R. (Forderungs-Rechte) zerfällt. Ersteres bezieht sich auf die unmittelbare privatrechtliche Herrschaft des Einzelnen über Gegenstände der unfreien Natur, Sachen. Gegenstand des letteren ist diejenige partielle und vorübergehende

privatrechtl. Herrsch. des Einzelnen über ein anderes R-subjekt, kraft welcher dieses ihm zu einer bestimmten Handlung von Vermögenswerth (Leistung) verbunden ist. b) Jedes Forderungs-R. hat von Hause aus die Richtung gegen eine bestimmte Person, welche zu einer positiven Willensbethätigung verpflichtet ist; während dem dinglichen R. des Einzelnen nur die allgemeine R-pflicht aller Uebrigen, jenem gegenüber sich negativ zu verhalten, d. h. in dasselbe nicht einzugreifen, gegenübersteht (vgl. § 24. II. a.) Dem reinen od. einfachen Vermögens-R. coordinirt sind das Familiengüter-R. und das Erb-R., in welchen das Vermögen als Einheit aufgefaßt wird. Ersteres beschäftigt sich mit den Modifikationen, welche die Vermögensverhältnisse eines R-subjektes durch seine Stellung in einer Familie erfahren. Den Gegenstand des Erb-R. bildet das Vermögen als ein über das Leben seines bisherigen Beherrschers, an dessen Stelle ein neuer tritt, fortbestehendes Ganze; es ist die Lehre von dem Uebergang der Vermögensherrschaft Verstorbener auf Ueberlebende (Universalsuccession). Uebersicht: I. Begründung und Schuß der Rechte. II. Personen-R. III. Vermögens-R. A. Reines od. einfaches Verm.-R. 1) Sachen-R. 2) Obligationen-R. B. Familiengüter-R. C. Erb-R. Daran reiht sich IV. die Lehre von den Formen der gerichtlichen Geltendmachung der Rechte (Aktionen-R.). a. 1. Bonorum appellatio universitatem quandam non singulares res demonstrat. African. 1. 208 D. de V. S. 50, 16. 2. Pecuniae nomine non solum numerata pecunia, sed omnes res, tam soli quam mobiles et tam corpora quam iura continentur. Hermog. 1. 222 eod.

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3. Bonorum appellatio aut naturalis aut civilis est. Bona intelliguntur cuiusque, quae deducto aere alieno supersunt. Ulp. 1. 49. Paul. 1. 39 § 1 eod.

b. Obligatio est iuris vinculum, quo necessitate adstringimur alicuius solvendae rei, secundum nostrae civitatis iura. pr. I. de oblig. 3, 13.

c. Bona autem hic, ut plerumque solemus dicere, ita accipienda sunt: universitatis cuiusque successionem, qua succeditur in ius demortui suscipiturque eius rei commodum et incommodum. Nam sive solvendo sunt bona sive non sunt, sive damnum habent sive lucrum, sive in corporibus sunt sive in actionibus, in hoc loco proprie bona appellabuntur. Ulpian. 1. 3 pr. D. de B. P. 37, 1.

II. Abweichend ist das in den Gajanischen und Justinian. In

stitutionen befolgte System: „Omne autem ius quo utimur, vel ad personas*) pertinet, vel ad res**), vel ad actiones***)“ (Gaj. I. § 8. § 12. I. de iure nat. 1, 2.), d. i. die Eintheilung in die Lehre von den Personen (im Ganzen zusammenfallend mit dem II. Theil der folgenden Darstellung); von den R-objekten (körperlichen und unkörperlichen, d. h. Obligationen), deren Erwerb (wobei das Erb-R. als eine Erwerbsform behandelt wird) und Verlust; von den Rschutzmitteln.

Zweites Kapitel. Uebersicht der Geschichte und der Quellen des Römischen Rechtes. †)

§ 7. I. Die Zeit der Republik.

I. In der 1. Periode, welche mit der Zwölftafel-Gesezgebung (305 d. St.) abschließt, war das Röm. R. noch ein auf altem Herkommen beruhendes, starres und streng nationales StadtR., wie es den einfachen Lebensverhältnissen der engbegrenzten Bürgergemeinde entsprach. Anfangs noch vielfach verwachsen mit dem öffentlichen und Sacral-R. (ius publicum, sacrum, fas), wurde das Privat-R. durch die lex XII tab. (,,velut corpus omnis Romani iuris“, —,,fons omnis publici privatique iuris". Liv. III. 34.) zur Selbständigkeit erhoben und erhielt in ihr die feste Grundlage für seine weitere Entwickelung. Die lex XII tab. wurde als Grundlage des ius civ. bis in die späteren Zeiten vielfach von den Juristen commentirt. (So von S. Aelius Catus c. 550. und zulegt von Gaius unter Antoninus Pius). Gleichwohl ist von ihr kein zusammenhängendes Stück in Copie oder Abschrift auf unsere Zeit gekommen. Nur mittelbar (durch Citate und Referate) sind uns daraus überliefert c. 100 zum Theil unvollständige Fragmente, um. deren Kritik und Anordnung sich vornehmlich Jacob. Gothofredus (fragm. XII tab. suis nunc primum tabulis restituta. Heidelb. 1616, dann in den Fontes IV iur. civ. Genev. 1653), Dirksen (Uebersicht d. bisherigen Versuche z. Kritik u. Herstellung d. Tertes d. Zwölf-Tafel-Fragmente. Leipz. 1824), und zuleht Schöll (leg. XII tab. reliquiae. Lips. 1866) Verdienste erworben haben. (Bei Bruns, fontes iur. Rom. antiqui. ed. IV. Tubing. 1880. p. 14-37.) Die uns bei den Röm. Autoren überlieferten sog. leges regiae: *) Gaj. lib. I.

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J. lib. I.

**) Gaj. II. III. J. II-IV, 5. [a) Singulae res und deren Erwerb und Verlust: Gaj. II. § 1-96. J. II, 1-9. b) Erwerb durch_Universalsuc= cession, insbesondere Erb-R.: Gaj. II. § 97-III. § 87. J. II, 10-III, 12. c) Obligationes: Gaj. III. § 88-225. J. III, 13-IV, 5.] ***) Gaj. IV. = J. IV, 6—17. (tit. 18. de publicis iudiciis).

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+) Puchta cit. Bd. I. Danz cit. I. Th. Rudorff, Röm. R-gesch. Bd. I.. Leipz. 1857. Zimmern, Gesch. d. Röm. Privat-R. Bd. I. Heidelb. 1826. I. Th. Haubold, institut. iur. Rom. priv. Lips. 1826. p. 124-209. 466–82. Vgl. Marezoll, Lehrb. d. Instit. 10. Aufl. Leipz. 1875. § 10-46.

enthalten nur althergebrachte patriarchalische und sacrale R-sazungen, welche in einer - wahrscheinlich aus den commentarii pontificum geflossenen und wohl kaum vor den 12 Taf. entstandenen ius Papirianum genannten Sammlung zusammengestellt waren, die gegen das Ende der Republik von Granius Flaccus commentirt wurde. (Bruns cit. p. 1-13.)

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II. Die 2. Periode bis zum Untergange des Freistaates -, in welcher Rom die Weltherrschaft erreicht, wird charakterisirt durch das Eindringen, die allmälige Anerkennung und weitere Ausbildung des ius gentium als eines Bestandtheiles des Röm. Privat-R. Das ius gent. (§ 4. III.) war ursprünglich ein Fremden-R., in seiner Anwendung beschränkt auf den R-verkehr der sich in Rom aufhaltenden peregrini sowohl unter einander, wie mit cives Romani

R-sprechung des praetor peregrinus, dessen Grundsäße erfahrungsgemäß im Verkehre mit den peregrini erkannt und aus den verschiedenen Rechten der nichtröm. Gemeinden und dem Röm. R., mittelst Ausscheidung der streng nationalen Besonderheiten, abgeleitet wurden. Da nun den mit der Röm. Herrschaft wachsenden Bedürfnissen des R-verkehres und den sich erweiternden R-anschauungen der Röm. Bürger das starre, enge und formstrenge ius civile nicht mehr genügen konnte, so wurden auch für den R-verkehr der cives Romani unter einander die Grundsäge des ius gent. fortschreitend anerkannt. So wurde schließlich das ius gent. zu einem Bestandtheile des Röm. Privat-R. selber, welches nunmehr neben den einzig den Röm. Bürgern zugänglichen nationalen R-bildungen des ius civ. propr. Rom., noch auf alle Personen anwendbare allgemeinere R-bildungen des ius gent. enthielt. (Cic. de off. III. 17: Maiores aliud ius gentium, aliud ius civile esse voluerunt: quod civile non idem continuo gentium, quod autem gentium idem civile esse debet.) Die Aufnahme und zugleich die weitere Fortbildung dieser neuen Grundsäge wurde durch die prätorische Jurisdiktion und die Jurisprudenz bewirkt.

Als Faktoren der R-bildung treten uns entgegen die Gesezgebung, das prätorische Edikt und die auctoritas prudentium:

A. Lex i. m. S. ist jeder, .i. e. S. der eine R-norm feststellende Beschluß (iussum) der Röm. Volksversammlung, welcher in der Annahme des vom vorsißenden Magistratus eingebrachten und in fest= stehender Fragformel (vgl. § 52. III. A. c.) zur Genehmigung vorgelegten Gesezesvorschlages (rogatio legis) besteht. Der rogatio legis ging regelmäßig die ein trinundinum hindurch stattfindende öffentliche Ankündigung des Gesezesvorschlages (promulgatio leg.) voraus; das angenommene und damit rechtsverbindlich gewordene Gesetz (lex perlata) wurde aufgezeichnet und durch Aushang (legem figere) zur allgemeinen Kenntniß gebracht. Während lex ursprünglich einzig den in Centuriatcomitien zu Stande gekommenen Beschluß der Gesammtbürgerschaft, im Gegensatz zum plebiscitum, als dem in den concilia tributa erfolgten Beschluß der Plebs, bezeichnete: wurde

nach Anerkennung der allgemein verbindlichen Kraft der Plebiscite (1. Valeria Horatia 305?? 1. Publilia Philonis 415? 1. Hortensia 467 d. St.?) die Bezeichnung lex auch auf die in den nunmehr die Gesammtbürgerschaft umfassenden Tribut comitien vom vorsigenden patricischen Magistrat (Consul, Prätor) rogirten Volksschlüsse angewendet, wogegen plebiscitum ('lex plebivescitum') immer nur der auf Antrag und unter dem Vorsig eines plebejischen Beamten (tribunus plebis) gefaßte Tribusbeschluß genannt wurde. (Gaj. I. § 3. cfr. § 4. J. de iure nat. 1, 2. Gell. X. 20. XV. 27. Liv. III. 55. VIII. 12.) Die Zahl der rein privatrechtlichen leges ist eine sehr geringe. Dahin z. B. gehören die Bürgschaftsgeseße (§ 118. III.), die lex Aquilia (§ 133.), Cincia (§ 129. III. B.), Voconia, Falcidia (§ 182.)

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Die wichtigsten der uns unmittelbar (inschriftlich), jedoch nur fragmentarisch erhaltenen leges find: 1) Ein Repetundengeseh, früher für die lex Servilia gehalten, jezt als die 1. Acilia v. J. 631 od. 632 erkannt. 2) Auf der Rückseite derselben Tafelfragmente eine lex agraria v. J. 643, welche früher als die 1. Thoria galt. 3) L, Rubria de Gallia Cisalpina (die 4. Tafel, welche cap. 20—22. vollständig, das Ende von cap. 19. und den Anfang von cap. 23. enthält, aufgefunden 1760 in den Ruinen von Veleja und jezt in Parma befindlich). Dieses Gesetz regelte die Municipaljurisdiktion von Gallia Cisalpina, nachdem es 705 die Civität erhalten hatte und bevor es 712 aufhörte Provinz zu sein. Wichtig namentlich wegen der darin enthaltenen Klagformeln. 4) Die tabula Heracleensis (unteres Stück, aes Neapolitanum, i. J. 1732, oberes, aes Britannicum, i. J. 1735 aufgefunden, seit 1760 beide verbunden in Neapel aufbewahrt) enthaltend ein Bruchstück (30 Kapitel) der 1. Iulia municipalis v. J. 709. Dieses Gesez ist eine allgemeine Städteordnung für sämmtliche italische Municipien, die Grundlage der ganzen späteren Municipalverfassung. Sein verschiedenartiger Inhalt - Bestimmungen über die Municipalverfassung und rein lokale und polizeiliche Vorschriften für die Stadt Rom selbsterklärt sich am leichtesten durch die Annahme, daß das Gesez ein lex satura war. 5) Lex coloniae Iuliae. Genetivae s. Ursonitana, eine lex data (f. § 8. I. A.) a. 710, enth. die Gemeindeordnung dieser von Cäsar nach der zerstörten Stadt Urso in der Provinz Bätica ausgeführten Colonie. Aufgefunden 5 Tafeln in Osuna 1870 und 1875, welche cap. 61-82.91-106. 123-134. fast vollständig enthalten. Ausg. von Mommsen ephem. epigraph. vol. II. p. 105. sqq. p. 221. sqq. -vol. III. p. 87. sqq. (Bruns cit. p. 43-103. 109—127.)

B. Die Prätoren (praet. urbanus seit 387 d. St., praet. peregrinus seit 512 [507]. d. St.?), als die für die Civiljurisdiktion bestimmten Magistrate, machten regelmäßig in ihren beim Amtsantritt kraft ihres magistratischen ius edicendi erlassenen edicta perpetua die bei Handhabung der R-pflege von ihnen zu beobachtenden R-normen in Gestalt von Verheißung bestimmter R-mittel in

diesem od. jenem Falle öffentlich bekannt. (Vgl. § 194.) Willkürliche Abweichung der Prätoren von dem eigenen, einmal aufgestellten Edikt wurde durch die 1. Cornelia v. J. 687 untersagt. Während ein Theil der Ediktsbestimmungen nur feststehende Grundsähe des bereits geltenden R. für die praktische Anwendung gestaltete, indem ihnen die Form der gerichtlichen Handhabung verliehen wurde: gab ein anderer Theil neuen R-normen Ausdruck, welche durch die sich ändernden R-anschauungen des Volkes hervorgerufen oder in der Jurisprudenz aufgestellt waren und den mit dem fortschreitenden Verkehre sich steigernden R-bedürfnissen entsprachen (§ 4. V. 3.). So wurden denn die prätorischen Edikte zu einem Hauptfaktor der stetigen Fortentwickelung des Privat-R., durch welchen dasselbe in lebendigem Flusse erhalten wurde. Die Wirksamkeit der im Edikt enthaltenen R-grundsäße beruhte freilich, da die Prätoren keine gesetzgebende Gewalt besaßen, lediglich auf der Amtsgewalt derselben und war mithin formell auf das Amtsjahr des edicirenden Prätors beschränkt. Da aber der Nachfolger in der Prätur regelmäßig das vom Vorgänger aufgestellte Edikt nach erfolgter Revision wiederholte

indem er es gleichzeitig selbst durch vom R-verkehre geforderte neue Zusäße (nova edicta, novae clausulae) ergänzte so nahmen die meisten Ediktsbestimmungen einen traditionellen Charakter an (edicta tralaticia) und aus den einzelnen edicta entwickelte sich mit der Zeit ein ständiges prätorisches Edikt (edictum perpetuum), welches thatsächlich eine dem Gesetz gleichkommende Autorität besaß. Auf diese Weise bildete sich neben dem ius civile ein besonderes ius praetorium, als zweiter selbständiger Bestandtheil des Privat-R.; es gab R-verhältnisse und R-ansprüche, welche iure civili, und solche, welche einzig iurisdictione s. tuitione praetoris bestanden, so daß das Privat-R. selbst auf vielen Gebieten verdoppelt erscheint. (Vgl. z. B. § 75. II. §§ 96. 100. 154. 161.)

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a. Eodem tempore magistratus ut scirent cives, quod ius de quaque re quisque dicturus esset, . . edicta proponebant; quae edicta praetorum ius honorarium constituerunt. Honorarium dicitur, quod ab honore praetoris venerat. Pompon. 1. 2 § 10. D. de O. J. 1, 2.

b. Ius autem edicendi habent magistratus populi Romani: sed amplissimum ius est in edictis duorum praetorum, urbani et peregrini, quorum in provinciis iurisdictionem praesides earum habent; item in edictis aedilium curulium. Gaius I. § 6.

c. Ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi vel supplendi vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam. Papinian. 1. 7 § 1. D. de J. et J. 1, 1.

d. Ius honorarium viva vox est iuris civilis. Marcian. 1. 8 eod. C. Auctoritas prudentium (R-doktrin, Juristen-R.). Abgesehen von dem prätorischen Edikt, erfolgte die Fortbildung des R. vor

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