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sind freilich immer die beiden kontrastirenden fundamentalen atmosphärischen Cirkulations-Ströme zu Grunde liegend, die Passate, von denen einer zur Zeit herrschend sein muss. Indessen hier in diesem Gebirgslande sind die Schwierigkeiten, die Grundrichtung zu bestimmen, besonders gross, die lokalen Ablenkungen in den Pässen und Thälern mannigfach; in der That sehr wenige der vielen BeobachtungsOrte scheinen geeignet zu sein, die allgemeine Luftströmung frei aufzunehmen und richtig durch die Windfahne anzugeben; mit aller Vorsicht kann man vielleicht als solche bezeichnen Basel, Schaffhausen, Ütli-Berg bei Zürich, Chur, Zurzach in Aargau und Freiburg, aber wider Erwarten findet sich darunter nicht Rigikulm, oder wohl für den Südwest-, doch nicht für den Nordost-Passat. Man erkennt bald, dass an den meisten übrigen Orten lokalisirte Winde beobachtet sind, vor Allem in den hohen Pässen der oberen Region. Freilich die Angabe des Wolkenzugs kommt öfters zur Hülfe, jedoch auch nicht immer auf sichere Weise, z. B. in Zürich war ein Mal gleichzeitig der Wolkenzug von Ost und auf dem Ütli-Berg von West; im Winter ist ja der Wolkengürtel überhaupt niedriger; die cirri aber sind wirkliche sicherere Zeichen für den ,,Südwester" in der Höhe und zumal verkünden sie ziemlich zuverlässig einen bevorstehenden Passatwechsel im Winter. Es ist vorgeschlagen, Windfahnen auf hohen isolirten Spitzen anzubringen und sie teleskopisch von einem unteren Standpunkte aus zu beobachten, was sehr wohl thunlich erscheint, z. B. vielleicht auf dem Salève bei Genf, auf dem Ütli-Berg bei Zürich u. a. An den Orten auf der Südseite der AlpenKette, Lugano (46,0° N.), Locarno, Bellinzona in Tessin, erscheint deutlich der Südwest-Passat umgelenkt, als Nord, auch von Brusio in Graubünden (46° 15′ N.) wird ein Mal geäussert: „Der Föhn kommt in diesem Thale von Norden"; in Glarus wurden die erwähnten starken Stürme, deren allgemeine Richtung wir als westliche kennen, als Nord, Nordost und Südost gemeldet, so auch in Engelberg aus Nordost und Südost, aber mit Wolkenzug aus West und Nordwest, ähnlich an anderen Orten. Eine gute Gelegenheit, um die Beobachtungs-Orte in Hinsicht auf Lokalisation der Winde zu prüfen, gewährten eben die Monate Dezember und Januar, weil im ersteren allein und entschieden der Südwest - Passat herrschte, im anderen der Nordost-Passat mit seinen ausgeprägten Eigenschaften fast drei Wochen lang beharrte. Um so mehr darf bemerkt werden, dass das noch vielfach gebräuchliche Verfahren, auch aus den Windrichtungen einen allgemeinen Mittelwerth zu ziehen, nur der rein arithmetischen, nicht aber der geographischen und praktischen Auffassung der Meteore geeignet erscheinen kann. In der That ist diess Verfahren demjenigen eines Statistikers zu vergleichen, der etwa in

einer Stadt mit acht Thoren der Windrose entsprechend die vorwiegende Herkunft der eingehenden Fremden aus der mittleren Richtung berechnen wollte. Am geeignetsten geschieht die Bestimmung der vorwiegenden Windrichtung gewiss nach der Dauer oder der Häufigkeit der Richtung und es genügt im Allgemeinen, nur die häufigste und die nächst häufigste anzugeben, weil diese wahrscheinlich den beiden Passaten entsprechen.

Lokale Winde, wenn sie eine besondere Bedeutung, d. h. Eigenschaft, haben, sind freilich immer zu unterscheiden.,,Guxen" werden zu Zeiten erwähnt, das sind kalte, stürmische lokale Winde, wahrscheinlich während wärmerer Witterung vom Firnfelde herkommend, z. B. in Grächen im Wallis am 4. Dezember, also zur Zeit des allgemeinen Südweststurmes, auf dem St. Gotthard am 12., 22., 24. und 28. Dezember. Weit öfter wird ein „,Föhn" erwähnt, so wird der Sturm des 3. Dezember genannt in Schwyz, in Chur, in Altdorf, in Bex (aber hier als sehr kalt), in Brusio (hier ein anderer „,Föhnsturm" am 24. Dezember, ohne Sinken des Barometers, also lokal). Im Janúar ist kaum vom Föhn die Rede, aber überhaupt nicht von Stürmen; indessen am 29. Januar kam beim Passatwechsel der Polarstrom stürmisch und da findet sich von Castasegna in Graubünden ein starker Föhn aus NO. berichtet und dabei fiel das Barometer, wie oben schon erwähnt ist, es stieg jedoch bald wieder, und so verhielt es sich an allen Orten bis oben hinauf; auch der Nordoststurm des 2. Januar heisst in Brusio Föhn; sonst, wie gesagt, finden wir in diesem Monate den Föhn nicht weiter genannt. Am 13. Februar wird in Zürich ein eintretender warmer Föhn mit südlicher Windrichtung berichtet, nachdem schon drei Tage vorher das Barometer gefallen war, es war einer der Passatwechsel mit eintretendem AntiPolar; gleichzeitig war auf dem Ütli-Berg schon entschieden Westwind und das Verhalten des Barometers eben so; die Wärme trat an beiden Orten gleichzeitig ein, erst am 13.; sehen wir nach dem St. Bernhard und dem Simplon, so war dort die Wärme vielleicht schon um einen Tag früher bemerklich (die allgemeine Windrichtung aber ist in diesen Pässen nie aus der Fahne zu erkennen); in Grächen im Wallis heisst es: „Am 13. Februar um 12 Uhr warmer Föhn". Wie gesagt ist, trat auch später, nachdem am 19. und 20. Februar ein stürmischer Nordost-Passat geweht hatte, am 21. wieder ein warmer Passatwechsel ein; hierüber heisst es in Altstätten (in St. Gallen):,,Am 21. um 9 Uhr Morgens bricht der Süd ein"; in Grächen heisst es am 22.:,,Es neigt sich zum Föhnwetter", in Glarus am 23., 25. und 28.: „Im Süden stand Föhn-Gewölk”. Offenbar ist nicht genau bestimmbar, was unter Föhn verstanden wird; ist er aber warm, so wird er wohl zumeist

als der bei Passatwechsel eintretende Südwest-Passat zu bezeichnen sein. Nicht wenige ehrenwerthe Naturforscher meinen auch den Sirocco darin erkennen zu müssen; da der Sirocco selbst noch so wenig genügend meteorologisch bestimmt ist, wäre zuvor diess abzuwarten.

Saturation und Niederschläge. Eine allgemeine Übersicht lehrt unverkennbar, trotz der mannigfachen örtlichen Verschiedenheiten, dass in einem gewissen mittleren Gürtel die Saturation am höchsten sich hielt, wie es scheint etwa zwischen 600 und 900 Meter (1800 bis 2700 Fuss) hoch, dann abnehmend nach oben hin; diess entspricht der allgemeinen Ordnung; indem die Dampfmenge nach oben hin abnimmt, von der Temperatur aber in der Abnahme überholt wird, so entsteht eine über einander liegende Folge von drei hygrometeorischen Gürteln, ein unterer dampfreicher, ein mittlerer hoch saturirter (Wolkengürtel) und ein oberer dampfarmer und auch niedrig saturirter; im Sommer bewirkt dann bekanntlich die tägliche AscensionsStrömung der Atmosphäre mit der Dampfmenge eine Fluktuation des Wolkengürtels.

Ungefähr kann man hier aus den vorliegenden Zahlen den mittleren Stand der Saturation im unteren Gürtel zu 75 Prozent annehmen, im mittleren zu 85 Proz., im oberen zu 65 Prozent. Aber einige lokale Besonderheiten sind auffallend als sehr gering, und zwar in allen drei Monaten bleibend, z. B. Zermatt im Wallis hatte als mittleren Saturationsstand des Winters nur 57 Prozent, in den drei Monaten beziehentlich 63, 51 und 58, Lugano nur 62

des Winters; noch auffallender sind einige absolute Minima der Saturation, z. B. auf dem Simplon am 20. Januar, also da eben der NO. austrat, nur 11 Prozent, auch in Martigny ist ein Mal 11 Prozent beobachtet (28. Febr.) und damals herrschte doch der Anti-Polarstrom; in Lugano kamen als absolutes Minimum 22 Prozent vor, in Zermatt 25 Proz.; sonst ist das absolute Minimum im Allgemeinen zwischen 30 und 63 Prozent gewesen. Dass bei den PsychrometerBeobachtungen die Aufstellungs - Orte immer Einwirkung üben, ist anerkannt.

Die beiden Monate Dezember und Januar mit ihrem kontrastirenden Passat mussten grosse Unterschiede auch in der Hygrometeoration erwarten lassen; die anerkannt grössere Dampfmenge des einen und die anerkannte Dampfarmuth des anderen bewährten sich; die Bewölkung war stark im Dezember, gering im Januar; auch die Niederschläge waren am stärksten im Dezember, am geringsten im Januar, der Februar blieb in der Mitte; diess lässt sich für das ganze Gebiet näher mit Zahlen bestimmen, indem man die angegebene Höhe der Niederschläge an allen (78) Orten summirt, dann erhält man im Dezbr. 2614 Millim., im Januar nur 1992, im Febr. 3250. Exceptionell gross ergiebt sich die Niederschlags- Menge auf der Grimsel, des Winters 563 Millimeter, davon im Dezbr. 292, im Januar 118, im Februar 152; Orte, wo am wenisten Niederschläge vorgekommen sind, waren Bevers in Graubünden, im Winter nur 51 Millimeter, Zermatt, 53 Millimeter, u. a.

(Schluss dieses Aufsatzes folgt im nächsten Heft.)

Csoma, Jerney, Reguly, Duka und Vámbéry,

fünf Ungarische Reisende, welche die Ursitze der Ungarn aufzusuchen bemüht waren.

Biographische Skizzen

von K. M. Kertbeny, Mitglied des Genfer National - Instituts u. s. w. 1).

Alexander Csoma (sprich Tschoma) von Körös, der weltberühmte Tibetist, eröffnet den Reigen jener Ungarn (deren Vorläufer wohl schon Bese war), welche nach dem Oriente wanderten, getrieben von der, man könnte sagen fixen Idee, die Ursitze der Ungarn auffinden zu wollen. Im

1) Diese fünf Biographien sind dem noch unedirten Werke:,,Johann Xántus und 74 andere Ungarische Reisende. Skizze von K. M. Kertbeny" entnommen. Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf die sehr bedeutenden biographischen Arbeiten des in Brüssel lebenden Verfassers aufmerksam zu machen. Durch zwanzigjährige Studien und ausgebreitete persönliche Bekanntschaften hat er über das Leben fast aller irgend namhaften Ungarn der letzten Jahrhunderte ein so reichhaltiges, zum grossen Theil noch unbekanntes Material zusammengetragen, wie Niemand sonst, und es ist sehr zu wünschen, dass ihm eine vollständige Veröffentlichung desselben gelingen möge. A. P.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1864, Heft X.

Volke lebt nämlich die Sage, es soll noch irgendwo eine Ungarische Nation existiren, die grössere, nicht mit nach Europa eingewanderte Hälfte. Zudem suchte die Wissenschaft schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Abstammung der Ungarischen Sprache zu entdecken, Rudbeck, Eccard, Ihre, Hell, Sajnovics, Gatterer, Schlözer, Büsching, Hagen, vor Allem Gyarmathi hatten schon für Verwandtschaft mit dem Finnischen plaidirt, Otrokócsi, Örtel, Kalmár, Verseghy, Stefan Horváth, besonders Beregszászi stritten heftig für orientalische Abstammung. Csoma nun, geb. 1798 zu Körös im Székely-Lande Siebenbürgens, studirte 1816 bis 1818 in Göttingen unter Blumenbach, und als dieser einst äusserte, die Ungarn seien wohl die Ugyu

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ren der Chinesischen Annalen, stand des jungen Székelyer Entschluss fest, er wollte nach China. Er ging 1819 nach Temesvár und Agram, um sich das Slavische anzueignen, reiste nach Bukarest, lernte Türkisch, ging 1820 über Rustschuk und Enos nach Alexandria, reiste dann aber zu Fuss nach Aleppo. Mit Karawanen kam er, in Kostüm und Sitten Orientale, nach Bagdad. Hier gab ihm der Englische Resident Mittel, um nach Teheran zu reisen, und nachdem er dort während eines viermonatlichen Aufenthalts beim Englischen Residenten Persisch und vollkommen Englisch gelernt hatte, machte er sich 1821 auf den Weg nach Meschhed in Chorassan und schlich sich, als Armenier verkleidet, über Buchara, Balch und Lahore nach Kaschmir. In Leh, der Hauptstadt von Ladak, eignete er sich zuerst das Tibetanische an. Die berühmten Reisenden Moorcroft und Trebeck unterstützten ihn mit Geld und Empfehlungen. So ging er zuletzt ins Kloster Zimskar in Kanam am oberen Setledsch, 8 Tagereisen südlich von Leh, 9000 Fuss über der Meeresfläche. Dort studirte er in grosser Noth und Kälte, in Gesellschaft der Lamas, das Tibetanische. Jahre vergingen mit diesem Studium, das besonders auf 3- bis 400 Bände gedruckter Bücher sich basirte, die er alle excerpirte. Einen kleinen Jahrgehalt von 50 Rupien, welchen die Asiatische Gesellschaft zu Calcutta ihm anbot, wies er zurück, dagegen publicirte sie seine Werke:,,A grammar of the tibetan language" (Calcutta 1834), „Essay towards a dictionary tibetan and english" (40.000 Wörter! Calcutta 1835), so wie ,,Analyse of the Kand jour", d. i. der Grundlehren des Tibetanismus (Calcutta 1835). Sein Ruf breitete sich plötzlich in ganz Ost-Indien, aber auch in Europa aus. In Ungarn erfuhr man unversehens und zuerst von diesem berühmten Landsmann dadurch, dass er seine Werke an 25 Ungarische Bibliotheken schickte, und als man rasch 200 Dukaten gesammelt hatte und sie ihm zugleich mit der Ernennung zum Ehrenmitglied der Akademie schicken wollte, bestimmte der ferne Diogenes das Sümmchen für den Akademie-Fond. Um seine Kenntnisse zu erweitern, trachtete er nach Lassa zu kommen, der Hauptstadt des östlichen Tibet, als dem eigentlichen Sitz der Gelehrsamkeit, doch schon am 11. April 1842 starb er plötzlich auf der Durchreise in Darjeeling am Fieber. Alle dort anwesenden Engländer begleiteten feierlichst seinen Sarg, die Asiatische Gesellschaft von Calcutta liess ihm ein Monument in Darjeeling errichten mit der Inschrift:,,Hic jacet Alexander Csoma de Körösi, a native of Hungary; compiled a dictionary and grammar of the tibetan language, this best and real monument" u. s. w. Man fand bei ihm 4 Kisten mit Büchern und Papieren, einen alten blauen Anzug, den er niemals ablegte, ein metallenes Kochgeschirr und 5550 Rupien in Indischen Staatspapieren, die er der

Asiatischen Gesellschaft in Calcutta vermachte. So hatte dieser merkwürdige Mensch 22 Jahre gelebt, Nichts geniessend als Thee und Reis, auf einer Strohmatte zwischen Fächerkisten mit Schreibmaterialien sitzend, essend, schlafend, studirend und sich nie entkleidend, noch auch trank er je Narkotisches, schnupfte und rauchte nicht. Und das Resultat solch riesenhaften Fleisses war die Erklärung im Vorwort seines Diktionärs: ,,Das Tibetanische sei bloss ein verdorbenes Sanskrit, all' die Literatur in dieser Sprache bloss Übersetzung von Sanskrit - Originalen. Für Ungarn sei nur das Sanskrit selbst hoffnungsreich, die Studien seiner Landsleute möchten sich dieser Sprache zuwenden, besonders aber suchen, das Reich der Jugaren zu entdecken. Seine eigenen Kräfte reichten dazu nicht mehr aus, doch wähne er, dieses Reich müsse an der Westgrenze von China, im Nordosten von Lassa, liegen." Später nahm Dr. Th. Duka diesen Gedanken Csoma's wieder auf und suchte ihn zu verfolgen. Baron Josef Eötvös hielt 1843 dem Andenken Csoma's in der Ungarischen Akademie eine blühende Gedächtnissrede.

Johann Jerney, geb. 1800 im Bezirke der Jazyger und Kumanier, gestorben zu Pest 1855, wurde 1820 Advokat und beschäftigte sich von da ab mit seinem Lieblingsstudium, der nationalen Urgeschichte. Von 1844 bis 1847 befand er sich für eigene Kosten auf einer Reise bis an die Wolga. Er ging über Siebenbürgen nach der Moldau zu den dortigen 70.000 Tschango-Magyaren, die schon Gegö aufgesucht hatte, und nach jahrelangem Verweilen daselbst nach der Krim und bis in die Steppen der Nogaischen Tartaren, wo er Steindenkmäler etwa aus dem 8. Jahrhundert fand, die er zeichnete und unbedingt für alt-Ungarische hielt. Dann besuchte er die Ruinen von Madschar. Weiter konnte er nicht vordringen, denn die Russische Regierung gab ihm nur zu deutlich zu verstehen, sie liebe solche Forschungen nicht. Zurückgekehrt und Akademiker geworden veröffentlichte er nun: „Keleti utazása a magyar öshelyeinek kinyomozása végett" (Reisen im Orient, zur Auffindung der Ursitze der Ungarn), 2 Bde., Pest 1847 (Akademie-Verlag, 40, 329 und 316 Seiten; neue Ausgabe, Pest 1851 bei Magyar). Sodann publicirte er: „A palócz Krónika" (Die Chronik der Palowger, nach Russischen und Polnischen Annalen), Pest, Magyar, 1855 (68 SS.) und ,,Magyar nyelokincsek A'rpádék Korszakából" (Schätze der Ungarischen Sprache seit der Zeit der Arpaden), 2 Bde., Pest, bei Magyar, 1854 (80, 189 und 100 Seiten). Schon 1825 hatte er mit seiner Abhandlung über die Sprache der alten Kumanier einen Preis gewonnen, 1829 gab er eine Broschüre über die Avaren heraus; in Journalen veröffentlichte er: „Die Französische Kolonie von Egervölgy", ,Das Volk von Kubecs", „Die Thuróczer Reliquien mit

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Hunnoskythischen Buchstaben", „Ob des Russischen Reichs Gründer Ungarn waren? u. S. W. An historischem Stoff und Material trug er genug Dankenswerthes zusammen, wenn auch die Meister der vergleichenden Sprachkunde seine philologischen Schlüsse ziemlich belächelten.

Anton Reguly, nebst Bese, Csoma und Jerney der berühmteste, aber auch unfruchtbarste der Ungarischen Reisenden zur Auffindung der Urwiege des Ungarthums, war 1819 zu Zircz als Sohn eines Advokaten geboren. Er machte zu Velencze die Bekanntschaft von Therese Meszlényi, deren Hand ihm jedoch verweigert wurde, da sie bereits Braut des Ludwig Kossuth war. Im Verdruss hierüber und überhaupt im Drang, die Welt zu sehen, ging er ins Ausland. Über Hamburg und Kopenhagen nach Stockholm gelangend, frappirte ihn hier die Verwandtschaft des Finnischen mit dem Ungarischen. Er entschloss sich, als der Erste, der Held und nähere Erforscher des Finnismus zu werden. Bisher schon des Ungarischen, Deutschen, Lateinischen, Griechischen und Französischen kundig, lernte er 1839 in Abo Schwedisch, und als er 1840 mit Dr. Schilt tief ins Innere von Finnland drang, Finnisch; von der Akademie von Helsingfors zum Mitglied ernannt, dankte er ihr bereits in ihrer Sprache. Dann zog er nördlich nach Karelien, betrat das Land der Lappen, lernte Lappländisch, brachte den Sommer bei Castrén in Kemi zu und war 1841 wieder in Helsingfors, Esthnisch lernend. Von St. Petersburg aus, wo er besonders von seinem Landsmann dem Staatsrath Balugyánszky unterstützt wurde, machte er 1840 die erste Mittheilung an die Ungarische Akademie, ward deren Mitglied und erhielt 1000 Gulden Unterstützung. Dann über Moskau, Nowgorod, Kasan zu den Wotjaken und Baschkiren ziehend, deren Sprache er sich gleichfalls aneignete, überschritt er den Ural und liess sich unter den Wogulen nieder. Sich auch mit geographischen Forschungen beschäftigend blieb er dort, bis er 1845 in die Hauptstadt des Bezirks Obi gelangte. Hier blieb er längere Zeit, sammelte für sein Wogulisches Wörterbuch und existirte einsam unter Fischern und Jägern, nur von Fischen sich nährend. Darauf in Beresow unter den Ostjaken sammelte er über 80 Druckbogen Notizen. Von da ging er nach Kasan ins Kloster von Rafa, das Tscheremissische und Tschuwassische zu studiren. Unterdess begann schon seine Gesundheit zu wanken, trotzdem drang er noch nach dem Süden bis zu den Mordwinen. Die Ungarische Akademie hatte ihm weitere 1400 Gulden geschickt und 1845 bildete sich in Pest der Reguly - Verein, der durch Herausgabe eines Jahrbuchs dem patriotischen Reisenden weitere Mittel schaffen wollte. Reguly blieb nun zwei Jahre in Kasan und begab sich 1847 nach St. Petersburg zurück. Er entwarf hier in 16 grossen Blättern die

Karte seiner nordischen Reise, auf der er 180 Geographische Meilen durch vorher unbekannte Strecken zurückgelegt hatte. Doch sein Gesundheitszustand nöthigte ihn, 1847 nach Gräfenberg zu gehen. Im Herbst kam er nach Berlin, wo er Kertbeny kennen lernte und durch diesen mit Jakob Grimm, Schott, Mahn, Selig, Cassel u. A. bekannt wurde; auch begann er Hegel zu studiren. Nun aber trat in seinem Inneren jener Bruch ein, der ihn ohnmächtig machte, seine reiche Ausbeute selbst zu verarbeiten. Er entdeckte eine seinen primitiven Forschungen vorangeeilte Europäische Wissenschaft, erkannte, wie er so ohne Vorkenntnisse und ohne sicheren Plan an seine Riesenaufgabe gegangen war, und er verzagte. Ganz trostlos aber wurde er, als seine Gesundheit nicht wieder herzustellen zu sein schien und er, 1848 nach Ungarn zurückgekehrt, gerade in jene Ereignisse gerieth, welche die Existenz seines Volkes auf das Spiel setzten. In dem später blutig niedergeworfenen Lande war auf Jahre hinaus keine Aussicht, für höhere nationale und wissenschaftliche Fragen Theilnahme zu finden. Reguly ward ein recht,,stiller Mann", lebte kümmerlich und kränkelnd als zweiter Custos der Pester Universitäts - Bibliothek, schien irre an all' seinem Lebenszweck, sass Tage lang rathlos vor den vielen Koffern und Kisten voll ungeordneter Schriften, war eingeschüchtert durch die kühnen Erfolge der während seiner Abwesenheit in Ungarn selbst entstandenen, von Paul Hunfalvi durch die zehn Jahrgänge seiner philologischen Revue geführten sogenannten ,,Finnisten - Schule" vergleichender Sprachkunde und starb endlich 1856 im Grün des Auwinkels bei Ofen, erst 37 Jahre alt. Seitdem die Akademie wieder freier aufathmet, bestimmte sie auch durch Hunfalvi eine Herausgabe und Redaktion von Reguly's reichem literarischen Nachlass. Er selbst hatte bloss veröffentlicht: „A dzungár nép" (Das Volk der Dsungaren), Pest, bei Emich, 1850 (15 SS.), eine Akademie-Vorlesung. Zu derselben Zeit gab der Reguly - Verein das „RegulyAlbum" (523 Seiten, Pest, bei Emich, 1850) heraus, welches ausser seinem Portrait und Beiträgen der ersten Schriftsteller eine 124 Seiten lange Skizze von Dr. Franz Toldy über Reguly, die Finnische Frage, ihre Schwierigkeiten, seine Vorbereitungen und sodann seine Reisen enthält. Nach seinem Tode aber gab Hunfalvi in eigener selbstständiger Redaktion und nach eigenem System bearbeitet heraus:,,Egy vogul monda" (Eine Wogulische Sage, Original und Übersetzung) Pest, bei Emich, 1859 (110 Seiten); ferner,,Finn-olvasókönyo" (Finnisches Lesebuch), 3 Bde., Pest, Emich, 1861. Davon ist bis jetzt nur der erste Band (580 Seiten), die Originale enthaltend, erschienen, der zweite bringt die Übersetzungen, der dritte ein FinnischUngarisches Wörterbuch. Gleichfalls im Erscheinen be

griffen ist:,,Vogul olvasmányok" (Wogulische Lesestücke),

2 Bde., der erste die Sagen im Original und Ungarisch bringend, der zweite Grammatik und Wörterbuch. Auch zog Hunfalvi wohl aus Reguly's Nachlass manchen Stoff zu seinen Abhandlungen über die Sprache der Mordwinen, Ostjaken u. s. w. Baron Josef Eötvös hielt am 13. Juli 1863

in der Akademie fragmentarisch eine Gedächtnissrede auf Reguly, mit dem Schluss:,,Wenn eine Nation noch Männer aufweisen kann, die wie Reguly in den eisigen Regionen Sibiriens und wie Csoma unter dem glühenden Himmel Indiens Alles für die Wissenschaft und den Ruhm ihres Vaterlandes daran setzen, einer solchen Nation Vergangenheit mag dunkel bleiben, ihre Zukunft wird es nicht sein!"

Theodor Duka, Edler von Dukafalva, stammt aus einer alt-Ungarischen Familie, die noch unter den A'rpáden aus Griechenland einwanderte und deren einer Zweig 1408 mit der noch heute erhaltenen Besitzung im Komitate Sáros belehnt wurde. Geboren 1825 auf jenem Dominium seines jetzt 70jährigen Vaters, studirte er von 1834 am protestantischen Collegium zu Sárospatak, dann die Rechte in Pest und war von da ab Advokat. Im Jahre 1848 schloss er sich der Bewegung an, war in Ofen Nationalgardist, von Schwechat an im Hauptquartier und Adjutant des Oberbefehlshabers General Görgei, den er bis nach Világos begleitete. Im April 1849 hatte er nach der Schlacht bei Komorn den Militärorden dritter Klasse erhalten. Glücklich entkommen zog er sich nach Gräfenberg zurück, ging dann nach Dresden und Paris, wo ihn Graf Ladislaus Teleki aufs Wärmste an Lamoricière empfahl. Er entschloss sich, eine neue Lebensbahn einzuschlagen und Medizin zu studiren, doch Dekan Orfila bestand auf Österreichische Legitimations - Papiere. Somit wendete sich Duka nach London, wo er von 1850 bis Ende 1853 unter grosser Entbehrung am St. George College absolvirte und das Diplom als Arzt erhielt. Durch General Sir George Pollock's Protektion ward er Arzt der Ost-Indischen Kompagnie. Er ging 1854 über Marseille, Kairo, Sues, Ceylon, Madras nach Calcutta, wo er nach 42tägiger Reise anlangte, und erhielt die Station Monghyr am südlichen Ganges. Dort heirathete er 1855 eine aus London nachgekommene Englische Dame, errichtete ein Spital und wirkte 9 Jahre sehr verdienstlich in seinem Fache. Er benutzte jedoch diese Stellung hauptsächlich auch, um Forschungen sowohl über seines grossen Landsmanns Al. Csoma persönliche Verhältnisse während dessen langjährigen Aufenthalts bis zu seinem Tod in Ost-Indien anzustellen, wie auch Csoma's Programm zur Auffindung des Ursitzes der Ungarn zu verfolgen. Sich mit Indischen Studien eingehend beschäftigend, ward er der zweite Ungar, der je

Mitglied der Asiatic Society geworden, und nachdem er für Ungarische Journale bereits vorläufige Resultate seines Strebens geliefert, nahm er 1863 anderthalbjährigen Urlaub, sowohl um in Europa seine Gesundheit wieder zu kräftigen als um in Ungarn das Programm festzustellen, wonach er ferner wirken wolle. Er ging über Sues wieder nach Ägypten, verfiel jedoch in Alexandrien in eine so schwere Krankheit, dass er nur wie durch ein Wunder gerettet wurde. Dann in Neapel, Rom, Mittel- und OberItalien lebend, kam er nach 15jähriger Verbannung, nunmehr als Englischer Unterthan, nach Pest, wo er durch einen Vortrag über die Krankheiten Ost-Indiens Mitglied des Königl. Ungarischen Ärztlichen Vereins und durch die Abhandlung ,,Die geognostischen und klimatischen Verhältnisse des Ganges-Delta" Mitglied der Ungarischen Akademie wurde. Seitdem weilt er nachdem er auf der Rückreise auch Görgei in Klagenfurt besucht bei seiner Familie in England, um im Januar 1865 nach Ost-Indien zurückzukehren und dann auch seinerseits einen erschöpfenden Beitrag zu dem Versuch zu liefern, den Ursitz der Ungarn aufzufinden.

Hermann Vámbéry ist geboren 1832 zu Gutta, einem Dorfe der Insel Schütt in Ungarn, nahe bei Komorn. Seine Familie scheint ursprünglich eine Deutsche gewesen zu sein und hiess Wamberger, jedoch schon sein Vater erhielt gesetzlich die Ungarische Flexion des Namens und war gewöhnlicher Ungarischer Bauer, seine Mutter Ungarin, sein Onkel Dorfschuster. Früh vaterlos, schickte die protestantische Mutter doch den Knaben in die Schule. Kaum 15jährig kam er nach Pressburg, um sich selbst weiter zu helfen. In grösster Armuth besuchte er die Schulen und fand Unterhalt, indem er Slovakischen Köchinnen und sonstigen Dienstleuten Unterricht im Ungarischen gab. Von Jugend auf sehr gut des Ungarischen, eben so des Slovakischen und Deutschen mächtig, erwachte schon frühzeitig in ihm das Talent für Sprachen. Er lernte allein und noch als Knabe Latein, Griechisch, Französisch, Italienisch, Englisch, Serbisch und Kroatisch, indem er täglich aus den verschiedenen Sprachen 600 Wörter auswendig lernte. Beim Ausbruch der Revolution erst 16jährig, wagte er dennoch einen Abstecher nach Wien. Jedoch dort eine Weile bei den Schotten die Schule besuchend gerieth er in noch grösseres Elend, und als er nach Pressburg zurück wollte, hatte er nicht einmal das Fahrgeld. Er sprach einige Herren auf dem Bahnhofe in so klassischem Latein an, dass ihm von den Überraschten ein reichliches Geschenk wurde. Dann in Pest frequentirte er die Schulen der Patres Piaristen, wurde jedoch einiger tollen Studentenstreiche wegen, zu denen er die Mitschüler engagirte, relegirt und besonders Professor Zimmermann bedauerte ihn rügend, dass nie etwas Ver

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