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maassen klassischen Anschläge alter Märzenten-Erpel. Sie sind nach bereits eingetretener Dunkelheit die Signale für alle übrigen Vögel, welche dem Lärm beistimmen; sie auch vernimmt man nach eingetretenen Pausen immer wieder zuerst. Bald nun fallen alle Enten mit ein. Hoch durch das wirre Getöse klingen die Sopranstimmen alter Schwanengänse, oder wenn der Ruf der eigentlichen Anatiden nach und nach schwächer wird und man schon ab und zu das bescheidene Quaken nahe vorbeifliegender Kriek- oder Knäkenten unterscheiden kann, setzt mit förmlich jauchzendem Ausdrucke eine Saatgans ein und augenblicklich folgen ihr die Enten-Arten. Unmittelbar in unserer Nähe wurde schon viel früher Alles still. Der Milan begab sich zur Nachtruhe sammt den Rabenkrähen in die Wipfel hoher Kiefern, die Bachstelzen verbargen sich an den hohen Carex-Humpen der Sümpfe und auf den vordersten Spitzen kleiner Sandbänke koncentrirten sich die Seeschwalben, um

zu ruhen. Der Mond steigt über die dunkle, schweigende Waldung empor. Der ruhige Wasserspiegel des Baikal erglänzt, es herrscht überall absoluter Friede. Ein verspäteter Flug Pfeifenten schiesst an uns vorbei, er wird im Delta von den gemeinschaftlich ruhenden Enten mit wildem Geschrei begrüsst; eine Pause tritt ein, wiederum lassen sich die Soprane einzelner Schwanengänse hören, wiederum ertönt der bedächtige, warnende Anschlag alter Märzenten-Erpel. So geht es fort. Erst gegen Mitternacht beruhigt sich die Gesellschaft nach und nach. Man hat sich verstanden, die nahe bevorstehende Reise musste besprochen werden. Im Delta ist es still, die Strudel der Angara rauschen leise, die Nacht ist kühl, der Mond steigt höher und fern umhüllt die Gebirge ein sanfter mildernder Schleier. Die nächtliche Ruhe unterbricht nur das lange anhaltende Pfeifen des Kleinen Regenpfeifers, der auch jetzt noch über den Sand am Baikal-Ufer läuft.

Der Heldrastein,

Geographische Notizen.

die nordwestliche Grenzmarke Thüringens 1).

Von E. Debes.

Unter den zahllosen Touristen, die jetzt alljährlich Thüringen besuchen, sind wohl nur Wenige, die sich auch ein Mal und dann wohl nur zufällig in das untere Werra-Thal verlieren. Zu entfernt von den grossen, viel besuchten Touristen-Routen, die erst von Eisenach südlich und östlich auslaufen, ist die Partie wohl nur den Bewohnern aus nächster Nähe und unter den Fremden vielleicht nur noch einigen,,nomadisirenden" Geschäftsreisenden näher bekannt. Und doch bietet diese nordwestliche Grenzmarke Thüringens in ihrer landschaftlichen Ausstattung, ihrem Reichthum an Sagen, historischen Denkmalen und Erinnerungen so vielfache Reize. Der mannigfache Wechsel zwischen sanft gerundeten, theils bewaldeten, theils kahlen Kuppen und den grotesken, oft gar seltsam gestalteten und zerklüfteten Kämmen der Kalksteinberge und dazwischen die blühenden und lachenden Ebenen der Thalsohle, durchrauscht von einem ansehnlichen, dem landschaftlichen Bilde Leben verleihenden Fluss, alles das giebt ihr Vorzüge vor vielen anderen Gegenden Thüringens und macht sie würdig, einer grösseren Beachtung, als sie bisher genossen, empfohlen zu werden.

1) Wir hatten bei der hier beschriebenen kleinen Tour die ,,Topographische Karte vom Thüringer Wald und seinen Vorlanden" von C. Vogel (Gotha, J. Perthes, 1864) als unseren Führer mit und müssen bezeugen, dass sie das Vollkommenste leistet, was eine Karte als topische Darstellung des Landes leisten kann. Dieselbe gibt ein so treffendes Terrain bild, dass selbst in Abwesenheit der sehr vollständigen Wegenetzes, die zuverlässige und genaue Bergzeichnung schon allein als Orientirungsmittel genügen würde. Wenn auf ihr der Heldrastein als ein sehr in die Augen fallendes Objekt erscheint und sogar mehr hervortritt als der Inselsberg, mehr unmittelbar aus der Thalebene sich abhebt, so ist das vollkommen richtig.

Der von Eisenach aus per Eisenbahn zunächst erreichbare Punkt des Werra-Thales ist Herleshausen, ein bedeutendes, zum grossen Theil von Juden bewohntes Hessisches Dorf, in einer Weitung des Thales auf der linken Seite des Flusses gelegen. Dem gegenüber auf theilweis bewaldetem Hügel (247 Rh. F.) unmittelbar über der Werra die hoch ragende, weithin sichtbare malerische Brandenburg, eine der bedeutendsten und schönsten Ruinen Thüringens. Von hier aus bietet sich dem Auge des Beschauers ein prächtiger Blick in das freundliche Thal der Werra, die sich, abwechselnd von saftgrünen Wiesen und dunklem Baum- und Strauchwerk eingefasst, in mäandrischen Windungen nach Osten wendet. Eine noch reichere Aussicht geniesst man von dem benachbarten, in einigen Minuten erreichbaren Göringstein, an dessen Fuss sich malerisch das ärmliche Dörfchen Göringen anlehnt. Von hier aus erreicht man auf guter Chaussee der Werra ostwärts folgend in 20 Minuten das vom Flusse bespülte Dorf Neuenhof mit geschmackvollen, ausgedehnten, dem Gutsherrn v. Rotenhan gehörigen Park- und Gartenanlagen, die in liberalster Weise für Jedermann zugänglich gemacht sind. Sehenswerth ist die „Schweizerei" voll des herrlichsten Rindviehs. Oberhalb des Ortes, rechts von der Kreuzburger Chaussee, liegt auf einem bewaldeten Abhang der sehr schöne, von den Bewohnern der Umgegend, namentlich Eisenach's, viel besuchte Felsenkeller, wo man bei einem Glase vortrefflichen Bieres mit Neuenhofer,,Schweizerkäse" eine hübsche Aussicht ins Thal und auf die gegenüberliegenden felsigen, seltsam zerklüfteten Höhen des Kielforstes geniesst. Geht man eine halbe Stunde weiter der Chaussee nach, zur Linken in einiger Entfernung den Fluss, zur Rechten die nördlichsten Ausläufer des Thüringer Waldes, so gelangt man zu dem Dorfe Hörschel, wo die Hörsel in die Werra mündet, bemerkenswerth als Anfangs- oder Endpunkt des

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Rennstiegs. Hier überschreitet die Thüringische Eisenbahn deren Anlage an dieser Stelle grossartige Arbeiten erforderte aus dem Hörsel-Thal von Eisenach kommend auf einer stattlichen Steinbrücke die Werra. Das bei Hörsche durch zwei sich nähernde Kalkberge verengte Thal erweitert sich beim Dorfe Spichra beträchtlich. Hier verlässt die direkte Chaussee nach Kreuzburg die Werra, während sich diese, einen grossen Bogen westwärts beschreibend und von grünen, ganz ebenen Wiesenmatten eingefasst, an der ehemaligen Saline Wilhelmsglücksbrunn vorüber nach dem romantisch gelegenen, zwischen Obstgärten versteckten Weimarischen Grenzstädtchen Kreuzburg hinzieht. Unmittelbar unter der schönen, 1225 erbauten Steinbrücke verengt sich das Werra-Thal abermals so beträchtlich, dass sich der Fluss durch die ihn umsäumenden Kalkfelsen zu bohren scheint. An der Brücke, auf dem rechten Flussufer steht eine Kapelle, die Liborius-Kirche, ein interessantes Werk Gothischer Architektur aus dem Jahre 1499. Auf der anderen Seite der Stadt, auf isolirter, nach der Werra steil abfallender Bergkuppe erhebt sich die historisch merkwürdige Kreuzburg (das Schloss, jetzt Sitz mehrerer Behörden) mit wohlerhaltenen alten Ringmauern, die sich ehedem bis zur Stadt und um diese herum zogen. Sie besitzt einen beträchtlich tiefen Ziehbrunnen, dessen Wasser mit dem der Werra angeblich in gleichem Niveau steht. Das ärmliche Städtchen selbst mit seinen altersgrauen Häusern und seinen kleinen Strassen vermag nicht lange zu fesseln.

Von Kreuzburg fliesst die Werra in grossem, ostwärts gerichteten Bogen in den mannigfachsten Krümmungen, fortlaufend von grünenden Wiesen, Baum- und Strauchwerk und zerstreut liegenden Weilern und Gehöften eingefasst, an den freundlichen Dörfern Mihla, Ebenshausen, Frankenrode und Falken vorüber nach Treffurt. Auf dieser ganzen Strecke treten die mannigfach bebauten und bewaldeten, oft steilen und seltsam zerklüfteten felsigen Höhen so nahe an den Fluss, dass die Thalsohle oft kaum Raum genug bietet für einen schmalen Fahrweg. Hier ist die Werra schon ein gar stattlicher Fluss, der zu gewissen Zeiten des Jahres auf seinem Rücken zahllose Kinder des Thüringer Waldes, zu ansehnlichen Flössen vereinigt, holzärmeren Gegenden an seinem unteren Lauf oder an der Weser zuführt. Will man diese letztere Strecke des Werra-Grundes zwischen Kreuzburg und Treffurt vermeiden, da die oft sehr schlechten Wege dieser Partie Fusstouren schweren, so thut man wohl, die direkte Chaussee nach Treffurt einzuschlagen und von dieser aus den schönsten Punkt der ganzen Tour, den Heldrastein oder Hellerstein, zu besuchen.

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Von der Chaussee aus, welche sich auf der ganzen Strecke zwischen bewaldeten und mit Obstbäumen bepflanzten, ziemlich hohen und steilen Kalkwänden an mehreren freundlich gelegenen Gehöften vorüber dahin zieht, führen zwei Wege links ab nach dem Gipfel des Heldrasteins. Der eine geht bei Volterode ab und steigt allmählich zum waldbewachsenen Berg empor, der nach dieser Seite nur geringen Fall hat; der andere trennt sich erst in dem theils Weimarischen, theils Preussischen Dorfe Schnellmannshausen von der Landstrasse und ist kürzer, wenn auch steiler und beschwerlicher als jener.

Nach 34stündigem Steigen fast auf dem heidebewachsenen Gipfel angelangt sucht man vergebens die erwartete, viel gepriesene Aussicht, doch noch einige Schritte vorwärts auf der jetzt ziemlich sanft ansteigenden Fläche und man erschrickt fast vor freudiger Überraschung, so plötzlich entwickelt sich jenseit des furchtbar jähen Abgrundes, der sich vor den Füssen des Wanderers aufthut und dessen Schritte hemmt, das entzückendste Landschaftsbild. Der beste Standpunkt für den Beschauer ist die sogenannte „,Aussicht", ein freier Rasenplatz unter schattiger Buche. Hier eröffnet sich ein prächtiger Blick. Im Vordergrunde saftgrüne Wiesen und üppige Felder, von der stattlichen Werra in gar mannigfachen Windungen und Krümmungen durchblitzt. Dazwischen freundliche Dörfer, unmittelbar tief unter unseren Füssen das Dörfchen Heldra. Weiter rechts die Stadt Treffurt und über derselben die Trümmer der Burg Normanstein. In grösserer Entfernung nordwärts Wanfried und über diesem herüber leuchtend die viel besuchte Wallfahrtskirche Mariahilf auf dem kegelförmigen Gehülfenberg. Weiter hinaus der Possenthurm bei Sondershausen, das Eichsfeld und bei klarer Luft das Harzgebirge und der Brocken. Weiter westlich der gewaltige isolirte Basaltkegel zwischen Werra und Fulda, der Meissner, und in der Nähe die Graburg; mehr im Rücken die Ruinen Boyneburg und Brandenfels. Südlich erhebt sich der Thüringer Wald mit der Wartburg und dem hoch ragenden Inselsberg und im Osten der über dem Hainich sichtbare Ettersberg bei Weimar.

Der eigenthümlich gestaltete Berg, welcher eine Seehöhe von 1331 Rhein. Fuss hat, fällt auf seiner Nordseite mit einer Längenausdehnung von 2 Stunde in einer Steilheit und Höhe (1049 Fuss) ins Thal hinab, wie sie nirgends auf dem Thüringer Wald vorkommt. Eine lothrechte, an manchen Stellen fast überhängende Felswand reicht vom Kamm des Berges wohl über 200 Fuss herab, während bewaldete steile Böschungen die Basis der Bergmasse bilden. Der östliche Berggipfel ist vielfach geschluchtet und gespalten und in den zerklüfteten Felsen hat immergrüner Taxus seine Wurzeln gebohrt und der grösste mittel-Deutsche Raubvogel, der scheue Uhu, seinen Horst aufgeschlagen.

Jenseit der Werra, über die hier eine schöne eiserne Brücke führt, liegt das Preussische Städtchen Treffurt, hoch überragt auf steiler Höhe von dem malerischen Normanstein, einer schönen und grossartigen Burgruine, deren gewaltige Mauerreste und kolossale Thürme, von denen einer mit 6 Fuss starkem Mauerwerk noch immer 100 Fuss emporragt, Staunen erregen. Ein steiler, gewundener Pfad führt in die Stadt, die, auf einer Seite an die Bergwand gelehnt, auf der anderen von den Fluthen der Werra bespült, mit ihren bergigen Strassen und alten Häusern inmitten eines weiten reichen Obstgartens liegt, der zur Zeit der Blüthe einen gar herrlichen Anblick vom Normanstein aus gewährt und im Sommer und Herbst einen bedeutenden Handel mit Obst gestattet. Die Thalstrecke zwischen Heldrastein und Normanstein bildet die nordwestlichste Pforte Thüringens, so recht eigentlich eine porta thuringica, und es würde eine Linie nordwärts von diesem Punkte bis zur südlichen Wasserscheide der Wipper als nordwestlichste Grenzscheide von ,,Thüringen im engeren Sinn" an

gesehen werden können. Von hier aus erweitert sich das Thal der Werra, ohne seinen allgemeinen Charakter zu verändern, wieder beträchtlich, gehört aber von da an mit all' seinen landschaftlichen Reizen, die Idylle und Romantik so harmonisch verbinden, dem Hessischen Gau an.

Der Coirebhreacain an der Westküste von Schottland.

Die von Südwest nach Nordost an einander gereihten Inseln Islay, Jura, Scarba und Lunga 1) werden von dem Schottischen Festland und zwar von der durch Knapdale und Cantire gebildeten Halbinsel durch einen tiefen buchtähnlichen Meeresarm getrennt, welcher im Süden Gigha Passage, im Norden Jura-Sund benannt ist. Bei der eigenthümlichen Gestaltung dieser Bucht und den schmalen Meerengen zwischen den Inseln, durch die sie mit dem äusseren Meer in Verbindung steht, veranlassen Fluth und Ebbe hier sehr heftige und auffallende Strömungen, namentlich sind zwei Punkte berühmt, wo die Bewegung des Wassers einen seltenen und grossartigen Anblick gewährt. Eine Zuschrift an das ,,Athenaeum" vom 26. August d. J. giebt davon eine anschauliche Beschreibung.

,,Zwischen den Inseln Jura und Scarba ist die weit berühmte Öffnung Namens Corryvreckan. Die Admiralitäts-Karte schreibt den Namen „,Coirebhreacain", was nach den besten Kennern der Gälischen Sprache,,der Kessel des gefleckten Meeres" bedeutet, und dieser Name ist nicht unpassend. Die Seeleute der Umgegend nennen ihn,,The Gulf" oder „,The Great Gulf" (Strudel oder Schlund). Durch diesen, ungefähr 3/4 Engl. Meilen breiten, von den wilden, hohen Küsten der Inseln Jura und Scarba eingeengten Kanal schiesst das Meer (bei Ebbe in der einen, bei Fluth in der entgegengesetzten Richtung) mit einer Schnelligkeit von 9 Engl. Meilen in der Stunde, wie die AdmiralitätsAufnahmen ergeben haben (die Lootsen der Umgegend geben die Schnelligkeit zu 17 bis 18 Engl. Meilen in der Stunde an). Bei einer solchen Schnelligkeit der Bewegung fehlt es nicht an Wirbeln und Strudeln, aber im Ganzen treten diese wenig hervor. Zwei Umstände dagegen erhöhen den malerischen Effekt bedeutend. Der eine ist, dass sich im nördlichen Theil des Kanals, nahe der Küste von Scarba und gegen die westliche Mündung hin, ein grosser Fels oder eine Untiefe befindet, über welcher die Wassertiefe nur etwa 4 von der in den benachbarten Theilen der Bucht ist, und hier bricht sich die See bisweilen mit grosser Wuth. Der andere ist, dass, wenn die Strömung dem Winde entgegengeht, besonders wenn die nach auswärts gerichtete Strömung gegen den vorherrschenden Westwind ankämpft, der ganze Kanal mit hohen rollenden Brandungswellen bedeckt wird. Zu solchen Zeiten macht diese Brandung ein sehr bedeutendes Getöse, ja, wie der Dichter Campbell behauptet und uns selbst von den Seeleuten gesagt wurde, kann man es auf dem Festland noch in beträchtlicher Entfernung von dem Meere hören. Die Strömung, an den brechenden Wellen erkenntlich, sieht man westwärts in der offenen See noch mehrere Meilen weit.

1) S. Stieler's Hand-Atlas, neue Ausgabe, Nr. 15, für die Tiefenverhältnisse Nr. 15a.

,,Aus dieser Beschreibung erkennt man, dass die gewöhnliche Vorstellung, als existire im Corryvreckan ein Strudel, ganz ungegründet ist. Es giebt dort zwar Wirbel wie auf der Oberfläche eines angeschwollenen Flusses und es würde äusserst schwierig sein, ein Boot mit einigermaassen stetigem Kurs hindurch zu steuern, aber wenn kein starker Wind durch den Kanal weht und kein heftiges Wallen des Meeres von der Aussenseite her Statt findet, so kann ein kleines Boot vollkommen sicher hindurchfahren. Wir haben vor uns einen Zeitungsbericht (Daily News, 18. Mai 1864) über ein kleines Schiff, welches, durch die Strömung des Corryvreckan aus dem Kurs gebracht und von seiner Mannschaft verlassen, eine Woche später am Strande einer kleinen Bai an der Ostküste der Insel Jura unversehrt wieder gefunden wurde. Bei träger See ist das Wasser im Gulf eben so ruhig wie anderwärts, so dass ein Fremder, der den Corryvreckan besucht, wohl meist getäuscht werden wird.

,,Gehen wir weiter längs der rauhen Küste von Scarba, so kommen wir an die Öffnung zwischen Scarba und Lunga, auf der Admiralitäts - Karte .,Bheallaich a Choin Ghlais" oder,,Pass des Windhundes" genannt, ein Name, über dessen Ursprung wir keine Nachricht geben können. Die Seeleute nennen ihn,,The Little Gulf" (den Kleinen Schlund). Das Wasser ist hier nicht so tief wie im Grossen Gulf, aber das Schauspiel in und bei dem Little Gulf ist unserer Ansicht nach weit überraschender als das des Corryvreckan. Befindet sich der Besucher auf der östlichen oder inneren Seite der Inseln, so kann er sich ganz nahe hinzu wagen, wenn die See durch die Strasse hereinschiesst, und er wird hier eine Bewegung der Gewässer sehen, wie er sie vielleicht nirgends wieder beobachten kann. Er wird auf weiss schäumender See im Gallop dahin getragen. Nicht mehr als 300 Fuss davon sieht er eine ähnliche Strömung, die aufwallend in entgegengesetzter Richtung läuft, und wenn er es wagt, sich hinein zu begeben, so wird er über Hals und Kopf nach derselben Stelle der Küste zurückgetragen, vor der er sich zuerst befand. Zwischen und neben diesen Strömungen siedet und wogt das Meer in unbegreiflicher und unbeschreiblicher Weise. Wir haben in einer Entfernung von vielleicht 30 Fuss von unserem Boot einen reissenden konischen Strudel sich bilden sehen, der mit einem Durchmesser von etwa 40 bis 50 Fuss wie ein riesiger Korkzieher gegen den Meeresgrund sich öffnete. Unsere Bootsleute erzählten, sie wären einst von einem Strudel dieser Art erfasst und mit grosser Schnelligkeit herumgewirbelt worden, aber wie es schien, hatte es auf sie nicht den Eindruck einer besonders grossen Gefahr gemacht. Wir gestehen indessen, dass wir nicht wünschten, dem Strudel noch näher zu kommen. Läuft die Strömung in entgegengesetzter Richtung, d. h. nach aussen, so darf man sich dem Kanal nur sehr vorsichtig nähern, aber der Anblick entschädigt für ein wenig Angst. Eine Linie brandender Wellen quer über den Kanal rollt der Strömung entgegen in einer Weise, welche die Vorstellung erweckt, als schiesse die Strömung hinab unter ihre schäumenden Kämme. Der Aufruhr und der Lärm sind entsetzlich. Weibliche Nerven würden den Tumult in der Nähe kaum ertragen und wir empfehlen daher den Besuch Damen nicht.

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Volkszahl der eigentlichen Städte Italiens.

In allen geographischen Handbüchern, in Reisebeschreibungen und Reiseführern herrscht die grösste Verwirrung und Unsicherheit in den Angaben über die Bevölkerung Italienischer Städte. Diess hat hauptsächlich seinen Grund darin, dass in den Census - Listen die Gemeinden aufgeführt sind, diese aber in Italien oft weit mehr umfassen als die eigentliche Stadt. Z. B. in Toscana ist unter Gemeinde ziemlich dasselbe zu verstehen wie unter Canton in Frankreich, während wieder in anderen Gegenden die Gemeinde nur die eigentliche Stadt mit den einzelnen Gebäuden der nächsten Umgebung umfasst, eben so wie in Deutschland und anderen Ländern. Um eine richtige Vorstellung von Grösse und Bedeutung einer Italienischen Stadt zu gewinnen, um sie mit anderen Städten zu vergleichen, namentlich auch um auf Karten ') die der Ortsbevölkerung entsprechende Signatur einzutragen, muss man zwischen Gemeinde und Stadt streng unterscheiden, dazu fehlten aber bis jetzt in den meisten Fällen zuverlässige Angaben und wir sind deshalb Herrn Dr. Maestri, dem berühmten Statistiker Italiens und Direktor des Statistischen Bureau's in Turin, zu grossem Danke verpflichtet, dass er diesem empfindlichen Mangel durch eine Zusammenstellung der Volkszahlen aller Städte des Königreichs Italien mit mehr als 10.000 Einwohnern abgeholfen hat. Da auch die Bevölkerung der ganzen Gemeinden beigefügt

1) Auf unseren Karten von Italien in Stieler's Hand-Atlas (33, 34" und 34) fanden sich alle von Dr. Maestri angegebenen Städte mit nur ein Paar Ausnahmen richtig bezeichnet, diese aber wurden in der neuesten Ausgabe korrigirt.

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Lucera. Castrogiovanni 14.084 24.576 24.857 Barcellona Pozzo 24.566 38.765 | di Gotto 24.151 35.447 Cuneo 22.945 25.086 Como 22.382 22.702 Pagani 22.126 23.832 Prizzi 22.015 24.417 Cittanova 21.966 Ascoli Piceno

14.187 14.787

14.633

13.257 20.246

12.797 23.012

11.562 20.246

11.175 12.169

11.138 11.187

11.103 11.103

11.098 17.448

21.902

21.902

Arezzo.

11.081 36.806

21.705

21.988

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Fasano

Portici

11.022 12.951 10.980 11.288

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Die Eisenbahnen Ägyptens.

Von der gegenwärtigen Ausdehnung des Eisenbahnnetzes in Ägypten gab uns Herr Dr. Schweinfurth in einem Briefe vom 17. August d. J. aus Kairo folgende Übersicht: I. In Betrieb sind die Linien:

1. Alexandria-Kairo,

2. Kairo-Suez,

3. Tanta-Mansurah,

4. Benha-Sagasig,

5. Alexandria-Ramleh (östlich von Alexandria am Meere hin, 2 Stunden lang),

6. Eisenbahn zum Transport der Steinblöcke von den Brüchen am Mokattan bei Kairo nach Turah am Nil (1⁄2 Deutsche Meile lang).

II. Faktisch und zwar energisch im Bau begriffen sind die Linien:

1. Kairo-Siut (soll in 1 Jahr fertig sein, auch haben die Dammarbeiten bereits an mehreren Punkten begonnen, wie ich mich davon neuerdings überzeugte), 2. Mansurah-Damietta,

3. Verbindungsbahn zwischen der Kairo-Suez-Bahn und dem Süsswasser-Kanal, von der Station Nr. 14 zum Djebel Geneffe,

4. Bahn längs des maritimen Kanals auf dem Isthmus.

Die wilden Jenadis bei Madras.

Nur etwa 62 Deutsche Meilen nördlich von Madras, auf einer Insel, welche den sogenannten See von Pulicat von dem Meere trennen hilft, wohnt, so nahe einem grossen Sammelpunkt der civilisirten Welt, ein wildes Völkchen, die Jenadis, bisher so gut wie ganz unbeachtet geblieben. Wie Dr. Schortt, ein Beamter von Madras, kürzlich an seine Regierung berichtete, sind es in Elend und Unwissenheit versunkene Leute, kaum besser als unvernünftige Thiere und auch physisch eine erbärmliche Race, klein, leicht und mit schlaffen Muskeln. Ihre Kleidung ist äusserst spärlich und selbst diess Wenige bereiten sie sich nicht selbst, sondern verdanken sie der Grossmuth der Regierung, welche alljährlich jedem Erwachsenen zwei Stücke Tuch schenkt. Reinlichkeit vernachlässigen sie in entsetzlicher Weise, nie gebrauchen sie Wasser äusserlich und selbst beim Trinken nehmen sie es nicht genau mit der Reinheit der Flüssigkeit. Sie essen alle Arten Fleisch, nur nicht Rindfleisch, gegen das sie ein blindes Vorurtheil haben. Eine grosse Ungleichheit in der Zahl zwischen beiden Geschlechtern erlaubt den Männern, je 7 Weiber zu nehmen eine für jeden Tag der Woche ! Weiber sind so fruchtbar, dass 12 die gewöhnliche Zahl ist, mit denen eine jede ihren Herrn beschenkt. Da so viele Weiber und Kinder nicht in Bequemlichkeit und Eintracht unter Einem Dache leben könnten, sind sie meist in verschiedene, 5 Minuten von einander entfernte Hütten vertheilt.

und die

Die Jenadis stehen unter dem Schutz der Regierung, bis jetzt ist aber noch Nichts geschehen, um dieses elende Volk der Civilisation näher zu bringen, und doch würde es einem Missionär, wie es scheint, leicht werden, Christen aus ihnen zu machen, denn sie haben wenige religiöse

Vorurtheile und würden in ihrem jetzigen Zustand ihren Lehrern nicht durch schlaue Entgegnungen und feine Beweisführung das Leben schwer machen.

Nachrichten aus Chartúm.

Von Th. v. Heuglin1).

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Den 20. Juni 1864. Ich schreibe Ihnen hoffentlich heute zum letzten Mal von hier aus, obgleich ich den Tag unserer Abreise nach Sauakin, die von Woche zu Woche verschoben werden muss, noch nicht bestimmen kann. Es ist immer noch Vieles in Ordnung zu bringen, Fräulein Tinne ist in letzter Zeit wieder sehr leidend und auch mein Zustand eher schlimmer als besser. Die Temperatur hält sich, obgleich wir täglich ferne und an den letzten beiden Tagen auch hier in Chartúm heftige Gewitter hatten, immer noch sehr hoch, vor Sonnenaufgang ist sie nie unter 25 bis 26° R., Nachmittags 30 bis 33°, Abends um 9 Uhr gewöhnlich noch 28 bis 29°.

Vom Weissen Fluss sind mit Ausnahme einiger dreissig Raubschiffe, welche die Regierung um Hellet-Kaka auffangen liess, keine Handels-Expeditionen mehr angelangt, zwei erst im März hier ausgelaufene Schiffe haben die Barre zwischen dem Seraf und dem Bahr ghasal nicht mehr passiren können und kamen zurück, ohne ihre Stationen berührt zu haben. Die Chartúmer Sklavenjäger haben nun endlich eine Schlappe erlitten, die sie längst verdient hatten. Sie hatten bereits reichen Fang gemacht und schon zahlreiche Sklaven an die Araber der Halbinsel (El Djesirah) verkauft. Eine Partie der Gesellschaft musste bei den Schiffen zurückbleiben, während die andere weite Raubzüge ins Innere unternahm. An 350 Personen sollen an dem letzten derselben Theil genommen haben. Die Neger hatten ihnen aber einen mächtigen Hinterhalt gelegt, aus dem sie unerwartet überfallen und bis auf den letzten Mann erschlagen wurden, während die Regierungsschiffe die Barken mit Allem, was sich dort vorfand, in Beschlag nahmen. Auch bei dieser Gelegenheit wurde beiderseits von den Waffen Gebrauch gemacht und ein Theil derjenigen, die dem Militär Widerstand zu leisten versuchten, unter Anderen der Schech der Lahauin, sind in Ketten zu Musa Bascha gesandt worden. Es geht das Gerücht, eine der Raubbarken habe, verfolgt von den Türkischen Wachtschiffen, eine Menge Sklaven, die sie an Bord hatte, getödtet und in den Strom geworfen.

Trotz dieses scheinbar energischen Einschreitens der Regierung nimmt diese keinen Anstand, wo sie Gelegenheit findet, Sklaven als Soldaten zu rauben oder auf andere gleich ehrliche Art zu acquiriren. Eine solche Gesellschaft von ,,Volontairs" wurde unter Anderem trotz aller Protestation der Kapitäne von einem Türkischen Offizier in Kaka auf drei Barken der Gebrüder Poncet unter Französischer Flagge mit Gewalt eingeschifft. Der Französische Konsul ist übrigens in dieser Angelegenheit mit aller Energie aufgetreten und wird nicht nur Freigebung der Gefangenen, sondern eine eklatante Satisfaktion verlangen.

Schon früher schrieb ich Ihnen, dass der Bascha dem

') Fortsetzung der brieflichen Nachrichten auf SS. 308-310 des vorigen Heftes.

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