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(Succinea minuta Mss.) in den Spalten der Baumrinde. Um botanische Schätze zu holen, wäre ein Zug nach den nahen Gebirgen nöthig gewesen, wozu uns keine Zeit blieb. Tjator (das Sanskrit - Wort für vier) liegt am westlichen Ende des Hochlandes, am östlichen Fusse des letzten Gipfels der centralen Gebirgsgruppe Bali's, des Tapsai. An seinen Gehängen treffen die Grenzen der Reiche Buleling, Bangli, Mengui und Tabanan zusammen und in Bezug auf diese Gegend gerade sind alle Karten von Bali noch gründlich falsch. Der Tapsai verlängert sich gegen Norden in eine Reihe von sieben an Höhe abnehmenden Kuppen, an deren östlichem Fuss eine tiefe Kluft ebenfalls einen Bach enthält, der sich mit dem oben erwähnten vereinigt und die Grenzscheide bildet. Rückwärts lehnt sich der Tapsai an den Parang bulia und den Tieng - tali an, ohne dass ich Sicheres über deren gegenseitige Lage zu sagen wüsste. Die Namenverwirrung in Betreff der Gipfel dieses Gebirgsknotens ist sehr gross und erheischt ein genaueres Studium. Wir fragten, ob der Name des Dorfes (Vier) von dem Zusammentreffen der vier Reiche herrühre? Man verneinte es und erklärte, es komme davon her, dass oft im Dorfe Leute aus den vier Reichen beisammen wären, da aus den anderen oft Flüchtlinge herüber kämen und sich eine Zeit lang zu Tjator aufhielten.

Den 14. machten wir einen Ausflug gegen SW. Wir ritten am Fusse des Tapsai hin. Die Vegetation der Wälder hatte einen ganz anderen Charakter als in den Gebirgen des Bator; sie war dichter, mannigfaltiger und verrieth weit mehr Feuchtigkeit als dort. Die Casuarinen kommen am Tapsai auch noch vor, doch mit Laubholz vermischt und mehr an den steileren Abhängen. Grössere Feuchtigkeit gab sich vorzüglich durch eine grössere Zahl von Orchideen und von saftigen Urticaceen (Elatostemma u. s. w.) kund. Auch die im Westen Java's so häufige Fagraea auriculata Bl., die Hoya macrophylla sah ich hier. Der Rubus fraxinifolius wuchs überall in so grosser Menge, dass wir unsere Hüte voll von seinen Früchten nach Hause brachten und sie, die ganz erdbeerenartig, aber fad von Geschmack sind, zu Hause mit Zimmt, Zucker und Wein zubereiteten. Wir stiegen durch eine steile und tiefe Kluft hindurch, in deren Grund ein herrliches Flüsschen die Grenze von Bangli und Mengui bildet. Eine ganz ähnliche Kluft mit Fluss bildet nach Süden die Grenze zwischen Mengui und Tabanan.

Bald langten wir im Weiler Bon (Balisch: Schlingpflanze) an, der aus 6 bis 8 Häusern besteht und der höchste Wohnort des Reiches Mengui ist (über 4000 Fuss), dabei über alle Beschreibung elend und schmutzig aussieht. Dennoch hat auch hier noch der Opium-Verkauf eine Stätte aufgeschlagen. Der Gebrauch dieses Giftes hat sich so ins Balische Volks- und Staatsleben eingefressen, dass er Land und Volk langsam, aber sicher von innen heraus zerstört: Kraft, Gesundheit, Thatkraft, Ehrgefühl und Wohlfahrt.

Die offenen Stellen boten eine herrliche Aussicht nach Süden über die sanft abhängenden Gelände bis hin zum Meere. Das Tafelland von SO. und die Insel Pandita, mit ihren weissen Kalksäumen und dem Schmucke der hohen Brandung, lagen scharf gezeichnet vor. Nach Osten sah man bis auf die Hügel der Insel Lombok. Wohnlich und

gastfreundlich sah es da nicht aus und wir eilten hinweg, sobald Herr Waanders seine Messungen beendigt hatte.

Das Thermometer stieg zu Tjator am 14. auf 22,3° C., am 15. Morgens 6 Uhr stand es auf 9,25° C. Jedenfalls hat das Plateau von Tjator ein viel kühleres Klima. Die Baumlosigkeit befördert die Insolation, aber eben so sehr die Ausstrahlung. Dazu ist es den häufigsten und stärksten Winden der Insel, denen von SO., ausgesetzt, daher auch die umherstehenden Bäume, meist Erythrina, fast alle eine leichte Neigung nach NW. zeigen. Eine heftige Einwirkung der Südostwinde sieht man auch an den zerzausten, kahlen, mit Usneen bewachsenen Kronen dieser Bäume, auf denen sich die Vanda insignis in Unzahl angesiedelt hat (die Jungfrauen-Orchis, Angreq dóo der Balier).

Weil das Dorf verflucht war, mussten die Kuli ebenfalls anderswo zusammengerufen werden. Das Dorf-Oberhaupt wollte selbst ins Tiefland auf Besuch kommen und wir vertrauten ihm darum unser Gepäck an. Seine Frauen beglückten wir mit leeren Flaschen und liessen daher hier an den abgelegenen Bergen diese sichersten Zeichen der Europäischen Civilisation, wie sie Mill nennt, zurück.

Den 15. wendeten wir uns nordwärts und ritten lange über einen grasbewachsenen Rücken hin neben dem befestigten Grenzdorfe Pengadjaran vorüber. Der Rücken wurde nun schmäler und waldbewachsen, beiderseits in der Tiefe floss ein Arm des Flusses von Bunkulan. Der Wald zeigte keine Casuarinen mehr, sondern einen sehr mannigfaltigen Baumschlag, allein ausser der schönen Spathodea sah ich nur noch eine Sauraja in Blüthe. In der Tiefe am Flusse, wo wir frühstückten, zweigt sich eine Wasserleitung nach Osten ab, welche die Felder des ersten Dorfes auf dem Boden von Buliling bewässert. Es ist diess Tagal, wo ich nicht ganz 2000 Fuss über dem Meere noch die letzten Dodonaea fand; nirgends noch habe ich diese Pflanze so tief gefunden. Auf Feldwegen und über eine zweite Wasserleitung hin gelangten wir um 12 Uhr bei Klampook auf den alten Weg. Wir fanden nun die Hitze auf den kahleren, niedrigeren Hügeln schrecklich, obschon ein frischer Seewind Kühlung brachte. Um 12 Uhr waren wir in Tambany zurück, um 2 Uhr in Kubuk Lod.

Im grossen Dorfe Bunkulan war grosses Gedränge um ein Hahnengefecht, dem auch der junge Fürst nach Landessitte beiwohnte. Die Hahnengefechte spielen im Staatsleben die Rolle unseres Börsen wesens, nehmen unglaublich viel Zeit in Anspruch und sind das National - Vergnügen des ganzen Volkes. Es sind minutiöse, verwickelte Gesetze, welche das Ganze regeln und die Veröffentlichung derselben. gäbe für sich schon eine sociale Charakteristik des Volkes. Nachdem wir bei unserem Chinesischen Gastfreund den Thee genossen, kehrten wir denselben Abend bis Singaradja zurück.

Den 17. September schiffte ich mich am Bord meines Kutters,,Klara" ein und lichtete um 1 Uhr Nachts die Anker. Nachmittags beobachtete ich auf der See die fast totale Sonnenfinsterniss des 18. September. Die zweite Nacht erhoben sich heftige Landwinde aus SW. und wir kreuzten mühsam am Gunung Gundul und dem westlicheren Gunung Pelakkis vorbei, an dessen Fuss, wie beim nahen Banju wedan ebenfalls warme Quellen hervorbrechen. Gegen 2 Uhr Nachmittags war ich am Eingange der Strasse von

Bali. Ein scharfer kalter Wind hinderte uns am Einlaufen und ich ging für einige Stunden bei dem an der Nordwestecke von Bali stationirten Lootsen vor Anker. Dürfte dieser kalte Südsturm nicht eine Folge von Erkältung der südwärts gelegenen Luftschichten durch die Sonnenfinsterniss gewesen sein? Gerade über der Strasse Bali bewegte sich den ganzen Tag in rasender Eile ein schmaler Wolkenstreif, der sich über den nördlicheren erwärmten Wasserund Landflächen stets vollständig auflöste, im Süden am

Eingange der Strasse eben so beharrlich neu erzeugte. Sonst war der Himmel ringsum wolkenlos. Abends versuchte ich aufs Neue die Einfahrt. Strömung und Wind bekämpften sich heftig und meine Nussschale konnte nur ein kleines Segel am Buge führen. Nachts 9 Uhr liessen wir in der Strasse dicht unter der Java-Küste den Anker fallen und erst Sonntag Morgen den 20. langte ich auf der Rhede von Banjuwangi nach einer Abwesenheit 23 Tagen an.

von

Geographische Notizen.

Die Landes-Vermessung des Herzogthums Nassau. Kürzlich hat ein 540 Seiten starkes Werk 1) die Presse verlassen, welches die Ergebnisse einer in den letzten 10 Jahren ausgeführten Triangulirung des Herzogthums Nassau enthält. Mit dieser interessanten Arbeit hat das Herzogthum Nassau, die grosse Wichtigkeit einer genauen Ermittelung und Feststellung der Grenzen und Grössen des Areals zum Zwecke der gleichmässigen Vertheilung der Grundsteuer und der Sicherung des Grundeigenthums und Hypotheken wesens erkennend, den ersten bedeutenden Schritt zur Ausführung dieser Maassregel durch Anordnung einer allgemeinen Landes-Vermessung gethan. Wir haben uns mit dem Inhalte der in dem angegebenen Werke im Detail veröffentlichten Resultate der Nassauischen Triangulirung bekannt gemacht und konstatiren hiermit gern, dass dieselben sowohl der Herzoglichen Regierung und den Leitern der eben so schwierigen als wichtigen Arbeit als auch insbesondere dem ausführenden Personal alle Ehre machen. In richtiger Erkenntniss der Forderungen des heutigen Standes der Wissenschaft, welche längst das frühere System der Operation vom Kleinen ins Grosse als unzuverlässig und jeder Kontrole der Richtigkeit entbehrend verworfen. hat, wurde die Festlegung einer entsprechenden Anzahl von Dreieckspunkten verschiedener Ordnung durch trigonometrische Messungen, als die unbedingt nothwendigen Ausgangs- und Anhaltpunkte für die künftige Detail-Vermessung, für die erste und Hauptaufgabe betrachtet. Die an und für sich schwierige Messung einer besonderen Basis zur Berechnung der Dreiecke war hier nicht nöthig, weil letztere unmittelbar an das vollendete Dreiecksnetz eines der angrenzenden Länder angeschlossen werden konnten, was auch wirklich geschehen ist, indem die zum Grossherzogl. Hessischen Dreiecksnetz ersten Ranges gehörende, auch bei der Bayerischen Triangulirung bestimmte Dreiecksseite Feldberg-Melibocus als Basis für die Nassauische Triangulirung angenommen wurde. Wenn nun auch durch diesen günstigen Umstand den geodätischen Operationen Nassau's ein wesentlicher Vorschub geleistet war, so lag hierin doch zugleich die Aufforderung und Aufgabe, bei diesen Operationen mit um so grösserer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu verfahren, damit in denselben eine hinreichende Garantie

1) Die Landesvermessung des Herzogthums Nassau, insbesondere die als Grundlage derselben festgestellten Resultate der Triangulation. Wiesbaden, Ad. Stein, 1863.

für einen genauen Anschluss an die umliegenden Triangulirungen der Nachbarländer gegeben werde.

Wie vollständig diese Aufgabe gelöst wurde, geht aus der Vergleichung der Anschlussseiten und einiger geographischer Längen- und Breitenbestimmungen mit den Resultaten der Nachbarstaaten auf SS. 36-38 der Einleitung zu oben erwähntem Werke hervor und es kann hiernach die Nassauische Triangulirung den besten derartigen Arbeiten auf dem Gebiete der höheren Geodäsie unbedenklich zur Seite gestellt werden.

Als einen besonderen Vorzug, welchen die geodätischen Operationen Nassau's für sich in Anspruch nehmen können, müssen wir die ausgedehnten trigonometrischen Höhenbestimmungen bezeichnen. Mit Recht wird in den Motiven zu diesem Vorgange von dem Verfasser des Werks hervorgehoben,,,dass, um die physisch-geographischen Verhältnisse eines Landes vollständig und mit Einem Blicke überschauen zu können, eine nur die horizontale Projektion desselben berücksichtigende topographische Karte ein immerhin unzureichendes Hülfsmittel bleiben würde". In gehöriger Würdigung des grossen Vorzugs, welchen trigonometrische Höhen bestimmungen vor solchen mit Wasserwage oder Barometer haben, wurde daher die gleichzeitig mit der Messung der Horizontal winkel der Dreiecke dritter Ordnung vorzunehmende Beobachtung der Höhenwinkel angeordnet. Auf diese Weise ward der Einfluss, welchen bekanntlich die Strahlenbrechung auf die Beobachtung der Vertikal- Winkel hat, wegen der verhältnissmässig kurzen Entfernung der Dreieckspunkte dritter Ordnung auf ein Minimum gebracht. Die Resultate der Höhenmessungen wurden an die Nivellements mehrerer das Land in verschiedenen Richtungen durchkreuzender Höhenzüge, die selbst wieder mit dem Coblenzer Pegel in Verbindung gebracht waren, angeschlossen. Die Übereinstimmung der trigonometrischen Höhenbestimmungen unter sich und mit den eben gedachten Nivellements ist in der That eine überraschende und es haben sich unseres Erachtens die Nassauischen Trigonometer durch diese wohlgelungene Arbeit ein besonderes Verdienst erworben.

Mit den vorstehend nur im Allgemeinen angedeuteten geodätischen Operationen ist für das Herzogthum Nassau die sicherste Grundlage für die zur richtigen Grundsteuervertheilung und zur Sicherung des Grundeigenthums und des Hypothekenwesens unbedingt nothwendigen DetailVermessungen gewonnen; möge man sich daher an maass

gebender Stelle, dem guten Beispiele des benachbarten Grossherzogthums Hessen folgend, nicht beirren lassen, auf der betretenen Bahn fortzuschreiten, um endlich eine für das materielle Wohl des Volkes so wichtige Gesetzgebung wie die mehr erwähnte zur allmählichen Ausbildung und Ausführung zu bringen.

Areal von Ehstland.

Vom Ehstländischen Statistischen Comité ist ein Auszug der von ihm gesammelten Materialien veröffentlicht worden. Hiernach kommen auf die Ehstländischen Grenzen 1244 Werst und zwar auf die Wassergrenze 797,4, auf die Landgrenze 446,6 Werst. Der Flächeninhalt findet sich angegeben mit 17.202,03 Q.-W. = 355,515 Q.-Meilen, und zwar (mit Ausschluss der Inseln) für Harrien mit 4931,09, Wierland 5603,02, Jerwen 2505,29, die Wieck 3088,71 Q.-W., somit das gesammte Festland mit 16.128,11 Q.-W. 333,347 Q.-Mln. Dazu kommen die Inseln mit 1073,92 Q.-W. = 22,168 QMln. Der Flächenraum aller irgend erheblicher Landsee'n (mit Ausschluss des Peipus-Spiegels) beträgt zusammen 20,70 Q.-Werst. (Dorpater Tageblatt 1864, Nr. 68.)

=

Ermittelung der Strömungen im Schwarzen Meer. Die Odessaer Zeitung berichtet, dass die Kommission zur hydrographischen Untersuchung des Odessaischen Meerbusens neuerdings wieder einen Versuch zur Bestimmung der Strömungen im Schwarzen Meer gemacht habe, zu welchem Zweck allen den Odessaischen Hafen verlassenden Schiffen hermetisch verschlossene Flaschen gegeben wurden, mit dem Auftrag, dieselben an verschiedenen Stellen ins Meer zu werfen. Eine jede Flasche enthält einen Zettel, auf welchem der Zweck in Russischer, Englischer und Französischer Sprache angegeben ist, nebst der Bitte an die Finder solcher Flaschen, Fundort und Zeit genau anzugeben. (Dorpater Tageblatt 1864, Nr. 76.)

Regenmenge in Mailand und am Comer See. Von Bernhard Dürer (Villa Carlotta am Comer See). Mit dem Jahre 1863 ist ein Zeitraum von 100 Jahren abgeschlossen worden, während dessen meteorologische Beobachtungen auf der Sternwarte in Mailand gemacht wurden. Aus den zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Schriften veröffentlichten Resultaten habe ich nachverzeichnete Mittelwerthe der Regenmenge berechnet. Theilt man die einzelnen Jahrgänge (von 1764 an) in Perioden von mindestens 19 Jahren und berechnet für dieselben die mittlere jährliche Regenmenge, so ist eine stetige Zunahme der letzteren zu erkennen. Es erscheinen nämlich als Mittelwerthe aus 20 Jahren

für den Zeitraum von 1764 bis 1783 = 33" 4,17" Par.,

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Die meteorologischen Beobachtungen in Mailand werden in der Höhe von 453 Par. Fuss über dem Adriatischen Meer, 82 Fuss über der Ebene des angrenzenden Botanischen Gartens gemacht. Das Regengefäss ist noch etwas höher postirt.

Die Pariser Sternwarte hat einen Regenmesser auf der Terrasse, einen zweiten aber 86 Fuss tiefer und es ist daselbst eine Vermehrung der Regenmenge von 13 Prozent bei dem genannten Höhenunterschied ermittelt worden. In Mailand sind derartige Beobachtungen zur Erforschung des Zuwachses, der Vermehrung des Regens aus der Höhe zur Erdoberfläche noch nicht angestellt worden.

Vom Comer See, dessen mildes Klima und dem entsprechende südliche Vegetation allgemein bekannt sind, fehlen bisher meteorologische Nachrichten. In Como, der Vaterstadt Volta's, werden keine meteorologischen Beobachtungen gemacht. In früherer Zeit sind solche kaum ein Jahr lang ohne Unterbrechung fortgesetzt worden, aber auch die wenigen hiernach veröffentlichten Notizen lassen ob ihrer Genauigkeit Zweifel entstehen. Seit 6 Jahren habe ich hier eine meteorologische Station eingerichtet und ich theile zunächst die gefundenen Resultate über die Regenverhältnisse mit. Mein Regenmesser ist in der Meereshöhe von 720 Fuss (110 Fuss über dem See, 54 Fuss über der anstossenden Gartenterrasse) aufgestellt. Die Villa Carlotta hat fast gleichen Meridian mit Mailand und liegt in dem vom Klima besonders begünstigten Theil am Comer See, der den Namen Tremezzina führt etwa 1/2 Grad nördlicher als jene Stadt.

Aus der am Schluss beigefügten Zusammenstellung ist die bedeutende Zunahme der Regenmenge ersichtlich, wenn wir aus der Ebene des Po in nördlicher Richtung ins Gebiet der Alpen eintreten. Ist die Reihe der Beobachtungsjahre

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auch noch zu klein, um ein Gesetz über die hier geltenden Regenverhältnisse aufstellen zu können, so geben sie doch schon eine Andeutung über die Vertheilung der Regen nach den verschiedenen Jahreszeiten und in der Vergleichung mit den in Mailand gefundenen Resultaten findet sich eine gewisse Übereinstimmung im Gang dieser Vertheilung angezeigt.

Die bedeutendsten Niederschläge finden sich aufgezeichnet am 17. August 1860, wo der Regenfall in 3/4 Stunden 19,64" betragen hat. Die grössten Maasse für die Zeit eines Tages (24 Stunden) wurden am 5. September 1862 mit 46,31" und am 16. Oktober 1863 mit 45,39"" Regen erhalten. Vom 15. Oktober 1863 Abends 4 Uhr bis 17. Oktober Morgens 8 Uhr wurden hier 71,21" Regen gemessen. Dieser aussergewöhnlich starke Regenfall verursachte den Bergrutsch bei Lemna, wodurch vier Häuser sammt deren Bewohnern verschüttet wurden.

In Mailand fielen in der Zeit vom 15. bis 17. Oktober 1863 63,53". Als Maxima für 24 Stunden wurden in dieser Stadt 46,99" am 13. September 1862 und 37,50" am 30. August 1859 beobachtet.

Überhaupt erscheinen in den Jahren 1858 bis 1863 für Mailand 5 Tage, für Villa Carlotta aber 21 Tage mit einem Regenfall von mehr als 2 Zoll.

Zusammenstellung der Regenmengen in Mailand und Villa Carlotta vom 1. Januar 1858 bis 31. Dezember 1863.

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Die Witterungs-Verhältnisse Europa's im Juli 1864. Von Dr. Friedmann in München ').

Der Witterungs - Charakter in den Monaten Juni bis gegen Ende Juli d. J. zeigte sich in ganz Europa als ein

1) Aus einem längeren Aufsatz im ,,Morgenblatt zur Bayerischen Zeitung" (1864, Nr. 220-223), worin Dr. Friedmann unter Anderem auch die Cyklonen auf die Neigung der Luftströmungen, nach rechts zu drängen, zurückzuführen und die Kommunikation des Luftmeeres durch die Vulkane mit dem Erdinneren als Ursache der Nichtperiodicität der atmosphärischen Vorgänge in allen Zonen der Erde hinzustellen sucht.

derartiges Schwanken der Süd- und Nordströmung, dass, obgleich die letztere in den meisten Ländern ein Übergewicht hatte, dieselbe dennoch nie zum vollkommenen und dauernden Durchbruch kommen konnte. Deshalb konnte auch die Breite der Ströme, die bei ihrer völligen Entfaltung in der Richtung von NO. nach SW. wenigstens 10 Breitengrade und noch ein Mal so viel Längengrade umfasst, nie eine solche Ausdehnung erlangen. Das Angeführte wird durch Beispiele, bei welchen der Leser eine Karte von Europa zur Hand nehmen möge, deutlicher werden.

Am 1. Juli sehen wir einen nördlichen Luftstrom über West-Europa ausgebreitet, der um so deutlicher sich zeigt, je mehr wir uns gegen Westen wenden, und der wahrscheinlich in der Mitte des Atlantischen Oceans am stärksten sich entfaltete. Gegen Osten hingegen wurde er schwächer, bis er dem Südstrome in Deutschland und dem westlichen Russland Platz machen musste. Man ersieht diess deutlich aus folgender Tabelle:

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Zwischen dem 1. und 2. veränderte sich aber die Scene. Es fiel nämlich ein rückkehrender Passat von der Äquatorial-Region und berührte die Erdoberfläche im südlichen Frankreich und wahrscheinlich schon jenseit der Pyrenäen. In Madrid sehen wir zwar den Luftdruck sich vermindern, weil der Südstrom in den höheren Luftschichten herrschte, aber die Windfahne blieb Ost; hingegen war der Luftdruck im westlichen Frankreich und im westlichen England so wie in Irland bedeutend vermindert, mit westlichem Winde und bei hie und da eintretendem Regen. Zugleich wurde die nördliche Strömung in diesen Gegenden verdrängt, sie musste sich nach Osten entwickeln, obgleich der Nordstrom eine Neigung hat, gegen Westen hin zu drängen. Wir bemerken unseren Lesern auch, dass die südliche Luftströmung im Gegentheil bei ihrem Vorrücken nach Norden nicht bloss die Richtung nach Osten hin mehr und mehr annimmt, also als westliche Winde erscheint, sondern auch ihre Grenze nach Osten hin zu erweitern sucht, gleich einem Wasserstrome, der seine Richtung von Süd nach Nord nehmend sein Bett zu verlassen strebt und nach der rechten Seite hin die Ufer überschreitet. In der That sehen wir auch bei unserer Isar wie bei allen von Süd nach Nord fliessenden Gebirgsströmen, dass sie gegen Osten hin drängt, während die westlichen Ufer verlassen werden.

Während am 1., wie wir gesehen, der Luftdruck um so niedriger wurde, je mehr wir uns nach Osten wendeten, stieg am 2. der Luftdruck in Folge des mehr passiven Nordstromes in den östlicher gelegenen Ländern, was wir wieder durch eine kleine Tabelle deutlicher machen wollen:

1) Der Luftdruck ist in Millimetern ausgedrückt und wurde der besseren Übersichtlichkeit wegen bei allen über dem Meere liegenden Orten auf das Niveau der Meeresfläche reducirt.

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Die Dauer der westlichen Strömung, die ohnehin als keine sehr intensive sich zeigte, war von kurzer Zeit, indem die nach Osten sich ausbreitende Südströmung bald auch im östlichen Europa sich geltend machte.

Wir könnten von Tag zu Tag die atmosphärischen Vorgänge und Zustände in Europa in einer geographischen Übersicht verfolgen, wodurch die Beobachtungen am hiesigen Orte, deren Bezeichnung durch blosse Zahlen besonders dem grösseren Publikum weniger Interesse einflösst, zum besseren Verständniss kommen würden. Wir würden aber finden, dass bis gegen Ende des Monats (28.) keine durchgreifende Strömung in Europa Statt fand, sondern bald unterbrochene, theilweise zurückgedrängte, zwei- oder mehrfach getheilte Strömungen Statt fanden.

Bemerkenswerthe Vorgänge, ähnlich jenen am 1. und 2., mit dem Unterschiede, dass die nördliche Strömung jetzt mehr Energie an den Tag legte, fanden am 9., 10. und 11. Statt. Am 9. Abends konnte man in München durch das Steigen des Barometers und die von Osten kommenden Cirri eine Veränderung in der Witterung prognosticiren, die auch merklich am 10. eintrat, indem die grauen HaufenWolken allmählich zu weissen sich gestalteten und endlich einem heiteren Himmel Platz machten. Im westlichen Europa trat die Südströmung ein mit fallendem Barometer, in Mittel- und Ost-Europa zeigte sich die Nordströmung mit steigendem Luftdrucke, wie aus folgender Tabelle ersichtlich ist:

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Am 9. wurde von Paris telegraphirt: „Ein neuer Windstoss (bourrasque) hat sich im südwestlichen Europa gezeigt und sich über fast ganz Spanien und einen Theil der westlichen Küsten Frankreichs verbreitet. Der Mittel-` punkt dieser Bewegungen ist im Golfe von Gascognien und scheint sich ziemlich schnell nach Osten zu verbreiten, so dass in Mittel-Frankreich und im Mittelländischen Meere Stürme zu befürchten sind." Es war dieser Windstoss nichts Anderes als der rückkehrende Passat, der in der bezeichneten Gegend die Erdoberfläche berührte und um so mehr nach Osten drang, als er eine schnelle Reise von der Äquatorial - Zone her gemacht zu haben schien. Die prognosticirten Stürme wurden übrigens, so viel ich

weiss, nicht beobachtet und es kömmt bei ankommenden heftigen Strömungen vorzüglich auf den Widerstand an, den sie auf der Erdoberfläche finden. Ist derselbe lebhaft, indem der zu überwindende Strom ein entgegengesetzter und intensiver ist, so wird die neue Strömung ihre ursprüngliche Heftigkeit bald verlieren. Als ungeschwächter Sturm wird die Strömung aber auftreten, wenn sie auf verdünnte Luftmassen von geringer Bewegung stösst.

Das monatliche Mittel des Luftdruckes war in München (auf das Pflaster des Frauenplatzes reducirt) 318,04 Par. Lin. oder 717,4 Millimeter. Die mittlere Monats - Temperatur war verhältnissmässig sehr niedrig, nämlich + 12,81° R., das Mittel des gefallenen Regens das aus vieljähriger Beobachtung hervorgehende Mittel nicht bedeutend übersteigend. Die östlicher gelegenen Länder hatten eine noch geringere Regenquantität aufzuweisen, da die Entfernung von der Meereswestküste ohnehin eine geringere Regenmenge zur Folge hat.

In Nord-Amerika herrschte im Gegensatz zu Europa ein anhaltender Nordstrom, was wenigstens aus einem Berichte von Mitte Juli, in welchem über anhaltende Dürre geklagt wird, hervorzugehen scheint.

Betrachten wir den Europäischen Witterungs-Charakter der Monate Juni und Juli in seiner Beziehung zum Menschen, so können wir ihm trotz des Murrens vieler Personen, die sich entweder in ihren Plänen von zu unternehmenden Spaziergängen und Landpartien beeinträchtigt sehen oder denen die Witterung in ihren bürgerlichen Geschäften Nachtheil bringt, nicht abhold sein. Was die Kulturgewächse betrifft, so versprechen das Getreide und die Kartoffel, welche die vorzüglichste menschliche Nahrung bilden, eine vorzügliche Ernte, wogegen die Rebe und der Hopfen, welche eine höhere Temperatur zu ihrer Reifung nöthig haben, in den genannten beiden Monaten weniger förderten. Bezüglich des wichtigsten Einflusses auf den Menschen, weshalb wir die atmosphärischen Vorgänge in den Bereich unserer Betrachtung ziehen, nämlich jenes Einflusses, den sie auf die sanitätischen Verhältnisse ausüben, sind kühle Sommer im Allgemeinen den heissen vorzuziehen, da sie jenen Krankheits-Charakter in geringerem Grade erzeugen, der sich in jedem Jahre in den Monaten August und September zeigt, dem tropischen Krankheits-Charakter ähnlich ist und durch die vorausgegangene hohe Temperatur bedingt wird. Epidemische Fieber zeigten sich bis jetzt nur im südlichen Europa, nämlich in Murcia in Spanien,

WO

durch ausgesteckte Eisenbahnarbeiten, vielleicht in sumpfiger Gegend, eine bedeutende Strecke Landes der schützenden Pflanzendecke beraubt wurde. Die aus der Zersetzung sich bildenden Gase lösten sich, begünstigt durch die Juli-Temperatur Spaniens, in den unteren Luftschichten auf und erzeugten verheerende Fieber, denen 2000 Einwohner der Stadt zum Opfer fielen.

Es kann auch mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Asiatische Cholera, welche, wie wir nachgewiesen, ihre Polargrenze in der Isotherme von +10° R. hat, nach kühlen Sommern, selbst wenn sie in anderen Ländern sich zeigen sollte, ihren Einzug nicht halten wird.

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