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gehen, kein einziger seiner Diener aber war zu bewegen gewesen, selbst gegen doppeltes Gehalt, ihn auf dieser, wie sie wohl wussten, höchst gefahrvollen Reise zu begleiten, so dass er nothgedrungen gezwungen war, nach Kuka, der Hauptstadt Bornu's, zu gehen, wo er gut empfangen wurde.

Er fand hier, dass die politischen Verhältnisse zwischen Bornu und Wadai für seine Reisepläne augenblicklich sehr günstig waren, da diese beiden Reiche gerade in den freundschaftlichsten Beziehungen standen, und er wollte schon am 12. September seine Reise nach Wadai fortsetzen, als ihm am Vorabend dieses Tages der Scheich von Bornu sagen liess, er verbiete ihm zu reisen und er wolle, dass er noch hier bleibe. Der Grund dieses niederschlagenden Befehls waren ungünstige Nachrichten aus Kanem, in dessen Besitz sich ein Abenteurer gesetzt hatte. M. v. Beurmann erkundigte sich nun zunächst nach der Beschaffenheit der südlich um den Tsad - See führenden Wege, erfuhr aber zu seinem Leidwesen, dass sie der Überschwemmungen wegen für die nächsten zwei Monate nicht zu passiren wären.

So sah sich der Reisende genöthigt, geduldig auf einen günstigeren Zeitpunkt für die Abreise nach Wadai zu warten; um aber diese Zeit möglichst nützlich und zum Vortheil für die Wissenschaft zu verwerthen, unternahm er sofort eine Reise nach Jakoba, der Hauptstadt der südwestlich von Bornu im Sokoto - Reiche gelegenen Provinz Bautschi. Er nahm seinen Weg über Magomeri (27. September), Ngurmai (2. Oktober) und Tinda (14. Oktober), hielt sich, wie es scheint, einige Zeit in Jakoba auf, denn er besuchte am 22. und 23. Oktober die nahe gelegenen Orte Keu und Songoro und war noch am 28. in Jakoba, und beabsichtigte, von da über Hamarrua und Jola zurückzukehren; da sich jedoch der ganze Süden von Bautschi in den Händen aufrührerischer Heidenstämme befand, sah er sich genöthigt, diesen Plan aufzugeben und direkt nach Kuka zurückzugehen. Am 5. November war er in Yeloa, am 6. in Daraso, am 9. berührte er die Orte Marru, Gulun und Gode im nördlichen Boberu, kam am 17. über Fika, wo er am Bahr Ngedjim eine im Binnenland von NordAfrika bisher nicht aufgefundene Palme (wahrscheinlich die am Oware und Benin häufige Raphia vinifera) antraf, nach Dora, am 18. nach Magomeri, begleitete von da aus eine Rhazzia ins Marghi - Land nach Tschibbak, das eine Tagereise westlich von Isge liegt, und kam am 13. Dezbr. nach Kuka zurück, leider mit bereits zerrütteter Gesundheit. ,,Meine Gesundheit, fürchte ich," so schrieb er von Kuka den 24. Dezember 1862 an Dr. Barth ,,verspricht nur wenig für die Folge, da es mir nicht einmal möglich gewesen ist, einen ordentlichen Bericht über diese meine

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fast dreimonatliche Thätigkeit zu Stande zu bringen. Auch in pekuniärer Beziehung hat mir diese Reise grosse Verluste eingebracht, denn ich verlor auf derselben ein Pferd und drei Kameele, so dass es mir nur mit Aufopferung eines Theils meiner eigenen Waffen möglich ist, sofort nach Wadai aufzubrechen. Freitag den 26. Dezember werde ich von hier nach Kanem abgehen, denn der südlichere Weg ist für Kameele noch immer ungangbar. Die Strasse durch Kanem ist wieder frei."

In einem an den Englischen Konsul Reade adressirten Briefe vom 6. Januar 1863 schreibt er, dass er am 26. Dezember seine Reise nach Wadai wirklich angetreten habe, jedoch schon nach 2 Tagemärschen von zweien seiner drei Diener beraubt und verlassen worden sei; selbst seine Uhr hätten sie mitgenommen. In Folge dessen sei er in grösster Verlegenheit nach Kuka zurückgekehrt, aus der ihm nur das Anerbieten des Arabischen Kaufmanns Mohammed Titiwy geholfen, der ihn mit Leuten, Geld und Provision zu der Reise nach Wadai neu ausgerüstet habe, wofür er ihm einen Wechsel auf 450 Maria-Theresia - Thaler nach Tripoli gegeben. Seine Gesundheit, fügte er hinzu, sei noch immer nicht besser und theils deshalb, theils seiner beschränkten Mittel wegen habe er die Absicht, von Wadai auf dem nächsten Wege nach Bengasi zurückzukehren.

Schon ein Brief vom Englischen General - Konsul in Tripoli vom 14. August machte jedoch die tief betrübende Mittheilung, dass mit der so eben aus Bornu angekommenen Karawane briefliche und mündliche Nachrichten daselbst eingetroffen seien, welche den Tod des Herrn v. Beurmann melden, und ein weiterer Brief aus Tripoli vom 6. Oktober lässt jene Nachrichten leider fast zur völligen Gewissheit werden. Sie beruhen auf speziellen und offiziellen Mittheilungen des Englischen Konsular-Agenten in Mursuk vom 20. September über die Aussagen des Couriers, welcher die letzten Briefe des Reisenden nach Mursuk gebracht hat. Die Aussagen dieses Couriers lauten folgendermaassen :,,Er sei gerade im Begriff gewesen, seine Reise von Bornu nach Mursuk anzutreten, als dort eine Karawane von Wadai eingetroffen sei, deren Mitglieder die Nachricht gebracht hätten, dass der Christ, der vor einiger Zeit dahin aufgebrochen, getödtet sei. Auf Grund dieser Nachricht habe ihn der Sultan von Bornu an der Abreise verhindert und ihn 40 Tage lang zurückgehalten, während er zwei Couriere nach Wadai abschickte, um zu erfahren, ob die Nachricht wahr sei. Als diese Boten dann nach Bornu zurückgekehrt seien, hätten sie gemeldet, die Nachricht sei wirklich begründet, indem der Reisende in der ersten Provinz oder an der Grenze von Wadai getödtet worden sei, und zwar sei er auf Befehl des Sultans von Wadai selbst getödtet worden."

Auch Briefe von Ben 'Alua in Kuka, demselben, mit dem v. Beurmann die Reise von Mursuk nach Bornu gemacht hat, melden, er sei in der ersten Provinz von Wadai, 5 Tage von dem eigentlichen Lande Wadai, also vielleicht in Maō, getödtet worden, und neuerdings hat Dr. Barth wieder Briefe aus Tripoli erhalten, welche die Trauerbotschaft zuverlässig bestätigen.

Der Tod Moriz v. Beurmann's, der nach diesen Nachrichten kaum bezweifelt werden kann, ist ein ungemein schmerzliches Ereigniss für seine Verwandten und Freunde, für das Unternehmen, dem er zum Opfer fiel, und für die geographische Wissenschaft im Allgemeinen. Sein Verlust wird mit derselben Theilnahme in allen Kreisen betrauert werden, mit der man seinen Schritten auf seiner verhängnissvollen Reise folgte, und ganz besonders betrübend muss er für die Freunde und Förderer des Unternehmens selbst sein. Moriz v. Beurmann kannte keine Furcht und kein Verzagen; mit der vollsten Zuversicht auf das Gelingen seines Planes zog er aus und alle Widerwärtigkeiten und Hindernisse waren nicht im Stande, ihm diese Zuversicht zu rauben. Verrathen, verlassen, beraubt, immer wieder in seinen Planen gekreuzt, körperlich geschwächt, wankte seine Seelenstärke auch nicht um ein Haar breit, und von solcher Hoffnung ist er noch bis auf den letzten Augenblick dermaassen beseelt gewesen, dass er in den drei kurzen Briefen an Dr. Barth drei Mal ausdrücklich erwähnt, er werde fernere Sendungen, namentlich auch die schon in Kuka zum Abschluss gebrachten Briefe an A. Petermann, die wahrscheinlich die geographischen Resultate seiner Reise enthalten, erst von Wadai aus über Chartum nach Europa befördern und er wünsche Sendungen von Europa auf demselben Wege. Wahrhaft erhebend war dieser Seelenmuth für diejenigen, die den Reisenden persönlich kannten und ihn seine Mission so antreten sahen; aufs Tiefste traurig ist es nun für sie, diesen heldenmüthigen Mann in seiner schönsten Lebenszeit gefallen zu wissen ').

Wir haben auf Tafel 2 die Reiserouten v. Beurmann's, sowohl seine früheren in den Nil-Ländern und am Rothen Meer als die späteren von Bengasi nach Bornu, Bautschi und Kanem, eingetragen. Für die ersteren lagen uns ausser dem in den,,Geogr. Mitth." publicirten Tagebuch Handzeichnungen des Reisenden vor 2), die letzteren waren,

1) Über M. v. Beurmann's Leben und Reisen s.,,Geogr. Mitth." 1861, S. 369; 1862, SS. 51, 95, 125, 165, 212, 254, 16, 99, 239, 307; 1863, SS. 225, 392; Ergänzungsband II (Petermann & Hassenstein, Inner-Afrika), SS. (1), (68), (84) nebst Karte; ,,Zeitschrift für Allgemeine Erdkunde" Juni 1862, S. 404, Juli S. 44 mit Karte, Oktober und November S. 347 mit Karte, Oktober 1863, S. 273; Jahresberichte des Vereins von Freunden der Erdkunde zu Leipzig, I, SS. 45, 51, II, S. 43.

2) Die topographischen Details dieser Manuskript - Karten sind jedoch für Tafel 2 keineswegs ausgebeutet worden, wie denn diese Tafel

so weit sie in das Gebiet von Tripoli und Fessan fallen, bereits von M. v. Beurmann selbst kartographisch niedergelegt, von Mursuk südwärts aber geben nur die oben zusammengestellten Daten, die zum Theil den Etiketten der von dem Reisenden eingeschickten Pflanzen- und StaubProben entnommen sind, Auskunft über den Verlauf seiner Expedition, so dass besonders die Route von Kuka nach Jakoba und zurück nur nach den von ihr berührten Hauptpunkten angedeutet werden konnte.

Auf derselben Tafel haben wir zur vergleichenden Übersicht die Routen von Overweg, Vogel und Steudner eingetragen, deren Reisen unter sich und mit der v. Beurmann's in innigem ursächlichen Zusammenhang standen, die an der gleichen Aufgabe arbeiteten und wie jener tief im Inneren des Afrikanischen Kontinents begraben liegen, Opfer des Klima's oder der Barbarei, Märtyrer Deutscher Wissenschaft.

Dr. Adolph Overweg trat am 24. März 1850 von Tripoli aus gemeinschaftlich mit Richardson und Barth die grosse Reise ins Innere an, nachdem er mit Letzterem einen Ausflug durch den nördlichen Abfall des WüstenPlateau's vom Djebel im Westen bis zum Mesallata-Gebirge und Lebda im Osten (4. bis 26. Februar 1850) gemacht hatte. Die Expedition zog über Mursuk (6. bis 13. Juni), Rhat (18. bis 24. Juli) und Tintellust in Aïr (3. Septbr. bis 5. November) nach Taghelel in Damerghu (7. Januar 1851), wo sich Richardson, Barth und Overweg trennten, um auf drei verschiedenen Wegen Kuka zu erreichen. Während der Erstere die direkte Strasse über Sinder einschlug, aber zu Ngurutua, 6 Tagereisen vor Kuka, in der Nacht vom 3. zum 4. März 1851 verschied, und Barth über Katsena nach Kano ging, besuchte Overweg zunächst die interessanten, von unabhängigen Heiden-Stämmen bewohnten Landschaften Gober und Maradi, verlebte daselbst zwei Monate, verliess Maradi am 25. März, hielt sich vom 1. bis 11. April in Sinder auf, wo ihm die Nachricht von Richardson's Tod zukam, und traf über Maschena am 7. Mai in Kuka ein, wo Barth inzwischen am 2. April angelangt und mit dem Ordnen der nach Richardson's Tod so schwierigen Verhältnisse der Expedition beschäftigt war. Während nun Barth bereits am 29. Mai nach Jola aufbrach, setzte Overweg das von Tripoli mitgebrachte Boot in Bereitschaft, schiffte sich am 28. Juni bei Maduari auf dem Tsad-See ein und besuchte die von den Budduma bewohnten Inseln desselben. Er erreichte als östlichsten Punkt die Insel Guria und kehrte auf einer etwas nördlicheren

überhaupt ausser der übersichtlichen Darstellung der Reiserouten keinen geographischen Werth beansprucht, vielmehr der Berichtigungen sehr bedarf und nur ihrer passenden Grösse und Ausdehnung wegen zur Einzeichnung der Routen benutzt wurde.

Route am 12. Juli nach dem Westufer zurück. Am 8. August in Kuka angelangt begleitete er Barth am 15. Septbr. nach Kanem. Sie drangen mit einer Kriegsschaar der Uelad Sliman bis zum Wadi Amsallat im Distrikt der Worda vor, wurden aber hier am 18. Oktober zurückgetrieben, trafen am 14. November wieder in Kuka ein und begleiteten von da aus schon am 25. desselben Monats das Heer von Bornu auf einer Sklavenjagd nach Musgu, wo sie am 5. Januar 1852 den Serbewuel, den Hauptnebenfluss des Schari, fast unter 10° N. Br. erreichten. Am 1. Februar waren sie von dieser interessanten Reise nach der Hauptstadt von Bornu zurückgekommen und im folgenden Monat zogen Beide wieder auf neue Entdeckungen aus, Barth südöstlich nach Bagirmi, Overweg südwestlich gegen Jakoba hin in die Grenzprovinzen Bornu's. Er verliess Kuka am 24. März, ging über Magomeri und Gafata nach Gudscheba (1. bis 6. April), von da westlich über Schemgo nach Dora (9. bis 13. April) und südlich nach Fika (14. April). Hier übel empfangen wendete er sich nordöstlich nach Schemgo zurück, von da südlich nach Gebbeh und durch einen Theil des Gebirgslandes der heidnischen Baber nach Gudscheba (30. April). Von hier aus besuchte er den westlichen Theil des MarghiLandes, dessen östlichen Theil früher Barth durchzogen hatte und dessen mittlere Gegenden später v. Beurmann besuchte, kam südlich bis zum Dorfe Koddokschan und ging über Munneh, Jaijoa und die Udje etwas westlich von Barth's Route nach Kuka zurück (22. Mai). Durch die grossen Anstrengungen während der letzten Reisen sehr geschwächt machte er bis zu Barth's Rückkehr aus Bagirmi (21. August) nur kurze Exkursionen an den Tsad und nach anderen Richtungen; erst Ende August unternahm er wieder einen grösseren Ausflug, um den üblen Folgen eines verlängerten Aufenthaltes in Kuka während der ungesunden Regenzeit zu entgehen, und erforschte den Komadugu Waube zwischen Dutschi und Jo nebst dem anliegenden Land. Am 14. September traf er mit scheinbar wiederhergestellter Gesundheit in Kuka ein, aber 5 Tage darauf befiel ihn heftiges Fieber und auf seinen Wunsch nach Maduari gebracht starb er daselbst am 27. September 1852 um 4 Uhr Morgens im 31. Lebensjahre.

Dr. Barth giebt seinem dahingeschiedenen Reisegefährten das Zeugniss,,,er würde, wenn es ihm beschieden gewesen wäre, glücklich zurückzukommen, gewiss einen interessanten, lebensvollen Reisebericht entworfen haben" und durch seinen frühzeitigen Tod habe die Kenntniss Afrika's einen grossen Verlust erlitten; doch ist bei weitem nicht Alles verloren, was er gearbeitet hat. Seinen Briefen, die ihrem Inhalt nach in A. Petermann's,,Account of the Expedition to Central Africa" übergegangen sind,

und den Aufzeichnungen in seinem Tagebuch, welche Barth für sein Reise werk benutzt hat, verdanken wir viel Werthvolles von allgemeinem geographischen wie von speziell naturhistorischen, namentlich geologischen Interesse; an der Erforschung der grossen, nie vorher von Europäern bereisten Route von Tripoli über Misda nach Mursuk und vón da über Rhat und Air nach dem Sudan hat er den wesentlichsten Theil durch seine Breitenbestimmungen, Höhenmessungen und Kartenskizzen, eben so an der Feststellung der später mit Barth bereisten Route nach dem Musgu - Lande. Am empfindlichsten ist der Verlust ausführlicher Ausarbeitung bei den von Overweg allein unternommenen Reisen, doch gewähren seine kurzen Aufzeichnungen wenigstens eine vorläufige allgemeine Einsicht in die Natur der Landschaften Gober und Maradi, des Archipels im Tsad und der südwestlichen Provinzen Bornu's und manches wichtige Factum ist durch dieselben festgestellt, wie denn auch hier die astronomischen Beobachtungen Overweg's, besonders seine Positions - Bestimmung der Insel Belarigo im Tsad, unseren Karten sehr zu Gute gekommen sind.

Eduard Vogel wurde als Verstärkung für die beiden Deutschen Mitglieder der Expedition nachgesandt, denen nach Richardson's Tode eine für zweier Menschen Kraft übergrosse Arbeit zugefallen war; doch musste er in Wirklichkeit Overweg ersetzen, denn an demselben Tage, als Vogel von Southampton abreiste, traf die Nachricht von Overweg's Tod in London ein. Nach längerem Aufenthalt in Tripoli, der durch einen Ausflug nach Lebda und Kussabat im Mesellata-Gebirge unterbrochen wurde, trat Vogel von dort am 28. Juni 1853 seine Reise nach Bornu an. Die gewöhnliche Strasse über Beniolid, Sokna, Mursuk und Bilma wählend erreichte er Mursuk am 5. August, besuchte von da aus im September die Natronsee'n bei Mandra und Bimbedja nordwestlich von Mursuk, verliess letztere Stadt am 13. Oktober und gelangte nach langer Wüstenreise am 13. Januar 1854 nach Kuka. Dieses machte er, wie vor ihm Denham und Clapperton, Barth und Overweg, zum Ausgangspunkt seiner ferneren Forschungen. Nach einigen kleineren Exkursionen in die nächste Umgegend begleitete er am 24. März den Scheich von Bornu auf einer Sklavenjagd nach dem Musgu- und Tubori-Lande, wobei er etwa Breitengrad südlicher vordringen konnte (bis 9° 30' N. Br.) als Barth und Overweg, und zwar zur Regenzeit, als sich die Sumpffläche (Ngaldjam) von Wulia und Tubori in einen grossen See verwandelt hatte. Mitte Juni zurückgekehrt trat er am 19. Juli eine Reise nach dem Gebirgsland Mandara an, in dessen Hauptstadt Mora er auf Anstiften des Scheichs von Bornu über einen Monat gefangen gehalten und mit dem

Tode bedroht wurde. Er entkam nach der Landschaft Udje im südlichen Bornu und gleichzeitig nahm seine Lage dadurch eine günstige Wendung, dass der ihm feindlich gesinnte Scheich Abd e Rahman von Bornu, der sich gewaltsam der Regierung bemächtigt hatte, seinem Bruder Omar, dem früheren Scheich, unterlag. Er ging nun in der letzten Hälfte des November nach Sinder, um die etwa angekommenen neuen Hülfsmittel in Empfang zu nehmen, und bei dieser Gelegenheit war es, dass er am 1. Dezember unfern Bundi mit Barth zusammentraf, den er seit lange todt geglaubt und der erst jetzt von seiner gefahrvollen Reise nach Timbuktu zurückkam. Am 8. Dezember war Vogel in Sinder und am 29. bereits wieder in Kuka, WO er einige Wochen mit Barth zusammen verbrachte, bevor er am 20. Januar 1855 eine Reise nach Jakoba in Bautschi antrat. Über Gudscheba, Gebbeh und Gombe erreichte er glücklich Jakoba, machte mit dem Sultan militärische Streifzüge durch das Land und brach nach langer schwerer Krankheit, die ihn in der ersten Hälfte des März an den Rand des Grabes brachte, nach dem Benue auf. Er überschritt diesen Fluss am 30. April in Hamarrua an der Stelle, wo Baikie's Dampfschiffs-Expedition umgekehrt war, und wollte nach Jola, der Hauptstadt von Adamaua, vordringen, wurde aber durch einen Aufstand der Batschama gegen den Beherrscher dieser Provinz genöthigt, nach Gombe zurückzukehren. Von da aus zog er abermals westwärts durch das Quellgebiet des Gongola nach Saria und Bebedschi, um auf diese Weise Lander's, Clapperton's und Barth's Entdeckungen mit denen der BenueExpedition zu verbinden, traf Anfang September wieder in Jakoba ein und wendete sich in südlicher Richtung zum zweiten Mal dem Benue zu. Es gelang ihm, die Hauptstadt von Kuana südlich vom Benue zu erreichen und in diesem Fluss den Ajuh (Manatus Vogelii), eine neue Art der Fischsäugethiere, zu entdecken. Zu Anfang November kehrte er nach Jakoba und am 1. Dezember nach Kuka zurück. So weit reichen die Nachrichten von ihm selbst, seine ferneren Schicksale sind erst in neuester Zeit aufgeklärt worden. Man weiss jetzt, dass er am 1. Januar 1856 Kuka verliess, um ostwärts nach den NilLändern zu gehen, dass er seinen Weg südlich um den Tsad nach Fittri, Jao, Birket Fatima, Bororit und Wara nahm, nach 26 Tagen, also um den 25. Januar, an letzterem Orte ankam und um den 8. Februar 1856 auf Befehl des Sultans daselbst ermordet wurde.

Vogel's Verdienste sind allgemein bekannt. Zwei für eine solche Reise besonders wichtige Fächer, die Astronomie und die Botanik, vertretend und mit dem lebhaftesten wissenschaftlichen Interesse die hingebendste Aufopferung verbindend musste er Ausserordentliches leisten.

Die Strasse von Tripoli über Sokna, Mursuk und Bilma nach Kuka war schon vor ihm mehrmals bereist worden, aber erst seine Positions-Bestimmungen haben sie in zuverlässiger Weise niedergelegt, so dass sie jetzt eine der wichtigsten Grundlinien für die Karten von Afrika abgiebt; eben so haben seine Längenbestimmungen von Kuka und anderen Punkten des mittleren Sudan die Lage des Tsad und seines Gebiets zuerst festgestellt. Nicht minder wichtig sind seine Höhenmessungen, welche zusammen mit den Overweg'schen eine vollständig unerwartete Oberflächengestaltung Nord-Afrika's ergaben, seine magnetischen. Beobachtungen, seine Pflanzensammlungen, und von grösster Bedeutung für die Geographie des Sudan wären seine Reisen zwischen dem Tsad, dem Benue und der Stadt Saria geworden, wenn es Vogel vergönnt gewesen wäre, Bericht darüber zu erstatten, denn nur eine Anzahl PositionsBestimmungen und einige wenige anderweitige Facta hat er in seinen Briefen mitgetheilt. Die Hoffnung, eins der geistreichsten und zugleich für die Geographie und Naturgeschichte bedeutendsten Reisewerke aus seinen Händen hervorgehen zu sehen, ist mit ihm zu Grabe gegangen.

Die Ungewissheit, welche über Vogel's Schicksal so lange Jahre hindurch schwebte, die allgemeine Theilnahme für einen der talentvollsten Söhne Deutschlands, rief die verschiedenen Unternehmungen zu seiner Aufsuchung ins Leben, die zwar der Kunde Afrika's zum vielfachen Nutzen gereicht haben, aber mit allzu schweren Opfern verbunden waren. v. Neimans, Cuny, v. Beurmann und Steudner, alle vier verfolgten dieses Ziel und liegen nun in Afrikanischem Boden begraben. V. Neimans starb bekanntlich schon in Kairo, Cuny gelangte bis Darfur und hat ein lehrreiches Tagebuch hinterlassen, dem grössten, unter Th. v. Heuglin's Leitung stehenden Unternehmen dieser Art aber hatte sich Steudner angeschlossen.

Dr. H. Steudner landete von Triest kommend am 4. März 1861 in Alexandria, machte mit Hansal und Schubert von da einen Ausflug nach Rosette (10. bis 12. März) und siedelte mit der gesammten Expedition gegen Ende des Monats nach Kairo über. Der Aufenthalt daselbst währte, durch Exkursionen über Hanka nach Belbes, nach dem versteinerten Wald, den Pyramiden und nach Fayum unterbrochen, bis zum 25. Mai, an welchem Tage die Expedition per Eisenbahn nach Sues überfuhr. Nach einem Besuch der Moses - Quellen (27. bis 30. Mai) trat sie am 3. Juni die Fahrt durch das Rothe Meer an, hielt sich vom 6. bis 11. in Djedda auf, legte am 15. bei der Insel Hermil, der nordöstlichsten der Dahlak - Gruppe, bei und landete am 17. in Massaua. Von da aus besuchte Steudner mit Th. v. Heuglin nochmals den Dahlak - Archipel (20. bis 28. Juni), am 30. Juni aber ging die ganze Ex

pedition nach M'Kullu und von da aus am 13. Juli nach Keren im Lande der Bogos, wo sie am 21. anlangte. Ihre dortigen Arbeiten und die Ausflüge nach dem Debra Sina und Zad' Amba haben in Verein mit Munzinger's Forschungen die Grenzländer im Norden Abessiniens, die noch vor wenigen Jahren so gut wie ganz unbekannt waren, wissenschaftlich erschlossen. Sie endeten am 28. Oktober mit der Abreise nach Adoa, wo Steudner, v. Heuglin und Schubert am 14. November eintrafen, nachdem sie sich am 11. in Mai Schecha von Munzinger und Kinzelbach, die westlich durch die Basen nach Kassela gingen, getrennt hatten. Von Adoa unternahmen die drei Reisenden am 20. November einen Ausflug nach Axum, blieben dann noch bis zum 26. Dezember in Adoa, erreichten am 23. Januar 1862 die Abessinische Kaiserstadt Gondar und führten vom 15. Februar bis 4. April eine höchst interessante Reise über Djenda und die Halbinsel Gorgora, Gaffat bei Debra Tabor, Tschetscheho, Sebit, Wadela, das Hochplateau von Talanta, die Thäler des Djidda und Beschilo, Magdala und das Gebirgsland Djimba nach dem Kriegslager des Kaisers auf der Hochebene Edschebet im Galla-Lande aus, von der sie am 17. Mai nach Djenda zurückkamen. Nach kurzem Aufenthalt zogen sie von hier am 25. Mai weiter über Tschelga, Metemme, Doka nach Abu Haras und längs des Blauen Nil nach Chartum, das sie am 6. Juli erreichten. Die unfreiwillige lange Verzögerung der Expedition in Chartum wurde zu mannigfaltigen Arbeiten und Erkundigungen, unter Anderem auch zu

einem Ausflug nach dem am linken Ufer des Weissen Flusses emporsteigenden Djebel Araschkol (Oktober) benutzt. Erst am 25. Januar 1863 gelang es Steudner und v. Heuglin durch den Anschluss an die Tinne'sche Expedition, ihre Reise fortzusetzen, und zwar fuhren sie den Bahr el abiad und Bahr el Ghasal hinauf bis zum Rek-See. Von diesem See, in den sie am 25. Februar eingelaufen waren, brachen sie am 23. März nach Westen ins Innere des Landes auf, überschritten am 2. April den Fluss Djur und erreichten in derselben Nacht das Dorf Wau, wo Steudner am 10. April dem Klima erlag.

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Steudner hat über den ganzen Verlauf seiner Reise ausführliche Berichte niedergeschrieben, die in vielseitiger Hinsicht eine reiche Fülle des Werthvollen enthalten. Als Botaniker von Fach konnte er über die Vegetation der weiten von ihm durchzogenen Strecken und darunter ganz neuer Gebiete, wie der Bogos-Länder, Südost-Abessiniens, des Bahr el Ghasal, wichtige Aufschlüsse geben, aber eine endgültige Bearbeitung des ganzen wissenschaftlichen Materials war auch ihm nicht vergönnt. Mit tüchtiger Ausbildung in seinem Fache verband auch er ein glückliches Auffassungs- und Darstellungs-Talent und es ist ein nicht genug zu beklagendes Missgeschick, dass die drei Deutschen Naturforscher Overweg, Vogel und Steudner, welche am weitesten ins Innere von Nord-Afrika eingedrungen sind, in der Blüthe ihres Lebens daselbst erlagen, ohne dass der Wissenschaft der volle Nutzen aus ihren Arbeiten zu Theil ward.

Geographische Notizen.

Geographische Nekrologie des Jahres 1863. Peter Warren Dease von der Hudson - Bai - Kompagnie, durch seine weiten Reisen in Britisch - Nord-Amerika, namentlich durch die mit Thomas Simpson 1839 nach der Nordküste unternommene, berühmt, starb Mitte Januar zu Cote St. Catherine in Canada.

J. Mallat de Bassilan, Dr. med., geb. 1806 zu Angoulême, Verfasser einiger Werke über die Philippinen (,,Les îles Philippines considérées au point de vue de l'hydrographie et de la linguistique", Paris 1843;,,Les Philippines, histoire, géographie, moeurs, agriculture, industrie et commerce des colonies espagnoles dans l'Océanie", 2 Bde mit Atlas, Paris 1846), einer ,,Description de l'archipel Solou" und mehrerer kleinerer auf Ost-Asien bezüglicher geographischen Arbeiten, ist am 25. Januar zu Paris gestorben. (S. Bulletin de la Soc. de géogr. de Paris, März 1863.)

Edward Robinson, der berühmte Palästina-Reisende, starb am 27. Januar zu New York. Am 10. April 1794 zu Southington in Connecticut geboren, liess er sich 1821 in Andover nieder, besuchte von da aus Deutschland, siedelte 1833 nach Boston über und erhielt 1837 die

Professur der Biblischen Literatur am Theologischen Seminar in New York, die er bis zu seinem Tode bekleidete. Ehe er dieses Amt antrat, machte er seine erste Reise nach Palästina, deren Frucht die,,Biblical Researches in Palestine" waren. Seine zweite Reise dahin unternahm er 1852 und das Resultat war eine verbesserte Ausgabe der ,,Biblical Researches" und die 1856 publicirten,,Neueren Biblischen Forschungen in Palästina". In den letzten Jahren arbeitete er an einer unvollendet gebliebenen Geographie des Heiligen Landes. Philippes de Kerhallet, Capitaine de vaisseau, geb. zu Rennes den 17. September 1809, seit 1825 in der Französischen Marine, bekannt durch eine Reihe von nautisch - geographischen Schriften, wie ,,Instructions pour remonter la côte du Brésil de San - Luiz de Maranhao à Para",,,Manuel de la navigation sur la côte occidentale d'Afrique", „Manuel de la navigation dans la mer des Antilles et le golf du Mexique", ,,Manuel de la navigation dans le détroit de Gibraltar",,,Description nautique de la côte du Maroc",,,Considérations sur le Pacifique, l'Atlantique et l'océan Indien", starb den 16. Februar. (S. Revue maritime et coloniale, April 1863.)

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