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hang brachten, gewaltsam herausgerissen war. Es blieb Nichts übrig, als vom zweiten Hülfspflock aus, der nun als Endpunkt angesehen wurde, die Messungen zu beginnen. Er wurde von den Schatzgräbern nie entdeckt und hat später, wenn auch vielleicht etwas weniger vollkommen als der erste, seinen Zweck erfüllt. Die Länge der Basis betrug etwa 2018 Meter. Nach vollendeter Arbeit ruhten wir einige Wochen in Messina und kehrten darauf nach Catania zurück, um den Gipfel des Etna für die bevorstehende Triangulation zu rekognosciren. Erst den 5. September trat hellere Witterung ein. Wir lebten 2 Monate lang in der Casa Inglese, 9100 Fuss hoch, den furchtbarsten Gewittern, der Kälte, den Nebeln und Schneestürmen ausgesetzt, die uns am Ende des Oktober nach Catania zurücktrieben.

Kurz darauf verfiel ich in eine tödtliche Krankheit. Fast 3 Monate lang lag ich am Rande des Grabes und bedurfte fast ein Jahr, um mich zu èrholen. Im Sommer von 1837 brach die Cholera in Palermo aus. Tausende von Leichen wurden aus den Fenstern gestürzt und lagen unbegraben und unbetrauert auf der Strasse. Dazu gesellte sich ein Volksaufstand. In Syrakus wurden Franzosen, die man für Giftmischer ausgab, ermordet. Auch in Catania tobte ein Aufstand; bald nach ihm zog die Cholera ein. 20- bis 30.000 Opfer fielen. Manche, welche die Cholera verschont hatte, fanden nach langen Kriegsgerichten durch Bourbonisches Blei ihren Tod. Unter solchen Verhältnissen verliess ich Sicilien und reiste über Gibraltar, Lissabon, Irland und England nach der Heimath zurück, welche ich den 10. September 1837 erreichte.

So waren zwar nach manchen schweren Prüfungen und vielen Erfahrungen die Arbeiten am Etna begonnen, aber noch sehr weit davon entfernt, auch nur bis zum ersten Zehntheil vollendet zu sein. Kaum hatten sich die Verhältnisse in Sicilien zur Ruhe gegeben, so ging ich daher von Neuem ans Werk und stand den 20. Oktober 1838 im Schneesturm vor dem heranbrechenden Tage am Krater des in voller Eruption begriffenen Etna.

Mein leider zu früh verstorbener Bruder und Dr. Peters aus Flensburg, durch dessen unermüdliche Ausdauer und ausgezeichnete Kenntnisse unsere Arbeit wesentlich gefördert wurde, begleiteten mich auf dieser zweiten bis zum Jahre 1843 ausgedehnten Reise. Mein Bruder, der auch in Sicilien schwer erkrankte, kehrte im November 1839 nach Deutschland zurück.

2. Die Triangulation wurde nun mit aller Kraft in Angriff genommen und war bereits im Sommer 1839 im Wesentlichen vollendet. Sie bildet eine Kette von 29 Dreieckspunkten, welche den Gipfel des Vulkans umschliessen. Die Messung wurde nach Gauss' Methode ausgeführt; Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1864, Heft III.

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3. Orientirung. Nachdem so alle Winkel des Netzes hergestellt und die Kette mit den Endpunkten der Basis. verbunden war, wurde die Orientirung der ersten Seite, Catania - Monte Rosso, durch Beobachtungen des PolarSterns mit Hülfe eines kleinen Meridiankreises und eines etwa 1200 Meter entfernten Meridianzeichens ermittelt. Der zwischen diesem und dem Monte Rosso gemessene Winkel gab die Orientirung oder das Azimuth der ersten Dreiecksseite. Aus der Länge, Basis und der Orientirung berechnet man die Längen so wie die Azimuthe der verschiedenen Dreiecksseiten. Endlich findet man die rechtwinkligen Koordinaten aller Dreieckspunkte unserer Kette. Die Ausgleichung des ganzen, in sich ringförmig geschlossenen Dreiecks-Systems gehört zu einer der schwierigsten mathematischen Aufgaben; ich verdanke ihre definitive Lösung der Güte meines genialen Lehrers und Freundes C. F. Gauss, der sich auch dieser ganz ausserhalb des Kreises seiner gewöhnlichen Beschäftigungen liegenden Arbeit mit bewunderungswürdigem Eifer, der unbeschreiblichen Gewissenhaftigkeit und Umsicht angenommen hat, die alle seine grossen, Bahn brechenden Untersuchungen charakterisirt.

4. Die geographische Ortsbestimmung des Anfangspunktes des Dreiecks-Systems ist mit besonderer Schärfe ausgeführt. Die Polhöhe wurde nach Bessel's Methode mit einem kleinen, von Ost nach West gerichteten Passage - Instrumente ausgeführt. Die Länge ist aus Beobachtungen von Sternbedeckungen berechnet.

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5. Endlich sind durch einen Vertikalkreis die ZenithDistanzen aller Dreieckspunkte gegenseitig gemessen und ihre Höhen daraus abgeleitet.

Nach der Vollendung des Hauptnetzes wurden etwa 100 Punkte zweiter, ferner gegen 1000 Punkte dritter Ordnung von den Triangulations - Punkten aus bestimmt und zur Anfertigung der Karte konstruirt. Von mehreren derselben, welche irgend ein besonderes Interesse darboten, Thürme von Ortschaften, Terrassen, Quellen, Krater, LavaAusflüsse, Felsen u. s. w., sind auch die Höhen trigonometrisch festgesetzt worden. Mit ganz besonderer Sorgfalt, mit Rücksicht auf die Frage, ob der Etna später gehoben wird oder nicht, wurde die Höhe der Thürschwelle der Casa Inglese über dem Meere bestimmt. Zur Erreichung dieses Zweckes stellte man zu gleicher Zeit zwei Heliotropen-Lichter auf, das eine vor der Casa Inglese, das andere auf der Kirche der Benediktiner in Catania. Dr. Peters und ich bestimmten darauf gleichzeitig die Zenith-Distanzen beider Punkte aus der Höhe in die Tiefe und umgekehrt. Die Höhe der Kirche über dem mittleren Meeresspiegel war sodann zu ermitteln. Eine sehr schwache Ebbe und Fluth gab sich in Folge dieser Messungen bei Catania zu erkennen. Hand in Hand mit der Durchführung der Triangulation wurden physikalische Arbeiten weiter geführt, theils aus dem Gebiete des Erdmagnetismus, theils aus dem der Meteorologie. Beispielsweise sind einige tausend Barometer-Messungen zum Vergleich mit den trigonometrischen gemacht worden.

Nach der Festsetzung und Konstruktion der Punkte der ersten, zweiten und dritten Ordnung konnte zur DetailAufnahme geschritten werden.

Ausser dem Dr. Peters waren mir zwei junge Sicilianer, Vincenzo Musomeci und Francesco Ferro, behülflich, auch haben sich meine Freunde Saverio Cavallari aus Palermo und C. Roos aus Mainz, der erstere für einen Sommer, der letztere für ein Jahr, theils bei der Aufnahme, theils bei der weiteren Ausführung der Karte betheiligt.

Es ist kaum möglich zu beschreiben, mit welchen Beschwerden und Hindernissen sowohl die Triangulation als auch besonders diese Detail-Aufnahme verbunden war. Der ganze obere Theil des Berges bietet mit Ausnahme der sehr dürftigen Casa Inglese, die kaum ein Stall genannt werden kann, kein Obdach dar. Man ist genöthigt, in Köhlerhütten, Höhlen oder Grotten, unter hervorragenden Steinen oder gar unter freiem Himmel Monate lang zuzubringen. Sibirische Kälte und tropische Gluth wechselten mit einander ab. An Wasser war meist der grösste Mangel, da es nur ganz einzelne und kleine, von den Orten unserer Beschäftigung oft stundenweit abgelegene Quellen gab. Das

Überschreiten von mehreren hundert, häufig mehr als 1000 Meter breiten Lava - Strömen war mit unbeschreiblichem Kraftaufwand verbunden; in den tiefer gelegenen Gegenden sind die Laven häufig mit Cactus bewachsen, welche öfter fast undurchdringliche Verhaue bildeten; in den Wäldern musste man sich durch zwei Ellen hohe Farrn - Kräuter den Weg bahnen. Im Val del Bove, wo wir Monate lang unter grossen Beschwerden arbeiteten, waren wir beim Erklimmen der Abgründe durch häufig herabstürzende Steine grosser Gefahr ausgesetzt.

Auch das Arbeiten in den kleinen Städten und Dorfschaften und in deren Nähe war nicht immer angenehm, da wir der Neugier der Einwohner und bisweilen der Unverschämtheit der Beamten ausgesetzt waren, welche dem niederen Volke gegenüber ihre Autorität geltend machen wollten. Es waren diess glücklicher Weise nur einzelne Ausnahmen, denn alle einigermaassen gebildeten Leute kamen uns mit seltener Artigkeit und Gastfreundschaft entgegen. Die Landbevölkerung, Hirten, Kohlenbrenner, Weinbauern zeichneten sich bei grosser Unwissenheit durch eine wahrhaft kindliche Gutmüthigkeit aus. Der Etna gehört so zu den sichersten Orten der Erde, Raubanfälle oder andere Gewaltthaten sind durchaus unbekannt.

Die äusserst schwierigen Terrain - Verhältnisse machten eine eigentliche Messtisch-Aufnahme vollkommen unmöglich. Die vorher angegebenen festen Punkte wurden auf kleine, mit dem festesten und besten Englischen Papier bespannte, etwa 10 Zoll lange und 8 Zoll breite Reissbretter aufgetragen. Jedes einzelne Blatt besass ein mit der Reissfeder konstruirtes, 160 Millimeter langes und 133,3 Millimeter breites Parallelogramm. Die ursprüngliche Aufnahme der Original-Karte wurde im Verhältniss von 1:30.000 ausgeführt und so entsprach die schmalere Seite des Parallelogramms einer Länge von 4000 Meter, die breitere einer Länge von 4800 Meter. Von solchen Blättern, die zum Theil der Küste entlang Meer enthalten, hatten wir etwa 100. Jedes einzelne wurde durch Kreuzlinien in der Mitte in vier Unterabtheilungen getheilt. Die Blätter konnten durch übergeklappte Pappdeckel, die sich auch nach Viertheilen öffnen und schliessen liessen, vor Staub und Regen verwahrt werden. Mehrere Male war der Wind während der Arbeit so heftig, dass wir fast zu Boden geworfen wurden. Das Brett wurde mir eines Tages aus der Hand gerissen und tiefe Löcher durch Steine in das Papier geschlagen. Die bis dahin gemachte Arbeit war so gut wie verloren und musste kopirt werden. Nach der Konstruktion der festen Punkte trug man zuerst die Landstrassen und Pläne der Ortschaften ein, letztere waren von uns im doppelten Maassstabe vorher aufgenommen und in Catania verkleinert; eben so wurde es mit den Landstrassen gemacht, von denen

grössere, mit der Bussole aufgenommene Skizzen existirten. Auch von Kratern und einzelnen Lava-Armen pflegte ich zu gelegener Zeit grössere Skizzen zur späteren Benutzung anzufertigen und eben so wurden von den Flüssen und Fiumaren vorher Skizzen in grösserem Maassstabe aufgezeichnet. Mit Hinzuziehung dieser Vorarbeiten führten. wir Blatt für Blatt, meist nur mit Hülfe kleiner Bussolen und Benutzung vieler Theodolitenschnitte, möglichst sorg

sam aus.

Die definitive Auszeichnung mit Chinesischer Tusche und vorzüglichen Stahlfedern gab uns besonders bei ungünstiger Witterung in Catania und Palermo jahrelange Beschäftigung. Die beste Topographie giebt nur eine angenäherte Darstellung von der Reliefform des Terrains; man kommt sehr bald an eine Grenze, welche von dem geübtesten Zeichner bei einem gegebenen Maassstab nicht mehr überschritten werden kann; es bleibt Nichts übrig, als gewisse Details zu unterdrücken, und es erfordert erst einige Übung, hier das Wichtige charakteristisch hervorzuheben, das Unbedeutende zurücktreten zu lassen.

Es war ein wehmüthiges Gefühl, welches mich bei meiner letzten Anwesenheit in Sicilien 19 Jahre später überkam, ein mit so vieler Liebe dargestelltes Terrain hin und wieder nicht unwesentlich verändert zu sehen. Unsere

Karte zeigt den Zustand des Etna am Ende des Jahres 1842. Seit jener Zeit hat der Vulkan drei neue Lava-Ströme nach verschiedenen Richtungen hingewälzt. Manche Krater und Kraterreihen sind durch dieselben begraben, andere sind neu erstanden. Einige neue Landstrassen, Kirchen und Häuser sind hinzugekommen, die früher nicht existirten; eine von Catania nach Messina führende Eisenbahn wird im nächsten Jahre den Fuss des Etna überziehen.

Aber auch auf dem geistigen Gebiete hat sich seitdem Vieles geändert. Institutionen, die mehr als einem Jahrtausend getrotzt haben, brechen in unserer Zeit, morschen unternagten Felsen gleich zusammen und ein neuer Morgen geistiger Regung scheint auf den Gräbern der grossen Griechen-Kultur und über den Trümmern des Mittelalters zu erwachen.

Da ich von diesem Jahre an in den Stand gesetzt bin, nur der weiteren Bearbeitung und Herausgabe meines Werkes über den Etna zu leben, so hoffe ich bald so weit zu sein, wenigstens den ersten Band des Hauptwerkes meines Lebens den Freunden der physischen Geographie und Geologie übergeben zu können; ich fühle diese Verpflichtung um so mehr, da der Kreis meines Lebens enger und immer enger gezogen wird.

Bemerkungen zu den physikalischen und statistischen Kartenskizzen von Österreich auf Tafel 5.

Einer Karte des Österreichischen Kaiserstaates in 2 Blatt, die binnen Kurzem von der Perthes'schen Anstalt ausgegeben werden soll, sind zur Illustration einiger wichtigen physischen und statistischen Momente 9 Nebenkärtchen beigefügt. Indem wir diese Skizzen unseren Lesern auf Tafel 5 vorlegen, nehmen wir Veranlassung, über ihre Grundlagen kurz zu berichten.

1. Hydrographische Skizze. Hier ist einfach das Gebiet der Donau gegen die anderen Flusssysteme abgegrenzt und durch Farbe ausgezeichnet. Dadurch, dass zugleich die Landesgrenze eingetragen wurde, tritt die überwiegende Bedeutung der Donau für den Österreichischen Staat sprechend hervor.

2. Orographische Skizze. Für die Terrain - Zeichnung der Hauptkarte wurden die in Österreich mit ganz besonderer Liebe gepflegten hypsometrischen Arbeiten möglichst ausgenutzt, indem wir die in den Jahrbüchern der Geologischen Reichs-Anstalt und anderwärts enthaltenen zuverlässigen Höhenangaben auf grössere Karten eintrugen und danach Isohypsen zogen. Einige dieser Isohypsen, und

zwar die von 2000 zu 2000 Par. Fuss abstehenden, sind auf die kleine Skizze übertragen worden, um die Höhenverhältnisse der Österreichischen Gebirgszüge vergleichend übersehen zu lassen.

3. Geologische Skizze. Dieses Kärtchen ist eine Verkleinerung der nach den Übersichts-Aufnahmen der K. K. Geologischen Reichs-Anstalt zusammengestellten Tafel 14 des Jahrgangs 1863 der ,,Geogr. Mitth." und in dem zu jener Tafel gehörigen Aufsatz (SS. 428-444) sind ausführliche Erläuterungen nachzulesen.

4. Klimatographische Skizze. Auf diesem Blättchen versuchten wir den Verlauf der Jahres - Isothermen von Grad zu Grad auszuziehen und benutzten dazu die aus den Jahrbüchern der K. K. Meteorologischen Central-Anstalt und den Dove'schen Tabellen zu schöpfenden Daten. Zwar reichen diese bei weitem nicht hin, um die Linien gleicher mittlerer Jahres-Temperatur mit Sicherheit zu ziehen, aber man gewinnt wenigstens eine annähernd richtige Vorstellung von ihrem Verlaufe, namentlich von dem Einfluss des Alpen-Systems auf denselben. Die Kurven für die

mittlere Juli-Temperatur von 13° und die Januar-Temperatur von 6° R. zeigen im Vergleich mit den gleichgradigen Isothermen die Amplitude der Verschiebung der TemperaturLinien mit den Jahreszeiten. Von den BeobachtungsStationen sind nur einige wenige eingetragen.

der

5. Hyetographische Skizze. Das Kärtchen veranschaulicht die durchschnittliche jährliche Regenmenge, welche in den verschiedenen Gegenden des Kaiserstaates fällt, und lässt sehr deutlich die Beziehungen zwischen Bodengestalt und Niederschlag erkennen. Sie ist ausschliesslich von Oberst-Lieutenant C. A. v. Sonklar im J. 1860 ausgearbeiteten Regenkarte der Österreichischen Monarchie (im 4. Bande der Mittheilungen der K. K. Geogr. Gesellschaft) entnommen, nur mussten ihres kleinen Maassstabes wegen die Isohyeten von 10 zu 10 statt von 5 zu 5 Par. Zoll gezogen werden.

6. Volksdichtigkeit. Obgleich der 1. Karte in Dr. A. Ficker's,,Bevölkerung der Österreichischen Monarchie" (Gotha, J. Perthes, 1860) ähnlich und wie jene auf die Zählung von 1857 basirt, ist unsere Skizze doch nicht identisch mit ihr. Wir haben nämlich die Einwohnerzahl der über 10.000 Seelen zählenden Städte von der Bevölkerung der¦ betreffenden Kreise, Komitate u. 8. w. abgezogen, also durch die Punktirung nur die Volksdichtigkeit des platten Landes einschliesslich der kleinen Städte ausgedrückt, während die grösseren Städte selbstständig durch ihrer Einwohnerzahl entsprechende Kreisflächen bezeichnet sind, was jedenfalls eine richtigere Vorstellung giebt, als wenn man sich die Seelenzahl grosser Städte auf den ganzen Distrikt vertheilt denkt.

7. Ethnographie. Die Grundlage dieses Kärtchens bildet selbstverständlich die ausgezeichnete,,Ethnographische Karte der Österreichischen Monarchie" des Freiherrn v. Czoernig. 8. Religionen. Die auf die Religions-Bekenntnisse be

züglichen vier Karten in Dr. Ficker's bereits citirtem Werkchen sind hier in eine verschmolzen durch Auslassung der kleineren Abstufungen. Ist dadurch viel werthvolles Detail wegfällig geworden, so hat andererseits die Übersichtlichkeit wesentlich gewonnen, da man die numerischen Verhältnisse der Religionen in den verschiedenen Theilen der Monarchie auf Einem Blatte dargestellt findet.

9. Kultur und Industrie. Bei dem kleinen Maassstab konnte nur Weniges angedeutet werden, so namentlich die Ausdehnung der Felder und Wiesen im Gegensatz zu den Wäldern, unproduktiven Bodenflächen, Sümpfen, Schneefeldern und Felsen, die Hauptbezirke der Glas- und Thonwaaren-Fabrikation, das Vorkommen von Kochsalz, Gold, Silber, Quecksilber, Kupfer, endlich einige durch ihren Weinbau besonders hervorragende Lokalitäten. Die Quellen, die wir benutzten, waren zum Theil geographische und statistische Kompendien, so besonders Hain's ,,Handbuch der Statistik des Österreichischen Kaiserstaates", zum Theil aber auch speziellere Arbeiten, wie Andreas Mersich's Karte über die Verbreitung der Wälder in Siebenbürgen (s.,,Geogr. Mittheilungen" 1857, Tafel 25), und die beiden Spezialkarten über die Thon- und Glas waaren - Industrie Österreichs in den offiziellen,,Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik" (6. Jahrgang, 2. Heft, Wien 1857).

Die Zusammenstellung dieser Skizzen vergegenwärtigt uns lebhaft, wie vielerlei Gegenstände mit Nutzen in den Bereich der Kartographie gezogen werden und wie weit das Studium des grossen Österreichischen Länder - Komplexes bereits gediehen ist, da man so viele seiner wichtigsten Verhältnisse in übersichtlichen Bildern vorzuführen vermag, sie regt aber auch zu unermüdlichem Weiterstreben an, denn noch lässt sich gar Vieles nur schüchtern andeuten, was bei gründlicherer Kenntniss mit voller Sicherheit niedergelegt werden könnte.

Geographische Notizen.

Die Schneifel, ein Vegetationsbild,
entworfen von Dr. Ph. Wirtgen 1).

Unter allen der Eifel angehörigen Landstrichen ist die Schneifel oder, wie sie in Büchern gewöhnlich genannt

1) Wenn wir in Nr. 29 der ,,Botanischen Zeitung" von 1863 bei Gelegenheit der Besprechung des Werkes über die Ardennen von Hrn. Crepin sagten, dass Herr Wirtgen in Koblenz ein Werk über die Eifel im Werke habe und dass er deshalb diese interessante Gegend auch im Spätsommer des Jahres 1862 besuchte, so kann diess leicht zu dem Glauben führen, dass ein solcher Besuch im Spätsommer unmöglich genügen könne, um diese Gegend vollständig kennen zu lernen; wir bemerken deshalb, dass die Untersuchungen der Eifel durch Hrn. Wirtgen sich schon durch 30 Jahre erstrecken, um diese Gegend in geologischer, paläontologischer und botanischer Beziehung kennen zu lernen, dass aber für einen beschäftigten Schulmann ausser der grösseren

wird, die Schnee-Eifel einer der kältesten und unwirthbarsten und in botanischer Beziehung bis dahin unbekanntesten.

Zwischen den Quellen der Our, der Kyll und der Prüm liegt ein Plateau von mehr als 1700 Fuss absol. H., wie

Ferienzeit, welche meist darauf verwandt wurde, die Zeit für solche umfangreiche Untersuchungen nur sehr knapp zugemessen ist und gleichsam erobert werden muss, wie diess auch von Hrn. Wirtgen geschehen ist, der, um den Sonntag in der Eifel zubringen zu können, die vor und nach dem Sonntage liegende Nacht benutzte, um dahin zu gelangen. Es wird das Werk, welches über die Eifel von Hrn. Wirtgen erscheinen soll, die erste vollständige botanische Darstellung dieses merkwürdigen Gebirgslandes enthalten, von welchem L. v. Buch sagt, es habe seines Gleichen nicht. S-1.

die Lage des Calvarien - Berges bei Prüm mit 1778 und die von Brandscheidt auf der tieferen Südwestseite des Plateau's mit 1716 Fuss beweist. Beide Punkte liegen unter der Plateauhöhe. Am nordöstlichen Ende dieses Hochlandes liegt im Thale der Taubkyll, die bei Hollschlag in die Kyll mündet, das Dorf Ormont bei 1636 Fuss Höhe, am Fusse des westlichsten aller erloschenen Eifel-Vulkane, des Goldbergs, welcher 2017 Fuss hoch ist. Südlich davon entspringt bei dem Hofe Neuenstein die Prüm bei 1963 F., die eine Stunde weiter abwärts bei dem freundlichen Dorfe Olzheim noch 1541 und bei der betriebsamen Stadt Prüm, einer der wichtigsten Eifel-Städte, 1282 F. abs. H. besitzt. Über dieses Plateau streckt sich von Südwest nach Nordost, von Brandscheidt bis Ormont, ein 2 Meilen langer bewaldeter Höhenzug, der sich bis zu 3- bis 400 Fuss darüber erhebt.

Die bedeutendste Höhe ist der Punkt, welcher unter den Namen Kirschesroth, Kirschgeroth, Kerschenroth bekannt ist und eine Höhe von 2147 Fuss abs. H. besitzt. Am Kreuzwege von Ormont und von Prüm nach Schlaussenbach beträgt die Höhe 2135, die Höhe zwischen Olzheim und Schlaussenbach 2042 und der zweite Kopf der Schneifel nach Brandscheidt hin 1998 Fuss.

Über den höchsten Rücken der Schneifel läuft von Brandscheit bis Ormondt ein Weg, der zur Orientirung höchst wichtig ist. Die Breite des Rückens beträgt an manchen Stellen kaum 100 Schritt; die Strasse von Aachen über Losheim nach Prüm führt in einer kleinen Viertelstunde hinüber. Der Weg von Losheim nach Prüm beträgt 22 Meilen. Auf der Nordseite des Schneifel-Rückens liegt das Schneifel-Häuschen, eine erbärmliche Hütte, wo der müde Wanderer sich mit einem Schnapse laben kann; auf der Südseite liegt das Strassenhaus Knaufspesch, wo bescheidene Ansprüche schon ganz gut befriedigt werden. Weiter nach Prüm hin liegen einige Häuser, die Tafel; brauchbares Quartier findet sich in Olzheim, Stunde von Knaufspesch und 2 Stunden von Prüm.

Der ganze Landstrich gehört seinen geognostischen Verhältnissen nach den Koblenzer Schichten der Devonischen Grauwacke an. Der Schneifel- Rücken besteht aus einem festen Grauwacken-Sandstein mit vielen zu Tage liegenden Quarzgängen. Da diese Gesteine das Wasser nicht leicht durchlassen, so haben sich zahlreiche Sümpfe gebildet, aus deren eisenhaltigem Wasser sich bedeutende Massen von Morast-Eisen abgesetzt haben. Man nennt diese Sümpfe Venne (in der Einheit das Venn und nicht die oder das Veen); auffallend ist ein schmaler Zug Devonischen Kalkes von mehr als einer halben Stunde Länge, der auf der Ostseite des Schneifel-Rückens der Grauwacke aufgelagert ist.

Die Sümpfe des Hochrückens geben, da sie nicht tief sind, sehr leicht durch Verdunstung ihr Wasser ab, sind aber nach längerem Regenwetter oder im Winter und Frühling sehr wasserreich. Die auf den Seiten liegenden Sümpfe enthalten beständig Wasser und Schlamm und werden sehr stark auf Torf benutzt. Durch die reichliche Bewässerung ist die Verdunstung und daher auch der Schneefall im Winter sehr stark, was wohl Veranlassung zu dem Namen Schneifel, Schnee-Eifel, gegeben haben mag.

Bei den obwaltenden Verhältnissen ist natürlich der Stand der Bewaldung nicht besonders ausgezeichnet, um

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so mehr, als ein grosser Theil in Privatbesitz ist, der nur den augenblicklichen Gewinn im Auge hat und weder auf die allgemeinen staatsökonomischen noch auf die klimatischen Verhältnisse Rücksicht nimmt und auch selten auf den Vortheil der Nachkommen bedacht ist. Der Rücken der Schneifel so wie der Nordabhang besitzen fast nur Gesträuch. Das wichtigste Holz ist die Trauben - Eiche (Quercus sessiliflora), untergeordnet ist die Stiel - Eiche (Qu. pedunculata) und die Buche (Fagus sylvatica, L.); einzeln treten auch die Eber-Esche (Sorbus Aucuparia), die Esche (Fraxinus excelsior), der Faul-Baum (Rhamnus Frangula), die Mehlbeere (Sorbus Aria, Crtz.), die Geöhrte, die Graue und die Sahlweide (Salix aurita, cinerea, Caprea), die Weisse und die Behaarte Birke (Betula alba et pubescens), der Pfriemen-Strauch (Sarothamnus scoparius, Wimmer), die Gemeine Erle (Alnus glutinosa), die Himbeere (Rubus idaeus) und der Hasel-Strauch (Corylus Avellana) auf. Die Haidelbeere (Vaccinium Myrtillus) und die Gemeine Haide (Calluna vulgaris) bedecken fast den ganzen Boden, selten sind die in der Eifel so sehr seltene Sumpfhaide (Erica Tetralix) und die Preisselbeere (Vaccinium Vitis idaea) damit gemischt. An einzelnen Punkten tritt auch die Sumpf- Haidelbeere (Vaccinium uliginosum), welche hier Trunkelbeere heisst, darunter auf. Ausserdem finden sich noch auf dem Rücken der Schneifel in so ungeheuerer Menge, dass man kaum, ohne darauf zu treten, schreiten kann, der Sieben-Stern (Trientalis europaea), ein- bis dreiblüthig, mit fünf- bis achtgliedriger Blüthe, gross- und kleinblumig, spitz- und stumpflappig, milchweiss oder hellrosenroth, aber nur auf Torfboden, ferner das Niederliegende Kreuzkraut (Polygala depressa, Wenderoth) und die Rasenbinse (Scirpus caespitosus). Eben so finden sich ganze Gestrüppe von Rhamnus Frangula und ganze Waldflächen wie Wiesen mit der Waldsimse (Luzula sylvatica) bedeckt. Auf der Südseite des Hochrückens sind schöne dunkle Laubwaldungen, besonders ausgedehnte Buchenbestände. Zur Verbesserung des Waldes ist in neuerer Zeit viel geschehen, besonders durch Anlegen von Nadelholz. Es hat sich dabei herausgestellt, dass nur die Fichte (Abies excelsa) oder Rothtanne mit ihren flach ausgebreiteten Wurzeln von Bestand ist; die Lärche und die Kiefer (Larix europaea und Pinus sylvestris) gedeihen in der Jugend gut, erreichen aber kaum ein Alter von 30 Jahren. Ein Versuch mit dem Anbau der Zwergkiefer (Pinus Pumilio) ist gemacht und scheint von Erfolg zu sein. Nahe bei Knaufspesch ist ein Fichtensaatkamp von sehr erfreulichem Stande.

Wie bereits mitgetheilt, sind die Waldbestände sehr häufig von Torfsümpfen, Vennen, unterbrochen. Sie sind durchaus oder theilweise mit verschiedenen Arten des Torfmooses (Sphagnum palustre, contortum und acutifolium) bewachsen, die um die schwachen und kurzen Stämme der Birken und Erlen, oder auch ohne dieselben, grüne inselförmige Polster bilden, auf welchen der Sonnenthau (Drosera rotundifolia), die Moosbeere (Oxycoccos palustris) und der Sieben-Stern (Trientalis europaea) reichlich wuchern. Im Mai und Juni zeichnen sich diese Venne schon von Weitem durch die vielen Wollgräser (Eriophorum latifolium, angustifolium und vaginatum) aus. Ausser diesen finden sich noch zahlreiche Seggen und Simsen vor: Carex

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