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Damit stimmen auch die Erfahrungen Stuart's auf seinem Zuge durch das Innere von Arnhem's Land. Trotzdem er nur die Wintermonate, vom April bis Ende August, daselbst zubrachte, klagt er doch in seinem Tagebuche fast täglich über grosse Hitze. Der Südost-Passat wurde nur im Juli und August häufiger von veränderlichen und Süd-Winden unterbrochen, öfters, besonders im Mai, zeigten sich Wolken und am 6. Mai fielen beim Newcastle Water sogar einige Regentropfen, wie es auch im Jahre 1861 dort im Juni 3 Tage geregnet hatte, aber nördlicher auf dem Wege bis zum Van Diemen - Golf und zurück zum Newcastle Water (17° S. Br.) fiel bis Ende August kein Regen.

Was nun den Einfluss dieser klimatischen Verhältnisse auf die Gesundheit anlangt, so haben die Erfahrungen in Port Essington die früher allgemein herrschende sehr günstige Meinung schwankend gemacht. Die verschiedenen Vermessungs-Expeditionen hatten den Aufenthalt an der Nordküste von Australien nicht nachtheilig gefunden, der Arzt der Niederlassung in Raffles-Bai berichtete: „Es giebt hier keine endemische Krankheit, das Klima des Platzes übertrifft, so weit meine Kenntniss reicht, das jedes anderen Punktes von gleich naher Lage zum Äquator, und wäre nicht die hohe Temperatur, so würde ich es eins der besten der Welt nennen"; Bynoe, der Arzt des „Beagle", hielt selbst Port Essington nicht für einen ungesunden Ort und bemerkt, er sei nach sechzigjährigen Erfahrungen an den Küsten Australiens zu der Überzeugung gekommen, dass dieses durchweg ein auffallend gesundes Land sei und dass selbst an der Nord- und Nordwestküste, wo man jede Bucht und Einzackung mit Mangroves besäumt und von Sumpfflächen und Korallenklippen in allen Stufen der Verwitterung umgeben finde, trotz der hohen Temperatur keine Fieber oder Dysenterien erzeugt würden; wirklich war auch der Gesundheitszustand der Garnison in Port Essington die ersten vier Jahre hindurch ein vortrefflicher, dann aber riss eine allgemeine Kränklichkeit und grosse Sterblichkeit ein, es starben in 5 Jahren von 58 Mann 271). Aus den Angaben der Augenzeugen geht jedoch mit Bestimmtheit

1) Voyage of the Rattlesnake, I, p. 135.

hervor, dass hierbei mehr lokale als allgemein klimatische Ursachen wirkten.

Als Stokes im J. 1841 zum zweiten Mal nach Port Essington kam, fand er die Mannschaft kümmerlich und gelbsüchtig aussehend, obgleich sie noch nicht eigentlich krank war. Er schloss daraus, dass in diesem Klima Europäer wohl nicht arbeiten könnten. Den üblen Einfluss des Klima's bestärkten aber auch manche Umstände. So waren die Soldaten in niedrigen, engen Hütten untergebracht, unmittelbar hinter der Ansiedelung befand sich ein Mangrove-Sumpf, dessen Ausdünstung jedenfalls die Luft verschlechtern musste, die Nahrungsmittel waren nicht von bester Qualität, namentlich fehlte es an Vegetabilien, so dass periodisch Skorbut herrschte.

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Captain Keppel, welcher 1849 die Garnison von Port Essington abholte, berichtet 1): „Die anhaltende Hitze und Feuchtigkeit während der nassen Jahreszeit ist äusserst drückend und schwächend, auch bringt sie Fieber und Leberkrankheiten hervor. Die Monate Juni und Juli sind kühl und angenehm. Das Klima ist entschieden ungünstig, besonders für Europäer; die häufigsten Affektionen sind Wechselfieber und Schwäche der Verdauungsorgane. Die Hauptursachen sind wahrscheinlich die Hitze und Feuchtigkeit, der von Land umschlossene Hafen, die Sümpfe und Schlammbänke, die Mangrove-Marschen und bei den Europäern auch der Mangel an frischer und vegetabilischer Nahrung, so wie an geistiger Beschäftigung und Anregung. Unter den Marine-Soldaten der Besatzung waren mehrere, welche an Jagd besonderes Vergnügen fanden und Jahre lang die Ansiedelung mit Wildpret versorgt hatten. Wenn ich die eisernen Gestalten und das verhältnissmässig gesunde Aussehen dieser Leute betrachtete, ihre wunderbare Ausdauer in Strapazen und was sie gelegentlich durch die Sonne bei Tage und durch den Thau bei Nacht ausstehen müssen, so konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass die Kränklichkeit, welche in der Garnison herrschte, eben so wohl in dem Mangel an geistigen und körperlichen Übungen als in dem Klima ihren Grund habe." Auch Jukes ist der Meinung,,,dass die traurige Monotonie von 1) A visit to the Indian Archipelago, London 1853, vol. II, pp. 153, 175.

Port Essington übeln Einfluss auf die daselbst Stationirten gehabt habe".

In noch bestimmterer Weise spricht Earl darüber. „Das Klima der Halbinsel Coburg", sagt er,,,kann im Allgemeinen als eins der besten innerhalb der Tropen angesehen werden, aber sie hat einige ungesunde Punkte, an denen selbst die Eingebornen nicht ungestraft weilen können. Hierhin gehört Port Bremer, ein eingeschlossener Hafen im Osten von Port Essington, dessen Küsten so fieberschwanger sind, dass die Eingebornen niemals ihren Wohnsitz dort aufschlagen und die Trepang - Fischer von Makassar, die bei ein- oder zweimaligem Besuch arg von Fieber zu leiden hatten, ihn streng vermeiden, obwohl er reich an Trepang und ein ausgezeichneter Ankerplatz ist. Auch die oberen Theile des inneren Hafens von Port Essington fürchten die Bugis von Makassar sehr. In den ersten vier Jahren nach der Okkupation von Port Essington kamen sehr wenig Fieber und kein einziger Todesfall unter der Garnison vor, aber gegen Ende des Jahres 1842 wurden Fieber und zwar meist dreitägige vorherrschend, und als im November 1845 die Garnison, welche 7 Jahre dort zugebracht, durch 60 Marine-Soldaten abgelöst wurde, war wohl keiner von allen Bewohnern der Ansiedelung ganz frei von Fieberanfällen gewesen. Diese traten gewöhnlich nicht sehr heftig auf, nur 6 Fälle endeten mit dem Tode, aber die Sterblichkeit war gross genug, um ernste Besorgniss zu erwecken. Wir vermutheten Anfangs, die Konstitution der Leute möchte durch den langen Aufenthalt in einem tropischen Klima geschwächt worden sein, aber es zeigte sich, dass neu Angekommene eben so den Fieberanfällen unterworfen waren. Wir entdeckten jedoch zu unserer Freude, dass die Malaria auf die Küsten des inneren Hafens beschränkt war, denn während die Eingebornen in und bei der Niederlassung eben so und mehr als wir selbst litten, befanden sich die an der Ostküste des äusseren Hafens wohnenden vollkommen wohl. Diess veranlasste Capt. McArthur, Rekonvalescenten dorthin zu schicken, und obwohl sie daselbst Entbehrungen und Ungemach zu ertragen hatten, war doch die schnelle Herstellung ihrer Gesundheit auffallend. Bald nach ihrer Rückkehr in die Niederlassung hatten sie jedoch gewöhnlich einen Rückfall." Earl nennt noch einige andere Punkte, welche nach den Erfahrungen der Bugis ungesund sind, so die Bucht Limba Apiu an der Nordwestküste der Halbinsel Coburg, die Blue Mud-Bai an der Westküste des Golfs von Carpentaria und einen schmalen Meeresarm im Südwesten des Kap Cockburn, im Allgemeinen aber scheint sich die Malaria auf eng eingeschlossene Buchten und Häfen zu beschränken, während offene Küsten und das Innere des Landes nach den bisherigen Erfahrungen frei von Fieber sind.

Die Gegend des Victoria - Flusses hat sich den Mitgliedern der Gregory'schen Expedition entschieden als gesund bewährt. So sagt Wilson: „Obwohl das Klima von Nordwest - Australien wenigstens 6 Monate im Jahre zu heiss ist, um angenehm zu sein, litt doch unsere Gesundheit keineswegs darunter und die Monate Mai, Juni und Juli waren wirklich schön." Eben so spricht sich der Arzt der Expedition, J. R. Elsey, sehr günstig über das Klima in Bezug auf den Gesundheitszustand seiner Gefährten aus 1), es kam weder Diarrhöe noch Dysenterie noch Rheumatismus vor und nur ein einziger leichter Fieberanfall nach übermässiger Anstrengung in voller Sonnenhitze.,,Auffallend ist der Mangel an jener Feuchtigkeit, die ein so charakteristisches Merkmal tropischer Klimate ist. Die Wirkung dieser ausserordentlichen Trockenheit zeigt sich in der Abwesenheit üppiger und reicher Vegetation, dem kleinen und krüppelhaften Wuchs der Bäume, der Seltenheit der Farne und Moose und dem gänzlichen Fehlen der Flechten und Schwämme. Eben so auffallend war die geringe Menge der Insekten." Auch Gregory selbst spricht seine Verwunderung darüber aus, dass so wenig Krankheiten bei seinen Gefährten sich einstellten, obwohl die Hitze drückend, die Luft bei häufigem Regen oft sehr schwül und die Leute oft ohne Schutz und den grössten Strapazen ausgesetzt waren.

Ungesund ist hiernach Arnhem's Land sicherlich nicht zu nennen, aber die hohe Temperatur, über die Alle einstimmig klagen, wird voraussichtlich einen nicht geringen Einfluss auf die Entwickelung der Kolonie üben.

Waterhouse, der Naturalist der letzten Stuart'schen Expedition, bemerkt am Schluss seines Tagebuches, da im Winter schon eine solche Hitze herrsche, glaube er nicht, dass das Land im Sommer für Europäer passend sei; jedoch ist diess jedenfalls übertrieben. Stuart selbst hält das Land nördlich vom Roper bis zur Küste für ganz geeignet zur Besiedelung durch Europäer, da das Klima in jeder Hinsicht zuträglich sei. Mit ihm stimmen Gregory und seine Begleiter und besonders auch Earl überein. Letzterer bestätigt Keppel's Wahrnehmung, dass in Port Essington die Känguru-Jäger, die fast täglich, selbst in der heissesten Jahreszeit, lange anstrengende Märsche machten, stets die gesundesten Leute in der Garnison waren, und er schliesst daraus, dass die Hitze nicht nachtheilig für die Gesundheit sei, obwohl sie natürlich denen, welche sich im Freien bewegen müssen, grosses Ungemach verursacht. So viel scheint gewiss, dass Viehzucht in Nord-Australien recht wohl von Europäern betrieben werden kann, zumal wenn die erfahrenen Viehzüchter aus der Gegend des Torrens

1) Journal of the R. Geogr. Soc. of London, vol. 28, p. 135.

Beckens, des Darling u. s. w. die Sache in die Hand nehmen, dass aber eine ausgedehntere Bodenkultur ohne aus tropischen Klimaten beigezogene Arbeiter kaum möglich sein wird, auch abgesehen davon, dass Europäische Arbeit für Baumwollenbau z. B. viel zu theuer sein würde. Bei Brisbane in Queensland hat man bereits die Erfahrung gemacht, dass sich der Britische Arbeiter zum Baumwollenbau nicht eignet, und Capt. Towns, ein reicher Kolonist, hat deshalb im J. 1863 eine Anzahl Südsee-Insulaner auf seine Pflanzungen bei Brisbane gebracht 1). Die Beschaffung fremder Arbeiter wird übrigens auf keine besonderen Schwierigkeiten stossen, und Earl giebt dazu ausführliche Anwei

sungen.

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Zu Hirten würden sich nach ihm von allen auswanderungslustigen Völkerschaften nur die Klings oder Eingebornen der Madras-Küste eignen, die in den Englischen Kolonien auf der Malayischen Halbinsel fast ein Monopol für alle mit Pferden und Rindern in Beziehung stehenden Beschäftigungen haben, doch müsste man sie unter Europäische Aufseher stellen. Dieselben Leute sind aber auch sehr gut zu Feldarbeit zu verwenden, wie denn auf Mau

1) Illustrated London News, 17. Oktober 1863.

ritius seit einer Reihe von Jahren hauptsächlich Indier von der Madras-Küste in den Zucker-Plantagen arbeiten. Sie wandern alljährlich zu vielen Tausenden aus ihrer Heimath nach Pinang, Malacca, Singapore, Ceylon und Mauritius aus, um sich als Arbeiter zu verdingen, und würden es sicherlich nicht verschmähen, sich für die Nordküste von Australien anwerben zu lassen. Sollen indessen tropische Produkte in grossem Maassstabe kultivirt werden, so wird die Zahl der Indischen Kulis nicht ausreichen, dann werden auch Chinesen verwendet werden müssen, die ohne Zweifel von freien Stücken in grosser Zahl herbeikommen werden, wenn die Kolonie so weit erstarkt ist, um ihnen Schutz gegen die von ihnen sehr gefürchteten Eingebornen zu gewähren. Sie werden es sich ausserdem ganz besonders angelegen sein lassen, die Naturprodukte des Landes und namentlich die der See an den Küsten auszubeuten. Für Fischerei, Holzfällen und andere Industriezweige eignen sich vorzüglich die Malayen, die von den nächst gelegenen Inseln des Archipels leicht in grosser Zahl beizuziehen wären, wenn man ihnen lohnende Beschäftigung bieten kann, so namentlich von Rotti, dessen christliche Bewohner häufig in Kupang Beschäftigung suchen, Savu, den Serwatty-Inseln und Timor Laut, das die Holzschläger, Wasserträger u. s. w. für Banda liefert.

Eine kurze Beschreibung der geodätischen und topographischen Vermessungen, welche der Ausarbeitung der Karte des Etna voraufgegangen sind.

Von W. Sartorius v. Waltershausen.

(Nebst Karte, s. Tafel 4 1).)

Als ich im Jahre 1833 eine grössere geologische Arbeit zu unternehmen gedachte, stellte ich mir zum Feld meiner

1) Die Karte des Etna auf Tafel 4 ist eine Reduktion des vor einigen Jahren im Stich vollendeten grossen, berühmten Kartenwerkes von Prof. Sartorius v. Waltershausen, über dessen Entstehung der vorliegende Aufsatz die ersten ausführlicheren Nachrichten enthält. Unser Kärtchen war für das neue Übersichtsblatt von Italien in Stieler's Hand-Atlas (s. ,,Geogr. Mitth." 1863, S. 233) angefertigt worden, wir hoffen aber durch seine Reproduktion in dieser Zeitschrift, besonders in Verbindung mit dem Text, jene höchst bedeutende Arbeit in noch weiteren Kreisen bekannt zu machen und das Interesse für sie noch mehr anzuregen.

Zugleich sollte es aber auch als Gegenstück zu der auf derselben Tafel befindlichen Karte des Kilima-ndjaro dienen, da beide den gleichen Maassstab haben, also unmittelbar vergleichbar sind. Diese Karte des Kilima-ndjaro, des weltbekannten erloschenen Vulkans im äquatorialen Ost-Afrika, der seit seiner Entdeckung durch Rebmann so viel genannt, dessen Lage und dessen Schneekuppen namentlich so oft zu eifrigen Diskussionen Veranlassung gegeben haben, beruht auf den Aufnahmen des Baron K. v. der Decken während seiner ersten Reise (1861) und ist von einer Karte kopirt, welche Herr Dr. Kiepert im DezemberHeft 1863 der Berliner Zeitschrift für Allgem. Erdkunde publicirt hat; wir gaben nur die Terrain - Darstellung durch Horizontalen, wie sie

Forschungen Island, die Alpen und den Etna auf die engere Wahl. Ich ging damals von der richtigen Ansicht

auf der Original-Zeichnung des Reisenden und nach ihr auf der Kiepert'schen Karte sich findet, durch Schraffirung wieder, da wir aus der Vergleichung der eingeschriebenen Höhenzahlen mit der Anzahl der Horizontalen zwischen ihnen ersahen, dass die letzteren keinen bestimmten mathematischen Werth haben. Die Karte ist überhaupt, wie Herr Dr. Kiepert in seinen Bemerkungen uns belehrt, nur eine vorläufige, Baron v. der Decken hat die Papiere über seine zweite Reise nach dem Schneeberge (1862) auf Mauritius zurückgelassen, als er sich genöthigt sah, nach Europa zurückzueilen, um die Vorbereitungen zu seinen weiteren Forschungen selbst zu betreiben, und die Benutzung jener Papiere wird später noch manche Verbesserung im Einzelnen herbeiführen; wesentlichere Änderungen in den Positionen und Maassverhältnissen der Karte, so wie in den daraus hervorgegangenen Resultaten der trigonometrischen Höhenmessungen verspricht jedoch nach Dr. Kiepert's Ansicht die Verwendung jenes neueren Materials kaum zu ergeben, wegen der grossen Anzahl der schon beim ersten Besuche festgestellten Messungs-Stationen, daher denn auch die auf der zweiten Reise ausgeführten und vorläufig berechneten Breiten- und LängenBeobachtungen (innerhalb unseres Kärtchens zu Uru und Mossi) mit dem schon vorher festgelegten Resultat der trigonometrischen Aufnahme sehr wohl übereinstimmten. Die Route der zweiten Reise und Besteigung

aus, dass ohne eine exakte Unterlage, ohne eine vorher ausgearbeitete topographische Karte, eine gründliche geologische Bearbeitung einer Gegend unmöglich sei. Die Herstellung einer nur einigermaassen zuverlässigen Karte der Insel Island oder eines auch nur mässigen Theiles der Alpen (die topographischen Hülfsmittel der Schweiz waren damals noch sehr mangelhaft) würde die Kräfte eines einzigen oder einiger Menschen weit überschritten haben. Dabei war mein letztes Ziel nicht auf topographische, sondern auf geologische Untersuchungen gerichtet. Bei verhältnissmässig geringer Oberfläche schienen der Vesuv, der

ist aus dem Gedächtniss und nach dem vorläufigen Übersichtskärtchen dieser Reise eingetragen, welches zugleich mit der spezielleren Skizze des Kilima-ndjaro publicirt worden ist.

Nach diesem Kärtchen liegt der höchste Gipfel des Berges in 3° 7 S. Br. und 37° 42′ Östl. L. v. Gr., also genau in derselben Breite und nur 2 bis 3 Deutsche Meilen östlicher als auf Dr. Kiepert's früherer Karte zu Herrn Direktor Meineke's Bericht über Dr. Krapf's Reisen (Zeitschrift für Allgem. Erdkunde, Bd. IX, Tafel 1) und auf unserer Skizze des Nil-Quellgebiets zur Übersicht von Speke's Entdeckungen (,,Geogr. Mitth." 1863, Tafel 10), demnach etwa 33 Deutsche Meilen von der Küste bei Mombas.

Die Höhe des Berges beträgt nach v. der Decken's Messungen 20.065 Engl. Fuss, während die Ebene am südlichen Fuss etwa 2200 F. über dem Meere liegt. Die Höhe der Schneegrenze wird auf 16.400 F. angegeben, so dass der Riesenberg, der höchste bis jetzt in Afrika gemessene, zwar entschieden ewigen Schnee trägt, aber nur auf dem beschränkten Raume seiner höchsten Kuppen oder Hörner, wo die Bedingungen zu einer Gletscherbildung wahrscheinlich fehlen. Obwohl die Höhen auf der Karte des Etna in Pariser Fuss ausgedrückt sind, haben wir die Höhenzahlen auf und am Kilima-ndjaro in Engl. Fuss gegeben, um die Original-Daten beizubehalten, reduciren aber dieselben im Nachstehenden auf Pariser Fuss, damit eine direkte Vergleichung möglich wird.

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Am Fuss des Berges von W. nach O. 4867 Engl. F. 4567 Par. F.

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16.400 Engl. F. 15.388 Par. F.

An der Route der ersten Besteigung 3719 Engl. F. = 3490 Par. F. 4744

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Die von dem Reisenden zurückgebrachten und von den Professoren Rose und Roth beschriebenen Gesteinsproben (meist Trachyt und Basalt) beweisen die vulkanische Natur des Berges.

Wenn sich auch Position, Höhe und Gestalt des Kilima - ndjaro später noch etwas anders herausstellen sollte als auf dieser vorläufigen Skizze, so ist diese doch eine glänzende Errungenschaft, entscheidend für eine der brennendsten Fragen der Afrikanischen Geographie. Erreicht die Aufnahme v. der Decken's auch nicht entfernt die Genauigkeit im Detail und entbehrt sie ganz der geologischen Spezial-Untersuchungen, welche das Etna - Werk von Sartorius v. Waltershausen auszeichnen, hat jene noch nicht so viele Monate gekostet als dieses Jahre, so ist dagegen durch v. der Decken's bewundernswürdige Ausdauer und die grossartigen, von ihm aufgewendeten Mittel eines der höchsten und berühmtesten Vulkangebirge der Erde zuerst wissenschaftlich erobert worden unter Umständen, die mit nicht minderen Schwierigkeiten verbunden waren als die Untersuchungen am Etna. Die Deutsche Wissenschaft darf mit Stolz auf die beiden kleinen Karten blicken, beide sind Zeugniss der unbegrenzten, kein Opfer scheuenden Hingebung an eine wissenschaftliche Aufgabe, wodurch wahrhaft Grosses A. P. erreicht wird.

Etna und die Liparischen Inseln die Gegenden zu sein, deren Bearbeitung einen günstigen Erfolg in Aussicht stellte. Am Vesuv war indess schon viel in naturwissenschaftlicher Hinsicht geleistet und man konnte erwarten, dass die Neapolitanischen Gelehrten das Feld vor ihren eigenen Thüren mit der Zeit weiter bearbeiten würden. Aus verschiedenen Gründen entschloss ich mich endlich zur Bearbeitung des Etna.

Im Oktober des Jahres 1835 gelangte ich in Begleitung meines Freundes und jetzigen Kollegen, Professor Listing, in Catania auf dem Felde meiner neuen Thätigkeit an. Nachdem das Terrain unserer Forschungen rekognoscirt war, ergab sich sehr bald, dass weder brauchbare Vorarbeiten irgend einer Art noch andere Hülfsmittel existirten, welche einer mir vor der Seele schwebenden Arbeit hätten nützlich sein können.

Ausser einer kleinen, sehr unvollkommenen Skizze des Etna von Gemmellari, die auf gar keinen Vermessungen beruhte, aus der nicht einmal zum Centriren der Winkel die provisorischen Distanzen entnommen werden konnten, einer anderen viel kleineren Skizze in Smyth's Werk,,Sicily and its Islands" und einem ziemlich guten Plane der Stadt Catania von Ittar gab es damals durchaus keine topographischen Hülfsmittel.

Aber auch alle anderen Anhaltspunkte, die zum Stützpunkt einer grösseren geodätischen und physisch - geographischen Arbeit hätten dienen können, fehlten durchaus. Die Universität Catania hatte kein Fernrohr, keine Uhr oder Chronometer, keine brauchbare Bibliothek, nicht das kleinste chemische Arbeitslokal; ein altes lufterfülltes Barometer und Thermometer bildeten den Inbegriff aller physikalischen Instrumente. Die Stadt von 70.000 Einwohnern hatte auch nicht den dürftigsten Mechaniker, der im Stande gewesen wäre, die kleinste Reparatur eines Instrumentes vorzunehmen. Ein jetzt in Afrika reisender Geograph könnte in dieser Beziehung nicht hülfloser dastehen, als wir damals in Sicilien 8 Jahre lang dagestanden haben.

Ich war in dieser Beziehung ganz auf Deutschland angewiesen, ich nahm einen Theil der Instrumente der besten Konstruktion mit mir und liess andere mit vielen Kosten und unter grossen Schwierigkeiten aus der Heimath nachkommen.

Unsere Instrumente bestanden aus 2 Ertel'schen 6- bis 7zölligen Theodoliten, einem kleinen Meridiankreis und Passage-Instrument, einem grösseren Fernrohr von Plössel, einem kleinen Theodoliten von Meyerstein; aus Bussolen, 2 Messtischen, 3 Barometern, verschiedenen Thermometern und Psychrometern; aus einem Englischen Chronometer, einer Duplex - Uhr von Kisselt, einem vollständigen Apparat zur Erforschung der drei erdmagnetischen Elemente, aus

zwei einfachen Heliotropen und aus verschiedenen untergeordneten Hülfsmitteln.

Glücklicher Weise fanden wir bei den Einwohnern Catania's eine ausserordentlich freundliche Aufnahme und zugleich die wohlwollendste Gesinnung, ohne welche eine Arbeit wie die unsrige nicht durchzuführen gewesen wäre. Eine Empfehlung des Principe Campo-Franco, Statthalters von Sicilien, an den Intendenten von Catania, Principe Manganelli, welche ich zu Palermo im Januar 1836 erhielt, stellte mich wenigstens fürerst unwissenden Unterbehörden gegenüber sicher und so konnte eine weit aussehende Arbeit ohne Unterstützung irgend einer Regierung, nur unter Gottes Schutz und im Vertrauen auf eigene Kraft, ihren Anfang nehmen.

. Es erschien mir durchaus nothwendig, mit möglichst geringem Geld- und Zeitopfer die grösst mögliche Genauigkeit der geodätischen, topographischen und naturwissenschaftlichen Arbeiten zu erreichen. Dieser Vorsatz wurde im Laufe der Jahre eingehalten und es ist wohl bis jetzt nie eine Untersuchung dieser oder ähnlicher Art mit so bescheidenen Hülfsmitteln und verhältnissmässig so geringen Kosten als diese Bearbeitung des Etna ausgeführt worden.

Die unendlichen Hindernisse zu schildern, welche sich der Ausführung meines Planes in den Weg stellten, werde ich übergehen, doch bedurfte es unerschütterlicher Willenskraft, um zum Ziele zu gelangen.

Das erste dringende Bedürfniss war die Ausführung einer geodätischen Triangulation, auf der das topographische Gebäude weiter aufgebaut werden sollte. Die Arbeit der Triangulation zerfiel in folgende Unterabtheilungen:

1) die Basis-Messung,

2) die Winkelmessung der Dreiecke,

3) die Orientirung einer Seite,

4) die astronomische Ortsbestimmung des Anfangspunkts der Koordinaten,

5) die trigonometrischen Höhenmessungen.

Wir werden diese fünf verschiedenen, wesentlich von einander getrennten Untersuchungen näher durchgehen. 1. Basis-Messung. Um für diese Arbeit eine passende Lokalität zu finden, kamen zwei Gegenden in Betracht, nämlich die Piana von Catania und der Strand zwischen Riposto und Cottone. In beiden Gegenden herrscht in der wärmeren Jahreszeit tödtliche Malaria. Wir entschlossen uns für die zuletzt genannte Lokalität, in deren Nähe das Val del Bove sich befindet und das Terrain langsam vom Meere zum Berge emporsteigt. Ein Anschluss der Basis an die Dreieckskette war hier leichter und sicherer auszuführen, als diess in der Piana von Catania möglich gewesen wäre.

Die Basis liegt näher angegeben zwischen zwei Punkten, welche Portella und Gurna heissen, in einer ganz geringen

Erhebung über dem Meeresspiegel und vom Schlage der Brandung kaum 20 bis 30 Schritt entfernt. Die Messung, welche zum Theil doppelt ausgeführt wurde, hat mit den Vorarbeiten etwa 4 Monate beansprucht. Der Malaria wegen waren wir genöthigt, jeden Morgen von Giarre zur Basis hin-, jeden Abend denselben Weg zurückzugehen. Im Durchschnitt gingen dadurch täglich mindestens 3 Stunden verloren. Die Hitze im Juni und Juli war tropisch, Schatten weit und breit nicht zu finden. Ein kleines, am Strande aufgerichtetes Zelt, welches für eine Ruhestunde um Mittag bei der grössten Hitze dienen sollte, wurde öfter vom Seewinde umgerissen. Fast jeden Morgen, als noch die Sterne am Himmel standen, verliess ich Giarre und erreichte die Gegend der Basis, als der erste Purpur die Krone des Etna vergoldete.

Obgleich die zur Messung nöthigen Hülfsmittel von der einfachsten Art waren, so konnte man mit ihnen günstige Resultate erreichen. Fünf etwas über 3 Meter lange Stäbe von trockenem Fichtenholz, wie sie von den Fabrikanten zu musikalischen Instrumenten benutzt werden, wurden längere Zeit vor der Messung mit siedendem Öl getränkt und immer wieder in der heissen Sonne getrocknet. Jeder derselben hatte kurz vor seinen Enden auf jeder Seite zwei etwa 20 Millimeter von einander abstehende, sorgsam markirte Theilungsstriche. Die Stäbe wurden mit A, B, C, D, E benannt. Nachdem dieselben in der vorher bestimmten Richtung der Basis auf dreibeinigen Holzböcken aufgestellt, alliniirt und nivellirt waren, konnte die Messung beginnen. Die Stäbe folgten in der Ordnung A, B, C, D, E, A, B u. s. w. Zwischen je zwei Stäben befand sich ein Zwischenraum von 100 Millimeter und etwas mehr. Dieser wurde durch einen eigenen Maassstab gemessen, mit Benutzung der 4 Endtheilstriche. Ein Fehler von 0,05 Millimeter kam selten vor. Alle Ablesungen wurden, um Irrthum zu vermeiden, doppelt gemacht.

Der Anfangspunkt bestand aus einem etwa 5 Fuss tief in die Erde gerammten Pfahl, auf dem 5 Messingstifte in Kreuzform eingelassen waren. Der mittlere Punkt diente zum Anfangspunkt und wurde durch eine eigene Einrichtung mit der darüber liegenden ersten Stange in Verbindung gebracht. Ein herabgesenktes Bleiloth ergab nicht die gehörige Präcision, da es vom Luftzuge bewegt und beständig in kleinen Schwingungen gehalten wurde.

In der Entfernung einiger Meter vom ersten Pflock stand ein zweiter Hülfspflock. Unser Schrecken war kaum zu beschreiben, als die Dreiecksmessungen nach einiger Zeit beginnen sollten und es sich herausstellte, dass der erste Pflock durch abergläubische Landleute, welche unsere Arbeiten mit Schatzgräberei, einer in Sicilien sehr beliebten, wenn auch wenig einträglichen Beschäftigung, in Zusammen

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