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Schlüssel zum Verständniß seiner Stellung und seiner Leistungen in der Wissenschaft.

Die Fülle des einschlagenden handschriftlichen Nachlasses, namentlich der vorhandenen Briefe, die bis in die früheste Kindheit zurückgehen, ist sehr groß, und sein ganzer Lebensgang ist darin bis in die kleinsten Begegnisse und die leisesten Bewegungen seines Gemüths in unmittelbarster Weise dargelegt. Hieraus erwuchs indeß, neben dem großen Vortheil, den dieser Reichthum gewährte, bei dem natürlich gesteigerten Interesse eines 'nahen Verwandten, dem auch das Kleinste wichtig und lieb ist, zugleich die Gefahr, in den aus demselben entnommenen Mittheilungen über die Grenzen dessen, was die allgemeine Theilnahme in Anspruch zu nehmen berechtigt ist, hinauszugehen. Ich wünsche das richtige Maaß getroffen zu haben; an sorgfältiger, vielfacher Erwägung hat es nicht gefehlt.

Uebrigens wird es, hoffe ich, nicht gemißbilligt werden, daß dieser erste Theil vor der Vollendung des Ganzen erscheint. Die in demselben dargestellte erste Hälfte dieses langen reichgesegneten Lebens bildet in der That gewissermaßen ein abgeschlossenes Ganze. Die zweite Hälfte, welche mit der Uebersiedelung nach Berlin beginnt und in gleicher Länge wie die erste seine dortige so mannigfaltige und reiche Wirksamkeit umfaßt, bietet nach vielen Seiten hin einen von der ersten sehr verschiedenen Character und eigenthümliche Schwierigkeiten für die Darstellung dar. Leicht möchte sich daher, bei der geringen mir zugemessenen Muße, die Vollendung derselben noch längere Zeit hinausschieben. Es schien deshalb gerathen, diese erste Hälfte vorauszusenden, um der folgen

den den Weg zu bereiten. Der ihr beigegebene treffliche Kupferstich ist nach einer im 79 sten Lebensjahre Ritters genommenen überaus gelungenen Photographie ausgeführt. Es ist das beste Bildniß von ihm, welches in die Deffentlichkeit gekommen ist.

Schließlich ist es mir eine willkommene Pflicht, auch hier meinen Dank gegen die hochverehrten Männer, welche einst die Zöglinge Ritters waren, den Königl. Preuß. Staatsminister a. D. Herrn von Bethmann-Hollweg Excellenz und den Herrn Hofrath Dr. Sömmerring in Frankfurt a. M., für die freundliche Unterstüßung auszusprechen, welche sie mir in mancherlei Weise bei der Lösung meiner Aufgabe gewährt haben. Namentlich war mir die von dem Lettern gestattete Benußung der Briefe Ritters an seinen seligen Vater von großem Werthe.

Halle, den 1. November 1863.

G. Kramer.

Quedlinburg.

Die Voreltern. Das Elternhaus. Die erßte Kindheit. Uebersiedlung nach Schnepfenthal.

Am 7. August 1779 wurde Carl Ritter in Quedlinburg geboren. Das Haus, in welchem er das Licht der Welt erblickte, liegt auf der Steinbrückstraße an der Ecke der sogenannten Worth (Nr. 495), ein schlichtes, einfaches Gebäude, welches, wie es scheint, seit länger als einem Jahrhundert bereits im Besitz der Ritterschen Familie war. Sein Vater war Arzt, seit dem Jahre 1772 Leibmedicus der damaligen Aebtissin des Stifts Quedlinburg, Anna Amalie, der Schwester Friedrichs des Großen. Er stammte von einer ehrenwerthen Familie, deren Mitglieder überwiegend dem gewerblichen, zum Theil dem gelehrten Stande angehörten.

Das älteste Glied derselben, von welchem Kunde vorhanden ist, war Heinrich Ritter, ein ehrsamer Bürger und Brauherr Quedlinburgs, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts lebte, und sein Geschäft in dem obenerwähnten Hause getrieben zu haben scheint. Er erzeugte acht Söhne, deren zweiter Christian Ritter, nachdem er zu Jena und

Carl Ritter.

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