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Rechts entgegen stellen, und wenn man also gegen Rechtsgeschäfte oder anderweite Handlungen Restitution begehrt, kann man niemals auf die generalis clausula, sondern muß auf einen der bestimmten anderen Restitutionsgründe refurriren. In der That könnte auch nicht eingesehen werden, aus welchen Gründen die römischen Juristen so genaue Untersuchungen zur Begrenzung der bestimmten causae restitutionis vorgenommen hätten, wenn es wahr wäre, daß jede Billigkeit nach dem Ermessen des Richters zur Nestitution hätte hinführen können. Die scheinbar sehr allgemeinen Worte, womit Ulpian seinen Kommentar über die clausula generalis einleitet (Text 2), können uns das bisherige Resultat nicht zweifelhaft machen, wenn man nur die von Ulpian hinzugefügten Beispiele ins Auge faßt, welche sämmtlich innerhalb der angedeuteten Grenzen bleiben, ja sich nur auf Fälle der wahren Abwesenheit beziehen. Vgl. bes. Francke und Burchardi an den angeff. Orten, u. s. auch Savigny S. 166 fgg.

und

Anm. 2. Unter den Anwendungsfällen der generalis clausula ist in der vorhergehenden Anm. auch der angeführt worden, wenn Irrthum Grund eines Versäumnisses geworden ist. Kann nun auf diesen Grund auch Restitution gegen ein rechtskräftiges Erkenntniß verlangt werden? Nach römischem Nechte muß die Frage regelmäßig verneint, vgl. auch 1. ult. de in integr. rest. (wo jedenfalls statt contra rempublicam gelesen werden muß: contra rem judicatam), und namentlich soll wegen neuer Beweismittel keine Restitution zugelassen werden, 1. 4. C. de re judic. (7, 52): Sub specie novorum instrumentorum postea repertorum res judicatas restaurari exemplo grave est, und nur aus ganz besonderen Gründen wird davon abgewichen, wie namentlich in negotio publico, 1. 35. de re judic. (42, 1), und wenn das Erkenntniß in Folge eines vom Richter aufgelegten Eides gegeben wurde, der Besiegte nachher neue Urkunden zu seinem Vortheil entdeckt, 1. 31. de jurejur. (12, 2). Das Kanonische Recht geht von demselben Prinzip aus, vgl. bes. cap. 20. 21. X. de sent. et re judic. (2, 27), und das zu Zeiten dagegen angeführte cap. 10. X. de in integr. rest. (1, 41) sagt nur, daß ein Restitutionsgesuch blos aus neuen Gründen wiederholt werden dürfe, vgl. tit. C. si saep. in integr. rest. post. (2, 44). Dagegen nahm schon früher die deutsche Praxis eine Restitution auf den Grund neuen Vorbringens auch gegen rechtskräftige Erkenntnisse an, indem sie die generalis clausula hierherzog, und dies wurde dann mehrfach durch Reichsgeseze bestätigt, die sich nur gegen chikaneusen Mißbrauch dieser Restitution erklären, vgl. R. A. v. 1533. §. 3. K. G. D. v. 1555. III. 52; Dep. Absch. v. 1600. §. 138. Vornehmlich aber gehören hierher zwei kammergerichtliche gemeine Bescheide vom 7. Juli 1669 und vom 7. Juli 1671 (bei Emminghaus, corp. jur. Germ. II. p. 358 und 384), wo, in dem Bestreben, die Mißbräuche dieser Restitution zu verhüten, eine Bestimmung getroffen wurde, wodurch dieselbe umgekehrt sich ungebührlich erweiterte. Nach diesen Bescheiden nämlich soll, offenbar auf Veranlassung des J. R. A. von 1654. §. 118. von den Prokuratoren, welche die Restitution begehren, ein Kalumnieneid des Inhalts geschworen werden, daß weder sie, noch ihre Prinzipale und deren Advokaten von solchem neuen Vorbringen vorhero einige Wissenschaft gehabt, oder selbiges zu der Sache dienlich zu sein nicht

vermeint". Dadurch wurde es also gemeinen Rechtens, daß nicht blos wirkliche nova die Restitution begründen sollten, sondern auch schon solche Umstände, die der Parthei nur nicht als relevant erschienen sind, vgl. auch Bickell in der Zeitschrift für Recht und Gesetzg. in Kurhessen Heft 1. S. 161 fgg. Das Detail dieser deutschrechtlichen Restitution gehört natürlich in die Theorie des Zivilprozesses.

Anm. 3. Wenn das Hinderniß an der Wahrnahme unseres Rechts in der Person dessen liegt, gegen den es hätte geltend gemacht werden müssen, so ist es, um Restitution fordern zu können, wesentlich, daß kein Vertreter des Verklagten da gewesen sei, 1. 1. §. 1, l. 21. §. 1, 1. 23. pr. h. t. Streitig ist es aber in dem Falle, wenn das Hinderniß in der Person des Berechtigten liegt, inwiefern hier etwas auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Stellvertreters ankomme? Soviel ist zwar gewiß, daß der Mangel eines Vertreters im Allgemeinen kein Hinderniß der Restitution ist, es müßte denn Jemand, namentlich bei freiwilliger Abwesenheit, es nicht rechtfertigen können, weßhalb er keinen Bevollmächtigten zur Besorgung seiner Geschäfte zurückgelassen habe, 1. 20. pr. de minor., l. 26. §. 1, 1. 28. pr. h. t. Kann aber auch der Abwesende, welcher einen Vertreter hat, und dennoch Schaden erlitt, auf Restitution Anspruch machen? Paulus in 1. 39. h. t. sagt allgemein: is qui reipublicae causa abfuturus erat, si procuratorem reliquerit, per quem defendi potuit, in integrum restitui volens non audietur, während dagegen Ulpian in 1. 26. §. 9. h. t. von den legati civitatis sagt: saepissime constitutum est, adjuvari eum debere, sive habuit procuratorem, sive non, und auch Macer in 1. 8. de in integr. rest. (4, 1) von denjenigen, welche r. p. c. abwesend find, oder doch in eadem causa habentur, si per procuratores suos defensi sunt, erklärt, daß sie wegen versäumter Appellation restituirt werden können. Man hat mancherlei Vereinigungs-Versuche dieser angeblich widerstreitenden Geseze, vgl. Burchardi S. 166 fgg. und die da Angeff., Savigny S. 176 fgg., Friß in Gieß. Ztschr. N. F. XVII. S. 39 fgg., bes. S. 60 fgg. Das Richtigste ist wohl, in der Stelle des Paulus die Regel unseres Rechts zu finden: daß ein Abwesender, welcher einen Prokurator hat, regelmäßig in Betreff solcher Handlungen nicht restituirt werden kann, die auch der Prokurator hätte vornehmen können. Die Stellen von Ulpian und Macer enthalten dann blos singuläre Bestimmungen für die legati civitatis und für versäumte Appellation, vgl. auch Bickell a. a. D. S. 149 fgg., Staedtler p. 91 fgg.

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Dig. II. 8. qui satisdare cogantur vel jurato promittant vel suae promissioni committantur; XLVI. 5. de stipulationibus praetoriis. Inst. III. 18. de divisione stipulationum, IV. 11. de satisdationibus. Cod. II. 57. de satisdando. - Schirmer, über die prätor. Judizial-Stipulat. Greifswalde 1853, Keller, Zivilprozeß §. 77.

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3) Missiones in possessionem.

Dig. XLII. 4. quibus ex causis in possessionem eatur; XLII. 5. de rebus auctoritate judicis possidendis seu vendundis. Cod. VII. 72. de bonis auctoritate judicis possidendis seu venundandis et de separationibus bonorum. - Schroeder, de nat. et eff. pign. praet. p. 1 sqq., Stieber, de bon. emt. ap. veter. Rom. Lips. 1827. §. 10 sqq. p. 26 sqq., Zimmern, Ng. III. §. 76 fgg., Keller, Semestria ad M. Tull. Cic. vol. I. p. 44 sqq., Ders. Zivilproz. §. 78. 84, Bachofen in Richter's krit. Jahrb. Bd. XII. (1842) S. 974 fgg., Ders. Pfandr. I. Kap. XIII und XIV. S. 281 fgg., Dernburg, über die emtio bonor. Heidelberg 1850. Abschn. II. S. 33 fgg., Hartmann, über das röm. Kontumazialverfahren. Gött. 1851. Vgl. auch Frei, der Rechtsstreit zwischen Quinctius und Nävius. Zürich 1852.

a) Gründe und Gegenstand.

b) Wirkungen.

S. 192.

S. 193.

Siebentes Kapitel.

Von der Berechnung der Zeit.

Savigny IV. §. 177 fgg., Wächter, Handb. II. S. 823 fgg., Unger, Syst. II. S. 286 fgg., Heimbach in Weiske's Rechtsler. Art.: Zeit" XV. S. 132 fgg.

I. Von den einzelnen Zeitabschnitten.

S. 194.

1) Paul. 1. 8. de feriis (2, 12): More Romano dies a media nocte incipit, et sequentis noctis media parte finitur; itaque quidquid in his XXIV. horis, id est duabus dimidiatis noctibus et luce media, actum est, perinde est, quasi quavis hora lucis actum esset.

2) Idem. 1. 101. de R. J.: Ubi lex duorum mensium fecit mentionem, et qui sexagesimo et primo die venerit, audiendus est; ita enim et imperator Antoninus cum divo patre suo rescripsit.

Anm. Schrader, ziv. Abh. Nro. 3. geht davon aus, daß jeder Monat als ein Zwölftel des Jahres zu betrachten sei, und stellt demgemäß die Regel auf, daß bei mehreren Monaten so viele Zwölftel von 365 Tagen in den nächsten ganzen Zahlen angenommen werden müßten, als Monate angegeben seien, so daß also z. B. 2 Monate 61 Tage, 3 Monate 91, 4 Monate 122 Tage u. s. w. enthielten. Für 6 Monate kämen hiernach 182,, Tage heraus, und man habe also eben so gut 182 als 183 Tage annehmen können; die Römer aber hätten sich für das Erste entschieden, wie aus 1. 3. §. 12. de suis (38, 16), vgl. mit 1. 12. de statu homin. (1, 5), hervorgehe. Früher stellte man dagegen gewöhnlich das Prinzip auf, daß dreißig Tage auf den Monat zu rechnen seien, und gewiß mit Recht ist dieser Grundsaß auch von Reinfelder, der annus

civilis des Nöm. Rechts. Stuttg. 1829. S. 116 fgg. ausführlich gegen Schrader vertheidigt worden; vgl. auch Unterholzner, Verj. I. S. 281. Note, Savigny, System IV. S. 337 fgg., Puchta, Pand. §. 74. Note d, Vorles. I. ad h. 1., Boecking, Justit. und Pand. I. §. 121 a. E. Note 14 fgg. Schraders Meinung beruht nämlich in der That auf einer einzigen Stelle, der 1. 101. de R. J., die überdies von Seiten der Kritik angefochten ist, indem nach mehreren PandektenHandschriften die Worte et primo hinter sexagesimo ausfallen müssen, Neinfelder S. 145 fgg. Daß auch die Basiliken II. 3. 101. und Eustathius diese Lesart unterstüßen, wie noch Reinfelder S. 150 annimmt, scheint freilich jezt nach den neuen vor uns liegenden Ausgaben problematisch, s. Basil. edid. Heimbach I. p. 71. und Eustath. edid. Zachariae p. 149; aber dennoch spricht Manches dafür, daß die Worte et primo nichts sind, als eine vermeintliche Emendation, die sich schon sehr frühe in Handschriften eingeschlichen hat; ob der ursprüngliche Tert gelautet habe: sexagesimo et premo [i. e. postremo], wie Huschke in Gieß. Zeitschr. N. F. II. S. 169 vermuthet, in welchem Falle sich freilich die Veränderung in et primo noch leichter erklären ließe, mag dahin gestellt bleiben. Halten wir aber auch die Lesart der Florent. und der weit meisten Vulgatmss. fest, wofür doch wohl die überwiegenden Gründe sprechen, so kann doch aus dieser 1. 101. cit. nichts weiter gefolgert werden, als daß durch kaiserliche Neskripte die zwei Monate der lex Julia muncipalis ausnahmsweise für eine Zeit von 61 Tagen erklärt worden sind, vgl. auch 1. 2. C. Th. de decur. (12, 1), und durch die unbedachtsame Aufnahme dieser Stelle in die Pandekten wodurch die spezielle Beziehung auf die lex Julia verwischt worden ist — sind wir dann freilich genöthigt, diese Entscheidung jezt überall in An= wendung zu bringen, wo die Geseze eine Frist von zwei Monaten erwähnen, vgl. Bachofen in Gieß. Zeitschr. XVIII. S. 353 fgg., Heimbach a. a. D. S. 178 fgg., Krueger, de temp. com. p. 40 sqq. Wenn sich Schrader noch auf 1. 3. §. 12. cit. beruft, so ist dies gewiß irrig, denn nach seiner Meinung würde doch jeden Falls der 182te Tag noch zum 6ten Monat gehören, nach dieser Stelle aber in Verbindung mit 1. 12. cit. gehört derselbe schon zum 7ten Monate, und man kann hier auch nicht, wie Schrader will, durch Herbeiziehung der Zivilkomputation helfen. Das Natürlichste ist gewiß, da sich diese Stelle mit keiner von den beiden Meinungen vereinigen läßt, die Worte septimo mense in 1. 12. cit. für einen der Kürze wegen beliebten, etwas ungenauen Ausdruck des Paulus zu erklären, vgl auch v. Buchholz jurist. Abh. Nr. 14. ¡Eben dies ist wohl auch von 1. ult. C. de temporib. appell. zu sagen, wo eine Frist von 3 Monaten durch 93 Tage erklärt wird. Abgesehen aber von solchen einzelnen ungenauen Stellen liegt in den meisten Gesezen ganz klar Reinfelder's Meinung zu Grunde, vgl. 1. 40. de R. C. (12, 1)—1. 11. §. 6, 1. 29, §. 5. ad leg. Jul. de adult. (48, 5), l. 1. §. 10. ad SC. Turpill. (48, 16)- Censorin. de die nat. c. 9. 11. vgl. mit Paul. rec. sent. IV. 9. §. 5. 1. 28, 1. 31. §. 22. de aedil. edicto (21, 1) — 1. 22. §. 1. 2. C. de jure delib. (6, 30) Nov. 115. c. 2. Bequemer und sachgemäßer würde es wohl allerdings sein, Statt der 30 Tage den Monat vielmehr von einem bestimmten Kalendertag an bis zu dem wiederkehrenden Kalendertag zu zählen, so daß z. B. ein Zeitraum von 3 Monaten,

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