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claro rio", wie weiße Tauben, die das Murmeln des Wassers in den Schlaf gewiegt hat.

Die Lage und den Charakter einer Anzahl Siedlungen können wir nicht allein aus den heutigen Bedingungen erklären. Sie haben eine andere Entwicklung durchgemacht; die politischen Verhältnisse einer längst vergangenen Epoche waren für ihre Lage bestimmend und prägen sich noch heute im Städtebild aus. Lage und Anlage kennzeichnen sie als ausgesprochene Schutzsiedlun

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absolut keine schützende Ortslage finden läßt, konnte eine Stadt wie Madrigal de las Altas Torres entstehen. Die Stadt (Fig. 2 und 3) ist mitten in der Ebene gelegen und schematisch von einer kreisrunden Mauer umgeben.

Arévalo dagegen hat sich in seinem Grundriß ganz dem Gelände angepaßt, auf dem die Stadt erbaut ist.

Auf dem nördlichsten Ausläufer des Spornes lag die alte Burg, nach Süden schloß sich die Stadt an, nach Westen und Osten durch die Talhänge der beiden Flüsse begrenzt.

Auch das alte Ávila (Fig. 5 und 6) paßt sich in seiner äußeren Form der steil abfallenden Höhe an, auf der die Stadt liegt. Nur die Ostseite war ohne natürlichen Schutz und daher besonders stark befestigt. Hier springt aus der Mauer heraus als Turm die gewaltige Hauptapsis der Kathedrale eines burgartigen Granitbaues. Aber auch nach allen anderen Seiten ist die Altstadt von starken Mauern umgeben, die noch heute gut erhalten sind und ein Musterbeispiel mittelalterlicher Verteidigungskunst darstellen (siehe Abb.).

Den vorgeschobensten Posten nach Süden stellt Barco de Ávila dar (Fig. 4). Es deckte den Übergang über den Tormes, der die Stadt

gleichzeitig gegen Süden schützte. Die hochgelegene Burg der Herzöge von Alba scheint die älteste Schutzanlage zu sein, an die sich später die Stadtmauern anschlossen und der ganzen Siedlung Schutz gewährten.

Allen diesen Städtchen ist der unregelmäßige Stadtplan, die winkeligen, schmalen Straßen und Gassen gemein, ganz unähnlich den rechtwinkligen Städten, wie sie die spanischen Eroberer in Amerika anlegten.

Die meisten von ihnen liegen an einer Hauptverkehrsstraße. An der Straße von Ávila nach Plasencia liegen Barco de Ávila und Piedrahita. Arévalo liegt an der großen Straße von Medina del campo nach Madrid.

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Am Südhange der Sierra de Gredos finden sich nur einige Burgen, keine befestigten Städte. Die unwirtlichen Höhen des Gebirges kamen für Kampfhandlungen nicht in Frage, und nur dort, wo die Puerta de Avila Straße von Talavera la Reina zum Paß del Pico hinaufführt, war ein Vorgehen möglich. An dieser Straße liegen die Burgen von Mombeltran, Candeleda und Arenas de San Pedro.

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Fig. 4. Barco de Ávila (1864) nach Coëllo. Der zusammengeschrumpfte Häuserkern im Ring der mittelalterlichen Stadtmauern

Einzelne dieser Schutzsiedlungen knüpfen an iberi

sche und römische Ortsanlagen an. Alle aber kamen mit ihrer Schutzlage erst voll zur Geltung, als zur Zeit der Reconquista der Kampf der Kastilier gegen die Mauren durch Jahrhunderte hindurch über das Scheidegebirge hin und her wogte, und die ganze Streitmacht des christlichen Spaniens sich von Norden her dem Gebirge zuwandte. In dieser Zeit des erhöhten Schutzbedürfnisses erhielten diese Siedlungen die schützenden Mauern, die wir heute noch teils wohlerhalten, teils als Ruinen vor uns sehen. Damals entstanden auch zahlreiche einzelne Burgen, die über das Land verstreut waren.

In diesen Schutzsiedlungen drängte sich während der Reconquista der kastilische Adel zusammen und brachte den Reichtum mit sich. Noch heute zeugen, besonders in Ávila, die mittelalterlichen Paläste spanischer Adelsfamilien von dieser Zeit. Sie erinnern mit den mittelalterlichen Befestigungen, den Kirchen und Klöstern der streitbaren Geistlichkeit an jene Periode des erhöhten Schutzbedürfnisses, die im 12. Jahrhundert, als die christlichen Spanier weit über das Scheidegebirge hinaus nach Süden vorgedrungen waren, zu Ende ging.

Für die heutige Bedeutung dieser Siedlungen kommen ganz andere Faktoren in Betracht. Einige von ihnen haben jede Bedeutung verloren.

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Arenal Häusertyp der Vera von Plasencia. Ziegelbauten, weiß gekalkt, reichliche Verwendung von Holz

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Ein Blick auf den Stadtplan von Madrigal de las Altas Torres zeigt uns die Entwicklung dieser Stadt in den letzten Jahrhunderten. Als sie noch wirklich die Stadt der hohen Türme war, füllten die Häuser ihrer Bewohner den Ring der Mauer aus. Heute ist die Stadt nicht etwa über ihre alten Mauern hinausgewachsen, sondern der Kern der Häuser ist zusammengeschmolzen und bedeckt nicht einmal mehr die Fläche, die die mittelalterliche Stadt einnahm.

Das gleiche gilt von Barco de Ávila (Fig. 4), das seine heutige Bedeutung nur noch seiner Verkehrslage im Mittelpunkt der Tormessenke und der Tatsache, daß es Kreishauptstadt ist, verdankt. Die Stadt ist der gegebene Marktplatz für die Bewohner der Tormessenke. Einst haben die Bauern hier unter dem Schutz der Stadtmauern und der Burg der Herzöge von Alba ihre Märkte abgehalten, und als das Schutzbedürfnis schwand, ist es dabei geblieben. Denn keine zweite Siedlung liegt so günstig im Tormestale wie Barco am Treffpunkt der Wege, die von Plasencia, Béjar, Salamanca, Ávila und vom Oberlauf des Tormes herkommen. Auch im Mittelalter wird das Bild kaum anders gewesen sein als heute, wenn die Bauern von allen Seiten zum Wochenmarkt zusammenströmen. Die Tragtiere hochbeladen mit den Erzeugnissen ihrer Gärten und Felder, um sie zu verkaufen und dafür ihre kleinen Lebensbedürfnisse einzutauschen.Dem Wochenmarkt und dem Kleinhandel mit den Siedlungen der Umgebung bis hinüber zum oberen Jertetal dankt es das Städtchen, daß es heute nicht zu einer völlig ländlichen Siedlung herabgesunken ist, wenn auch von seiner mittelalterlichen Bedeutung wenig übrig geblieben ist.

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Fig. 5. Ávila, die alte Stadt mit den mittelalterlichen
Stadtmauern

Eine günstigere Entwicklung hat Ávila (Fig. 5 und 6) durchgemacht. Seit Alphons VI. von Kastilien die Stadt im Jahre 1090 endgültig den Mauren entriß, sie wieder aufbauen ließ und aufs neue mit Mauern umgab, ist sie über die Umwallung hinausgewachsen. Gerade nach der Seite, die einst die gefährdetste und daher am stärksten befestigt war, hat sie sich ausgedehnt, denn nach Norden, Westen und Süden erschwerte das steil abfallende Gelände eine weitere Ausdehnung. Heute liegt der Mittelpunkt der Stadt, der Mercado grande, vor der Puerta del Alcázar, und die neueren Stadtteile haben die Nordbahn bald erreicht, während im Westteil der Altstadt die Häuser verschwunden sind. Ein Vergleich des Stadtplanes der alten Schutzsiedlung mit dem der heutigen Stadt zeigt uns die Umkehr der Entwick

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