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sagt indefs nicht, dafs sie sich in der Gegend von Lübeck gezeigt hätten. Gewifs aber ist es, dafs noch in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts Haufen dieser und ähnlicher Schwärmer in Deutschland ihr Wesen trieben 36). Auch die Kirchengeschichte Preufsens gedenkt der Secte der Weissen 37).

Ob die Büfsenden der dritten Periode auch bis zu unserm Pommern gekommen sind, davon schweigen, so viel ich weifs, unsere einheimischen Chronikanten. Wohl aber gedenken sie der Geifsler der zweiten Periode, und zwar ziemlich umständlich und in Verbindung mit dem grofsen Tode in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts 38). Sie geben ihnen den Namen der Loifskenbrüder oder Loitzkenbrüder; und Thomas Kantzow, der ausgezeichnetste unter unsern Chronikanten, erklärt diesen Namen, indem er sagt, sie hätten ihn geführt von den vielen Loitzken, die sie gesungen. Offenbar bezeichnet er mit diesem Namen die Lieder, welche sie sangen, und es wäre demnach das Wort Loifske oder Loitzke, was Königshoven und die Fasli Limpurgenses mit dem alten Worte Leis oder Lais bezeichnen 39), welches, wie auch ich dafür halte, sich aus

die letztern mit den erstern vermengt habe. Der Stifter der Albati, sagt Wolf, sey ein Presbyter gewesen, der von den Alpen herab nach Italien und darauf nach Rom gegangen sey, den aber Papst Bonifacius IX. aus Besorgnifs, dafs er ihm gefährlich werden könne, habe verbrennen lassen.

/36) Förstemann und Mafsmann an mehrern Stellen.

37) Hartknoch, Altes und Neues Preufsen (schon citirt von Schöttgen p. 8.) spricht von Albatis und Fratribus in albis; er meint also wohl diese letztere Art von Büfsenden. Man vgl. Förstemann S. 245, 246

und 254.

38) Ein alter Stralsundischer Chronikant, Niclas von Klempzen, Chron. manuscr., Thomas Kantzow in der Pomerania. Auch der Pommersche Kirchenchronikant Cramer gedenkt ihrer, wie wir schon oben (S. 253. Anm, 3.) gesehen haben. Man sehe den dritten Anhang, S. 267 f. 39) Vnd giengent je zwene vnd zwene vnd sungent jren leys vnd sungent maniger hande leys." Königshoven. ihr Laisen also: Ist diese Bedefahrt u. s. w. gemacht und singet man den noch. Und laisen ihnen ihre Vorsänger

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Und sungen

Der Laise war da

Kyrie eleis (Kyrie eleison), mit welchem Ausrufe schon in den frühern Jahrhunderten viele Strophen in den alten Kirchenliedern schlossen, gebildet hat 40). Man könnte sonst auch versucht werden, an das Plattdeutsche Wort loi, das Holländische loay, träge, faul, zu denken -die faulen Brüder. In einer Baierschen Relation werden die Flagellanten und Gartenbrüder zusammengestellt 41). Gardenbrüder, von garden, garderen, herumstreifen, rauben, plündern, ist so viel als herumstreifendes Gesindel 42). Der Pommeraner sagt noch jetzt Löschen, Lösiken, Löischen, für Mährchen.

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Erster Anhang.

Des Lübeckschen Chronikanten Detmar Bericht von dem schwarzen Tode.

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In demesulven iare (1350) des somers van pinxsten bet to sunte mychaelis daghe do was so grot stervent der lude in allen dudeschen landen, dat des ghelikes ne was ervaren unde het noch de grote dot, hirumme dat he mene1) was over vele lant, ok dat he kreftich was over vele lude, also dat an vele steden de teynde mynsche kume blef le

ihre Laisen." Fasti Limpurg. Die letztere Chronik theilt besonders viele Fragmente aus den alten Geisslerliedern mit, die nicht in das grofse, von Mafsmann vollständig bekannt gemachte Lied aufgenommen sind. Die Lais und Virilais der Franzosen sind bekannt. Manche Stellen des alten Geifslerliedes bei Mafsmann haben fast ganz die Form dieser Französischen Lais und Virilais, die aus kleinen Verszeilen bestehen, auf welche noch kleinere folgen. Man vergl. auch Förstemann, S. 258 in der Anmerkung t†, und Hoffmanns Geschichte des Deutschen Kirchenliedes, S. 68.

40) Auch Hoffmann ist S. 35 ff. dieser Meinung, so wie auch Jacob Grimm in der Recension von Hoffmanns Buche in den Göttingischen gelehrten Anzeigen, 1832, Augustheft, St. 138 und 139, S. 1380. 41) Man sehe unten den sechsten Anhang, S. 272.

42) Bremisch Niedersächsisches Wörterbuch, Th. 2. S. 487.
1) allgemein.

vendich. In der stad tho lubeke storven by eneme naturliken daghe sunti laurentii, van der enen vesper tho der anderen XXV hundert volkes betolt 2). De lude ghinghen alse doden unde er sturven vele van angheste unde vruchdeten, wente se weren des umbewonet. Wat de sake weren des stervendes unde der anderen, de darna quemen, dat is gode bekant unde is vordecket an den vorborghenen schatten siner grundelosen wisheyt, allenen, dat vor is hir beschreven, dat de planeten unde sternen scholden anvlote gheven to deme stervende. Dat is war, dat se nicht en synt de erste unde hogheste sake, mer 3) god allenen; de planeten sint men instrumenta unde tekene, vormiddels den werket god unde vullenbringhet sinen willen. Ik love, dat de bosheit der lude, de sik vormeret an der lesten tyd der werlde unde wert io groter unde groter, si en sake dar sik umme vormeren ok de wrake 4) der pyne, also de lerer willen der hilgen schrift. Unde is dat also, so sint desse stervende, orloghe 5), vorretnisse unde al de plaghe, de nu scheen, mer de tekene, de cristus heft ghesproken in den hilgen evangelien, dat se scholen scheen vor der lesten tyd; wu langhe vore, dat is nicht beschreven, wente dat god is alleneghen bekant." - Chronik des Franziscaner Lesemeisters Detmar, nach der Urschrift und mit Ergänzungen aus andern Chroniken herausgegeben von Dr. F. H. Grautoff. Th. 1. Hamburg 1829. gr. 8. S. 276 und 277. Schon früher hatte Heinrich von Seelen: Selecta litteraria etc. Lubecae 1726. Ed. sec. p. 138-139, not. 4., Detmars Erzählung mitgetheilt. Detmar oder Dethmar, Lector oder Lesemeister in dem Franciscanerkloster zu St. Katharinen zu Lübeck, der höchst wahrscheinliche Verfasser des ersten Theils dieser Chronik, fing im Jahre 1385 an, dieselbe zu schreiben, und zwar im Auftrage zweier Mitglieder des Lübeckschen Magistrats.

2) gezählt, wie ich glaube,

3) aber, sondern.

4) Jammer, Elend.

5) Kriege.

Hist. theol. Zeitsehr. III. 2.

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Die sogenannte Wendische Chronik oder Fortsetzung der Chronik des Helmold sagt: „Int yare unses heren dusent CCCXXIIII aver etlike iare was eine pestilentie, welke mangk deme volke was gheheten de grote doeth, aver alle de werlit dat volk vorhatede, so dat in deme iare unses heren dusent CCCL in dudesche lande unde alle ere provintien, beyeren, svaven, vranken ectr: so dat allet volk was bemoyent unde wenent yn allen den vorbenomden landen." Ebendaselbst bei Grautoff, S. 444. Die Jahreszahl 1324 ist offenbar falsch. Auch unsere Pommerschen Chronikanten gedenken bei den Jahren 1348 u. s. w. dieses grofsen Todes. Man sehe die Auszüge aus Stralsundischen Chroniken in der von D. Zober und mir besorgten Ausgabe von Johann Berckmanns Stralsundischer Chronik. Stralsund 1832. S. 162., und Thomas Kantzow, Ausg. von Kosegarten, Th. 1. S. 370. Beim Jahre 1368 wird bei Kantzow wiederum eines grofsen Ster-' bens gedacht und eine Stelle aus der Matrikel des Klosters Mariencron mitgetheilt:,,vhast bey zwanzig jaren hat die pestilentz schyr die gantze welt vberfallen."

Zweiter Anhang.

Detmars Bericht über die Geissler vor Lübeck.

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,In demesulven iare (1349) bi paschen do quemen lude, der was vele, unde is selten to sprekende, wente se ghinghen alle ane hovet als de prophecia vorghesproken hadde unde weren verkerer des rechten ghelovens. Dit hovedlose volk waren de gheiselbrodere, de dar ghinghen in manighen landen unde sloghen sik mit swepen 1), dar nátelnstifte inne weren, wente de sette, de se hedden ghesettet, was noch ghegheven van unseme gheistlikeme vadere, deme pavese, de en hoved is der hilghen kerken, noch van ienighen biscope, dar se ieneghe rechte bewisinghe van hadden; darumme mochten se wol hovedlose lude heten. Dersulven hoved

1) Peitschen,

losen geiselbrodere quam en rote vor de stad to lubeke unde leten werven to den heren, dat se mosten in de stad ghan, ere sette unde eren orden to wisende. Do bespreken sik de heren mit deme biscope van lubeke unde mit wisen papen unde mit moneken, de spreken, dat it nen recht levend were, unde men scholde se to rechte bannen; also vort kundeghede se de biscop to banne. Do ne wolden ok de rathmanne en nen orlof 2) gheven in de stad to ghande, wente de heren hadden anghest, weren de hovedlosen lude in de stad ghekomen, dat vele ghuder lude in densulven misloven ghekomen unde ghetreden weren. Doch quam er en del darin, de nemen de heren unde leten se setten to des vronen hus; ok hadden desulven hovedlosen lude to kolne an deme ryne de ioden dod gheslaghen unde in anderen ghuden steden papen unde ghude lude gheslaghen, unde we ok up ere sette gicht sprak 3), den shloghen se, wor se des bekomen kunden. Mer do desse rede van dessen luden vor den paves clemens quam unde so unredlik was, do let he se bannen over al de hilghen kerken." Grautoff a. a. O. Th. 1. S. 275. Auch schon früher abgedruckt in Henr. a Seelen Selecta litteraria, p. 150-152.

Dritter Anhang.

Die Loifskenbrüder in Pommern.

1.

Wo die Loifskenbröder giengen.

,,Anno 1309 do giengen de Loifskenbröder van einer stadt tho der andern mit einer procession. Dat deden se vmme de leue vnses heren Jesu Christi; wente se hadden anders nicht, wat en de lude geuen vm der leue gades wil-.

2) Erlaubnifs.

3) Hier so viel als: wer auf ihre Secte schalt, ibr Böses nachsagte, sie anklagte.

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