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28. Neben einem guten Nachbar mufs man wohnen, und in Verbindung stehen mit einem guten Freunde.

29. Wer sich dem Himmel unterwirft, erhält sich; wer sich dem Himmel widersetzt, zerstört sich.

30. Der Mensch stirbt für sein Geld; der Vogel berstet, wenn er zu Viel frifst.

31. Giebt dir Jemand einen Ochsen, so gieb ihm ein Pferd wieder.

32. Bist du standhaft und ernst, so wird es dir stets wohl gehen; bist du verschmitzt und ein Lügner, so wirst du stets im Elende seyn.

33. Unter Dreien, die mit, dir gehen, ist sicher Einer, der dein Meister seyn kann.

34. Beunruhigest du dich über das, was ferne liegt, so ist das Unglück unstreitig dir nahe.

35. Für den, dessen Geist nicht verdunkelt ist, sind alle Gesetze klar.

36. Giebst du Almosen am Tage, so wird der Lohn dir in der Nacht werden.

37. Die Worte, die der Mensch zu sich selbst spricht, hört der Himmel, so wie den Donner.

38. Die Dinge, die verborgen sind in den Falten des Herzens, werden von den Geistern gesehen, so wie die Blitze.

39. Wisse, die Lügen und der Betrug in deinem Innern waren schon zuvor den Geistern bekannt.

40. Der Mensch, der aus der Ferne kommt, wird verachtet; die Waare, die aus der Ferne kommt, wird geschätzt.

41. Man kann Mitleid haben mit dem Mörder; aber Vernunft und Gerechtigkeit fordern, dafs man ihm nicht verzeihe.

42. Die Wünsche des Menschen können mifslingen; aber er mufs sich den Gesetzen des Himmels unterwerfen.

43. Ueberall giebt es gelbes Gold in der Welt; aber Menschen mit weifsem Barte und weifsem Haare sind selten.

Hist. theol. Zeitschr. III. 1.

2.

44. Sage nicht: das gelbe Gold ist etwas Köstliches; Ruhe und Frohsinn, wenn du sie besitzest, sind viel köstlicher.

45. Werde nicht zornig um eine Kleinigkeit; ein junger Kopf wird bald weifs.

1

46. Hundert Jahre kommen und vergehen; während man das Haupt wendet, fällt Alles in sein Nichts.

47. Der Ochse, der den Pflug zieht, hat weder Ruhe noch Heu; aber die Maus auf dem Kornboden hat Korn die Fülle.

48. Alle Dinge sind zuvor bestimmt von Ewigkeit her: warum denn ein irrendes Leben führen und sich viele Mühe geben um Nichts?

49. Verbinde dich mit tugendhaften Freunden und verlasse die leichtsinnigen Freunde.

50. Strebe stets, deine eigenen Lüste zu besiegen, und beobachte ehrfurchtsvoll die Gesetze und die Gebräuche.

51. Menschen von grofser und schöner Seele sind stets ruhig und zufrieden; aber Leute von kleiner Seele sind stets unzufrieden und verdriefslich.

52. Indem du eine Sache untersuchst, lernst du ihre starken Seiten kennen und ihre schwachen; die Gestalt eines Menschen zeigt dir, was er Gutes und Schlech

tes hat.

53. Ist das Herz übermüthig, so ist langsam der Gang der Geschäfte; ist das Ufer hoch, so ist verborgen der Lauf des Wassers.

54. Das tiefe Wasser fliefst langsam; Menschen von Ehre reden und gebieten mit Sanftmuth.

55. Der Drache und der Tiger gehorchen einem erhabenen Geiste; die Genien und Dämonen ehren den Tugendhaften und Ernsten.

56. Der bejahrte Mann kann über die Vergangenheit und Gegenwart urtheilen; ist eine Sache gut, so wächst ihr Preis fortwährend.

57. Bist du im reifen Alter, so rechne nicht auf deine Kräfte; bist du im Abnehmen, so nimm die Stunden in Acht.

58. Die Zweige des Theng-khua wachsen, indem sie sich an den Baum hinaufschlängeln; der Baum fällt, und die Zweige des Theng- khua sterben mit ihm 1).

59. Wenn der Mandarin fett geworden ist, so verwelkt er wie eine Blume; wer sein Ansehen verloren hat, wird selbst von seinen Sclaven verspottet.

60. Wenn das Glück einem Menschen günstig ist, so fürchten ihn die Dämonen; aber wenn seine Zeit dahin ist, so kommen die Dämonen und greifen ihn an.

61. Wenn wir an einem Fufs Erde hangen, warum sollten die Menschen sich Mühe um uns geben?

62.

Der Mensch ist nicht glücklich während tausend Tage; wenn die Blume gepflückt ist, so verwelkt ihre rothe Farbe.

63. Der Mensch, der zehn Jahre hindurch sich eines günstigen Geschicks erfreuet, wird weder durch die Genien noch durch die Dämonen beunruhigt.

64. Giebt es in der Küche Ueberreste von Speisen, so giebt es auf der Strafse hungrige Menschen,

65. Wer den Menschen nachgiebt, ist keinesweges unverständig; denn späterhin zieht er seinen Vortheil davon.

66. Wer nur mittelmäfsige Gaben hat, wird nie ein vollkommener Mann werden; wer sich niemals ereifert, wird niemals Tapferkeit haben.

67. Ist der Weg lang, so erkennt man die Stärke des Pferdes; eine lange Reihe von Tagen lehrt uns das Herz des Menschen kennen.

68. Habe stets das Herz der Weisen vor Augen und denke ohne Aufhören an die Unternehmungen der Tapfern.

69. Die dem Fluge der wilden Gans unzugänglichen Oerter sind nicht unzugänglich dem Menschen, der nach Reichthümern und Ruhm trachtet.

70. Wenn ich ein Herz besitze, wie die drei grofsen

1) Theng-khua, Chinesisch: Theng lo, eine Pflanze, die dem Hopfen gleicht.

Flüsse 2), so haben die Menschen kein Herz, das den vier Meeren gleicht.

71. Hast du Geld, so wende es an; denn nach dem Tode fällt Alles in Nichts.

72. Der Mitleidige wird niemals reich seyn und der Reiche niemals mitleidig.

73. Der vollkommene und hochgesinnte Mensch kennt nur die Gerechtigkeit; die kleinen Seelen kennen nur den Gewinn.

74. Für den Armen ist es schwer, nicht unzufrieden zu seyn; für den Reichen ist es leicht, nicht übermüthig zu

seyn.

75. Alles, sagt man, ist vorher bestimmt auf hundert Jahre; fast Nichts geschieht, wie der Mensch es will.

76. Wenn man in seinem Hause seinem Vater und seiner Mutter Ehrfurcht beweiset: warum noch weit gehen, um Specereien zu verbrennen 3)?

77. Ist Eintracht in einem Hause, so kann es arm und doch glücklich seyn: warum denn unrecht erworbene Reichthümer besitzen?

78. Bessere bei klarem und trockenem Wetter die Röhre aus, welche das Wasser aus deinem Hause führt, damit sie in gutem Stande sey, wenn ein Platzregen kommt.

79. In einer armen Familie wird ein ehrenvoller Sohn geboren; aus einem Hause ohne Glanz gehen Grafen und Staatsminister hervor 4).

80. In dem Ursprunge giebt es keinen Keim zu einem General oder zu einem Minister; der Mann von Ehre wird es durch seine eigenen Thaten.

81. Wer in die Fufsstapfen des Confucius treten will, mufs wenigstens einen Tag hindurch rein seyn.

82. Unter dreitausend Schülern finden sich nur zwei und siebenzig weise.

2) Die drei grofsen Flüsse in China sind der Kiang, der Huang ho und der Han.

3) Warum noch opfern in den Tempeln der Götter?

4) Kung und Khing.

83. Willst du Mensch seyn, so suche die Ruhe nicht; wer die Ruhe sucht, ist kein Mensch.

84. Ist die Regierung gerecht, so ist wohlwollend das Herz des Himmels; ist der Mandarin gerecht, so ist das Volk zufrieden und ruhig.

85. Wenn die Frau weise ist, so hat der Mann wenig Ursache zu klagen; hat der Sohn kindliche Liebe, so ist ruhig das Herz des Vaters.

86. Die meisten Wolken gehen fort, ohne sich aufzuhalten; der klare Himmel bleibt stets an seiner Stelle.

87. Das Glück kommt nicht zu uns, weil wir uns über die Unglücksfälle des Lebens beklagen.

88. Habe Geld, und Jedermann wird verstehen, was du sagst; sey ohne Geld, und Niemand wird begreifen, was du sprichst.

89. Der Zorn gleicht dem Feuer in einem Windsturme: er verbrennt die für den Winter bestimmten Kleider.

90. Das Leben des Menschen dauert nicht hundert Jahre ; aber er trägt in seinem Innern das Unglück von tausend Jahren.

91. Derjenige, welcher, so wie er ankommt, sagt: ,,Das verhält sich nicht so," ist sicher ein streitsüchtiger Mensch.

92. Thust du Gutes, so wirst du guten Lohn empfahen; thust du Böses, so wirst du bösen Lohn empfahen.

93. Dieser Lohn kommt schnell oder langsam; aber das Glück oder Unglück kommt ohne Schonung.

94. Die Pflanze blüht einst wieder; der Mensch kann nicht wieder jung werden.

95. Wenn der Mensch nicht daran denkt, dem Tiger Böses zu thun, so denkt der Tiger daran, dem Menschen Böses zu thun.

96. Vertieft man sich in die Gebirge, so ist es leicht, einen Tiger zu fangen; aber schwer ist es, den Mund zu öffnen, um von Andern Etwas zu erbitten.

97. Ein getreuer Unterthan scheuet den Tod nicht; wer den Tod scheuet, ist kein getreuer Unterthan.

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