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liche Sache, oder über verschiedene benachbarte Grundstücke von gleicher Qualität und Quantität beygebracht worden, so daß der damalige gemeine Werth von Sachen dieser Art mit Zuverläßigkeit daraus erkannt werden kann; so fann der auf solche Art geführte Urkundenbeweis wohl keinem gegründeten Zweifel weiter unterworfen seyn 59). Und so ist es denn auch hier wahr, was Kr. Constantin sage L. 15. Cod. de fide instrumentor. In exercendis litibus eandem vim obtinet tam fides instrumento

rum, quam quam depositiones depositiones testium. testium. Gewöhnlicher ist aber freylich in solchen Fällen II) Der Zeugenbe weis. Die Zeugen brauchen aber nicht gerade vers pflichtete Schäßer (pretii rerum aestimatores) ju seyn, wie man insgemein man insgemein behauptet 6), sondern es werden zum Beweis der Verlegung über die Hälfte wah re Zeugen erfordert, welche von dem Werthe, den ders gleichen Sachen, von deren Preis die Rede ist, zur Zeit des geschlossenen Handels hatten, hinlängliche Wissenschaft haben 6*). Man` unterscheide also ja kunstverständige

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59) HANNESEN cit. Diss. §. 28. et 29. Mich. God. WERNHER lectiss. Commentat. in Pand. h. t. §. 5. in fin. und Thibaut System des Pandecten Rechts 1. B. § 198.

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60) Hug, DONELLUS Comm. ad L. a. Cod. h. t. nr. 5. fagt: Proinde erit prudentiae iudicis, ad eam aestimationem admittere non quoslibet, sed, peritos earum rerum aestimatores, quales in omnibus locis fere semper multi reperiuntur. Eben fo LAUTERBACH C. 1 §. 22. LUDOVICI Doctrin. Pand. h. t. §. 2. STRUV Synt. iur. civ. Ex. XXIII. Th. 86. MALBLANC Princip. iuris Rom. P. III. §. 551. IV. u. a. m.

61) S. HANNESEN Dss. cit. §. 35.

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Schäßer und Zeugen des Werths, den eine Sache zu ei.' ner bestimmten Zeit gehabt hat. Beyde müssen nach ganz verschiedenen Grundsäßen beurtheilt werden **), und es ist ein großer Irrthum vieler Rechtsgelehrten, wenn sie die Grundfäße von Kunstverständigen auf die bey diesem Be weise erforderlichen Zeugen anwenden. Denn Kunstverstän dige sind kein Beweismittel, fondern es sind Gehülfen des Richters bey der Beurtheilung eines streitigen Gegenstans des. Daher sind solche Personen insgemein schon öffent lich ernannt, und auf alle vorkommende Fälle beeidiger, und wo dieses nicht ist, müssen sie von beyden Partheyen in gleicher Anzahl ernannt werden, und auch der Richter hat eben so viele, als einer der streitenden Theile, zu ers nennen. Allein die Zeugen sind Beweismittel, und wer. · den daher blos von der Parthey ernannt, dem der Beweis obliegt, ohne daß dem Richter dabey eine Wahl zusteht. Diese follen hier blos über ein Factum der vergangenen Zeit ihre Wissenschaft eröfnen. Auf ihr eigenes Urtheil oder Meinung kommt es nicht an. Schäßer hingegen ur theilen über das, was gegenwärtig ist, nach ihrer Ein. ficht. Ihre Aeusserung ist also nicht wie eine Zeugen.. Deposition, fe dern als ein Gutachten anzusehen, welches dem künftigen Urtheil des Richters zur Basis dient. Sind ferner die Kunstverständigen ben Schäßung einer Sache verschiedener Meinung, so treten hier ganz andere Grundsäße ein, als wenn die Zeugen in ihren Aussagen

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62) Man vergleiche hier die gründliche Abhandlung von Beurtheilung durch Kunstverständige in Gönners Handbuche des deutschen gemeinen Prozesses 2. Band Nr. XLV. der zweyten Auflage. S. 429. ff.

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dem “Verkäufer, als eine laesio enormis bestimmt hat, verlegt sey, wenn er dafür 16 Rthlr. bezahlt hat, was nur 10 Rthlr. werth ist. Nur dann ist also ein völlig gleiches Verhältniß vorhanden, wenn der Käufer mehr als 20 Rthlr. für eine Sache bezahlt hat, welche .nur 10 Rthlr. werth ist. Offenbar irrt also die Gloffe, wenn sie ein gleiches Verhältniß zwischen beyden Theilen schon dann annimmt, wenn jeder Contrahent 6 verliert, ohne zu bedenken, daß die 6 zu 16, welche der Käufer be. zahlt hat, sich nicht auf gleiche Weise wie die 6 ju 10 verhalten, welche der Verkäufer an Werth gegeben hat; und also derjenige, welcher 16 giebt, und 6 verliert, nicht eben so verlegt werde, wie derjenige, welcher 10 giebt, und gleichfalls 6 verliert. Denn das sieht doch wohl ein jeder von selbst ein, daß derjenige, welcher nur den dritten Theil des Seinigen verliert, nicht gleichen Schaden leide, wie derjenige, welcher die Hälfte verliert. Würde nun nicht nach der Berechnung der Glosse der Käufer mehr begünstiget werden, als der Verkäufer? Um sich hiervon noch mehr zu überzeugen, darf man nur von dem Begriff der Läsion ausgehen. Eine Verlegung ist vorhanden, wenn man weniger empfieng, als man dagegen gab, und dage. gen hätte erhalten sollen. Ist also das Empfangene dem Gegebenen gleich, so ist keine Verlegung denkbar. Denn man hat nichts verloren. Je größer oder geringer nun die Ungleichheit zwischen dem Empfangenen und dem Ge. gebenen ist, desto größer oder geringer ist die Låsion. Diese Ungleichheit ist also der einzige wahre Maasstab, die Größe der Verlegung zu berechnen, indem man das, was dem Verleßten fehlt, mit dem, was er gab, und wofür er eben so viel wieder håtte bekommen sollen, nach

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geometrischen Verhältniß vergleicht. Wenden wir diese Regel auf den Kaufcontract an, so ist nach derselben der Verkäufer verlegt, wenn er ein geringeres Kaufgeld er. hielt, als der Werch der Sache erforderte. Der Käufer hingegen, wenn er eine größere Summe bezahlt hat, als der Werth der Sache mit sich brachte. In beyden Fållen ist also ein gewisses Ganzes anzunehmen, in Beziehung auf welches die Läsion der Contrahenten nach einem geometrischen Verhältniß zu bestimmen ist, und welches folglich den Maasstab giebt. Das Ganze, wors. nach das minus des Verkäufers zu bemessen ist, ist der wahre Werth der Sache. Denn der Verkäufer muß, um nicht verlegt zu werden, einen dem Werth der Sache gleichkommenden Preis erhalten. Das Maas der Lasion auf Seiten des Verkäufers bestimmt also der wahre Werth der Sache. Dieses verum et iustum rei pretium wird daher auch in der L. 2. C. h. t. mit Recht bey der Bestimmung der Größe einer enormen Verletzung auf Seiten des Verkäufers zum Maasstabe angenommen. Das Ganze hingegen, wornach das Plus des Käufers zu bemessen ist, kann keinesweges das iustum, sondern das solutum pretium feyn. Die Kaufsum. me, welche er bezahlt hat, giebt also auf Seiten des Käufers den Maasstab zur Ausmittelung der erlitte. nen Låsion ab. Denn um gar nicht verlegt zu werden, muß der Käufer von dem Verkäufer eine Sache erhal ten, die so viel werth ist, als der dafür bezahlte Preis beträgt. Was also dem verlegten Käufer fehlt, und was er verliert, fehlt ihm und verliert er nicht an dem wah. ren Werthe, denn dieser bleibt ihm, da er die Sache selbst erhält, unvermindert; sondern es fehlt ihm an dem

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was er für die Sache bezahlt hat, denn daran hat er, weil er nicht eben so viel an Waare dagegen er hielt, einen Theil verloren. Demnach ist also die Ver legung des Käufers nach einem geometrischen Ver hältniß dessen, was ihm fehlt, zu dem, was er bezahlt hat, zu bestimmen. Nun vergleiche man damit die Geseze selbst L. 2. et 8. Cod. h. t. und man wird finden, daß sie damit auf das genaueste übereinstim men. Die Kaiser verordnen nåmlich, daß der Verkäufer alsdann enorm verlegt sey, und auf Rescißion des Con tracts flagen könne, wenn er weniger, als die Hälfte des wahren Werths, welchen die Sache zur Zeit des geschlossenen Contracts hatte, oder, welches eben so viel ist, wenn er noch nicht die Hälfte dessen erhielt, was er gab, und was er für die verkaufte Sache håtte bekommen sollen. Die Größe der enormen Låsion wird also hier nicht nach einer bestimmten Geldsumme, sondern nach dem geometrischen Verhältniß dessen, was dem Verkäufer an dem wahren Werthe fehlt, zu dem, was er hätte erhalten sollen, gefchäßt. Beträgt nun das, was er gab, über zweymal mehr, als das, was er dagegen empfing, so ist er enorm verleßt. Der gefeßliche Begriff der Verlegung über die Hälfte bey dem Verkäufer ist also der, wenn das Verhältniß oder die Uns gleichheit des empfangenen Kaufgeldes zum wahren Werthe der verkauften Sache größer ist, als die Hälfte dieses Werths. Soll nun als so der Käufer mit dem Verkäufer in ein gleiches Ver hältniß gesetzt werden, so muß man nothwendig fagen, der Käufer sey alsdann enorm oder über die Hälfte verlegt, so daß er auf Rescißion des Contracts flagen

fann,

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