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Ausdehnung zu. Dieser Gründe ungeachtet hat dennoch die entgegengesette Meinung von jeher ben weitem die meis sten Anhänger gehabt. Ob sie schon den Griechen gefallen habe, wie Robert 64), einer der eifrigsten Vertheidiger derselben, behauptet, ist sehr zweifelhaft. Die Stelle aus Harmenopulus 65), worauf er sich beruft, ist wenigstens corrupt, wie Cujas 66) sehr deutlich gezeigt hat. Dahin. gegen spricht die Novelle 2. des griechischen Kaisers Romanus Senior ausdrücklich nur von dem Verkäufer 67). Soviel ist aber gewiß, daß schon die Glosse sowohl des römischen als des kanonischen Rechts die L. 2. auf den Käufer ausgedehnt. Unter den neuern Rechtsgelehrten ha. ben für diese Meinung vorzüglich gestritten Hugues Doneau 68), Hubert von Giffen 69), Johann Jacob Wissenbach 7°), Gerhard Noodt ”), Johann Voet 72), Wolfgang Adam Lauterbach 78), Samuel

64) Animadversion. Lib. II. cap. 13.

65) Manuale Legum Lib. III. Tit. 3. nr. 72.

66) Mercator Lib. II. cap. 13.

67) Auch die Basilica Tom. II. Lib. XIX. Tit. 2. pag. 381 haben hierin nichts geändert.

68) Hug. DONELLUS Comment. ad L. 2. Cod. de resc. vendit. nr. 17. pag. 328. (Francof. 1599. f.)

69) Hub. GIPHANIUS Explanat. difficilior et celebrior. LL. Cod, ad L. 2. C. h. t. ad verb. Distraxerit. pag. 307. sqq. 70) In libros VII. Cod. Commentat. ad L. a. C. eod. pag. 316.

71) Commentar. ad Dig. h. t. (Operum Tom. II. pag. 411.) 72) Comment. ad Pand. h. t. §. 5.

73) Colleg. th. pr. Pand. h. t. §. 23.

kaufe eines Hauses enorm verlegt worden.

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Hier wäre Ihm nach den Worten des Gefeßes nicht zu helfen. Wie ungereimt! Schon Cicero 28) sagt: Quod in re pari valet, valeat in hac, quae par est: ut quoniam usus auctoritas FUNDI biennium est, biennium est, sit etiam AEDIUM. At in lege AEDES non appellantur? valeat aequitas, quae paribus in causis 'paria iura desiderat. Go wie also die Billigkeit erheischt, das Gefeß, welches von fundo spricht, auch auf aedes anzuwenden, so ist ja offen bar auch gleicher Grund der Billigkeit bey dem Verkauf beweglicher Sachen vorhanden, wenn sie besonders von bedeutendem Werthe sind. Nun gründen aber die Kaiser Diocletian und Maximian ihre Verordnung blos auf Billigkeit. Humanum est. Wie wenig ihnen in der That daran gelegen gewesen seyn müsse, ob der Gegenstand des Handels gerade ein fundus oder eine andere Sache war, sieher man noch deutlicher aus den ganz allgemein gefaß. ten Anfangsworten: REM maioris pretii si tu vel pater tuus minoris distraxerit. In den Basiliken 22) geschieher daher auch des fundi gar keiner Erwähnung. Und hierin stimmen denn auch die meisten Rechtsgelehr ten 20) mit mir überein.

28) Topic. Cap. 4. in fin.

29) Tom. II. Lib. XIX. Tit. 1o. pag. 402.

Es

30) Reinh. BACHOVIUS Not. et Animadvers. ad Treutlerum. Vol. II. Disp. II. Th. 10. lit. A. Io. VOET Comment. ad Pand. h. t. §. 12. Ant. SCHULTING Thes. controv. Dec. LXVII. Th. 3. Ar. PINELUS Comment. ad L. 2. Cod. de resc, vendit. P. II. Cap. II. nr. 17. Ger. NOODT Comm ad Dig. h. t. pag. 411. Pet. MÜLLER ad Struvium Ex.

abzusprechen. Diesen also von der Wohlthät des Gefeßes auszuschließen, streitet nicht nur gegen die Absicht der Geseggeber, weil dieses durch ein argumentúm a contrario geschehen müßte, welches bey Rescripten in dem Justi nianeischen Coder höchst bedenklich und unzuverläßig ist 78); sondern es streitet auch gegen den ganzen Geist des Coder, nach welchem die darin aufgenommenen Rescripte nicht als Gesetz blos für den Fall zu betrachten sind, welchen fie betrafen, sondern die diesen Fall betreffende Entscheidung auch als Entscheidung jedes andern gleichen Falles zu be trachten ist 79). Denn die Kaiser entschieden in ihren Rescripten die ihnen vorgelegten Fälle insgemein nur nach dem gemeinen Recht. Nach dem Princip des gemeinen Rechts ist es aber beyden Theilen erlaubt, sich durch wohl. feilen Kauf, oder theuren Verkauf einen Vortheil zu vers schaffen, so lange nicht die Ungleichheit zwischen dem, was ein Theil dem andern giebt, und dagegen empfängt, bis zu dem Grad einer abzuåndernden Unbilligkeit hinaufsteigt. In emendo et vendendo naturaliter concessum est contrahentibus fe invicem circumscribere 8°). Es muß also auch jedem Theile das Recht zustehen, sich über Verlegung zu beschweren, wenn die Ungleichheit jenen Grad der Unbilligkeit erreicht hat, welchen das Gefeß emendirt wissen will, und es hätten daher die Kaiser bey dem Käufer nicht anders entscheiden können, als sie bey dem Verkäufer entschieden haben. Man erkennt dieß 2) noch

78) S. Ger. NOODT in Dioclet, et Maximiano. Cap. 2. 79) Thibaut Theorie der logischen Auslegung des Róm. Rechts.

S. 31.

80) L. 16. §. 4. D. de minorib.

Glücks Erläut. d. Pand. 17. Ch.

L. 22. §. ult. D. Locati.

C

noch mehr daraus, weil die Kaiser den Grund ihrer Ent scheidung in der Billigkeit feßen. Humanam est etc. Diese Billigkeit hat aber offenbar nicht in einer besondern Begünstigung der Verkäufers, sondern in der enormen Verlegung desselben ihren Grund. Die Wohlthat dieses Gefeßes ist also ein beneficium causae, non personae, es muß folglich auch nach der Absicht des Gesezes dem Käufer in demselben Falle eben so gut, wie dem Verkäu. fer, zu statten kommen. Denn daß der Verkäufer immer aus Noth zu wohlfeil verkaufe, weil in einigen hierher gar nicht gehörigen Gefeßen von einem Verkauf aus Noth die Rede ist, ist, wie Wissenbach mit Recht sagt, eine inepta differentiae ratio; da der Fall gewiß nicht seltener ist, daß auch der Käufer aus Nothwendigkeit kauft. Håtten nun die Gesetzgeber ihre Entscheidung auf jenen Grund wirklich gebauet, so wåre er viel zu wichtig gewes fen, um ihn so ganz mit Stillschweigen zu übergehen. Endlich 3 den Ausschlag für das gleiche Recht des Kau fers giebt die Natur des Contracts. Denn bey einem Ge. schäft, das seiner Natur nach den beyderseitigen Vortheil bezweckt, wäre es, wie Zirkler 8*) ganz richtig fagt, eine Aufhebung des Gleichgewichts der gegenseitigen Ver-` hältnisse, wenn man dem einen Theile eine Rechtswohl. that wollte angedeihen lassen, die nicht unter völlig gleich. chen Umständen auch dem andern Theile zu statten kåme.

II. Die andere Frage, welche eben so streitig ist, bes trift die Berechnung der Verlegung über die Hälfte auf Seiten des Käufers. Darin sind zwar alle Rechtsgelehr.

ten

81) Revision der wichtigsten Lehren des positiven Rechts. 2. Th. S. 82.

.

ten einverstanden, daß zwischen beyden Theilen, dem Kau fer und Verkäufer, ein gleiches Verhältniß beobachtet werden müsse, weil beyde gleiche Rechte haben. Allein nach welcher Norm diese Gleichheit zu bestimmen sey, dieß ist eigentlich der Punct, worüber gestritten wird. Es giebt hierüber bekanntlich zweyerley Meinungen.

I. Die eine Parthey hält den Käufer schon dann für enorm verlegt, und der Wohlthat des Gefeßes würdig, wenn er, außer den wahren Werth der Sache, noch etwas über die Hälfte desselben bezahlt hat. 3. B. der Käufer hat für eine Sache, die nur 10 Rthlr. werth ist, 16 Rthlr. bezahlt. Dieß ist die Meinung der Glosse. Nicht nur A30 82) und Accursius 83) vertheidigten sie, sondern auch die Gloffatoren des Canonischen Rechts 84). Ihr stimmten auch Baldus o1) und Bartolus 86) beŋ. Vorzüglich aber gaben ihr unter den spanischen Rechtsgelehr. ten Johann Gutierrez 87), Didacus Covarruvias a Leyva 88), Anton Gomez 89) und Augustin Bar,

C 2

82) Summa in ius civ. Tit. de resc. vend. nr. 4.

83) Gloss. ad L. 3. C. h. t.

bosa

84) Glossa ad cap. 6. X. de contrah. emt. verb. Dimidium. 85) Com. in Cod. h. t. nr. 21. fol. 133. b. (Lugd. 1556.)

86) Oper. (Frfti.) P. II. fol. 1008.

87) Pract. Quaestion. Lib. II. Qu. 133. in Eiusd. Operib. Francof. 1619. p. 324. sqq.

88) Variar. Resolut. Lib. II. Cap. III. nr. 8. (Operum Lugduni 1661. f. Tom. II. pag. 124. sq.)

89) Varior. Tom. II. Cap. 2, nr. 22.

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