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S. 1055.

Wer trägt bey der Locatio conductio operis den Schaden, wenn das bestellte Werk zu Grunde geht?

Da bey der Locatio conductio operis (Werk. verdingung) die Dienste eines Künstlers oder Hand. werkers zur Ausführung eines zusammenhängenden Ganzen 3. B. eines Gebäudes, eines Kleides u. dgl. gedungen wer, den; so entsteht C) die Frage, wer den Schaden tragen müsse, wenn das Werk zu Grunde geht, welches Jemand bey einem Künstler oder Handwerker bestellet hat? Hier ist zu unterscheiden.

1. Das Werk ist zu Grunde gegangen, nachdem es vollendet, und von dem Besteller als tüchtig angenommen worden war. Hier trägt der Besteller den Schaden; der Werkmeister ist von allem Anspruch frey, wenn auch ein Fehler in der Arbeit den Zufall verursacht haben sollte 96). Es ist hier gerade so, als wenn ein Gläubiger sich einen schlechten Schuldner hat überweisen lassen, oder einen schlechten Bürgen als tüchtig angenommen hat 97).

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Er

muß sich ihn nachher gefallen lassen, denn es ist seine Echuld, daß er ihn so willfährig annahm. Es muß nur aber

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frey.

96) I. 36. et 37. D. h. t. L. 62. D. eodem. L. 1. §. ult. D. de pollicitat. VOET Comm. ad Pand. h. t. §. 37. Verb. Plane si locator etc. Hug. DONELLUS Commentarior. iuris civ. Lib. XIII. Cap. 9. in fin. STRUV Synt. iur. civ. Exerc. XXIV. Th. 24. Westphal von Kauf ic. §. 934. und Car. Aug. HAASE Comment. iuris civ. II, de opere locato et conducto. Cap. V. §. 1. p. 33. Man sehe jedoch PUFENDORF Observat. iur. univ. T. II. Obs. 14.

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97) L. 26, §. 2. D. Mandati. L. 3. in fin. D. de fidejuss. L. 3. §. ult. D. Ut in possess. legator.

freylich der Besteller des Werks nicht durch Betrug des Verfertigers zur Annahme und Genehmigung desselben verleitet worden seyn 98). Etwas Besonders verordnen jedoch die Geseke bey den öffentlichen Werken. Hier sollen sowohl die Curatores operum, die mit den Baumeistern oder redemtoribus zu contrahiren pflegten 99), als die. jenigen, denen das Geld zum Bau vom Staate war decretirt worden, nebst ihren Erben dem Staate funfzehn Jahre lang mit ihrem Vermögen für den Schaden haf. ten, wenn binnen dieser Zeit ein Fehler des Gebau. des entdeckt wird.

L. 8. Cod. de operib, public. VALENTIN. THEODOSIUS et ARCADIUS 100). A. A. A. Cynegio P. P. Omnes, quibus vel cura mandata fuerit operum publicorum, vel pecunia ad exstructionem solito more credita, usque ad annos quindecim ab opere perfecto cum suis heredibus teneantur, obnoxii: ita ut si quid vitii in aedificatione intra praestitum tempus pervenerit, de eorum patrimonio, exceptis tamen his casibus, qui, sunt fortuiti, reformetur.

Man schließt hieraus, wenn ein neues Gebäude un ter 15 Jahren wieder einfällt, so fey anzunehmen, daß es wegen eines Fehlers in der Arbeit zu Grunde gegan.

98) L. 14. pr. D. h. t.

gen

99) L. 2. §. 1. D. de operib. public. S. HAASE Cit. Commentat. I. Cap. III. §. 3.

100) S. lac. GOTHOFREDUS Chronol. Cod. Theodos. T.-I. pag 120. et Comm. ad L. 24. Cod. Th. de operib. public. Tom. V. pag. 337.

gen fey); und Leyser") will diese Verordnung auch auf redemtores aedificiorum privatorum anwenden. Allein auch davon abgesehen, daß öffentliche Gebäude mehr begünstiget sind, als privat Gebäude; so lehrt schon die Erfahrung, daß bey Errichtung öffentlicher Werke gewöhnlich nicht die genaue Sorgfalt angewendet zu wer den pflegt, welche bey Privatgebäuden dem Bauherrn eben so leicht möglich, als gewöhnlich ist 3). Es ist daher begreiflich, daß bey privat Gebäuden nicht dasselbe Ver. hältniß, wie bey öffentlichen Gebäuden, vorhanden sey *). Bey diesen gilt daher die Regel, daß nach der erfolgten Genehmigung des Werks der Baumeister für keinen Feh ler weiter stehe, sondern der Bauherr den Schaden, den er erleidet, seinem leichtsinn und Nachgiebigkeit zuschreiben müsse 5).

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II. Der

1) BRUNNEMANN Comm. ad L. 8. C. de oper. publ. 2) Meditat. ad Pand. Vol. III. Spec. CCXII. medit. 3. 3) Iac. GOTHOFREDUS Comm. ad L. 24. Cod. Theod. de operib. public. (Tom. V. pag 337. der Ritterschen Aus. gabe) fagt: Utrumque hoc ita constitutum observari aequissimum est, eo, quod opera publica ut caetera publica, segnius ferme accurari solent. Io. VOET Comm. ad Pand. h. t. §. 37. will zwar die L. 8. Cod. de operib. public. von einem solchen Fall erfiåren, wo das Werk noch nicht gebilliget war. Allein darauf kam es hier gar nicht an, weil der Staat sich an den hielt, dem er die Besorgung des Baues übertragen, und das Gelb bazu angewiesen hatte, nicht an den Werkmeister. L. 2 §. 1. D. de operib. publ.

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6. HAASE cit. Commentat. II. de opere locato et conducto. Cap. III. §. 3. pag. 22.

5) S. Sam. Frid. WILLENBERG Exerc. de opere conducte. §. 8. et 9. (in 5. Select. iurisprud. civ. P. II. Ex, XLII. pag. 660.

II. Der Schade ist vor der Billigung) des Werks geschehen. Hier lassen sich wieder folgende Fälle gedenken. A) Der

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6) Diese Billigung (probatio, locatoris) besteht darin, wenn der Besteller entweder ausdrücklich erklärt, daß das gelieferte Wert contractsmäßig und recht gemacht sey, oder das ihm überlieferte Werk, ohne daran eine Ausstellung zu machen, annimmt. Ist die Arbeit des Künstlers oder Werkmeisters der Beurtheilung des Bestellers oder eines Dritten überlassen worden, so muß hier alle Schikane und Collusion wegfalle 1. Die Beurtheilung muß auf Billigkeit gegründet seyn, welche allen Betrug ausschließt, damit kein Theil dabey verlegt werde. Ist daher a) die Genehmigung des Werks dem Gutachten des Bestellers überlassen worden, so ist es eben so anzu sehen, als sey es dem billigen Ermessen irgend eines Andern überlassen worden. Der Bauherr darf also das Werk nicht verwerfen, wenn jeder billig Denkende es genehmigen müßte. Ist aber b) die Beurtheilung des Werks dem Gutachten eines Dritten überlaffen worden, und dieses wirklich erfolgt, so hat es dabey sein Bewenden; es müßte denn offenbar unbillig feyn, oder durch betrügerisches Einverständniß mit dem Werk. meister zum Nachtheil des Bestellers veranlaßt worden seyn. ́. Am Ende wird dann das billige Ermessen des Richters den Ausschlag geben. L. 24. pr. D. h. t. Si in lege locationis comprehensum sit, ut arbitratu domini opus approbetur: perinde habetur, ac si viri boni arbitrium comprehensum fuisset. Idemque servatur, si alterius cuius. libet arbitrium comprehensum sit, Nam fides bona exigit, ut arbitrium tale praestetur, quale viro bono convenit. Man fuge noch hinzu L. 76. 77. et 79. D. pro Socio. L. 75. pr. D. de legat. I. L. 7. pr. D. de contr. emt. HAASE cit. Comment. II. Cap. IV. §. 2. Westphal von Kauf 2c. §. 1013. und Bucher Recht der Forderungen. §. 76. S. 153.

A) Die Schuld lag an der Arbeit. Dann muß der Werkmeister für den Schaden stehen, es wäre denn, daß er das Werk ganz nach der Angabe und Vorschrift des Bestellers verfertigt hatte.

L. 51. §. 1. D. h. t. JAVOLENUS libro 11. Epistolarum. Locavi opus faciendum, ita ut pro opere redemtori certam mercedem in dies singulos darem. Opus vitiosum factum est: an ex locato agere possim ? Respondit, si ita opus locasti, ut bonitas eius tibi a conductore approbaretur 7), tametsi convenit, ut in singulas operas certa pe-, cunia daretur: praestari tamen tibi a conductore debet si id opus vitiosum factum est. Non enim quidquam interest, utrum uno pretio opus, an in singulas operas collocatur: si modo universitas consummationis ad conductorem pertinuit 8). Poterit

ita

7) Es war hier ausgemacht, daß das Werk ganz fertig und gut gearbeitet seyn müsse, wenn es der Besteller übernehmen solle. Ich bemerke hierbey, daß der Ausbruck approbare opus recht eigentlich von dem Werkmeister gebraucht wird, wenn er die Arbeit so gemacht hat, daß der Besteller damit zufrieden ist; so wie das Wort probare von dem Besteller der Arbeit, wenn er sie billiget. Doch werden auch häufig diese Aus. drücke verwechselt. So z. B. wird L. 24, in fin. princ. D. h. t. approbatio, und in L. 60. §. 3. D. eodem probatio vom Locator; hingegen probare opus locatori L. 37. und L. 62. D. h. t. vom conductor gebraucht. S. Guil. BUDAEI Annotation. prior. et posterior. in Pand. fol. 234. lit. H. et I. (Lutetiae 1556.)

8) Das heißt, wenn der Werkmeister accordmäßig erst das Werk ganz fertig liefern sollte, so kommt es nicht darauf an, ob

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