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gebührenden Getraide Antheile mit der actio oneris aversi flagen könnten? Warum aber mit dieser Klage? Sie konnten ihn ja mit der actio locati belangen, wenn er sich dabey eines Dolus oder auch nur einer Culpa schuls dig gemacht hatte 82). Es scheint also die actio oneris aversi gegen Schiffer gewöhnlicher, und auch vortheil. Hafter gewesen zu seyn, als die actio locati. Wahrscheinlich ging fie, wie die actio furti, auf das Doppelte. Sie sehte auch, wie der Diebstahl, Veruntreuung einer fremden Sache voraus, aber doch eine solche, welche, weil keine Absicht, sich durch Zueignung derselben zu bereichern, dabey war, nicht als ein furtum behandelt werden konnte 8 3). Hieraus erklärt sich denn auch die Bedeutung des Worts avertere. Dieß heißt hier nicht, wie es Anron Faber 843 irrig erklärt, permiscere et conturbare, sondern soviel als intercipere, amovere, etwas unterschlagen, veruntreuen, auf die Seite schaffen 85). Onus aversum, fagt Budâus ®), est, quod interceptum est, et

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fur.

82) L. 3. §. 1. D. Nautae caup. et stabularii. 83). CUJACIUS Observat. Lib. VII. c. 39. Franc. CONNANUS Comm. iuris civ, Lib. VII. cap. 11, Lud. CHARONDAS Verisimil. Lib. III. cap. 5. Guid. PANCIROLUS Variar. Lection. Lib. II. cap. 43. und vorzüglich Corn, van BYNKERSHOEK Observation. iuris Rom. Lib. VIII. cap. 1-8. Außerdem noch Franc. STYPMANN iur. maritim. P. IV. Cap. 1o. n. 90. sqq. Rein. KURICKE iure maritim. hanseat. Qu. 33. und Io. LOCCENIUS de iure maritimo et navali Cap. V. §. 13. (alle drey in lo. Gottl, HEINECCII Scriptor. de iure naut. et maritimo. (Halae 1740.) pag. 512. 897. und pag. 1025.)

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84) Rational. in Pand. ad h. L. 31. h. t.

85) S. BRISSONIUS de Verbor. Signif. sub voc. Avertere. 86) Annotat. prior, et posterior. in Pand. fol. 175. b)

furtim ablatum. Hatte denn nun aber bie actio: oneris. aversi in dem gegenwärtigen Falle Start? Alfenus sagt, Nein! und beweißt seine Meinung auf folgende Art. Man kann den Miethcontract, sagt er, wo es auf eine Dienstleistung bey fungiblen Sachen ankommt, auf zweyerley Art schließen. Entweder es soll das Nämliche wieder abgeliefert werden, was man vermöge des Contracts zum Transport oder zur Bearbeitung gab, z. B. ich gebe einem, Fullo Kleider zu waschen, und sie wieder herzurichten; oder es soll nur eine Sache von gleicher Gattung zurückgegeben werden. 3. B. ich gebe einem Goldschmidt reines geschmolzenes Silber (argentum pusulatum 87), um mir Gefäße, oder Gold, um mir goldne Ringe zu ver, fertigen. In dem ersten Fall bleibt der Conductor Eigen. thümer der Sache; in dem leßtern aber geht das Eigenthum auf den Uebernehmer der Dienste über, und der Besteller derselben bleibt blos ein Gläubiger der Quanti tåt (in creditum itur) 88). Das Geschäft wird aber darum nicht in ein Darlehn verwandelt, sondern es bleibt ein Miethcontract, woraus die actio locati entsteht. Es ist hier gerade so, wie bey dem Depofitum. Denn wenn ich Jemandem baar Geld dergestalt in Verwahrung gebe,

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87) Ben GELLIUS Noct, Attic. Lib. VI. cap. 5. wird es argentum purum putum, genannt. Man sehe auch BYNCKERSHOEK Obs. cit. Lib. VIII. c.

88) Id est, ut tantundem restituatur.

BYNCKERSHOEK

c. 1. cap. 4. pag. 294. Ein Anders wäre, wenn dem Golds schmidt das Gold dergestalt wäre gegeben worden, daß er aus diesem Golde die Ringe verfertigen solle. Hier bleibt der › Besteller der Arbeit Eigenthümer des dazu gegebenen Goldes. 6. L. 34. pr. D. de auro arg. legato.

gebe, daß das Geld weder verschlossen noch versiegelt, fon. dern blos in gemeinen Münzsorten dargezählt worden ist; so' wird zwar das Eigenthum der körperlichen Sache auf den Depositar übertragen, und dieser braucht nur tantun. dem pecuniae, d. i. eine gleiche Summe zurückzuzahlen, der Contract geht aber deswegen nicht in ein Darlehn über, sondern bleibt ein Depositum 89). Mit dem Schif fer hatten nun die Befrachter auch so contrahirt, daß er Eigenthümer des Getraides geworden war. Er konnte also auch dem einen Interessenten seinen Antheil mit Recht davon geben. Ein Anders wåre, wenn das Getraide eines jeden Eigenthümers abgesondert geblieben 'wåre, so daß man sogleich unterscheiden könnte, welches einem jeden derselben gehörte. Hier fånde freylich keine Vertauschung Statt, d. h. der Schiffer könnte nicht dem Einem das Getraide geben, welches dem Undern gehört, (non potuisse NOS 9°) permutationem facere o1) sondern jeder der Eigenthümer würde das Seinige vindi. ciren können 92). Aus diesen Prämissen zeigt nun Alfe

nus

89) S. den 15. Th. dieses Commentars §. 940. S. 166. ff. 90) Ant. FABER in Rational. will statt nos lieber nautam

lesen. Ihm stimmt auch Westphal §. 931. S. 697. ben. Allein daß eine solche évaλhayý ter Personen in den Fragmenten der alten Rom. Juristen gar nicht ungewöhnlich sey, hat BYNCKERSHOEK cit. loc. cap. 6. pag. 304. gezeigt. 91) Permutationem facere ift hier nichts anders als alteri

reddere alterius frumentum, wie das Wort permutare auch Ulpian L. 13. §. 6. D. h. t, in einem ähnlichen Falle ge braucht.

92) Cujaz a, a. O. seßt hinzu, daß außerdem auch noch die actio oneris aversi gegen den nauta auf das Doppelte habe angestellt werden können.

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nus die Unfta'thaftigkeit der actio oneris aversi in dem gegenwärtigen Falle durch folgendes Dilemma. Das Ges traide wurde dem Schiffer entweder dergestalt zum Trans. port überliefert, daß er es an Ort und Stelle nur der Gats tung nach restituiren sollte; oder es sollte dasselbe Getraide abgeliefert werden, was dem Echiffer zum Transport gegeben worden. In dem ersten Fallè war ja der Schiffer Eigenthümer des Getraides geworden. Wie konnte er also eine Untreue an seiner eigenen Sache begehen? gewiß eben so wenig, als der Eigenthümer einen Diebstahl an seiner Sache begehen kann 93). In dem lehtern Falle finde wegen der betrüglichen Vertauschung die actio furti Statt, und mache das iudicium oneris aversi über. flüssig. Allein wie, wenn diese Veruntreuung, weil kein animus lucri faciendi dabey war, nicht als ein furtum behandelt werden konnte? Man sehe, der nauta habe durch seinen Dolus das Schiff untergehen lassen, um Schaden zu stiften; oder durch ein grobes Versehen desselben seyen die Schiffsgüter der Befrachter verwechselt worden. Hier, wo feine actio furti Statt hatte, sagt Bynkershot 94), konnte, statt der actio conducti, die höchstens nur auf das Interesse ging, die actio oneris aversi auf das Doppelte angestellet werden. In dem gegenwärtigen Falle fiel nun aber die actio oneris aversi barum ganz weg, weil die gegebene Schiffsladung nicht gerade in derselben Species, fondern nur in einer gleichen Gattung abgeliefert werden sollte. Hätte aber deswegen nicht

93) L. 43. §. 1. in fin. L. 59. D. de furtis.

94) Observat. c. 1. cap. 7. S. auch Westphal vom Kauf ic. §. 931. a. E. S. 698.

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nicht vielleicht mit der actio locati geflagt werden kön nen? Diese Klage wåre nåmlich darauf gegangen, daß der Schiffer den Klågern die verlohren gegangene Ladung entweder durch eben soviel von derselben Art Getraide, oder, wenn sie sich damit begnügen wollen, durch Leistung des Interesse vergüte. Allein dann hätte er sich irgend einer Culpa müssen schuldig gemacht haben. Auch diese ist hier nicht erfindlich. Denn wegen des erfolgten Schiff bruchs wird ihm ja gar nichts zur Last gelegt. Dieser wird stillschweigend als ein reiner Unglücksfall angesehen, welcher den Verpflichteten von seiner Verbindlichkeit bes fretet. Naufragii periculum, sagt Cujaz, pertinet ad locatores, si sine dolo et culpa nautae naufragium contigerit *), et repetere duntaxat possunt vecturas, si quas dederint in antecessum 95). Er müßte also`etwa dadurch eine Culpa begangen haben, daß er von dem Haufen des vermischten Gerraides dem Einen der Befragter feinen Theil gegeben hatte. Allein wie kann ihm das zum Vorwurf gemacht werden, was er mit keinem Recht dem abzuliefern, verweigern konnte, der solches zuerst verlangte ? Freylich ist dieß nun ein Glück für den, der auf solche Art das Seinige wieder erhielt, und es dadurch rettete. Wer kann es ihm aber verdenken, daß er vigilanter war, als die übrigen, denen eine gleiche Abforderung freystand? Ihm bleibt daher, was er hat, und den übrigen der erlittene Verlusk.

*). L. 10. §. 1. D. de Lege Rhodia de jactu.

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S. 1055.

95) Man sehe auch Herm, VULTĒJUS in Institut. iur. civ. Comm. ad Princip. h. t. nr. 15. und Schöman Lehre vom Schadensersaß 1. Th. S. 145. Not. *).

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