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zweifeln dieses, und halten die Kaiser Diocletian und Marimian für diejenigen römischen Gesetzgeber, welche zuerst in der L. 2. Cod. de resc, vend. einen Kauf we gen der Verletzung im Preise anzufechten gestattet hätten. Soviel ist zwar gewiß, daß es dem Geist der Handlung und des gemeinen Verkehrs offenbar entgegenstreiten würde, wenn man hier immer eine genaue Gleichheit zwi schen Waare und Preis beobachtet wissen wollte, so fern die Bestimmung des lehtern den Contrahenten überlassen ist. Denn das ist nun einmal Handelsgebrauch, daß der Verkäufer seine Waare so theuer, als möglich, zu verkaufen, und der Käufer für sein Geld so wohlfeil, als móg. lich, zu kaufen fucht. Dieses mißbilligen auch gar nicht die Gefeße, wenn nur kein Theil den andern betrogen hat, wie aus folgenden Stellen der Pandecten erhellet.

L. 16. §. 4. D. de minorib. Idem POMPONIUS ait, in pretio emtionis et venditionis naturaliter licere contrahentibus se circumvenire,

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L. 22. S 3. D. Locati. Quemadmodum in emendo et vendendo naturaliter concessum est, quod pluris sit, minoris emere; quod minoris sit, pluris vendere; et ita invicem se circumscribére: ita in locationibus quoque et conductionibus iu

ris est.

L. 23. D. eodem. Et ideo, practextu minoris pensionis locatione facta, si nullus dolus adversa. rii probari possit, rescindi locatio non potest.

Justiz

Prax. iur. Rom. Exerc. XXX. §. 90. Io. Ern. Bernh. EMMINGHAUS ad Cocceji ius civ. controv. h. t. Qu. 2. not. w. und Schweppe Rom. Privatrecht 2. Band §. 393.

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metischen, sondern geometrischen Verhältniß bestimmt und abgemessen werden kann; so kann auch wohl bey der Berechnung der Größe einer Låsion kein anderes Verhältniß Statt finden. Unmöglich konnten daher die Kaiser Diocletian und Marimian bey der Bestimmung einer enor men Verlegung auf Seiten des Verkäufers ein anderes Verhältniß, als das geometrische, zum Maasstabe anneh men, da dieses Verhältniß bey jeder Vergleichung das einzig wahre in dem Innersten unserer Seele tief gegrün. dete Gefeß unseres Verstandes ist, nach welchem wir hans deln, und welches nie trügt. Dieß ist daher auch das Verhältniß, welches die Gefeße beym Handel und Vere fehr in Ansehung der versprochenen Prästationen überall beobachtet wissen wollen, wie ich schon bey einer andern Gelegenheit ausführlicher gezeigt habe 20). So wie nun schon nach dieser Betrachtung die von der Gloffe angenom. mene Berechnungsart als höchst unwahrscheinlich und dem Geist der Geseze nicht angemessen erscheint; so ergiebt sich die offenbare Unrichtigkeit derselben sofort daraus, daß nach dem von der Glosse zum Grunde gelegten arithmetischen Verhältniß der Verkäufer auch sogar dann schon für enorm verleht gehalten werden müßte, wenn er das für 10 Rthlr. verkauft, was 16 Rthlr. werth ist, welches aber den aus, drücklichen Worten der L. 2. Cod. h. t. widersprechen würde, nach welchen der Verkäufer nur erst dann über die Hälfte verlegt ist, wenn er für eine Sache, die mehr als' 20 Rthlr. werth ist, nur 10 Rthlr. bekommen hat. Schon hieraus erhellet, daß auf gleiche Weise auch der Käufer noch nicht in dem Grade, welchen das Gefeß bey

dem

20) S. ben 1, Th. dieses Commentars §. 45. und 46.

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dem Verkäufer als eine laesio enormis bestimmt hat, verlegt sey, wenn er dafür 16 Rthlr. bezahlt hat, was nur 10 Rthlr. werth ist. Nur dann ist also ein völlig gleiches Verhältniß vorhanden, wenn der Käufer mehr als 20 Rthlr. für eine Sache bezahlt hat, welche nur 10 Rthlr. werth ist. Offenbar irrt also die Gloffe, wenn sie ein gleiches Verhältniß zwischen beyden Theilen schon dann annimmt, wenn jeder Contrahent 6 verliert, ohne zu bedenken, daß die 6 zu 16, welche der Käufer be zahlt hat, sich nicht auf gleiche Weise wie die 6 ju 10 verhalten, welche der Verkäufer an Werth gegeben hat; und also derjenige, welcher 16 giebt, und 6 verliert, nicht eben so verlegt werde, wie derjenige, welcher 10 giebt, und gleichfalls 6 verliert. Denn das sieht doch wohl ein jeder von selbst ein, daß derjenige, welcher nur den drit ten Theil des Seinigen verliert, nicht gleichen Schaden Teide, wie derjenige, welcher die Hälfte verliert. Würde nun nicht nach der Berechnung der Glosse der Käufer mehr begünstiget werden, als der Verkäufer? Um sich hiervon noch mehr zu überzeugen, darf man nur von dem Begriff der Läsion ausgehen. Eine Verlegung ist vorhanden, wenn man weniger empfieng, als man dagegen gab, und dage. gen håtte erhalten sollen. It also das Empfangene dem Gegebenen gleich, so ist keine Verlegung denkbar. Denn man hat nichts verloren. Je größer oder geringer nun die Ungleichheit zwischen dem Empfangenen und dem Gegebenen ist, desto größer oder geringer ist die Låsion. Diese Ungleichheit ist also der einzige wahre Maasstab, die Größe der Verlegung zu berechnen, indem man das, was dem Verleßten fehlt, mit dem, was er gab, und wofür er eben so viel wieder håtte bekommen sollen, nach

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Kaiser Diocletian und Marimian gaben zuerst in der L. 2. Cod. de resc. vendit. durch die Bestimmung der Größe der Verlegung dem Richter eine bestimmte Vorschrift an die Hand 38). Die Verordnung ist ein Rescript an einen gewiffen Lupus, und lautet folgendermaßen.

Rem maioris pretii, si tu vel pater tuus minoris distraxerit: humanum est, ut vel pretium te restituente emtoribus, fundum venundatum recipias, auctoritate iudicis intercedente: vel si emtor elegerit, quod deest iusto pretio, recipias. Minus autem pretium esse videtur, si nec dimidia pars veri pretii soluta sit.

Dieselben Kaiser haben nachher nochmals bey einer andern Gelegenheit diese Verordnung mit einer ausführli- chern Erläuterung wiederholt, nämlich durch ein Rescript an Evodia, welches die L. 8. Cod. eodem in folgenden Worten darstellt.

Si voluntate tua fundum tuum filius tuus venundedit, dolus ex calliditate atque infidiis emtoris argui debet, vel metus mortis, vel cruciatus corporis imminens detegi, ne habeatur rata vendiHoc enim solum, quod paulo minore pretio fundum venditum significas, ad rescindendam ven

tio.

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ditio

38) CUJACIUS Observation. XXIII. c. 24. glaubt jedoch, es müsse diese Bestimmung schon vorher als Rechtsnorm bestans ben haben, weil die L. 47. D. de evict, lebre, daß ein Kauf bis auf die Hälfte des wahren Werths nicht ungültig ge wesen sey. Allein daß sich daraus kein sicheres Argument her. leiten laffe, hat schon SCHILTER in Prax, iur. Rom. Exercit. XXX. §. 91. bemerkt.

ditionem invalidum est. Quodsi videlicet contractus emtionis atque venditionis cogitasses substantiam, et quod emtor viliore comparandi, venditor cariore distrahendi votum gerentes, ad hunc contractum accedant, vixque post multas contentiones, paulatim venditore de eo quod petierat detrahente, emtore autem huic, quod obtulerat, addente, ad certum consentiant pretium: profecto perspiceres, neque bonam fidem, quae emtionis atque venditionis conventionem tuetur, pati, neque ullam rationem concedere, rescindi propter hoc consensu finitum contractum, vel statim, vel post pretii quantitatis disceptationem: nisi minus dimidia iusti pretii, quod fuerat tempore venditionis, datum esset, electione iam emtori praestita servanda.

Durch die Verordnungen der nachfolgenden Kaiser vor Justinian ward nun zwar alles abgeändert, und der Grundsaß eingeschärft, daß ein gültig abgeschlossener Kauf nie aus dem Grunde allein, daß der Preis zu gering sey, folle angefochten werden können, wenn sonst kein Betrug daben vorgegangen ist; wie die Verordnungen der Kaiser Constantin I. 39), Gratian, Valentinian und Theodos 4°), nicht minder des Arcadius und Honorius 4*)

39) L. 1. Cod. Theod. de contrah. émt. vend. Venditionis atque emtionis fidem, nulla circumscriptionis violentia factam, rumpi minime decet. Nec enim sola pretii. vilioris querela, contractus, sine ulla culpa celebratus, litigioso strepitu turbandus est.

40) L. 4. C. Th. eodem. Quisquis maior aetate, atque ad

ministrandis familiarum

suarum

curis idoneus comprobatus,

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