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einen Einfluß haben; und geseßt, der Verpåchter håtte das Recht, den Pächter sogleich wegen, nicht inne gehalte, nen ersten Termins zu vertreiben, würde dann wohl die Abwesenheit des Pächters eine gerechte Ursache seyn kön= nen, die Lage des Verpåchters zu verschlimmern? Nun kann ich zwar dem Cujaz 92) nicht beystimmen, wenn er auch bey der Verpachtung der Zölle den Pächter erst nach einem zweyjährigen Verzuge vertrieben wissen will. Denn wie hätte es sonst die angeführte L. 11. §. 1. D. de publican, in die Willkühr des Verpåchters stellen können, ob er den Pächter vertreiben, oder das Pachtgeld mit Ver. zugszinsen von ihm fordern wolle, wenn nicht der Pächter fofort nach Ablauf des ersten Zahlungstermins, den er nicht inne hielt, ausgeboten werden könnte? Müßte der Verpachter auch hier noch erst das biennium abwarten, so würde er ja dann Beydes, den Pächter austreiben, und auch die Verzugszinsen zugleich fordern können 93). Es sey aber immerhin bey der Verpachtung der Zölle an. ders, so ist ja dieses unstreitig ein besonderes Recht, welches in favorem tributorum, in quibus esse reipublicae nervos nemini dubium est, wie Ulpian L. i. §. 20. D. de Quaestionib. sagt, eine Ausnahme macht,

welche

92) Recitation, solemn, in libros Cod. Princ. h. t. §. Secundo. 93) Die Leseart der Basiliken Lib. 56. Tit. 18. bey Fabrot Supplem. T. VI. pag. 699. weicht hier freylich von der Lese.' art der Pandecten av. Denn da heißt es: My naraßáhhovτες ἐμπροθέσμως. οι τελῶναι, καὶ πρὸσυμπληρώσεως τοῦ χρόνου, καὶ τόκους ὑπερθέσεωσ ἀπαιτοῦνται. h. e. Publicani ad diem non solventes, etiam tempore condu. ctionis necdum completo, pelluntur, ET usurae ex mora ab eis exiguntur.

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welche in den übrigen Fällen die Regel bestärkt 4). End, lich die L. 3. C. h. t. fagt zwar, daß wenn der Miethzins ganz bezahlt sen, keine Vertreibung Statt habe, allein es läßt sich daraus noch keinesweges mit Grund folgern, daß wegen nicht bezahlten Pachtgeldes sogleich nach Ablauf des ersten Termins der Contract aufgefündiget werden fönne. Denn hierüber bestimmt das Gesetz nichts, und es ist nicht zu glauben, daß der Kaiser Antoninus durch diese Verordnung die Bestimmungen des åltern Rechts habe aufheben wollen, da sie cin bloßes Rescript ist, der Bleichen Verordnungen nach den bekannten Regeln der Auslegung des Römischen Rechts keine argumenta a contrario zulassen; sondern, so viel als möglich, den Grundsäßen des damals bekannten gemeinen Rechts gemäß erklärt werden müssen 95). Gefeßt aber auch, die Sache wåre nach dem Römischen Recht noch einigem Zweifel un terworfen, so ist sie doch nach dem Canonischen Recht flar entschieden. Denn in dem Cap. 3. X. de locato et conducto heißt es ausdrücklich: Inquilinus etiam inde rationabiliter amovetur, si perverse ibi fuerit conversatus, vel cum canonem per biennium non solvis-. set, sibi satisfactione celeri non providit.

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Es erhellet also hieraus, daß der Contract auf mehr, als zwey Jahre), müsse geschlossen, auch ein jähr. liches

94). los. FINESTRES Commentar. in Hermogeniani iuris epitomar. libros Tom. II. ad §. 1. Leg. 10. D. de publican. §. 10. sq. pag. 832. sqq.

95) S. meine Einleitung in das Studium des Röm. Privat rechts. §. 10. S. 66. u. 67. und die daselbst Not. 8. et 9. S. 76. angeführten Schriften.

96) Häuser und Grundstücke pflegten bey den Römern gewöhn.

liches Pachtgeld müsse verabredet worden seyn, wenn die Vorschrift der Röm. Geseze angewendet werden soll. Ist daher der Contract nur überhaupt auf zwey Jahre, oder auf noch fürzere Zeit geschlossen worden, oder der Pacht erstreckt sich zwar auf långere Zeit, allein es ist für die ganze Pachtzeit nur eine gewiffe Summe überhaupt zum Pachtgelde bedungen worden, so findet jene Vorschrift keine Anwendung, und es kann dann der Conductor erst nach Endigung der Contractszeit vertrieben werden 97). Nach dem Canonischen Rechte kann der Conductor auch dadurch die Expulsion' abwenden, wenn er zur Bezahlung des Pachtrückstandes sich bereit erklärt, ehe dieselbe förm, lich der Gegenstand eines Rechtsstreits geworden ist 9o). Dem Römischen Recht ist zwar eine solche purgatio morae nicht gemäß 99). Allein man giebt hierin der Billigkeit

wegen

lich auf fünf Jahre vermiethet oder verpachtet zu werden. L. 4. §. 1. D. de reb. credit. L. 16. D. de liberat. leg. L. 25. §. ult. D. Sol. matr. L. 89. D. de Verb. Oblig. L. 13. §. ult. L. 24. §. 2. et 4. D. h. t. Diese Gewohn heit schreibt sich von der Verpachtung der Zölle her, welche bey den Römern von den Cenforen geschahe, deren Amt an. fänglich fünf Jahre dauerte. 6. CICERO ad Atticum Lib. VI. Epist. 2. PLUTARCH in Lucullo. VARRO de Ling. Lat. Lib. V. L. 3. §. 6. D. de iure fisci. S. FINESTRES C. l. 9. 4. pag. 829.

97) LINCKER cit. Diss. §. Quanti autem. pag. 31. und STOER Diss. cit. §. 44. et 45.

98) S. LYNCKER Diss. cit. pag. 40. §. Porro. ITTIG cit. Diss. de expulsione conduct. §. 12. Thibaut Syst. des Pand. Rechts 1. Band §. 104

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99) L. 41. §. 12. D. de fideicomm. libertat.

ad Pand. Lib. XXII. Tit. 1. §. ult.

VOET Comm.

wegen dem Canonischen Rechte den Vorzug 100). Nach dem Canonischen Recht würde sich daher auch der Verpåch. ter seines Rechts begeben, wenn er vor angestellter Klage die Zahlung ohne Protestation angenommen hat). So. viel ist jedoch gewiß, und die L. 3. Cod. h. t. lehrt es auch klar, daß der Conductor den Miethzins ganz bezahlt haben müsse, wenn er wegen einer Entfeßung nichts mehr zu befürchten haben soll. Es befreyt ihn daher nicht, wenn er nur einen Theil der Miethe bezahlt hat, und das Uebrige schuldig geblieben ist 2). Denn eine theilweise, selbst beynahe vollständige Erfüllung einer Verbindlichkeit wird in ihren Folgen juristisch der gänzlichen Nichterfüllung gleichgesetzt3). Jedoch entschuldigen rechtmäßige Ursachen, welche den Pächter an der Zahlung hinderten *).

In allen diesen Fållen nun, wo der Locator den Conductor vor der Zeit vertreiben kann, darf es jedoch nicht durch Privatgewalt, sondern es muß im Wege des Rechts durch richterliche Hülfe geschehen. Mehrere Rechtsgelehr,

100) S. STOER cit. Diss. §. 47. in fin.

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ten

1) MÜLLER ad Struvium Exercit. XXIV. Th. 13. not . Nr. XII. STOER cit. Diss. §. 50.

2) Westphal §. 1019. a. E.

3) L. 85. §. 6. D. de Verb. obligat. Thibaut System des Pand. Rechts 1. Bd. §. 106. Jedoch giebt MÜLLER ad Struv. Ex. XXIV. Th. 13. Not. 7. Nr. V. dem Locator die Lehre, sein Recht nicht gar zu streng zu verfolgen, und den Conductor um eines unbedeutenden Rückstandes willen zu vertreiben.

4). LYNCKER cit. Diss. pag. 38. §. Ut autem.

Glücks Erläut. b. Pand. 17. Tb.

A a

ten) find zwar anderer Meinung. Allein diefe Meinung streitet gegen alles Recht). Selbst ein ausdrücklicher Vertrag würde den Locator nicht zur Selbsthülfe berecha tigen, sobald sich der Conductor ihm widerseßt"). Er würde sich eines Spoliums schuldig machen ®). Daß rich. terliche Hülfe angesprochen werden müsse, giebt auch Paulus in der oben angeführten L. 56. D. h. t. nicht undeutlich zu erkennen, wenn gleich die Worte, wie sie dort gefaßt sind, sich kaum grammatisch construiren lassen, wo. fern man nicht entweder mit Gerhard Noodr3) vor dem Worte aperire, nach den Bafiliken 10), noch die

Worte

5) Ant. FABER Cod. Sabaud. Lib. IV. Tit. 42. Def. 58. Hub. GIPHANIUS Explanat. difficil. Legg. Cod. ad L. 9. de locato pag. 334. lo. Frid. BOECKELMANN Commentar. in Dig, h. t. §. 7. in fin. und BOEHMER Diss. de poena ius sibi dicentis sine iudice. Cap. I. §. 17.

6) L. 176. D. de div. reg. iur. L. 13. §. 3 D. de usufr. L. 13. D. Quod met. causa. LYNCKER cit. Diss. §. Ex his igitur. pag 50. sqq. WERNHER Select. Observat. for. T. I. P. I. Obs. 136. Sam, de coccEJI iur. civ. controv. h. t. Qu. 16. EMMINGHAUS ad Eundem not. a. und stOER cit. Diss. §. 55.

7) L. 3. Cod. de pignor. S. Struben rechtliche Bedenken 2. Th. Bed. 32. WERNHER Sel. Observat, for. T. III. P. II. Obs. 376. HOMMEL Rhapsod. Quaestion. forens. Vol. II.

Obs. 379.

8) WERNHER cit. loc. Obs. 296.

STOER cit. Diss. §. 56. Illud quale. pag. 428. Auch Ant. FABER Rational in Pand. ad h. L. meint, man müsse fich die von No o d t eingeschalteten Worte hinzudenken, wenn ein vernünftiger Sinn herauskommen soll.

9) Commentar, ad Dig. h. t. §.

10) Tom. II. Lib. XX. Tit. 1. Const. 6. pag. 436. κων ἐπὶ πολὺν χρόνον, τουτέστιν ἐπὶ διετίαν,

Tav évoí

μὴ φαι

νομέ

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