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völlig ausgenußt hätten. Daß nun aber dem nicht so sey, hat Herr Prof. Schrader45), und schon vor ihm der verstorbene Regierungsrath und ehemalige Prof. der Rech te zu Heidelberg Franz Alef46), aus den alten landwirthschaftlichen Schriftstellern der Römer ganz deutlich gezeigt. So belehrt uns z. B. Varro 47), daß auch bey den Römern zweyerley Arten, das Land zu bebauen, ge. wöhnlich waren. Entweder es wurte Jahr aus Jahr ein cultivirt, terra restibilis, oder man ließ es von Zeit zu Zeit, gewöhnlich ein Jahr um das andere, brach liegen, vervactum, ager novalis. Lehteres empfahl besonders Virgil 48) den Landwirthen, und Plinius 49) hielt dieß

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eben.

45) Abhandlungen aus dem Civilrecht. 1. Band. (Hannover 1808.) Nr. 2. S. 24. f.

46) Cit. Diss. de tacitae relocationis termino quoad praedia rustica. Cap. II. et III.

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47) De re rustica. Lib. I. c. 44. §. 2. et 3. (In Scriptor, rei rusticae Vol. I. pag. 140. Edit. Bipontin.) Illud quoque multum interest in rudi terra, an in ea seras quâe quotannis obsita sit, quae vocatur restibilis: an in ver. vacto, quae interdum requierit.. Derfelbe VARRO erflärt dieses noch weiter de Ling. Lat. Lib. IV. Ager restibilis, qui restituitur ac reseritur quotquot annis, contra qui intermittitur, a novando novalis ager. Merkwürdig ist noch folgende Stelle aus PLINII SEC. Hister. natur. Lib. XVIII. cap. 49. §. 2. ( Edit. bipontin. Vol. III. pag. 267.) Quod vere semel aratum est, a temporis argumento perLactum vocatur. Hoc in novali aeque necessarium est. Novale est, quod alternis annis seritur.

48 Georgic. Lib. I. v. 71. sqq.

49) PLINIUS Hist. nat. Lib. XVIII. Cap. 50. pag. 270. Virgilius alternis cessare arva suadet: et hoc, si patiantur

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ebenfalls für das Müglichste, wenn man' hierzu hinreichend große Fluren besaß. Erlaubte dieses aber die Beschaffen. heit des Ackers nicht, so hatte zwar fortgehende Bebau ung statt, doch so, daß mit den Früchten gewechselt wur'de Die Zwenfelderwirthschaft scheint indessen bey den Römern die Regel ausgemacht zu haben. Denn Varro 50) sagt ausdrücklich: Agrum alternis annis relinqui oportet, aut paulo levioribus sationibus serere,, id est, quae minus sugunt terram. Mit ihm · stimmt auch Plinius "*) überein. Es gab selbst einzelne Frucht, arten, die man nicht alle Jahr erndtete. So z. B. trugen die Delbäume, von denen die Römer nicht nur ganze Går, fen, (Oliveta) hatten, sondern welche sie auch bisweilen in den Getreidefeldern anpflanzten, in zwey Jahren nur einmal Früchte 2). Sollte alles dieses dem großen Uls

pian

ruris spatia, utilissimum procul dubio est. Quod si neget conditio, far serendum, unde et lupinum, aut vicia, aut faba sublata sint, et quae terram faciunt laetiorem.

50) Cit. loc. cap. 44. p. 140. Man sehe auch Alex. Adam's Handbuch der Röm. Alterthümer, aus dem Engl. überseht von Meyer. 2. Th. S. 1013.

51) Cit. loc. Vol. III. pag. 270. edit. bipont.

52) COLUMELLA de re rustica Lib. V. cap. 8. (Scriptor. rei Arústicae Vol. II. edit. bipont. pag. 224.) Omnis tamen

arboris cultus simplicior, quam vinearum est, longeque ex omnibus stirpibus minorem impensam desiderat OLEA, quae prima omnium arborum est. Nam quamvis non continuis annis, sed fere altero quoque fructum afferat, eximia tamen eius ratio est, quod levi cultu sustinetur, et cum se non induit, vix ullam impensam poscit.

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Potest

tamen

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pian unbekannt gewesen seyn, welcher, wie uns die L. 4. Cod. de contrah. et committ. stipulat. lehrt, selbst Praefectus annonae war? und dennoch fagt dieser Rdmische Jurist, die stillschweigende Relocation sey bey' Land. gütern immer nur von dem Jahre zu verstehen, da die Contrahenten geschwiegen haben, zum offenbaren Bewei. se, daß Ulpian bey dieser Bestimmung von einem Jah, re für die Zeit des Wiederpachts eines Landguts nicht dar an gedacht habe, daß die Zeit der stillschweigenden Relocation gerade einen solchen Zeitraum umfassen müsse, welcher erfordert wird, um das Pachtgut in allen sei. nen Theilen vollkommen zu benußen. Denn sonst wür. de er, in Beziehung auf den, auch bey den Römern die Hauptfache ausmachenden Ackerbau, oder auch bey dem Delbau, gewiß zwey Jahre bestimmt haben: Dahinge. gen stimmt Ulpians Ausspruch sehr wohl mit der Vors cussehung zusammen, daß der stillschweigende Wiederpacht auf die kürzeste Zeit gehe, binnen welcher man den Hauptnußen des gepachteten Guts ziehen könne. Dieser ist nun aber blos die Erndte eines Jahres. Denn weiter, als auf das Jahr, da die Contrahenten geschwiegen haben, läßt sich ihre Einwilligung nicht ausdehnen, weil eine Verlängerung auf mehrere Jahre leicht in eine Unbillig. Feit und Hårte gegen die Contrahenten ausarten könnte, indem die Pachtpreise inzwischen beträchtlich steigen oder

fallen

tamen in agro frumentario seri. Auch gehört hierher, was M. TERENTIUS VARRO de re rust. Lib. I. cap. 55. (Scriptor. rei rustic. Vol. I. pag. 147.) fagt, aus welcher Stelle ich nur die Worte ausheben will: ut haec non minima causa, quod oliveta dicant alternis annis non ferre fructus, aut non aeque magnos,

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fallen können, und es, wie Hr. Prof. Schrader 53) sehr richtig bemerkt, unbillig seyn würde, die Nachläßigkeit, welche in vem Stillschweigen weniger Wochen enthalten ist, mit einem, mehrere Jahre hindurch bedeutend anwach, senden, Schaden zu bestrafen. Hierzu kommt, daß man, wie die Erfahrung lehrt, auch schon bey der Bestimmung des Pachtgeldes darauf rechnet, ob der Nußen des Grundstücks in jedem Jahre der nåmliche ist, oder das Gut nicht immer in jedem Jahre gleichmäßig benußt werden fønn, indem im lehtern Fall auch gewiß ein geringeres Pacht. geld gegeben wird, als in dem erstern, so daß also im Durchschnitt immer der Påchter in jedem Jahre einen dem bestimmten Pachtgelde proportionirlichen Nußen zieht. Mit Recht behaupten daher die heutigen Rechtsgelehrten 54), daß die Bestimmung des Römischen Rechts von einem Jahre bey der stillschweigenden Relocation der Landgüter auch in Deutschland unbedingt anzunehmen sey.

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II. Es ist von praediis urbanis, d. i. von solchen unbeweglichen Sachen die Rede, welche keine natürliche Früchte tragen, wohin besonders Wohnhäuser gehören. Hier bestimmt das Römische Recht keine gewisse Zeit, wie lange die stillschweigende Relocation dauern solle, sondern es kann das Verhältniß von jedem Theile nach Gefallen

auf.

53) In den angef. Abhandlungen 1. B. Nr. 2. §. 7. 54) MÜLLER Syst. Pandect. ad fora Germ. applicat. §. 668. not. g. HOFACKER Princip. iur. civ. R. Germ. Tom. III. §. 1978. in fin. MALBLANC Princ. iur. Rom. P. II. Sect. II. §. 557. Thibaut System des Pand. Rechts. 2. Th. §. 860. Schweppe Rom. Privatrecht. 2. B. §. 421. besonders Schrader a. a. D. und ALEF cit. Diss..

aufgekündiget werden. Die hierher gehörigen Worte Ulpians lauten folgendermassen.

In urbanis autem praediis alio iure utimur: ut, prout quisque habitaverit, ita et obligetur.

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In den Basilikens") ist diese Stelle auf folgende Krt überfeft: ἐπὶ δὲ τῶν ὅικων ὑπὲς ὅσου χρόνου μεί να τὶς ἐνέχεται. i. e, In aedibus autent, prout quis habitaverit, tenetur. Nach dem Wortverstand beyder Terte ist also bey Häusern der Miethsmann nur für die Zeit verpflichtet, da er wirklich in dem Hause gewohnt hat. Dieß ist auch ganz der Natur der Sache gemäß, weil eine Wohnung in jedem Augenblick gleichmäßig Nußen schafft. Bey Häusern war also keine Nothwendigkeit vor handen, so, wie bey Landgütern, von denen man nur einmal im Jahre die hauptsächlich beabsichtigten Früchte zieht, für die Dauer der stillschweigenden Relocation eine so lange Zeit zu bestimmen. So wenig dieses einigem Zweifel unterworfen zu seyn scheint, so sehr hat man sich dennoch von den Zeiten der Glossatoren an über den Sinn jener Worte gestritten. Es giebt darüber dreherley Era klärungen. Einige 5) verstehen die Worte: prout quis.

que

55) Tom. II, Lib. XX. Tit. 1. Const. XIII. §. 10. pag. 420. edit. Fabroti.

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56) Herm. VULTEJUS Commentar, ad Instit. Lib. III. Tit. 25. pr. nr. 12. STRYK Us. mod, Pand, h. t. §. 68. HOPPE Comm. ad Inst. h. t. pr. WINCKLER Commentat. de relocat. tacita. Besonders Matth. PAULSEN Diss. cit. de relocationis tacitae effectu in praediis urbanis. §. 10. sqq. und Joh. Ludw. Schmidt in den hinterlassenen Abband. lungen verschiedener pract. Nechtsmaterien, herausgegeben von Fafelius 2. B. Nr. XCV. §. 7.

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