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Wenn nun aber auch gleich der Verkäufer bis zur erfolgten Zumessung, Zuzählung, oder Zuwägung die Ge. fahr ohne Unterschied behält, so muß er deswegen doch auch bis dahin custodiam pråfliren. Nicht nur ul pian lehrt dieses L. 1. §. 1. D. h. 1. wenn er fagt: Sed et custodiam ad diem mensurae venditor praestare debet; sondern Cajus bestimmt diefe custodia nocy nåher, wenn er L. 2. §. 1. D. h. t. fagt: CUSTODIAM autem ante admetiendi diem qualem praestare venditorem oporteat, utrum plenam, ut et diligentiam praestet: an vero dolum duntaxat, videamus? Et puto, eam diligentiam venditorem exhibere debere, ut fatale damnum, vel vis magna, sit excusatum. Die Ausleger haben zwar auch bey diesen Stellen Schwie rigkeiten gefunden. Gerhard Noodt 27) glaubt, von einer custodia fönne hier gar keine Rede seyn, denn die Frage fey de casu, modum custodiae diligentiaeque egrediente. Es hatte also in den angeführten Etellen nicht custodia, sondern periculum heiß sen follen; zumal da Ulpian sage: priusquam admetiatur vinum, prope quasi nondum venit. Ihm stimmt auch Pothier 28) bey. Anton Faber 29) hinge. gen nimmt mit Accurfius einen solchen Fall an, wo vinum doliare, (Wein in bestimmten Fässern 3°), wovon

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27) Comment. ad. Dig. h. t. §. Initium pag. 413.

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28) Pandect. Iustinian. Tom. I. h. t. Nr. XIII. not, c. pag. 511.

29) Rational. in Pandect. ad L. 2. S. 1. D. h. t.

30) S. Guil. BUDAEI Annotation. prior. et posterior. in Pand. ad L. 1. §. 4. D. h. t. pag. 159. (Lutetiae 1556. f.)

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in der L. 1. §. 4. D. h. t. die Rede war, also per mo. dum speciei, non generis gekauft, und das Zumessen, wozu die Contrahenten einen gewissen Tag bestimmt hat. ten, nicht sowohl dazu geschehen sollte, ut appareret, quantum emeretur, sed ut appareret, quantum emtori aut perisset, aut non perisset, so daß also die Perfection des Kaufs selbst nicht von der Zumessung sen abhängig gemacht worden. Atque ita omnino, fagt Faber, meo iudicio sentiendum est. Quoties enim periculum rei venditae ad emtorem pertinet, toties dicimus venditorem interim, et ad traditionem usque, custodiam praestare debere. Quoties autem custodiam praestare venditor debet, toties dicimus, et a fatali damno, et a vi maiore excusandum eum esse. Qua enim custodia vel diligentia assequi quis. quam possit, ne damnum iniuria ab alio patiatur? Allein ich kann hier weder der Emendation des Foodt, noch der Erklärung des Faber beystimmen. Wie unnüş und zwecklos müßte nicht eine solche Zumessung seyn? und wer sollte wohl glauben, daß die Contrahenten dazu einen Tag bestimmt haben sollten, wenn nicht ihre Absicht gewesen wäre, daß der Handel erst dadurch seine Perfection erhalten solle? wie dieses auch durch die Wors te der L. 1. §. 1. D. h. t. priusquam enim admetiatur vinum, prope quasi nondum venit, deutlich ge. nug ausgedrückt wird. Es kann ja sehr wohl mit einans der bestehen, daß der Verkäufer bis zum Tage der Zu messung alle Gefahr trågt, und nichts desto weniger auch custodiam prästiren muß, wie schon Bartholomaus Chest ) sehr gründlich ausgeführt hat. Denn wenn auch

31) Interpretat. iuris Lib. II. Cap. 34. nr. 4-9. p. 165. Glücks Erläut. b. Pand. 17. Th.

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auch der Kauf, so lang die Zumessung noch nicht erfolgt ist, noch nicht für perfect gehalten werden kann; so ist er doch schon dergestalt verbindlich, daß es keinem von beyden Theilen erlaubt ist, von dem Handel abzugehen. Der Käufer erwirbt ja aus einem, sogar unter einer bloßen Casual Bedingung, geschlossenen Kaufe wenigstens ein künftiges Recht, sey es auch nur, wie Justinian 32) fagt, eine spes debitum iri; um wie viel mehr ist die. ses in dem Falle zu behaupten, wenn die Erfüllung der Bedingung so ganz in der Macht der Contrahenten sieht, wie die Bedingung der Zumessung, durch welche über. haupt nur die Quantität der gekauften Sache bestimmt und ausgemittelt werden soll. Mensura enim, sagt Paulus L. 34. §. 5. D. de contrah. emt. non eo proficit, ut aut plus aut minus veneat, sed ut appa reat, quantum ematur. Da also dem Käufer daran gelegen ist, daß die Bedingung erfüllet werde, und der Contract seine Perfection erhalte, so kann es ja unmög lich in der Willkühr des Verkäufers stehen, die Sache zu vernachläßigen. Es liegt ihm vielmehr ganz natürlich die Verbindlichkeit ob, dieselbe so zu verwahren, daß sie nicht durch seine Schuld zu Grunde gehe, und die Klage des Käufers auf Zumessung nicht vereitelt werde; weil er sonst den Käufer alles Interesse vergüten muß 33). So schließt also die Uebernehmung des periculi die Pflicht zur custodiae praestatio feinesweges aus; beydes äussert sich vielmehr in seiner Wirkung auf ganz verschiedene Art. Denn geht die Sache ohne alle Schuld des Verkäufers zu fål.

32) §. 4. I. de verbor. obligat.
33) L. 36. D. de act. emti et vend.

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zufällig zu Grunde, so ist die Folge der von dem Verkäufer zu tragenden Gefahr blos die, vaß er jezt das Kaufgeld nicht fordern kann, oder das schon empfangene wieder herausgeben muß; allein ist die Sache durch omis sio custodiae zu Grunde gegangen, so kann der Ver. fäufer nicht nur kein Kaufgeld fordern, sondern er muß noch überdem dem Käufer allen Echaden ersehen 34). Ist die Zumessung erfolgt, und diese, wie gewöhnlich, mit der Uebergabe verbunden, so hört auf Seiten des Verkäufers mit der Verbindlichkeit zur custodia auch alle Gefahr auf 35). Co gewiß dieses an sich ist, so we nig ist man darüber einig, ob der Verkäufer bis zur er. folgten Zumessung custodiam plenam, und also exactissimam in servanda re diligentiam, oder nur custodiam ordinariam, und also gewöhnlichen Fleiß zu prästiren habe? Man glaubt, ersteres würde einer ver nünftigen Legislation, ja dem gemeinen Wohl entgegen streiten 36). Denn wer würde etwas auf Zumessung ver. kaufen wollen, wenn er bis dahin, da diese erfolgt ist, die Sache mit dem möglichst größten Fleiß verwahren, und also für das kleinste Versehen haften müßte, falls die Sache zu Grunde gehen sollte? Unmöglich könne daher dieses die Meinung der L. 2. §. 1. D. h. t. seyn, oder Cajus hätte eine ganz fingulaire Meinung behauptet, der kein anderer Rechtsgelehrter Beyfall gegeben hätte. Et. was Anders wäre es freylich, wenn der Kauf seine Per fection

34). GENSLER cit. Comm. de

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E. V. quae fit ad mensuram

etc. §. 4. Not. 11. pag. 12. 35) GENSLER cit. Commentat. §. 5. 36) GENSLER cit. Commentat. §. 11.

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verains kannte, glaubte, jene åltere Constitution sey wenig, stens in dem Falle nicht aufgehoben, wenn in dem Kaufe, ohne die ausdrückliche Bedingung der Manumission, bloß ausgemacht worden, daß der Sklave nach dem Tode des Käufers fren seyn sollte 80). Hier werde der Sklave an ders nicht vollkommen frey, als wenn noch die Manumiffion hinzukomme. Allein Claudius Tryphoninus mi. dersprach ihm, weil dieser Fall allerdings in dem Sinn der Verordnung des Krs. Marcus mit begriffen sey, wenn gleich die Worte derselben nicht ausdrücklich darauf giengen. Man überzeuge sich hiervon durch folgende Stelle, *welche aus des Scivola 7. Buche der Digesten genommen ist.

L. ult. D. h. t. Cum venderet Pamphilam et Stichum, venditioni inseruit pactum conventum: uti ne eadem mancipia, Pamphila et Stichus quos minorato pretio vendidit, alterius servitutum, quam Seji, paterentur, post mortemque eius in libertate morarentur. Quaesitum est, an haec mancipia, de quibus inter emtorem et venditorem convenit, post mortem emtoris iure ipso liberata sint? Respondit, secundum constitutionem Divi Hadriani super hoc prolatam, Pamphilam et Stichum, de quibus quaereretur, si manumissi nonsint, liberos non esse. CLAUDIUS: Divus Marcus ex lege dicta libertatis in vendendo, quamvis non manumissos, fore

libe

Ant. FABER

80). CUJACIUS Observat. Lib. X. cap. 21, Conjectur. iuris civ. Lib. XIV. cap. 4. hat ihn zwar zu wider. legen gesucht; allein man sehe Westphal vom Kauf §. 648. Dem Cujas ist auch POTHIER in Pand. Iustinian. T. III. Lib. XL. Tit. 8. Nr. XII. not. i. beygetreten.

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