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wenn man gewöhnlich diese von der Regel so sehr abwei. chende Verordnung des Römischen Rechts aus dem Grund. faß zu erklären sucht, daß der Verkäufer gleich von dem Augenblick an, da der Kauf abgeschlossen ist, als ein de bitor speciei anzusehen sey, ein solcher aber durch den Untergang der Sache von seiner Verbindlichkeit befreyet werde 4*). Es muß also wohl einen andern Rechtsgrund haben. Viele 42) sehen nun denselben darin, daß der Verkäufer gleich nach abgeschlossenem Kaufe rechtlich ge. gründete Intention habe, auf die Annahme der Sache zu bringen, folglich der Käufer, wenn er nicht sogleich das Kaufgeld bezahlt, und die Sache an sich nimmt, sich in mora befinde, deren Folgen nicht dem Verkäufer, sondern nur dem Käufer zum Nachtheil gereichen können. Sua enim cuique, non alteri nocet mora 43). 21. lein selbst aus dem Grunde einer mora läßt sich jene be fondere Ausnahme nicht wohl erklären, weil diese mora eine von dem Verkäufer an den Käufer geschehene Inter pellas

I 2

41) S. Ger. NOODT Comm. ad Dig. h. t. Princ. pag. 412.
Guil. PROUSTEAU Recitat. ad L. 23. D. de div. reg. iur.
Cap. XVH. §. 10. (in Thes. Meerman. Tom. III. pag. 518.)
Io. Gottl. HEINECCIUS Elem. iur. civ. sec. ord. Pand. P.
III. §. 302.
Io. Ortw. WESTENBERG Princip. iur. Rom.

sec. ord. Dig. h. t. §. 4. u. a. m.

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42) Pet. de TOULLIEU Collectan. iur. civ. Diss. XII. §. 27. pag. 349. LAUTERBACH Colleg. th. pr. Pand. h. t. §. 2. WERNHER select. Observat. for. Tom. I. P. IV. Obs. 214. nr. 12. Sam. de coccEJI iur. civ. controv. h. t. Qu. 2. MALBLANC Princip. iuris Rom. P. III. §. 552. pag. 464.

u. a. m.

43) L. 173. §. 1. D. de div. reg. iur.

Necessario sciendum est, quando perfecta sit emtio: tunc enim sciemus, cuius periculum sit. Nam perfecta emtione periculum ad emtorem respiciet. Et, si id, quod venierit, appareat, quid, quale, quantum sit, sit et pretium, et pure venit, per fecta est emtio.

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Nach dieser Stelle ist also eine blos verbindliche Ein. willigung, welche den einseitigen Rücktritt von dem Con. tract hindert, noch nicht hinreichend, wenn die Gefahr auf den Käufer übergehen soll, sondern der Kauf muß soweit zur Perfection gediehen seyn, daß der Verkäufer als ein debitor speciei zu betrachten ist. Dazu wird nun aber nach der Lehre unsers Paulus dreyerley erfor, dert. 1) Der Gegenstand muß völlig, und also nicht blos der Gattung nach, sondern individuell nach Quali tät und Quantität bestimmt; 2) der Preis gewiß, und 3) der Kauf unbedingt seyn. Es wird sich dieses in der Folge durch Verbindung mit andern Ges sehen nåher aufklåren.

ben Subhastationen der seine Perfection erhält.

Hier bemerke ich nur noch, daß

Kauf erst durch den Zuschlag Erst von dieser Zeit an geht das

her die Gefahr auf den Käufer über 84).

§. 1035.

Unvollkommenheit des Kaufs in Ansehung der Einwilligung.

Solang der Kauf noch nicht zur Perfection gediehen ist, trägt also der Verkäufer die Gefahr. Der Kauf kann aber noch unvollkommen seyn I) in Ansehung der Einwilligung. Dahin gehört 1) wenn die Con

84). VOET Comm. ad Pand. h. t. §. 7.

tra,

trahenten verabredet haben, daß sie den Kauf schriftlich schließen wollen, und der schriftliche Auffaß noch nicht ausgefertiget und unterschrieben ist 85). 2) Wenn der Kauf unter einer suspensiven Bedingung geschlossen wor den, und diese noch pendent ist 86). Es ist jedoch ein Unterschied zu machen, ob die Sache ganz zu Grunde geht, oder nur durch Zufall beschädiget wird. Im ersten Fall geht die Sache dem Verkäufer, jeboch nicht als solchem, sondern als Eigenthümer, zu Grunde. Denn follte auch die Bedingung nachher existiren, so kann doch der Kauf nun wegen Mangels der Sache nicht mehr zur Perfection gelangen, sondern er ist und bleibe ungültig 87). Ganz anders verhält es sich in dem lehtern Falle. Denn hier ist die Sache, wenn die Bedingung existirt, noch da, sen sie auch immerhin durch Zufall verschlechtert wors beri. Es fehlt also nicht an einer Materie des Kaufs. Denn über eine solche Sache konnte gleich anfangs ein Kauf unbedingt geschlossen werden. Sie konnte daher auch auf des Käufers Gefahr schlechter werden. Billig trågt also hier der Käufer den Schaden, weil die Bedingung, wenn sie zur Wirklichkeit kommt, retrotrahirt wird, als ob der Contract gleich anfangs unbedingt ge fhlof

85) §. 3. I. de contrah. emt. L. 4. Cod. de peric. et comm. rei vend.

86) L. 7. pr. D. de contr. emt. L. 5. Cod. de peric. et comm. rei vend.

87) L. 10. §. 5. D. de iure dot. Jac. CUJACIUS in Julio Paulo ad L. 8. pr. D. h. t. (Oper postum. a FABROTO editor. T. II. pag. 542. sqq.) Ger. NOODT Commentar. §. Satis. pag. 415. Jo. VOET Comm, ad

ad Dig. h. t.

Pand. h. t. §. 5.

gehalten, daß sie ihn bestimmt haben, gerade das Gegen, theil der gemeinen Lehre zur Regel zu machen. Cujacius 49) behauptet nåmlich, daß vor der Uebergabe der Sache die Gefahr nicht auf den Käufer übergehe, oder wenigstens nur in sofern, daß er, wenn die Sache zu Grunde geht, fein Interesse von dem Verkäufer fordern könne, allein das Kaufgeld brauche er nicht zu bezahlen und ist es schon bezahlt, so könne es zurückgefordert werden. Es sind besonders folgende Gefeßstellen in den Pandecten, welche diese Meinung des Cujacius zu begünsti« gen scheinen.

1) L. 33. D. Locati. Hier, sagt Afrikan: Si vendideris mihi fundum, isque prius, quam vacuus traderetur, publicatus fuerit, teneris ex emto. Quod hactenus verum erit, ut pretium restituas, non ut etiam id praestes, si quid pluris mea intersit, eum vacuum mihi tradi.

Si tra

2) L. 12. et 14. D. h. t. Lectos emtos Aedilis, cum in via publica positi essent, concidit. diti essent emtori, aut per eum stetisset, quominus traderentur, emtoris periculum esse placet. Quodsi neque traditi essent, neque emtor in mora fuisset, quo minus traderentur, venditoris periculum erit. Materia emta, si furto periisset, postquam tradita esset, emtoris esse periculo, respondit: si minus, venditoris.

Dem

49) Tract. VIII. ad Africanum in L. 23. D. Locati und; Observation. Lib, XXIII. cap. 29.

Dem Cujaz sind auch Hermann Pultejus 5°) und Johann Borcholten ") beygetreten. Eie fagen, in den Institutionen lehre Juftinian blos, was die Regel des firengen Rechts mit sich bringe, aber in den angeführten Stellen der Pandecten zeigten die Römischen Rechts, gelehrten, wie diese Regel nach der Billigkeit modificirt worden sey. Wie wenig jedoch diese großen Rechtslehrer mit diesem Raisonnement auslangen, beweisen die deutli. chen Stellen im Coder. Es fragt sich nur, ob die ange führten Stellen wirklich das Gegentheil lehren? Die Aus leger sind nun freylich über den Sinn derselben sehr vers schiedener Meinung. Es ist der Mühe werth, die man☛ cherley - Auslegungen derselben kürzlich zu prüfen. Soviel zuerst die L. 33. D. Locati anbetrifft, so erklären se viele 2) von dem Falle, da der Verkäufer an der Pub. lication der Sache selbst Schuld war, weil er sich durch ein begangenes Delict dieselbe zugezogen hatte. Allein diese Erklärung läßt sich nicht wohl annehmen. darf nur die L. 33. D. locati im Zusammenhange lesen, um sich von dem Gegentheil zu überzeugen. Si fundus, quem mihi locaveris, publicatus sit, sagt Afrikan,

Man

tene

50) Commentar. in Institut. iur. civ. L. III. Tit. 24. nr. 7. 51) Commentar. in IV. Institut. iur. civ. libros ad §. 3. I. de contrah. emt. nr. 3. et 4.

52) Jul. PACIUS Analys. Institut. ad §. 3. de contrah emt.

und EvavτioQavav s. Legg. conciliatar. Centur. V. Qu. 8. Ulr. HUBER Praelect. ad Instit. Lib. III. Tit. 24. §. 10. Arn. VINNIUS Comment. ad §. 3. Inst. de contrah. emt. nr. 8. RING Cit. Diss. de periculo rei venditae §. 4. Ev. BRONCHORST EVαUTIOQαv. Cent. II. Assert. 55. und Jo. MARPPRECHT Comm. ad §. 3. I. de contr, emt.

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