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aufgeschrieben, so gilt er nicht als tabulae, sondern der Testator muß dessen Inhalt erst noch,,generali sermone" nuncupiren. Durch diese mit der Familienmancipation verbundene Nuncupation wird alles in den tabulae Geschriebene mit der Rechtskraft versehen, als wenn der Testator es Alles einzeln nuncupirt hätte 89). Also beim iure factum testamentum beruht die Rechtskraft auf dem Vorgenommensein der Familienmancipation und Testamentsnuncupation. Dagegen die tabulae testamenti sind nicht das Testament, sondern nur Beweismaterial des Testaments. Wird Familienmancipation und Nuncupation nicht vorgenommen, so liegt ein non iure factum testamentum vor. Fallen aber die tabulae testamenti hinweg, so bleibt das Testament immer iure factum, und wenn man nur sicher beweisen kann, (was freilich oft schwierig sein mag), daß die behaupteten Punkte in den zerstörten tabulae gestanden haben, so gelten diese nachgewiesenermaßen in tabulas scripta noch immer als generali sermone nominata atque confirmata. Also für sie besteht noch immer das dem iure factum testamentum ge: währte,,ius esto", wofern nicht ihnen in Folge jenes prätorischen Grundsages, daß der späteren contraria vo

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89) Gai. II. 104.: a) mancipat alicui dicis gratia familiam suam .; b) deinde testator tabulas testamenti tenens ita dicit,haec ita ut in his tabulis cerisque scripta sunt, ita do ita lego ita testor, itaque vos Quirites testimonium mihi perhibetote'; et hoc dicitur nuncupatio: nuncupare est enim palam nominare, et sane quae testator specialiter in tabulis testamenti scripserit, ea videtur generali sermone nominare atque confirmare.

luntas durch doli exc. Schuß verliehen werden müsse, Hemmnisse entgegentreten. Hieraus folgt:

aa) Die tabulae testamenti brauchen nach dem Tode des Testators gar nicht zu extiren. Auch wenn die tabulae ganz untergegangen sind, sobald nur sicher nachgewiesen werden kann, was in ihnen gestanden hat [was, wenn auch unter Umständen sehr schwierig, in anderen Fällen doch wieder sehr leicht sein kann, z. B. wenn von den eigentlichen tabulae noch eine beglaubigte Copie existirt; Anm. 92.], so ist das ius des Testamentes noch ganz aufrechtstehend; fr. 1. §. 3. de his quae in test. del. 28. 4. (Ulp.) [fo auch die von Krüger S. 5. Anm. 1. citirte Synopsis]: quoniam si totum testamentum non exstet [also wenn der gerade Gegensag des prätorisch - emendatorischen Rechtes vorliegt] constat valere omnia quae in eo scripta sunt. Ulpian spricht damit ganz denselben Saß aus, den wir Gaius (gleich unten Nr. bb) mit den Worten iure civili valet bezeichnen sehen. Und diesen Ulpian'schen Sag darf man nicht mit Mommsen und Krüger (Zusaß) als Gloffem streichen wollen [es müßte der Geist Ulpians über den Gloffator gekommen sein, wenn er diese des civilen wie des prätorischen Rechts offenbar gleich kundige Bemerkung hätte machen können!]. Unser Saß ist der Grund [also das quoniam ist nicht mit Krüger zu ändern] für das Voraufgestellte, daß die inconsulto deleta,,peti possunt" (weil diese ipso iure gültig find), und daß nur aus den consulto deleta eine exc. doli erwächst.

bb) Die tabulae testamenti des Civiltestamentes wurden freilich auch verschlossen und fignirt. Aber wenn die Mäuse das Linum abfressen, oder wenn der Erblasser das Linum, nicht mit contraria voluntas, søn

dern um das Testament noch einmal nachzulesen 9o), zerschneidet, so geschieht damit nichts die civilrechtliche Gültigkeit des Testamentes Afficirendes; Gai. II. 151.: ut si linum eius inciderit, nihilominus iure civili valeat. Und da hier keinerlei contraria voluntas des Erblaffers vorliegt, so kann auch nicht von einer gegen das Testament wirksamen exceptio doli die Rede sein. Der Erblaffer hinterläßt also ein iure factum und ohne exc. doli zur Geltung fommendes, offenes und mithin für Alle sogleich inspicirbares Te: stament.

cc) Ebenso hinterläßt der Erblaffer ein ipso iure. gültiges Civiltestament, wenn der ganze Inhalt desselben unlesbar geworden, aber auf andere Weise (z. B. durch eine sichere Abschrift) nachweisbar ist; Gai. II. 151.: quin etiam si deleverit quoque aut obleverit tabulas testamenti, nihilominus [non] desinent valere quae fuerunt scripta, licet eorum probatio difficilis sit 91). Und wenn das Unlesbarwerden durch Zufall erfolgt ist, oder der Erblasser unabsichtlich ohne contraria voluntas (z. B. durch versehentliches Ueberschütten einer die Schrift austilgenden Flüssigkeit) die tabulae unlesbar gemacht hat, so ist auch kein Material vorhanden, um gegenüber der ipso iure Gültigkeit des iure factum testamentum eine exc. doli zu ge währen 92).

90) Fr. 20. §. 1. de test. mil. 29. 1.: veluti si tabulas inciderit et legerit testamentum.

91) Die Lesbarmachung dieses wichtigen Gatischen §. 151. ist das Verdienst Krüger's.

92) Vgl. den Fall des fr. 4. quae in test. del. 28. 4.: der Erblasser hat mehre gleichlautende Testaments

36.

6) Ganz entgegengesett stellt sich das neue prätorische Signationsprincip. Nur aus signirten tabulae (,,non nisi", 3iff. 26. Anm. 39.) wird secundum tabulas b. p. gegeben. Nichtsignirte tabulae gewähren fein prätorisches testamentarisches Erbrecht. Also die tabulae sind nicht, wie beim iure factum testamentum, Beweismaterial für das in der Familienmancipation und Nuncupation seine Rechtskraft tragende Testament; sondern die signirten tabulae sind für das prätorische Recht Verkörperung des leßten Willens. So ergeben sich nothwendigerweise die Eventualitäten, daß ein iure factum aber nicht signirtes testamentum: civilrechtlich gültig dagegen prätorisch nicht aufrechterhalten ist; und umgekehrt daß ein wegen Nichtvornahme der Familienmancipation und Nuncupation non iure factum jedoch signatum testamentum: civilrechtlich ungültig aber prätorisch aufrecht erhalten ist. Die Details des aus dem prätorischen Signationsprincip Folgenden werden wir alsbald genauer zu betrachten

exemplare aufgesett (pluribus tabulis eodem exemplo scriptis) und eins davon mit allen Formalitäten des iure factum testamentum versehen (unius testamenti voluntatem eodem tempore dominus sollemniter complevit). Wenn dann der Erblaffer gerade diese iure factae tabulae ohne contraria voluntas delirt hat (si quasdam tabulas in publico depositas abstulit atque delevit), so wird das iure factum testamentum, da hier durch die noch vorhandenen tabulae der Inhalt der vernichteten Urkunde sich mit Sicherheit beweisen läßt, nach Papinians Ausspruch keineswegs irritum (quae iure gesta sunt, praesertim cum ex ceteris tabulis quas non abstulit res gesta declaretur, non constituentur irrita).

haben. Hier habe ich zunächst erst die allgemeine Bedeutung der Signationsvorschrift zu erörtern.

aa) Auch für die ab initio non iure facta aber signata testamenta gilt der oben schon erwähnte Sag (3iff. 34. Anm. 83.), daß es, sich um ein factisch perfectes oder consummirtes Testament han deln muß. aa) Wenn dies vorliegt, so ist insbesondere rücksichtlich des Testirens für sich und für das unmündige Hauskind nur das Signirtwerden des eigenen Testamentes nöthig, und es ist zulässig, daß das damit als eins betrachtete Kindestestament als refignirtes hinterlassen werde 93). ßß) Wenn der Erblasser den Testamentsact so getheilt hat, daß er nach Vornahme der Familienmancipation nicht eine generalis nuncupatio aussprach, sondern die Erbeinsegung palam nuncupirte, dann aber in Betreff der Legate hinzufügte: legata ita ut in his tabulis cerisque scripta sunt, ita do ita lego ita testor, itaque vos Quirites testimonium mihi perhibetote, und hierauf diese tabulae figniren ließ, oder wenn er auch ohne Aussprechung jener Worte die tabulae einfach signiren ließ, so liegt gar kein der prätorischen Signationsvorschrift genügendes Testament vor, da die Erbeinseßung nicht als ein in der Urkunde

93) Fr. 9. h. t. (Pompon.): Ut b. p. secundum pupillares tabulas admitti possit, requiritur, an patris testamentum signatum sit, licet secundae tabulae resignatae proferantur; fr. 20. pr. de vulg. et pup. 28. 6. (Ulp.): Patris et filii testamentum pro uno habetur etiam in iure praetorio (Ziff. 27. Anm. 41.): nam, ut Marcellus scribit, sufficit tabulas esse patris signatas, etsi resignatae sint filii, et septem signa patris sufficiunt.

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