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Erbtheil, der ihm zum zweiten Male deferirt wird, mit dem institutus theilen.

v. Löhr mußte also, um consequent zu bleiben, das fr. 41. D. 29. 2. wo es heißt:

,,Filius qui se paterna hereditate abstinuit, si exhereditati fratris hereditati se immiscuerit, et pro herede gesserit, poterit ex substitutione hereditatem obtinere" so auslegen: der PupilLarsubstitut erhält in Folge der Substitution, wenn er die Erbschaft des erheredirten Bruders annahm, auch die väterliche Erbschaft, obgleich er von derselben sich schon losgesagt hatte; ein ganz eigenes Resultat, während die Stelle so zu nehmen ist und auch von unsern Gegnern so genommen wird der Substitut könne die Erbschaft des erheredirten Pupillen (ex substitutione hereditatem) antreten, ob er gleich der väterlichen sich entschlagen habe.

3) Ist v. Löhr genöthigt, ein jus accrescendi anzunehmen, wo nach allgemeinen Rechtsgrundsägen gar keins denkbar, auch kein besonderer (fingulärer) Grund für die Annahme eines solchen verhanden ist. Er behauptet nemlich, indem er das fr. 59. D. 29. 2. auch auf die Fälle anwendet, wo der Pupille erheredirt war oder abstinirt hatte, und der Pupillarsubstitut die väterliche Erbschaft antrat, es falle das eigene Vermögen nach dem Tode des Pupillen (der starb, nachdem der Substitut qua heres angetreten hatte) in die väterliche Erbschaft und folglich jure accrescendi dem Substituten zu. G. 339.

Allerdings wird der Anfall des Pupillar-Nachlasses in fr. 59. als Folge und Wirkung des jus accrescendi angegeben, allein gerade dieser Grund beweist, daß dieser Anfall durch die Möglichkeit eines solchen bedingt ist. Das Anwachsungsrecht kann aber nur statthaben, wenn eine Erbschaft vorhanden ist, weil es nur eine Wirkung der Ungetheiltheit der Erbschaft, als Vermögenscomplerus eines Verstorbenen gedacht, ist. Nun ist aber gewiß, daß, wenn der Pupille abstinirt hat

(a fortiori wenn er erheredirt war) - der pupillarische Nachlaß nicht als Theil der väterlichen Erbschaft angesehen wird und deßhalb auch von den Gläubigern des Vaters durchaus nicht angesprochen werden kann, selbst wenn der losgewordene Pupille starb und einen Pupillarsubstituten als Erben hinterließ. fr. 42. pr. D. 29. 2.

Ein Erwerb des pupillarischen Nachlasses durch den Substituten des väterlichen Erben jure accrescendi läßt sich also hier unmöglich annehmen, wohl aber in dem Falle, wo der Pupille wirklich Erbe des Vaters wurde, (obgleich nur pro parte) wo also der in fr. 59. angegebene Grund des Conjungi seiner Verlassenschaft paternae hereditati eintrat, und bewirkte, daß nun die Eine Erbschaft des Pupillen (denn er könnte nur eine haben) in die väterliche zurückfiel, nemlich das vom Vater als Erbtheil stammende Vermögen des Pupillen vermehrt durch das später dazu gekommene. Wie der einem Vulgarsubstituten zugewiesene Erbtheil dem coheres substitutus accrescirt, wenn jener, nachdem er ihm deferirt worden war, wegfällt, so ist dieß auch beim Pupillen der Fall, wenn dieser wegfiel, jedoch mit dem Unterschiede, daß auch ein späteres Wegfallen die gleiche Wirkung hat, d. h. seinen Antheil an der Erbschaft in diese zurückwirft, und zwar vermehrt durch das eigene, mit demselben verschmolzene Vermögen des Pupillen 1). Gerade das hier nun Ausgeführte liefert

4) einen der Beweise der Richtigkeit der von uns vertheidigten Ansicht, die dahin geht, daß nicht die Einheit des Testaments (d. h. der väterlichen Erbeseinsehung und der Pupillarsubstitution als Theil eines und desselben legten Willens), son

1) Es ist hier eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Accrescenzrecht beim ususfructus legatus vorhanden. Gleich wie dieses eintritt, wenn ein Usufructuar schon erworben hatte und nachher starb, so accrescirt der väterlichen Erbschaft die des Pupillen, der sie schon erworben hatte und nachher starb, jedoch hier vermehrt durch das eigene Bermögen des Lehtern.

dern, wie auch Mühlenbruch, obgleich nicht ganz im Sinne des Verfassers, annimmt, die Einheit und Ungetheiltheit der beiden Vermögen der Grund ist, warum die väterliche Erbschaft nicht ohne die pupillarische angetreten oder ausgeschlagen werden kann, weßhalb diese Regel von ihm auf den Fall beschränkt wird, wo der vom Vater zum Erben eingesezte Pupill wirklich Erbe geworden war und blieb.

Die übrigen Gründe hierfür hält der Verfasser für überflüssig, hier zu wiederholen, da dieselben so ausführlich, wie möglich, in §. 3. entwickelt worden sind.

XI.

Zur Lehre von der civilen Berechnung der Zeit.

Von

Herrn Dr. J. J. Bachofen zu Basel.
(Beschluß der in Heft 1. Nr. II. abgebrochenen Abhandlung.)

VII. In keiner Stelle ist der Unterschied des Resultates

der Computation und der Interpretation so deutlich ausgesprochen, als in L. 5. D. qui test. (28. 1.) aus Ulpian 1. VI. ad Sabin.

"A qua aetate testamentum vel masculi vel feminae facere possunt, videamus. Et verius est, in masculis quidem quartum decimum annum spectandum, in feminis vero duodecimum completum. Utrum autem excessisse debeat quis quartum decimum annum, ut testamentum facere possit, an sufficit complesse. Propone aliquem kalendis Januariis natum testamentum ipso natali suo fecisse quarto decimo anno, an valeat testamentum? Dico valere. Plus arbitror, etiamsi pridie kalendarum fecerit post sextam horam noctis, valere testamentum: jam enim com plesse videtur annum quartum decimum, ut Marciano videtur.<<

Auch hier hat man die Augen absichtlich verschlossen, auch hier will man Nichts als das Princip der civilen Zeitrechnung entwickelt finden, und scheut dann auch die gezwungenste Zeitschrift für Civilrecht u. Prozeß. XVIII. 3.

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Erklärung nicht, um das hier ausgesprochene mit dem anderweit bekannten Princip in Harmonie zu bringen 1).

Es ist bekannt, daß von dem Eintritt der Pubertät bei Männern und Frauen die wichtigsten persönlichen Rechte abhingen. Mit diesem Moment nahm die Tutel ihr Ende; mit diesem trat die Fähigkeit ein, eine legitime Ehe zu schließen und ein Testament zu errichten; bis zu diesem konnte pupillariter substituirt werden. Höchst wichtig war es daher, genau den Zeitpunkt anzugeben, mit welchem die Pubertät eintreten sollte. So lange man zur Bestimmung desselben auf die Körperentwicklung des einzelnen Individuums sah, war eine allgemeine Bestimmung hierüber unmöglich. Wohl hauptsächlich aus diesem Grunde vertheidigte schon frühe die Schule der Proculejaner die Bestimmung der Pubertät einzig und allein nach Altersjahren 2). Diese Bestimmung, welcher Justinian zulegt alleinige Geltung gefeßlich zuerkannte 3), sieht auch UIpian in unserer Stelle als die richtigere an.

Bei den Männern will er den quartus decimus annus, bei den Weibern den duodecimus a. completus 4) berücksichtigt haben. Die Frage, welche der Jurist nun zu beantworten sucht, ist die: ob zu der Completio anni der Ablauf des legten

1) Den richtigen Tag nehmen an: Erb S. 190. Koch S. 95. Reinfelder S. 32. v. Löhr S. 421. Hagemeister S. 6. v. Vangerow S. 260. Auf die Nacht zwischen dem 31. Dec. und 1. Jan. beziehen die Stelle außer v. Savigny auch Unterholzner S. 305. 307. 308. und Göschen S. 591.

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2) GAJ. I. §. 196. Vergl. pr. J. quib mod. tut. (1. 22.) und THEOPH. ad h. 1.

3) In 1. 3. C. quando tut. esse des. Vgl. pr. J. quib. mod. tut. (1. 22.) u. THEOPн, ad h. l. In pr. u. §. 1. J. de nuptiis (1. 10.) findet sich keine nähere Gränzbestimmung der Pubertät; wohl aber giebt sie Theoph. in der Erklärung dieser Stellen.

4) Dieß Completus (expletus, impletus) ist der Ausdruck, mit welchem die Regel der Computation gewöhnlich ausgesprochen wurde. Vergl. Erb S. 241. N. 1.

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