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tamque pauperes praesidibus probaverint, ut merito menstruis alimentis a libertis suis adiuvari debeant.

Zu mehrer Bestärkung dessen, daß Der, welcher Alimente begehrt, mit dem Beweise der Schwäche oder Dürftigkeit gleich von vorn herein vortreten müsse, führt Paulus am Ende des Fragments noch das Zeugniß hinzu :

Idque ius ita plurimis principum constitutionibus manifestatur. Und in der That wird es auch noch heut zu Tage in den Ländern deutscher Zunge eben so gehalten. Schon die Reichsgeseße 1) kennen den Grundsaß, daß der wirklich Verarmte von dem Staate und den Gemeinheiten erhalten werden müsse; und die allgemeine Ordnung hat eingeführt, daß, bevor die Sorge der Polizei eintritt, der die Versorgung Ansprechende den Zustand eigener Mittellosigkeit nachweisen müsse. Erst wenn dieser Zustand erhellt, werden die Ansprüche begründet 2) und fällt auch wenn die Polizei um Unterstüßung angesprochen wird, die amtliche Untersuchung mit der Nachweisung der Ansprechenden oft zusammen, weil bei dergleichen Sachen nie ein geregeltes Beweisverfahren Statt finden darf, so ist doch auch hier klar, daß die Polizei, wenn sie will, von dem Ansprechenden jene Nachweisung verlangen kann. Die Schuldigkeit hierzu bleibt dieselbe, wenn der Anfordernde den Rechtsweg gegen seine Anverwandten betritt; nur die Art und Weise der Nachweisung muß sich ändern, weil das bürgerlich rechtliche Verfahren andere Formen kennt, als das polizeiliche; obwohl wir der Meinung sind 3), daß Alimentensachen überall summarisch behandelt werden; also auch im Beweisverfahren bloße Bescheinigungen in die Stelle förmlicher Beweise treten müssen 4).

1) Reichspolizeiordnung von 1577.

2) v. Berg Polizeirecht. Th. 3. S. 211. Preuß. Landr. Tḥ. 2. 19. §. 5. 3) Mit Danz ord. Proz. §. 59. Pfeiffer prakt. Ausf. Bd. 1. S. 297. ) Danz summarischer Prozeß. Hauptst. 1. §. 7.

V.

Von der Beweislaft bei der Negatorienflage, wenn der Beklagte sich in dem Quasibesige der Dienstbar: keit durch richterliches Urtheil geschüßt befindet.

Von dem

Königl. Bayr. Appellationsgerichts - Assessor Herrn Samhaber zu Uschaffenburg.

S. 1.

Um die Frage, deren Beantwortung es in der vorwürfigen Abhandlung gilt, zu veranschaulichen, wolle der gelehrte Leser sich folgenden Fall in kurzen Zügen vor Augen stellen:

» A. befindet sich seit zehn, zwanzig und mehreren Jahren in dem Besige des Zehntbezuges von einem Acker des B., und wurde erst bei der legten Aerndte von demselben in Ausübung seines Rechtes gestöret; er war daher gegen B. klagbar aufgetreten, und als B. nichts Weiteres zu seiner Verantwortung vorbringen konnte, als daß der fragliche Zehnt rechtswidrig von A. bisher bezogen worden sei, so wurde Lezterer in dem Besige seines Zehntbezuges geschüßt, und B. mit seinem Vorgeben zum besondern Austrage verwiesen. B. tritt nun in vim petitorii mit der Negatorienklage auf, und leugnet das Zehntrecht des A., welchem nur sein Besit zur Seite stehe. — A. dagegen beharret auf seinem, angeblich seit unvordenklichen

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Zeiten bestehenden Zehntrechte. Hier fragt es sich nun, wem unter den streitenden Theilen die Beweislast obliegt, dem Kläger der Beweis der Befreiung von der Zehntpflichtigkeit, oder dem Beklagten der Beweis seines Zehntrechts?"

S. 2.

Mag von dem Eigenthümer eines Grundstückes eine Dienstbarkeit oder ähnliche Last desselben verneinet, und rechtliche Hülfe von ihm wider den, die natürliche Freiheit beunruhigenden Gegner gesucht werden 1), mag der Herr eines Gutes klagend wegen einer dasselbe beschwerenden Dienstbarkeit auftreten 2), in allen diesen Fällen liegt die actio negatoria vor, die Schüßerin der Freiheit des Eigenthums 3).

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Leicht zu erkennen ist demnach das Wesen der Negatorienklage, und ihre Anstellung im oben erwähnten Falle nicht zu bezweifeln. Desto größere Schwierigkeit entstehet

Zeuge ist

die Theorie und Praris der ältesten und neuesten Zeiten bei der richterlichen Entscheidung darüber, wem die Beweislast bei dieser Klage zukommet? - Ein positiver Ausspruch in den Gesezen wird hierüber vermisset 4), und dem Richter stehet es nun zu, nach reifer Erwägung aller Gründe für und wider zu entscheiden, eine um so schwierigere Aufgabe, als auf beiden Seiten gewichtvolle Momente und bedeutende Autoritäten der Gelehrten stehen! 5)

1) 1. 4. §. 7. 1. 8. §. 5. l. 17. pr. et §. 1. ff. si servitus vindic. 1. 5. pr. ff. si ususfr. pet. §. 2. J. de actionibus.

*) 1. 2. pr. et cit. 1. 4. §. 7. si serv. vind. et 1. 5. pr. si ususfr. pet. ) Schweppe, Röm. Privatrecht. 1819. §. 312. Seuffert, Lehrb. des pract. Pandektenrechts. Würzb. 1825. Bd. I. §. 183.

*) Die von den Rechtslehrern angezogenen Hauptstellen fr. 8. §. 3. ff. si servitus vindicetur und fr. 15. ff. de op. nov. nunt. enthalten den Fall in thesi nicht buchstäblich, sondern lassen nur analoge Anwendung zu.

*) Von dem Beweise der Freiheit des Eigenthumes wollen den Kläger in neuern Zeiten befreien:"Hufeland, in den Beiträgen zur posit. Rechtswissenschaft. St. 4. Nr. 10. Klöger, Berichtigung der Lehre von der Beweislast. Jena. 1813. Borst, v. d. Beweislast.

§. 3.

Für den Kläger, vielmehr für seine Befreiung von der Uebernahme der Beweislast, spricht bei der Negatorienklage, allerdings nicht ohne allen Schein von Gewicht, die Vermuthung der natürlichen Freiheit, auf welche der Kläger sein Vorbringen bei dieser Klage stüßet. Diese Vermuthung wird bei den älteren Rechtsgelehrten besonders hochgehalten von Thomasius, indem er in seiner dissertatio de praesumt. allodialitatis §. 17. seq. sich also darüber äußert: » Cave, ne putes, rationem hanc ideo esse infirmam, quia per textus juris non probari possit; quin potius et certissima et evidentissima est, aeque ac ratio quaedam mathematica, etsi nec haec in jure continentur, quia videlicet utraque fundatur in natura rerum et sensu communi.<<

Mit dieser Vermuthung verbindet sich auch der von den Rechtsgelehrten anerkannte Sag, » quod negantis simpliciter nulla sit per rerum naturam probatio« 2) und die weitere Ansicht, daß eine praesumtio negativa in den Rechten immerhin für stärker zu erachten sei, als eine Affirmation.

Auch wird in Erwägung gezogen, daß nicht nur in rebus incorporalibus der Quasibesig den Besiger nicht befreie, den Rechtstitel seiner Dienstbarkeit darzuthun 3), sondern daß auch die Vermuthung für die Freiheit des Klägers von der fraglichen Servitut stärker sei, als jene, welche für den Besit des Beklagten spricht, da lettere nur allgemein sei, erstere aber

1) << Omnes enim Icti concedunt thesin in genere, quod actio negatoria habeat hoc peculiare prae aliis actionibus, quod in hac non actor, sed reus probet, et solum thesin limitant, si modo actor in actione negatoria possideat quasi libertatem.» COCCEJ de directa probatione negativae. Cap. IV. §. 16. cf. THOMASIUS in diss. de onere probandi in act. negat. §. 19.

diss. acad. vol. IV. nr. 113. p. 151.

*) LEYSER, medit. ad pand. spec. 109. med. 5. tom. II. pag. 454.

3) CARPZOV, lib. I. resp. 67. nr. 12.

den Charakter der Specialität an sich trage, und daher im Zweifel das Uebergewicht habe 1).

Ferner ist auch nicht mit Stillschweigen zu übergehen, daß nach dem Dafürhalten Mancher die Dienstbarkeit der Güter nicht so sehr, wie die Freiheit derselben von einer solchen in der Natur der Sache lieget. Jene Dienstbarkeit nämlich, behauptet man, entstehe erst aus einer Thatsache, und Thatsachen seien überhaupt von demjenigen, welcher sich auf sie berufet, zu beweisen. Der Quafibesig könne nun vor dieser Beweislast nicht schügen, weil er die Vermuthung der Freiheit nicht aufzuheben, noch jene der Dienstbarkeit zu begründen vermöge.

Endlich will man auch die Folgerung, welche Manche aus 1. 7. §. fin. de liberali causa, l. 14. ff. de prob., 1. 20. Cod. eod., 1. 4. in f. Cod. si serv. export. ven. gegen den Kläger machen 2), durch den Einwand heben, daß von der persönlichen Freiheit auf jene der Güter nicht geschlossen werden dürfe.

S. 4.

Obschon nun, wie bisher gezeigt worden, nicht unbedeutende Momente für den Kläger sprechen, daß er bei der Negatorienklage, wenn auch der Beklagte sich im Besige der streitigen Dienstbarkeit befindet, den Beweis seiner Freiheit von solcher zu übernehmen nicht verbunden sei, so neiget sich dennoch das Uebergewicht der Gründe auf die Seite des Beklagten, und befreiet diesen im unterstellten Falle von der Beweislast seines Rechtes, indem es vielmehr diese hinsichtlich der behaupteten Freiheit der fraglichen Dienstbarkeit auf den Kläger wälzet. Die oben erwähnten, dem Kläger angeblich zur Seite stehenden Gründe ruhen nämlich, wenn man sie in nähere Betrachtung

1) THOMASIUS, de onere probandi. §. 27.

ein

2) Bei den Streitigkeiten, ob Jemand ein Freier oder ein Knecht, Freigelassener oder Freigeborner ist, soll der seine Freiheit Behauptende solche beweisen, wenn sein Gegner im entgegengesetten Besige sich befindet.

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