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ftrats in Rom erforderte *). Hiezu kommt endlich, daß die Schrift des Aelius Gallus libri XII (oder mehr) de significatione verborum quae ad ius civile pertinent durchaus technische Ausdrücke des Civilrechts erklärt (beispielsweise: lex, rogatio, senatus decretum, municeps, possessio, saltus, petra, vallus, paries, vestibulum, via, flumen, sanctus, sacer, religiosus, sepulchrum, remancipata, stirps, sobrinus, orba, necessarii, nexum, postliminium, perfuga, relegatus, reus, reciperatio), welchen triginta lictores doch nimmermehr zugezählt werden kann. Es ist also das Richtige immer noch nicht gefunden.

Was denn aber hat hier gestanden? Das Lemma muß ein mit T anfangender technischer Ausdruck des Civilrechts gewesen sein, die Erklärung aber nothwendig irgend eine Thatsache berichtet haben, wodurch dem bei Antritt seines Amtes von Rom abwesenden und im Lager festgehaltenen Magistrat die Möglichkeit eröffnet ward, das Imperium zu erwerben ohne deßwegen nach Rom zurückzukehren. Denn an sich schon wird jeder unbefangen das Bruchstück Erwägende in denen, die ex praesidiis sich nicht entfernen können, nicht mit Rubino die Soldaten, sondern mit Urfinus die der lex curiata de imperio bedürftigen Magistrate, und in dem fehlenden Lemma irgend ein Surrogat für die thatsächlich unmögliche ordentliche Beantragung derselben suchen. Zur völligen Gewißheit aber wird diese Annahme dadurch, daß in der That Fabius und Marcellus, als sie das Consulat 540 antreten sollten, beide, jener als Consul, dieser mit außerordentlicher proconsularischer Gewalt (Liv. 22, 35. 23, 31. 24, 9) bei den campanischen Heeren standen, wo sie auch bestimmt waren zu bleiben, so daß es widersinnig gewesen sein würde sie der bloßen Formalität des Curiatgesezes wegen beide die Reise nach Rom machen zu laffen. Abhülfe wurde hier geschafft und zwar nicht bloß durch eine transitorische Bestimmung, sondern wie das Präsens

*) Souft ließe auch die Ergänzung sich versuchen: Trinundino omisso lex curiata fertur, wenn nicht dieselben Bedenken auch hier entge gen ständen: daß der Magistrat die Promulgation auch abwesend beschaffen konnte und demnach durch den Wegfall des Trinundinum nichts Wesentli ches erreicht worden wäre. Ueberdies hat es große Wahrscheinlichkeit, daß das Trinundinum auf die lex curiata de imperio niemals bezogen wor den ist.

fertur zeigt, durch eine seitdem stehend gewordene Modifikation der lex de imperio. Nur kann diese Abhülfe nicht einem jeden außer halb Rom das Consulat oder die Prätur antretenden Beamten die Möglichkeit gegeben haben das Imperium abwesend zu erwerben, da die bisherige Ordnung als Regel auch ferner in Kraft blieb, sondern es muß unter gewissen besonderen Voraussetzungen eine Ausnahme gegolten haben.

Allen diesen Anforderungen scheint die folgende Restitution zu entsprechen:

Transit

imperium neque denuo lex curiata fertur, quod,Hanni-
bal in vicinitate Romae cum esset nec ex praesidi-
is tuto decedi posset, Q. Fabius Maximus Verru-
Cossus M. Claudius Marcellus cos. facere in-
stituerunt, ut notavit Aelius in XII signi
ficationum verborum

Ob hinsichtlich des Lemmas genau das Richtige getroffen sei, läßt sich allerdings insofern bezweifeln, als das technische Wort des römischen Staatsrechts für die Fortführung des Imperium durch dasfelbe Individuum in einer andern Magistratur nicht nachweisbar ist und dafür mancherlei verschiedenartige Ausdrucksweisen gedacht wer den können. Aber welcher es auch gewesen sein mag, es ist recht wohl denkbar, daß Gallus diesen Kunstausdruck mit erklärt hat, und die Sache selbst ist nicht zweifelhaft. Denn wenn, wie, ge zeigt ward, die Verpflichtung des Magistrats das Curiatgefeß in Rom zu beantragen im Allgemeinen bestehen blieb, aber wegfiel unter gewiffen Voraussetzungen, die bei den Consuln des J. 540 eintraten, so bestand das Eigenthümliche ihres Falles offenbar darin, daß sie das für 540 zu erwerbende consularische Imperium beide bereits für 539 erworben hatten, Fabius als Consul des Jahres, Marcellus kraft der ihm durch Volksbeschluß außerordentlicher Weise ertheilten proconfularischen Gewalt (Liv. 23, 30. 31. 32. vgl. 24, 9). Das Imperium war an sich, wie anderweitig gezeigt ist (Rechtsfrage zwischen Cäsar und dem Senat S. 27) niemals absolut begrenzt, sondern dauerte fort, bis der Nachfolger eintraf; wenn also

der Magistrat sich selber succedirte, konnte er der Erneuerung der lex curiala insofern entrathen, als ihm wenn auch das diesjährige Imperium nicht erworben, doch wenigstens das vorjährige nicht entzogen ward. Darauf geftügt unterließen Fabius und Marcellus die Erbittung des Imperiums für 540, und es wurde dies von den römischen Juristen als verfassungsmäßig richtig anerkannt.

Zur vollständigen Erörterung dieser Frage gehört noch die Vergleichung der Praxis mit der eben entwickelten Theorie. Zunächst könnte man weitere Anwendungen des, von Fabius und Marcellus aufgestellten Sages aus der Folgezeit erwarten. Dabei ist indeß nicht außer Acht zu laffen, daß schon seit dem J. 412 die Regel des zehnjährigen Intervalles zwischen zweien gleichen Magiftraturen desselben Mannes gefeßlich festgestellt war (RG. I, 285) und die Ausnahmen davon immer seltener wurden (RG. I, 769), namentlich aber, daß die unmittelbare Verbindung zweier Jahresämter schon in der Zeit des hannibalischen Krieges dem Geiste mehr noch als dem Buchstaben der republikanischen Verfassung zuwiderlaufend erachtet ward (Liv. 24, 9). So ist in der Zeit der freien Republik Fabius der legte geblieben, der zwei Jahre nach einander das Consulat bekleidet hat; erst in der Revolutionszeit haben die Parteihäupter Marius 650-654, Cinna 667-670, Carbo 669. 670, Cäsar 708-710, und später die Kaiser ihre monarchische Gewalt in diese Form gekleidet. Daß in diesen Fällen die von Fabius und Marcellus aufgestellte Regel mehrfach zur Anwendung kam, ist sehr wahr. scheinlich, aber bei der rein formellen Beschaffenheit dieses Aktes kann es nicht befremden positive Belege dafür nicht zu finden. An. drerseits muß, wenn das gefundene Resultat richtig ist, aus der Zeit vor 540 kein Fall vorkommen, in dem bei Continuation des höchsten Amtes nicht dennoch die lex de imperio erneuert worden, also der Beamte nach Rom zurückgegangen wäre. Die Beschaffenheit unserer Quellen gestattet natürlich nicht dies in jedem Falle positiv nach. zuweisen; aber die Spuren einer derartigen Einrichtung liegen dennoch deutlich vor. Zunächst gehört schon das hierher, daß die Continuationen im Ganzen genommen selbst in den früheren Jahrhunderten der Republik ebenso selten als die Widerwahlen nach fur

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zer Frist häufig begegnen; wenn Ser. Cornelius Maluginensis 368. 370. 372. 374, L. Menenius Lanatus 374. 376. 378 Kriegstri bune, L. Sulpicius Peticus 399. 401. 403 Conful waren, so liegt schon hierin ein nicht mißzuverstehendes Zeugniß. Von den nach Absonderung der nur scheinbaren *) übrig bleibenden fünfzehn Continuationsfällen ist bei den späteren und besser bekannten die Rückkehr des Beamten nach Rom nachweisbar, bei den älteren, deren Feld. züge mit dem Sommer endigten, selbstverständlich, überhaupt kein einziger der Art, daß die Rückkehr zur Wiederholung der lex curiata ausgeschlossen wäre. Es sind die folgenden:

1) P. Valerius Poplicola Consul 245. 246. 247.

2) Ap. Claudius Decemvir 303. 304.

3) L. Servilius Arilla Kriegstribun 335. 336. 337 (nach den capitol. Fasten und den davon abhängenden Quellen).

4) L. Servilius Ahala Kriegstribun 346. 347.

5) L. Junius Medullinus Kriegstribun 356. 357. 359.360.
6) L. Quinctius Cincinnatus Kriegstribun 368. 369.
7) Ser. Sulpicius Rufus Kriegstribun 370. 371.

8) . Aemilius Mamercinus Kriegstribun 371. 372.

9) Ser. Sulpicius Praetextatus Kriegstribun 377. 378 (379 -383 solitudo mag.) 384 (fo wahrscheinlich die capitol. Tafeln Borghesi fasti 2, 208).

10) Ser. Cornelius Maluginenfis Kriegstribun 378 (379 -383 solitudo mag.) 384 (Borghesi fasti 2, 206).

11) L. Veturius Craffus Cicurinus Kriegstribun 386. 387. 12) L. Plautius Decianus Consul 425. 426. Er triumphirte 1. März 426, war also am Schluß des ersten Amtjahres in Rom.

13) L. Papirius Cursor Consul 434. 435.

*) Dahin gehören M. Valerius Corvus Consul 454. 455, da er in dem leßteren Jahre als suffectus eintrat; L. Valerius Potitus, der 361 abdicirte und 362 wieder gewählt ward; P. Cornelius tr. mil. II. 360, welcher nicht nothwendig P. Cornelius Costus tr. mil. 359. cos. 361 oder P. Cornelius Scipio tr. mil. 359 gewesen sein muß, sondern auf P. Cornelius Maluginensis tr. mil. 357 bezogen werden kann (Borghest fasti 2, 165).

14) . Fabius Maximus Rullianus Consul 444 (445 Dic tatorenjahr) 446. Er triumphirte 13. Nov. 445, war also am Schluffe feines ersten Amtjahres in Rom.

15) M'. Curius Dentatus Conful 479. 480. Er triumphirte im Februar 480, war also zum Antritt des neuen Consulats in Rom.

די

Th. Mommsen.

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