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Ofterjahre, welche es in den älteren Zeiten (Anf. des 3. Jahrh.) noch nicht gab. Sie bildeten sich erst und waren ursprünglich eben nur Ansegungen innerhalb des julianischen (oder syrischen) Jahrs, bis sie dann im Kampfe mit der Welt und ihren Inftitutionen erstarkend allerdings hie und da im Mittelalter selbstständig wurden. Aber für die ältere Zeit wird man nicht auf ihre Selbstständigkeit bauen dürfen, zu welcher falschen Ansicht ich selber in den Beiträgen die Hand geboten habe *).

Auf ungenügende Weise erklärt Böckh die Annäherung der Ofterepoche an die kallippische. Es giebt von dieser Annäherung zwei Beispiele. Zwei gleichartige Erscheinungen verschieden erklären ist bedenklich und da sich eine einartige Erklärung mittelst der seleucidisch - jüdischen Epoche zeigt, auf welche gleichfalls die historische Entstehung des Osterfestes führt, so ist diese Erklärung vorzuziehn den beiden böckhischen aus dem Anfange des Severus und Cäsars erstem Neumond. Denkt man sich des Severus Anfangsjahr als Ursache des Anfangs eines Ostercyclus, so bleibt immer noch die Frage stehn, ob die vom Glücke hübsch gegebene Möglichkeit, eine seleucidische Enneakaidekaeteris von ihrem Anfang zugleich mit dem geschichtlichen Anlaß zu benußen, nicht wirklich sei benugt worden und ob der Zufall nicht wiederum zu Bedeutung und Leben **) habe gedeihen können unter der geschickten Hand eines alexandrinischen Osterrechners. Wer dann Cäsars ersten Neumond heranzieht, der scheint die Frage gleichsam auf den Cäsar abzulehnen. Hat

*) Böckh führt auf nicht weniger als eilf Seiten meinen von mir in der Note 26 S. 21 der Beiträge angedeuteten Gedanken aus, dahin gehend, daß man durch eine andere Gleichsehungsweise Idelers Cyclus gewinnen könne; nach der sehr langen sorgfältigen Ausführung erklärt Böckh dann, daß diese Ausführung und überhaupt die Ableitung der Osterregel aus bestehenden Numenienfolgen seine Meinung nicht sei und nicht die Wahrheit enthalte. Also der Wahrheit diente sie nicht, wem denn? Ich gestehe mich in eine solche Art wissenschaftlicher Kriegführung nicht finden zu können. Der Anfang namentlich ich unternehme es jezt zu beweisen" u. f. w. hat mich so irre gemacht, daß ich dieses Unternehmen gleichsam als ein neues und fremdes ansah (s. Philol. a. O. Note 58), bis ich meine Note 21 in den Beiträgen wieder entdeckte. Ich nehme also die 12seitige Ausführung als bestimmt für diesen und jenen, der doch vielleicht meine Ostercyclen-Ableitung wahr finden könnte.

**) Worunter man sich die bewußt geschehene Einreihung in den Organismus der nach feleucidischen oder kallippischen Epochen gegliederten Zeit denke. Mus. f. Philol. N. F. XIII.

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Cäsar seine Zeitrechnung mit Anno 45 a. Ch. ohne Zweifel im Anschluß an die seleucidisch - kallippische Epochegegend mit Neumond begonnen, nun, da wird dem Computisten der Gedanke sehr nahe gelegt, die Numentenfolge von jener Epoche ab zu benußen, die Schaltmonde aus der seleucidischen Zeitrechnung herüber zu nehmen, so daß man diese aus den ältesten Ostercyclen rückwärts zu errathen hoffen kann, aus der seleucidischen Folge aber die kallippische.

In Betreff unserer heutigen Aera hingegen habe ich Böckh für eine Belehrung zu danken (S. 117 der Studien). Ich habe diese Sache jezt schon anders und hoffentlich beffer vorgetragen im Phi lologus a. D. S. 348 N. 53.

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Meine Vermuthung, der Ostercyclus des Anatolius habe nicht 277 post Chr., wie aus dem Osterneumond 22. März gefolgert sei, sondern erst 279, zwei Jahr später angefangen (also nicht im 12. alexandrinischen Jahr März 22, sondern im 14. alexandrinischen Jahr März 30): diese meine Vermuthung beruhte auf einem bei den Kirchenvätern sich zeigenden Fehler im Gebrauch der Olympias den (Beiträge S. 18 u. und S. 7), einem Fehler von 2 Jah ren. Statt das richtige Jahr Dl. 264, 3, als das erste im Ostercyclus, zu nennen, hatte Jemand, meinte ich, die Angabe Ol 264, 1 überliefert, fehlerhafter Weise die Olympiadenära so ver kürzend wie deler 11 S. 466 fg. es lehet, nämlich verfrühend um 2 Jahr; hiernach dürfe man also vielleicht die Seßung Ol. 264, 1 um 2 Jahr wiederum verlängern und verspäten, daraus mithin Ol. 264, 3 als die wirkliche Zeit finden; aber die falsche Sehung habe sich dennoch behauptet und sei nun wiederum bezogen worden auf die richtigen Jahre, so wie wir die Olympiaden rechnen und wie fie gerechnet werden müssen; da habe sich denn 22. März ergeben. So, hoffe ich, ist das Unverständliche (Böckh Studien S. 131) entfernt. Aber zweifelhaft ist mir doch meine Hypothese geworden, weil Idelers Lehre sich mir nicht bestätiget hat in weiterer Forschung. Beim Eusebius und bei Samuel Aniensis finde ich nicht einen constanten *) Fehler von 2 Jahrenz ist er nicht constant, so taugt er

*) Auch scheinen einige Ereignisse immer noch richtig, andere aber

nicht zur Prämisse. Bei den genannten Chronisten zeigt sich dann eine das Jahr 277 bestätigende Spur, auf die indeß nicht viel ankommt weil sowohl diese Spur als auch die von Ideler II S. 228 erwähnten auf denselben Eusebius hinführen. Im armenischen Eusebius Ol. 264, 1 steht Laodiceae Episcopus Eusebius agnoscebatur, was nicht wohl stimmt mit des Anatolius Lebensumständen, welche dahin führen daß in dieser Zeit Niemand anders in Laodicea Bischof war als eben Anatolius. (Vgl. Jdeler II S. 277). Dies steht aber auch im Samuel Aniensis zum betreffenden Jahre 277 p. Ch. (f. 264, 1 ist 277/8 p. Ch.) Laodicenorum episcopus Anatolius, und die Chronisten haben ihn also angefegt in dem Jahre wo sein Ostercyclus anhob *).

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Ich habe inzwischen den Herrn Müller fast ganz aus dem Auge verloren, was auch für die Sache sich gleich bleibt, nicht so für den Leser, zu dessen Ergöhung sich vielleicht etwas gefunden hätte, z. B. wenn es S. 555 heißt daß Kalender nur gelegentlich von den Behörden nach Einziehung astronomischen Gutachtens rec tificirt wurden und zwar zuweilen sehr gewaltsam, wie, nach Cicero, durch Ausmerzung von 12 Monaten“. Herr Müller kann nur Verrin. II, 2 cap. 52 meinen. Da berichtigt Verres den Kalender in einem Städtchen Siciliens, Cephaloedus genannt; hernach finden die Bewohner von Cephaloedus ihren Kalender dennoch nicht richtig, was um so merkwürdiger ist da Cicero den tugendhaften Statthalter als einen novus astrologus bezeichnet. Dieser Astronom also hatte anderthalb Monat ausgeschaltet, die Cephaloeditaner schalteten dann gerade anderthalb Monat intercalarium XLV dies longum wieder ein und brachten dadurch die Rectification des Verres auf Null, denn 45 weniger 45 macht Null. Sie scheinen also die frommen Zwecke ihres Statthalters verkannt zu haben, über welche §. 128 Verr. 1. 1. Auskunft giebt. Wie ein solcher wohl den Cicero liest? worauf die Antwort ist: eben so wie er den Aelian,

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(römische) sehr falsch angesezt. Eusebius war in österlichen Dingen vor anderen kundig.

*) Sollte er dann nicht die Zeit bis post Abrah. 1987 = OI. 29/8 a. Ch. aufgetheilt haben? Man vergleiche Euseb. zu post

187, 4 = Abr. 1989.

die Stelle im Biot, indem er seinen Sinn hineingelesen oder vielmehr erst Sinn und Verstand hinaus und dann seinen Sinn hineingelesen.

Ich wiederhole am Schluffe dieses zweiten (und hoffentlich legten) polemischen Artikels, daß ich auch mein System nur für beffer als das meiner Gegner, im Uebrigen aber auch eben für weiter nichts halte als was man eine richtige Hypothese nennt.

Parchim, April 1858.

August Mommsen.

Suetonische Studien.

(Vgl. Bd. XII, S. 174 ff.)

II. Zur Vita Horatii.

Wenn die Biographie des Terentius für ihren suetonischen Ursprung gleichsam eine urkundliche Gewähr besigt an der Unterschrift des Donatus, so ist dagegen die Vita Horatii anonym auf uns ge. kommen. Gleichwohl fehlt es auch ihr nicht an der erforderlichen äußern Beglaubigung. Die Angaben des hieronymianischen Chronicons, wofür bekanntlich Suetonius Gewährsmann zu sein pflegt, find freilich kurz, können jedoch gar wohl aus der erhaltenen Vita Horatii entlehnt sein. Wichtiger ist, daß in der ScholiensammLung *) zu Horatius zweimal, das erste Mal mit der Formel ut refert Suetonius in Vita Horatii, das andre Mal mit den Worten cuius rei etiam Suetonius auctor est, so charakteristische Bruchtheile dieser Biographie angeführt werden, daß damit das Ganze gewährleistet ist. Es hat daher sogleich der erste Herausgeber, Peter Nannius, den Suetonius als Verfasser erkannt, und von den Spätern keiner an deffen Autorschaft gezweifelt.

Weit beffer hingegen als bei der Vita Terentii ist es hier mit der handschriftlichen Ueberlieferung des Tertes bestellt. Es sind mir im Ganzen eilf Handschriften dieser Vita bekannt:

*) Ad Carm. 4, 1, 1 und ad Epist. 2, 1, 1. Man pflegt immer Acro und Porphyrion namentlich zu citiren, obgleich schon Cruquius richtig bemerkt hat, daß die alten Handschriften der Scholien diese Namen nicht fennen. Sie tauchen erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. auf und scheinen von italienischen Humanisten jener Zeit aus der zweiten vita Horatii aufgegriffen und an die Spiße von Scholiensammlungen gefeßt worden zu sein.

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