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der auch darauf hinweist, daß es eben nicht verwundere, wenn in der Zeit des Germanicus beffere Eremplare in den Römischen Bi bliotheken zu finden waren, als sie Cicero zu Gebote standen, und Avien scheint im Ganzen einen dem unsrigen näher stehenden Text benugt zu haben. Auf diesem freilich nur mit der größten Vorsicht zu betretenden Wege, wenn nicht Alles auf Willkür hinauslaufen soll, werden sich noch manche auf andern Lesarten beruhende Abweichungen ergeben. So ist schon von Anderen bemerkt worden, daß Germanicus V. 292 bei Arat V. 291 Powμsvn gelesen zu haben scheine; ebenso daß er V. 281 bei Arat 276 và dé oi nτe ọ à TETONYVVTαι gelesen habe. Freilich laffen uns derartige Bemerkungen in die Ueberlieferung des Arat traurige Blicke thun, allein schon von Anderen ist darauf hingewiesen worden, wie sehr das Gedicht im Schulgebrauch und in den Händen der Astronomen und Grammatiker besonders bei dem steten Fortschritt der Wissenschaft dem Verderbnisse ausgesezt war und wirklich corrumpirt wurde. Wir sehen bei Hipparch, wie schon vor ihm die Erklärer, und deren gab es nach ihm viele, so Attalus mit dem Texte umsprangen, und schon Hipparch muß sich auf die Auctorität der Handschrift zu Gunsten einer Lesart berufen; und auch er scheut sich nicht vor Conjecturen. Dabei muß auch noch die Verschiedenheit im Citiren eines und desselben Verses auffallen, so citirt er S. 175 V. 184 mit ano οὐρῆς, Θ. 186 mit απο ontov. Welche grenzenlose Verwirrung aber in Bezug auf das Proömium herrschte, ersehen wir aus der Vila bei Petav., einige Exemplare hatten das Gedicht ohne alle Einleitung, audere mit anderen Einleitungen, aus denen dort Proben gegeben werden.

Wenn also ein reineres und befferes Exemplar, als selbst dem Hipparch zu Gebote stand, Germanicus in die Hände kam, so kann dies bei der Menge der Abschriften nicht auffallen, weichen doch auch oft unsere Arat-Handschriften alle oder zum Theil von den Lesarten Hipparchs ab.

Zum Schluffe muß noch eines Umstandes Erwähnung gesche. hen, ben wir oben, wo es sich um Erklärung der Abweichungen vom Original handelte, unberücksichtigt gelaffen haben. Nicht selten

nämlich liest man in den Commentaren zu Germanicus die Bemer fung: male intellexit Arati verba. Eine genauere Untersuchung hierüber würde die Betrachtung der einzelnen Stellen erfordern und uns hier zu weit führen, gewiß aber wird man mit dieser Bemerfung vorsichtiger sein müssen, vgl. das oben zu V. 423 Gefagte. Eine Stelle jedoch worüber die Erklärer ohne Anstoß hinweggegangen sind und die den genannten Vorwurf zu verdienen scheint, mag hier noch besprochen werden. Arat sagt nämlich V. 296, wo er bemerkt, daß die Meere stets mit Schiffen bedeckt seien,

ἔκελοι δὲ κολυμβίσιν αἰθυίησιν

Πολλάκις ἐκ νηῶν πέλαγος περιπαπταίνοντες

Ἥμεθ', ἐπ' αἰγιαλοὺς τετραμμένοι· οἱ δ ̓ ἔτι πύρσω
Κλύζονται, ὀλίγον δὲ διὰ ξύλον ἀϊδ ̓ ἐρύκει.

230ju ber Gdoliaft ritig bemerit πόρρω κλύζονται· ἤγουν nooow Eloiv oi aiyialoi. Germanicus' Ueberseßung lautet so V. 288: aspera sed cum

Assultat lateri deprensae spuma carinae,
Tunc alii curvos prospectant litore portus
Inventasque alii terras pro munere narrant.
Interea exanimat pavidos instantis aquae mons.
Ast alii procul a terra iactantur in alto.

300

V. 300 ist offenbar eine etwas freie Uebertragung von Arats inɛdoi Tetqaμμévoi, in V. 303 aber scheint mir die Ueberseßung von οἱ δ' ἔτι πόρσω κλύζονται au liegen, fo bag Germanicus intera pretirte, die andern (andere) werden noch ferner (von den Ufern auf hohem Meere) umwogt. Aber was sollen die beiden dazwischenste. henden Verse 301 und 302? Der durch alii erforderte Gegensaß ist offenbar der: andere schauen ängstlich zum Ufer hin, während andere noch auf offner See umhergetrieben werden; daß aber einige die entdeckten Länder aufzählen, bildet keinen Gegensaß und paßt nicht hieher, und von V. 302 zum Folgenden ist wieder gar kein Uebergang; streichen wir die beiden Verse, so ist die Stelle ohne allen Anstoß. Deutsch-Crone.

J. Frey.

Meton und sein Cyclus nach den Zeugnissen.

Neuerdings ist über diesen Gegenstand etwa folgendermaßen geurtheilt worden: die Aeußerungen der Alten (Diodor, Geminus u. A.) find so unbestimmt daß wir ihnen zu Gefallen nicht anzu nehmen brauchen, es sei die metonische Enneakaidefaeteris überhaupt jemals in bürgerlichen Gebrauch übergegangen; auch was man an historischen Gründen für die Einführung dieser Zeitrechnung von 432 a. Ch. ab beigebracht hat, ist wenig bedeutend und die Aufstellung dieses Kalenders 432 a. Ch. bedeutet hier endlich ganz und gar nichts; der Zweck der Aufstellung kann nur der einer Erfahrungsprobe gewesen sein, aus der Aufstellung an sich selber folgt noch kein Gebrauch in Staat und Leben, so wenig wie aus der önopideischen zu Olympia." Herr C. H. D. Müller, der in Zeitschr. f. AW. 1857 Nr. 57 S. 455 fg. so geurtheilt hat, entfernt sich damit von der gewöhnlichen (idelerschen) Auffaffung; mit Unrecht, wie zu zeigen ist.

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432 a. Ch. also stellte Meton einen Kalender auf, einen bes seren als bisher einer gewesen war; die Aufstellung geschah an öf fentlichem Orte, inmitten einer eben damals wohl geleiteten Bür gerschaft (Pericles), welcher in Handel und Verkehr wie für den Behördenwechsel ein ordentlicher Kalender von Nugen war. Unter folchen Umständen führt die Nachricht von Metons Kalenderaufstel. Iung 432 a. Ch. als nächsten Gedanken den herbei, es sei der Kalender aufgestellt worden um ihn zu gebrauchen und gleich zu brauchen und so zu brauchen wie man alle Kalender braucht, und er

sei auch wirklich gebraucht worden; wofern nämlich das Material (Daten, Schaltjahre) sich in einen 19jährigen Zeitkreis regelrecht ordnen lasse. Denken wir also einen Augenblick sämmtliches Material hinweg, so wird in diesem Falle unseren Geschichtsbüchern die Zeile einzuverleiben sein: 432 a. Ch. fingen allem Anscheine nach die Athener an ihre Jahre und Monden metonisch zu führen", eine unverächtliche Wahrscheinlichkeit, die sich freilich bei mangelndem Material nicht zur Evidenz bringen ließe.

Herr Müller findet die Zeugnisse mit der Annahme verträglich daß Metons Cyclus nie etwas mehr gewesen wäre als ein nationaler und wissenschaftlicher Ausgleichungskalender, was, ehe nicht der gewöhnliche Kalendergebrauch durch soliden Beweis zurückgewiesen wäre, keine Beachtung verdiente und wäre der Gegenbeweis geführt, noch selbst eines Beweises bedürfte.

Gesezt man hätte über den Geldgebrauch der Germanen bloß die Aeußerung: wir (Römer) haben den Deutschen auch schon gelehrt Geld anzunehmen" Tac. Germ. 15, so wird die Ergänzung fein: um es als Gold in Handel und Verkehr zu gebrauchen“, und wer behauptet, daß dieses der edlen Einfalt unserer Vorfahren zuwi. der sei, daß sie vielmehr die Münzen zu Halsketten brauchten oder als Rechenpfennige ihren Kindern gaben, dem ist aufzuerlegen, daß er diesen von dem gewöhnlichen abweichenden Gebrauch auch beweise, und dabei seine subjective Vorstellung von der Einfalt Germaniens bei Seite laffe; wo nicht, so bleiben wir dabei, die bloße Erwähnung des Geldes, welches aus Rom nach Deutschland ging, genüge für die Annahme, das Geld sei als Geld auch dort betrachtet und benugt worden. Cf. Tac. Germ. 15 extr. und 5.

Wenn bloß berichtet wäre, in Rom sei eine Sonnenuhr in dem und dem Jahre aufgestellt worden, so mußte man den Römern und wahrscheinlich von dem Jahre an, zutrauen daß sie sich praktisch nach dieser Sonnenuhr richten wollten und auch richteten und die selbe so benugten, wie alle Sonnenuhren damals gewöhnlich benugt wurden. Gesegt nun Jemand redete sich ein, es hätte sich das römische Volk vielmehr eigentlich der Wafferuhren bedient und diese Instrumente nach dem Solarium regulirt, so müßte er diese Be.

hauptungen erst beweisen; wo nicht, so bliebe jeder bei der Vorausseßung, in Rom habe die Sonnenuhr keinen anderen Gebrauch gehabt als den herkömmlichen und zwar vom Aufstellungsjahre ab. Sieht man die Stellen über die Einführung der Solarien in Rom an, so zeigt es sich, daß die Autoren schon genug gefagt zu haben glauben, wenn sie bloß berichten: es sei ein solches Horologium aufgestellt worden. Ganz zufällig erfahren wir, daß man sich auch danach richtete, vom Plinius: paruerunt tamen eis (lineis) annis undecentum (Ideler II. S. 8). Plinius sagt das nicht aus Besorgniß, es könnte ein Leser glauben, daß man die Uhr aufgestellt aber sich nicht nach ihr gerichtet habe. Er erwähnt ihre große Fehlerhaftigkeit und sagt dann daß ungeachtet derselben fie dennoch 99 Jahr d. h. vom Jahre der Aufstellung an gebraucht worden ist (von a. Ch. 263 bis 164 f. Fischer). Könnte jener nun wirklich darthun daß die Römer vor Alters schon Klepsydren gemeinhin angewendet hätten, nun dann müßte man sich mit dem paruerunt des Plinius irgendwie abfinden, ihn des Irrthums zei. hen, einen secundären Gebrauch der Solarien statuiren u. dgl. So lange er es aber nicht dargethan hätte, blieben wir bei unserer Be hauptung: paruerunt heißt, fie richteten sich nach der Sonnenuhr in gewöhnlicher Weise.

Um den zu bezeichnen, welcher den praktischen Gebrauch einer Sonnenuhr oder ähnlicher Instrumente aufgebracht hat, bedarf es nicht einer ausdrücklichen Erwähnung dieses Gebrauches; es genügt, ihn den Erfinder und Aufsteller des Solariums zu nennen. So sagt ein plautinischer Parasit (Fragm. der Böotia bei Becker röm. Scenen IS. 186) der Teufel hole den, der die Stunden erfand und hier sogar zuerst ein Solarium aufstellte, ach! als ich Knabe war, da aß und trank man nicht so wie jest nach der Uhr". Plautus glaubte, seine Zuhörer würden die Aufstellung der Sonnenuhr in dem Sinne nehmen, daß man etwas aufstelle um es auch dem allgemeinen Gebrauche gleich zu übergeben.

Daffelbe folgt für Metons Kalender, von welchem es bei Diodor 12, 36 ungefähr so heißt unter Dl. 86, 4: win Athen stellte (¿¿¿9ŋ×8) Meton, Pausanias' Sohn, ein berühmter Stern

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