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baby.Ueber die aftronomischen Bücher des Nigidius existiren be kanntlich zwei verschiedene Ansichten die sich an Scaliger's: und Salmasius' Namen anknüpfen: jener vermuthetersdaß der Unterschied zwischen dem commentarius sphaerae graecanicae und der sphaera barbarica fich auf die Verschiedenheit des griechischen und fremd. ländischen xhiua: stüße, dieser daß er sich auch auf die sphaera im Allgemeinen insofern erstrecke, als diese in der einen Schrift nach den griechischen, in der andern nach den ägyptischen Sagen behandelt set. Herg läßt die Streitfrage unentschieden,#Breysig aber de P. Nigidii Figuli fragmentis apud scholiasten Germanici servatis (Berlin 1854) nimmt mit Salmafius an daß die auf Aegypten Be zug habenden Deutungen der Zeichen im Thierkreise aus der sphaera barbarica des Nigidius stammen, diejenigen deren Mittelpunkt gries chische Mythen sind aus der graecanica. Dieser auf den ersten Blick recht passend erscheinenden Erklärung jener Titel stellen sich mehre Bedenken entgegen. Zuerst wird man mit Recht in Frage ziehen dürfen ob es in der That zu den einzelnen signa eben so viele ägyptische Mythen gab, wenigstens für Nigidius gab, der seine astronomische Gelehrsamkeit aus keiner andern Quelle schöpfte als aus Griechen, und zwar die ägyptischen Geschichten aus den alexandrinischen Astronomen oder, wenn wir das Höchste sezen aus denen qui res Aegyptias conscripsere; und da muß es uns wundern daß bei dem reichhaltigen Repertorium von Erklärungsversuchen jener Sternbilder welches wir aufweisen können außer den dem Nigidius in den Scholien zum Germanicus beigelegten kaum eine oder

Mus. f. Philol. N. F. XIII.

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zwei ägyptologische Deutungen erhalten sind. Doch Nigidius habe für jedes Zeichen einen ägyptischen oder überhaupt fremdländischen Mythus eben sowohl als griechische gekannt, so ist es schwer denkbar daß er beide von einander getrennt vortrug. Der zodiacus circulus war bei beiden Sphären gleich, nur die Erklärungen der Zeichen verschieden; diese streng aus einander zu halten, in Rücksicht auf diese das Allgemeine der sphaera zweimal zu behandeln, war nicht nur von keinem Nußen in den Augen eines Gelehrten jener Zeit sondern es gehörte dazu sogar die Kunst, eine Reihe von unter einander auf das Engste verbundenen Kenntnissen auf verschiedene Orte vertheilen zu können, wie sie nach litterarhistorischen Analogien zu urtheilen Nigidius nicht gehabt hat. Wobei noch zu bedenken daß es oft schwer gehalten haben mag die Mythen zu sondern, wenn z. B. der über Juppiter Ammon der sphaera barbarica zugewiesen wird. Blicken wir jezt auf die Benugung des Nigidius in den Scholien zum Germanicus. Bei zehn Zeichen des Thier. kreises wird Nigidius citirt; über die Waage findet sich in unsrer Scholienmaffe keine mythologische Auseinanderseßung; beim Krebs ist Nigidius nicht genannt sondern nur Panyafis dessen Erklärung jener wie Ampelius lehrt folgte. Wie sonderbar daß hier ohne irgend eine Unterscheidung bald aus der sphaera graecanica wie beim Löwen bald aus der sphaera barbarica wie bei den Fischen herausgegriffen; wie sonderbar daß bei ein und demselben Zeichen fogar zwei griechische, aber keine ägyptische Fabel mitgetheilt wird, wie bei den Zwillingen welche Nigidius einmal als die samothra kischen Gottheiten dann als die Dioskuren auffaßte, und beim Wasfermann wo die Worte S. 40 (Breyfig) ab antiquis quidem dici Aristaeum e. q. s. zeigen daß Nigidius sowohl von Deukalion nach Hegesianar als von Aristäus nach einem andern Gewährsmann erzählte: man müßte denn etwa Lust haben nicht nur die Erwähnung der Kabiren sondern auch die Sage von Aristäus wegen der darin vorkommenden Stadt Kyrene in den commentarius sphaerae barbaricae zu verlegen. Nur ein einziges Mal, beim Widder, hätte der Scholiaft beide Schriften zugleich benugt; aber wie sonderbar ist hier die Verknüpfung! Nachdem zuerst vom portitor Helles

berichtet ist, folgt die Erzählung über Juppiter Ammon nach Nigidius, also wie Salmafius glaubt, aus der sphaera barbarica; und hieran schließt sich unmittelbar: Cetera ut superius scripta sunt refert, nämlich über Phrirus und Helle, also aus der sphaera graecanica. Diese Umstände alle sprechen so sehr gegen Salmafius' Vermuthung daß wir sie als unzuläßig abzuweisen berechtigt sind. Gehoben werden alle jene Schwierigkeiten wenn man nach Scaliger dafür hält, daß der Unterschied zwischen der sphaera graecanica und der sphaera barbarica nur den Abweichungen des athenischen und alexandrinisch-babylonischen Meridians galt; beide commentarii bildeten gewiß ein größeres Ganze und standen in genauem Zusammenhang so daß Nigidius nachdem er im Allgemeinen von den Himmelszeichen, ihren Stellungen, Namen u. s. w. berichtet, beim Uebergang auf die eigentlichen Phänomena, den Aufgang und Untergang der Gestirne, eine Scheidung eintreten ließ zwischen der auf Athen zurückgehenden sphaera graecanica und der auf ägyptischen und chaldäischen (affyrischen) Beobachtungen basirenden barbarica. Bei den einzelnen Sternbildern aber, von denen also nur einmal die Rede war, mischte Nigidius griechische und ägyptische Mythen, welche er überliefert fand, indem er wie es scheint jedesmal eine Deutung sich zu eigen machte und in den Vordergrund treten ließ, und zwar in Uebereinstimmung mit der ihm nachgesagten obscuritas subtilitasque gerade die abstruseste und spiyfindigste.

Zur Bestätigung dieses dürfen wir uns auf das zweite Kapitel des liber memorialis des Ampelius berufen. Denn wenn oben bemerkt wurde, Ampelius zeige daß die in den Germanicus - Scholien aus Panyasis' Herakleis überlieferte Erzählung vom Krebs gleichfalls bei Nigidius gestanden habe, so beruht dies auf der Voraussehung, daß der ganze Abschnitt de duodecim signis bei Ampelius auf Nigidius zurückzuführen ist: eine Beobachtung die sich bei Vergleichung beider jedem aufdrängen wird und die ich mich daher wunderte, noch nicht von Breysig sondern erst von Wölfflin de L. Ampelii libro memoriali (Göttingen 1854) gemacht zu sehn. Für jest ist uns zu entscheiden ob Ampelius mittelbar oder unmittelbar Nigidius benugt hat. Denkt man Ersteres, so läßt sich, soweit

unsre allerdings trümmerhafte Kenntniß römischer Litteratur reicht, nicht wohl ein andres Medium aufstellen als eben der Commentar zu Germanicus, welcher als astronomisches Handbuch vom 3. Jahr. hundert ab gäng und gäbe war. Allein diese Hypothese hat, wie ich glaube, durchaus keine Wahrscheinlichkeit. Zwar bin ich weit entfernt zu behaupten, Ampelius würde nicht gewagt haben die Reihenfolge der Bilder des Zodiakus welche die Scholien geben zu verlaffen und aus der Andeutung derselben Nigidius hunc arietem dicit ducem et principem esse signorum die nigidianische Ordnung zu reconstruiren; denn diese war bei den römischen Astronomen überhaupt üblich und so viel Kenntniß der astronomischen Elemente mag man Ampelius immerhin zutrauen, obwohl man im Allgemeinen beffer thut wenig als viel vorauszusehen bei einem Excerptor der unter Anderm iter dierum novem durch milia passuum novem wieder giebt. Aber bei Ampelius finden wir Sagen die in den Scholien nicht überliefert, in ihrer Fassung aber hinlänglich zur Schau tragen daß sie aus derselben. Quelle gefloffen sind. Hierhin gehört vor allen die Erzählung vom Sternbild der Waage die sich in feinem Schriftsteller wieder zu finden scheint, sodann die sonst nirgendwo vorkommende Beziehung der Zwillinge auf Hercules und Theseus. Sollte nun vielleicht jemand entgegnen daß in den Germanicus-Scholien diese Partien ehemals auch enthalten, für uns aber verloren gegangen seien, so müssen wir darauf hinweisen daß wir den Ausfall größerer Abschnitte in den Scholien anzunehmen keinen Grund haben und daß, wenn wir die Beschaffenheit derselben näher ins Auge fassen, von der Waage dort nicht füglich ausführ licher geredet werden konnte. Denn da der Commentar zunächst das zur Erklärung des Dichters Dienliche zusammenfassen sollte, so hatte der Scholiast um so weniger Veranlassung auf das Zeichen der Waage näher einzugehn als der Dichter theils in der Beschreibung des Thierkreises wo die andern Sternbilder alle näher charakterisirt werden theils im übrigen Gedichte die durch das μéya Ingiov, den Skorpion, in Schatten tretende libra (chelae) nur im Vorübergehen erwähnt. Noch ein andrer Umstand bestimmt mich die Scholien nicht als Ampelius' Quelle zu betrachten: ist es wahr

scheinlich daß der Verfaffer des liber memorialis, der die vortrefflichsten Gewährsmänner zur Hand hatte und dem Publikum jener Zeit nicht minder fremde als unsrer Kenntniß entrückte Schriftsteller compilirte (Kap. 9), wenn er über Astronomie schrieb, das damals ganz bekannte und wie es scheint, allgemein verbreitete Lehrbuch ausgezogen habe? Sehn wir demnach von den Scholien ab und bedenken wir auf der andern Seite die überraschende Uebereinstimmung des Ampelius selbst in einzelnen Ausdrücken mit den Nigidius-Citaten, bedenken wir daß die nach den Scholien von Nizidius vertretene Erklärung der einzelnen Zeichen bei Ampelius stets als die wesentliche vorangestellt und daß ganz ebenso wie Nigidius bei dem Widder und den Zwillingen auch Ampelius außer der Deutung von Juppiter Ammon und den samothrakischen Göttern des Mythus von Phrirus und den Dioskuren Erwähnung thut, so werden wir nicht anstehn, Nigidius für die direkte Quelle des Ampelius zu halten. Ift dem nun so, so hat man die Wahl entweder Ampelius für den verworrensten und kopflosesten Compilator auszugeben oder aber Salmafius' Ansicht über Nigidius' astronomische Bücher aufzugeben; was ich für das Nichtige erachte, bedarf nach dem Obigen keiner Auseinandersehung. Ampelius' zweites Kapitel erscheint mir als ein in der Hauptsache getreu dem Original folgendes, nur behufs des liber memorialis bedeutend verkürztes Excerpt aus Nigidius. Der Zweck des Compendium rechtfertigt hinlänglich daß der Verfasser unter dem Zeichen. des Waffermannes die Sage von Aristäus gänzlich überging, während Nigidius nach den Scholien S. 40 fie berührt hatte. Dagegen dürfen wir glauben daß die bei Ampelius mitgetheilten Erklärungen des Thierkreises ebenfalls von Nigidius gegeben waren, wenn gleich die Scholien dieselben nicht diesem sondern deffen Quelle zuschreiben. Abweichungen des Ampelius von Nigidius welche irgendwie erheblich wären finde ich nur zwei, und von diesen scheint nur eine auf Rechnung des Verfassers zu kommen; denn während nach Nigidius Orion getödtet wurde weil er Dianam contemnebat, eius opera quae in monte constituebat obterens, erzählt Nigidius: visa Diana stuprare, eam voluit wozu dichteris sche Reminiscenzen ihn verleitet haben mögen. Wenn es aber

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