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von Neumont, versatissimo in ogni genere di letteratura, geschickt und das dieser ohne Verzug al Gerhard direttore dell' Archäologische Anzeige weiter spedirt habe, will doch nichts heißen); und noch auffallender ist, daß jest, wo doch Autopsie jeden Zweifel an der verdächtigten Wahrhaftigkeit augenblicklich niederschlagen würde, das Original auf einmal, ohne daß uns gesagt wird wie und wohin, aus Italien verschwunden ist: 'trovandosi codesti oggetti già fuori d'Italia'. · Aber, wie gesagt, wir begeben uns jedes Vortheils, der uns selbst aus so seltsamen Umständen erwach fen könnte, und begehren nur noch darauf eine erklärende Antwort, wie es zuging, daß rechte und verkehrte Seite eines zerlöcherten Palimpsestblattes nicht gleichmäßig lesbar oder unlesbar war. Und diese Antwort ist es, die uns, überraschend genug, die schon erwähnte Note auf S. 4 der 'Lettera' wirklich gibt. Denn was erfahren wir hier? Erstlich daß eigentlich palimpsest? (rigorosamente palimpsesta) nur das erste Pergamentblatt sei, wo die vereinzelten Worte cognscendo . . . . locis . . . . utero lehren, daß der primitive Text ein trattato di medicina war: während auf den übrigen vielmehr nur eine 'contra impressione di lettere' erscheine, bewirkt durch den Leim, welcher die Pergamentblätter zusammenflebte ad altri fogli pure di antico carattere (?). Ferner, daß die mit so pomphafter Uebertreibung angekündigten Bruchstücke nichts weniger als in der Uncialschrift geschrieben sind, in der sie der Hgbr. drucken ließ *), sondern 'in carattere basso semigotico con abbreviature_comuni', und daß die Majuskel des Drucks nur gewählt war per riverenza dell' Autore', alle Abkürzungen aber aufgelöst, weil der Herausgeber nur auf das leichte Verständniß degli studiosi, ganz und gar nicht aber auf die 'pretensioni de' curiosi per pascolo di diverbii filologici Bedacht nehmen wollte. Und so hören wir denn zu unserm nicht geringen Erstaunen, daß, wenn wir uns gewundert hatten über auffallende Formen und Schreibweisen wie CONNEXIONE oder GOENATURI, feinesweges so, sondern Tnexiōe and cnaturi (beiläufig eine bisher sehr unbekannte Abkürzung) im Original stand; item nicht Esse, sondern ēē, nicht EXCLVSI, sondern elusi (!), nicht PROPRII, sondern prop (woraus jest prope gemacht ist), auch nicht ILL1, sondern ii (auch neu), wie uns das alles Lett. 6.4. 9. 10. 13 in der harmlosesten Weise mitgetheilt wird.

Schöne Dinge das. Also das war des Pudels Kern? Nicht mehr und nicht weniger als ein paar zur Verklebung eines Einband

*) Also ganz dieselbe ἀλαζονεία, wie ba Ungelo 2 αi feine armen Bettelercerpte aus Dionyfius in dem erborgten Paradekleide stolzer Uncialen aufmarschiren ließ. Möchte sich doch Herr Ferrucci von einem dotto oltramontano überseßen lassen, was damals der treffliche K. L. Struve zu Mai's gerechter Beschämung öffentlich aussprach.

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1.

que habeat prope quid exploratum longe iudicatione (1) signorum rerumque praesensione palam fit totius

naturae artificem Deum virorum inter viros

quorumdam insevisse (2) animis particulam sui qua velut acumine aut clavo uterentur et quem portum vitae

multiplicatis hominum naufragiis prospexere eundem infra Fatum sese gerentes tenerent. Quid est enim mente aliquos valere ingenio excelere magna movere * arbitrio sui nisi sapientia et virtute minime oscitantes potiri proposito? A quo qui declinant iidem sublata libera voluntate Epicureas atomos vel. Democriteas persequi videntur. Nempe ut nemo sibi aut (3) suis utilis fieret medicus quamvis medicorum optimus habeatur si quod remedio in morbis aut alevationi esse potest obsignatis nartheciis diligentius aservatum ostentet et erit quidem instituti sui doctrina prudens usu

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[Dieser leere Raum sei zu der Bemerkung benußt, daß zu dem nach folgenden Byrsa - Fragment in der Giunta' die Berichtigung INQVIT ENNIVS für ENNIVS INOVIT nachgetragen, und Lett. S. 11 in dem Verse des Ennius das Vorbild für Virgil Aen. 3, 375 sic fata deum rex Sortitur gefunden wird.]

1

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II.

autem ignarus (*) sic fictus ad ornatum sapiens et fortis vir videri ipse potest nisi ad effectum

gravis et constantis disciplinae nervos adhibeat voluntatis idemque officiis habilis virtutum singularum quasi scintillam

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erumpere dubitantes equi fatorum laqueis impliciti et

coligati. Quos nisi Epei cuiuspiam educat

manus aut aliqua necessitate succumbentium educat (5) labor inanibus exusti studiis intra

praescripta (6) stabunt equi troiani partumeiam (**) militum (7) machinam cunctando imitati.

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(*) Hic ab industria supplendi me dedita opera abstineo. (**) De hoc Maium card. amplissimum, eundemque fama celebratissimum consuluimus, cui mors, harum rerum studiosis perpetuo deflenda, invidit, ne opportune responderet.

(***) Venanti sententiam facile occurrunt verba interclusa potestas, praeeunte impulsione: sed quaenam alia antecedunt, qua enam sequuntur ?

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deckels gebrauchte Blätter mit verllatschter Cursivschrift des 14ten, vielleicht 15ten Jahrhunderts? Fürwahr, das heißt viel Geschrei und wenig Wolle. Solche Blätter aber, wer will berechnen. welche Beschaffenheit sie erhalten können, wenn sie durch die Manipulationen erst einer Aufklebung, dann der Wiederloslösung hindurchgehen? Wenigstens wollen wir zugeben, daß alles sich so, wie uns versichert wird, finden würde, wenn Autopsie noch vergönnt wäre. Aber allerdings, Herr Ferrucci behält doch Recht mit der andern Hälfte einer Alternative, die er S. 14 stellt, um darzuthun, daß auch Autopsie zu keinem gegenseitigen Verständniß führen würde: giacchè le pergamene, non riconosciute, potranno aversi per fattura moderna; riconosciute, già si giudicano una contraffazione dell' alto medio evo. Denn dabei bleibt es natürlich), daß diese Palimpsestfragmente, wenn auch Herr F. noch so unschuldig an ihnen ist, mit Cicero nichts gemein haben. Daß Herr F. steif und fest darauf verharrt, fann man sich denken; schwerlich aber, wie er es macht, um die ihm entgegengehaltenen Beweise un ciceronischer Latinität zu entkräften. Wie ein kleines Kind verschwene det er volle fünf Seiten daran, um in 50 einzelnen Artikeln jedes einzelne Wort seiner Fragmente aufzuführen und durch hinzugeschriebene Stellen aus Cicero zu beweisen, daß es eben auch bei Cicero, vorkomme. Was muß der Mann für Zeit übrig haben, um uns z. B. aus ad Att. 8, 17 'idcirco ad L. Domitium litteras misi' zu beweisen daß idcirco, aus ad fam, 13, 7 'quaeso etiamne tu has ineptias', daß quaeso, aus Parad. 1 'delicias epularum', daß deliciae Ciceronisch sei und so fort von quodammodo, circumscribere, triclinium, carere, exitium, devotus, facinus, appellare, inferi, amplitudo etc. etc. Man würde es schlechterdings nicht glauben, wenn man's nicht mit Augen vor sich sähe. Und damit meint er ein so großes Werk vollbracht zu haben, daß er den großen Nizolius, aus deffen Lexicon Ciceronianum er eingestandener Maßen diese ganze Weisheit ausgeschrieben hat, in begeisterter Dankbarkeit einer Statue für würdig erklärt, die ihm neben Ludovico Antonio Muratori errichtet werde! Wahrlich, es wird einem ganz bange um die Geistesverfassung des großen Kindes. Daß er von der eigentlichen Bedeutung der gemachten Ausstellungen gar keine Ahnung zu haben pflegt, wird man danach nur in der Ordnung finden. 3. B. wenn er das in reinem Futurfinne gefeßte capiendus rechtfertigt mit in capiendo adversario versutus' bas fundare urbem im einfachen Sinne des Erbauens mit illud maxime vestrum fundavit imperium', das parumper alt 'einigermaßen mit discedo parumper a somniis' und 'digredi parumper a caussa', die fides als das subjective Glauben mit 'fidem... omnium commune praesidium'. Den Höhepunkt erreicht diese Beweisführung in dem Versuche, das placitum

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deorum immortalium' als Ciceronisch damit zu erweisen, daß 'placita maiorum' und 'medicorum' beim Plinius vorkömmt, bei Cicero aber dis immortalibus placet' und 'de provinciis placitum est' und 'ut populo de rege placeret, de exulibus displiceret'. In seiner Art eben so interessant ist auch der Nachweis für das (lediglich des Diphthongs wegen beanstandete) COENATVRI, der mit der Stelle ad Q. fratr. 1, 1 apud Pompeium . . . eram COENATVRVs' gegeben wird; oder in Beziehung auf die Ueber. schrift 'De fato disputacio' die Berufung auf ein Schreiben Bor, ghesi's, worin dieser ihn belehrt habe, daß in älterer Zeit Sulpicius, patricius, erst in jüngerer Sulpitius, patritius geschrieben worden sei, also eben so auch disputacio, condicio etc.' Diefen Misbrauch seines Namens wird Graf Borghesi unserm Grammaticus schwerlich danken.

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Doch was sage ich Grammaticus'? Nichts kömmt ja ber un aussprechlichen Verachtung gleich, mit der eben Herr Ferrucci auf dieses Geschlecht der Grammatici, oder wie er sie mit einem Namen feiner eigenen Erfindung auch nennt, Grammaturgi heruntersieht, dieser chirurgi letterati', die nichts thun als die viva lingua di Lazio a loro bell' agio notomizzare, scarnificare, sviscerare' und mit ihren 'fredde induzioni dello scetticismo sacrificare il principale agli accessorii' u. f. w. u. s. w. Wenn er bei der Gelegenheit von diesen bösen Leuten (S. 3) auch sagt, sie bildeten 'un ordine che in Italia oggimai non esiste', so müssen wir es Lediglich ihm selber überlassen, sich über ein so schmeichelhaftes Com. pliment mit seinen wackern Landsleuten auseinanderzuseßen; gewiß ift daß, wäre dem so wie er sagt, er allerdings der legte wäre, durch den es anders werden könnte. Indessen ist es nicht die Grammatik allein, gegen die diese blinde Wuth gerichtet ist; eben so ingrím mig zeigt er sich nicht nur gegen die Ungethüme bes Rationalismus und des Skepticismus, wie wir sahen, sondern auch wunderlich bunte Gesellschaft! gegen die 'Aesthetik', bei welcher Ge legenheit wir unter anderm einen sublimen Vergleich zwischen Rossini und Meyerbeer als 'Pantheon delizioso' und 'Colosseo contristante della Musica moderna' mit in den Kauf bekommen. Man fieht, er weiß pikante Würze an schale Speise zu thun; aber man fieht immer noch nicht, wo das alles eigentlich hinaus will. Und obwohl diese eigentliche Intention sich zum Theil mit halb mädchenhafter Verschämtheit zwischen den Zeilen, in Noten und Epilogen versteckt, so find wir doch indiscret genug, fie schließlich unsern Lesern zu verrathen. Grau, grau ist alle Theorie" steht dem wohl an zu sagen, der des Lebens goldnen Baum sprießen zu lassen weiß, 'Arte' ist die Losung, nicht 'Dottrina' (nun an der hat Herr F. nicht schwer zu tragen); während die 'analisi' mit falter Hand decomponirt, die 'estetica' nichts zu erzeugen weiß als 'maraviglia.

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