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Motive des Pomponius bei dieser Zusammenstellung der beiden Praetoren sind wohl hauptsächlich 173) zu suchen in demjenigen, was Gaius IV, 31 berichtet: cum ad Centumviros itur, ante lege agitur sacramento apud praetorem urbanum vel peregrinum" — cf. IV, §. 16 extr. §. 95 ibid. Denn dass Pomponius abgesehen von der causa nominis et rei die Competenz beider Praetoren besprochen und bei dieser Gelegenheit auch des Centumviralgerichts gedacht habe, lässt sich nach dem Inhalt des folgenden §. 29. kaum bezweifeln, nur scheint die ausdrückliche Erwähnung des iudicium centumvirale von Justinian's Compilatoren getilgt zu sein, so dass in §. 29. nur noch von den Xviri stlitibus iudicandis als mag. qui hastae 174) praeesset die Rede ist.

Wie in §. 27. 28. die beiden Praetoren, so sind in §. 29. 30. die daselbst aufgeführten minores magg. (Xviri stlit. iud., IVviri viis curandis, IIIviri monetales, IIIviri capitales) aus sachlichen Gründen zusammengestellt und es lässt sich darauf keinesweges die Annahme stützen, dass diese Magistraturen gleichzeitig und zwar später als der Pr. peregrinus und vor den Provinzial - Praetoren

173) Daneben kommt freilich auch Gaius 1, 6 in Betracht (verb.: ius edicendi habent magistratus p. R. sed amplissimum ius est in edictis duorum praetorum etc.) vgl. mit Pomponius §. 10. L. Gall. Cisalp. col. 1. lin. 24. 25. fr. 19. de V. S. 50, 16. verb. Labeo libro primo Praetoris urbani definit fr. 9. §. 4. de dolo malo Labeo lib. XXX. Praetoris peregrini scribit.

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174),,In Cviralibus iudiciis hasta praeponitur." Gaius IV, 16. (cf. Varro ap. Dion. Hal. II, 48 extr. ap. Serv. Aen. IX, 53. verb.: principium pugnae. Fest. v. curis p. 49. v. coelibari hasta p. 62. verb.: quia hasta summa armorum et imperii est) – - cf. Sueton. Octav. 36 extr. Plin. epist. V, 21.

entstanden seien 175). Das Wort deinde in §. 29. beweist dieses nicht 176) und was daselbst von den decemviri stlit. iud. als magg. ausgesagt wird, ist nicht nothwendig auf die Zeit ihrer ersten Einsetzung zu beziehen; eben so wenig ist das Eodem tempore in §. 30. beweisend, da P.

175) Cf. Becker 1. 1. p. 365. not. 19. p. 367. not. 25. In Betreff der triumviri monetales aeris argenti auri flatores vgl. auch Mommsen Gesch. d. röm. Münzwesens p. 367 ff. not. 5. Berlin 1860.

176) Zwar lässt sich nicht mit Becker 1. c. p. 367. not. 25. unbedingt behaupten, dass bei Pomponius die Ausdrücke deinde, post, eodem tempore, ohne alle Geltung seien, aber wie schon öfter bemerkt, beachtet Pomponius nach dem Vorgange von Varro mehr den ordo aetatum, als die Chronologie der einzelnen historischen Thatsachen (s. oben not. 18. a. E.); ferner ist er öfter wegen des sachlichen Zusammenhangs, zum Theil sich anschliessend an seinen Hauptführer, absichtlich von der Chronologie abgewichen. Und zuweilen sucht er eine solche bewusste Anticipirung sogar durch eine verschiedene Ausdrucksweise anzudeuten; so z. B. in §. 17, wo er den Coss. sofort die Censoren gegenüberstellt, gebraucht er den Ausdruck post deinde und in §. 28, wo er dem Pr. urb. sogleich den Pr. peregrinus gegenüberstellt: post aliquot deinde annos, weshalb im Sinne des Pomponius das deinde in §. 29. eher auf die Zeit nach Einführung des Pr. urb. (§. 27.) als des Pr. peregrinus bezogen werden könnte cf. Ruperti in enchir. Pompon. lib. II. c. 16. Nur bleibt dann unbeachtet (wofür das eodem tempore in §. 30. einen Fingerzeig gibt), dass Pompon. nicht blos die X viri stlit. iudic. sondern die XX viri überhaupt (§. 29, 30.) den Aedilen und Praetoren gegenüberstellen wollte. In keinem Fall darf das „, eodem tempore" (§. 30.) als Argument für die irrige Annahme benutzt werden, dass nach Pompon. §. 29, 30. die Xviri stlit. iudic. gleichzeitig mit den III viri capitales (cf. Liv. epit. 11. Fest. v. sacramentum p. 344) oder mit andern der daselbst genannten minores magistratus eingesetzt worden seien cf. Becker, Mommsen ll. cc. (not. 175), vgl. auch Mommsen corp. inscr. lat. vol. I. p. 21. 47. 186, desselben röm. Forschungen Bd. I. p. 102. Berlin 1864.

wohl nur die eadem aetate neben einander bestehenden minores magg. (cf. Cic. de legg. III, 3, 6) die in der Zeit des Principats zu den XX viri (wie vor Augustus zu den XXVI viri, cf. Orell.-Henzen inscript. indice vv. Vigintisexviri, Vigintiviri vol. III. p. 106) gehörten und eine Vorstufe für die Quaestur bildeten, cf. Tac. ann. III, 29. Dio 54, 26 zusammenfassen wollte, ohne den Zeitpunkt ihrer prima institutio bestimmen zu wollen, wie er denn auch in §. 31. lediglich wegen des sachlichen Zusammenhangs der Vviri cis (et uls? cf. Varro 1. L. V, 83. Gell. N. A. XII, 13, 7. 8) Tiberim (Cistiberes §. 33.),,qui possint pro magistratibus fungi" gedenkt, indem er dieselben als adiutores nocturni der zuvor genannten triumviri capitales aufgefasst zu haben scheint 177).

Uns interessirt hier aber vornemlich die Frage, ob der Zusammenhang der §§. 26-28. mit den nachfolgenden zum Theil schon aus Varronischen Motiven zu erklären sei und ob sich in diesen §§. auch die Benutzung Varronischer Elemente nachweisen lasse? Es darf kaum bezweifelt werden, dass schon bei Varro die beiden Praetoren (qui Romae iure dicundo praeerant) gegenüber gestellt waren arg. Fest. v. praetor p. 234, v. maiorem p. 161. Erheblicher aber erscheint die Vermuthung, dass den Aedilen und Praetoren wie bei Pomponius §. 26 ff. so auch bei Varro die minores magg. (denen zwar iudicium, iudicatio, jedoch keine selbständige iurisdictio zu

177) Cf. Liv. 39, 14 verb.: Triumviris capitalibus mandatum est, ut vigilias disponerent per urbem servarentque, ne qui nocturni coetus fierent; utque ab incendiis caveretur, adiutores triumviris quinque viri dati, uti cis Tiberim suae quisque regionis aedificiis praeessent, cf. Becker 1. c. p. 363. cf. p. 315. not. 88. Osann 1. c. p. 50 sqq.

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stand) gegenübergestellt worden seien arg. Cic. de legg III, 3, 6: minores magistratus partiti iuris plures in plera sunto vincla sontium servanto: capitalia vindicanto: aes argentum aurumve publice signanto: stlites contractas iudicanto Vgl. damit Varro de 1. L. IX, 85: iudicium triumvirûm, decemvirûm V, 81: quaestores qui conquirerent publicas pecunias et maleficia, quae triumviri capitales nunc conquirunt (cf. V, 180. cf. Fest. v. sacramentum p. 344) Liv. III, 55, wo für die Interpretation der Lex Valeria Horatia, welche ausser den tribuni pl. und aediles (cf. M. Cato ap. Fest. v. Sacrosanctum p. 318) auch iudices decemviri unter sacralen Schutz gestellt hatte, ebenfalls Varronische Elemente benutzt zu sein scheinen. Vgl. z. B. die Worte: „, Itaque aedilem prehendi ducique a maioribus magistratibus: quod etsi non iure fiat" etc. mit Varro rer. humanar. lib. XXI ap. Gell. XIII, 12. 13 (s. ob. not. 98). Dass bei Varro de 1. L. IX, 85 neben dem iudicium triumvirûm (capitalium) et decemvirûm (stlitibus iudicandis) auch des iudicium centumvirûm gedacht sei, beruht freilich nur auf Conjectur des Otfr. Müller, indessen geschieht auch bei Varro de R. R. II, 1, 26 (verb. numerus non est ad amussim cum dicimus, centumvirale esse iudicium Romae) desselben Erwähnung und der Artikel bei Paulus ex Festo v. Centumviralia p. 54 gründet sich mittelbar wohl auch auf Varronische Aeusserungen, die freilich von Paulus Diaconus, vielleicht schon von Festus, theils missverstanden theils unrichtig combinirt und epitomirt worden sind 178). Hienach ist es nicht unwahrscheinlich,

178) Die Erklärung bei Fest. 1. c. dass die Zahl der je 3 aus jeder der 35 tribus (terni ex singulis tribubus) erwählten

dass Pomponius nach dem Vorgange Varro's und aus ähnlichen Motiven, nemlich auf Veranlassung der zuvor besprochenen prätorischen Functionen, des iudicium cen

Cviri zwar 105 betragen habe, dass sie aber nach einer runden Zahl die Hundertmänner genannt worden seien, findet theilweise zwar in der obigen Aeusserung des Varro de R. R. 1. c. eine Stütze, ist aber von demselben nicht der Zeit der Entstehung des Cviralgerichts, welches ein hohes Alter verräth (cf. v. BethmannHollweg d. röm. Civilprozess I. p. 57 f.), angepasst. Abgesehn davon könnte dabei aber ein ähnlicher Irrthum zu Grunde liegen, wie auf einzelnen Inschriften, wo XV. Viri statt X. Viri lit. iud. vorkommt, cf. Ritter not. ad Heinecc. hist. jur. Rom. §. 58. Orelli-Henzen inscript. 544. 7420 a. Wie leicht konnte in Folge desselben Fehlers CV.Viri für C.Viri gelesen und daraus die causa nominis erklärt werden, zumal da diese Namenerklärung mit einer andern muthmasslich Varronischen Notiz, dass „terni ex singulis tribubus" zu Mitgliedern des Gerichtshofs erwählt worden seien wenigstens post expletas XXXV tribus im besten Einklange zu stehn schien? Allerdings ist das eine blosse Möglichkeit, dagegen liegt in der Identificirung von tribus und curiae unzweifelhaft ein Missverständniss vor, welches auch durch eine irrige Deutung und Combination Varronischer Ueberlieferungen veranlasst zu sein scheint. Wenn es nämlich in dem Artikel bei Festus v. Cviralia heisst:,,Nam cum essent triginta et quinque tribus, quae et curiae sunt dictae, terni ex singulis tribubus sunt electi ad judicandum, qui Cviri appellati sunt" so darf man die durch gesperrten Druck hervorgehobenen Worte, nach welchen die tribus auch curiae genannt sein sollen, nicht etwa wegen der Unwissenheit des Paulus Diaconus als ungeschrieben behandeln, vielmehr ist nach der Veranlassung dieses Irrthums zu forschen, zumal da derselbe noch in einem zweiten Artikel bei Paul. ex Festo v. curia p. 49 (Romulus populum distribuit (in curias) numero triginta, quibus postea additae sunt quinque etc.) sich wiederfindet; ja derselbe Irrthum liegt auch bei Ps. Ascon. in Verr. act. II. lib. 1. §. 14. p. 159 ed. Baiter (vgl. oben not. 88) sowie bei Jo. Lydus de mag. 1, 16 init: Añλov åvτixpùs éxatòv tòv åpidμèv γέροντας ἐκ πασῶν τῶν κουριῶν (ἀντὶ τοῦ φυλῶν) ἐπιλέξασθαι

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