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1760 beide verbunden in Neapel aufbewahrt) enthaltend ein Bruchstück (30 Kapitel) der 1. Iulia municipalis v. J. 709. Dieses Gesetz ist eine allgemeine Städteordnung für sämtliche italische Municipien, die Grundlage der ganzen späteren Municipalverfassung. Sein verschiedenartiger Inhalt - Bestimmungen über die Municipalverfassung und rein lokale und polizeiliche Vorschriften für die Stadt Rom selbst erklärt sich am leichtesten durch die Annahme, daß das Gesez ein lex satura war. 5) Lex coloniae Iuliae Genetivae s. Ursonitana, eine lex data (f. § 8. a. A.) a. 710, enth. die Gemeindeordnung dieser von Cäsar nach der zerstörten Stadt Urso in der Provinz Bätica ausgeführten Kolonie. Aufgefunden 5 Tafeln in Osuna 1870 und 1875, welche cap. 61-82. 91–106. 123-134. fast vollständig enthalten. Ausg. von Mommsen ephem. epigraph. vol. II. p. 105. sqq. p. 221. sqq. vol. III. p. 87. sqq. (Bruns cit. p. 43-103. 109-127. Suppl. p. 5.)

B. Die Prätoren (praet. urbanus seit 387 d. St., praet. peregrinus seit 512 [507] d. St.?), als die für die Civiljurisdiktion bestimmten Magistrate, machten regelmäßig in ihren beim Amtsantritt kraft ihres magistratischen ius edicendi erlassenen edicta perpetua die bei Handhabung der R-pflege von ihnen zu beobachtenden R-normen je nach ihrer Natur bald in Gestalt von bindenden Vorschriften und Regeln, bald, und zwar regelmäßig, von Verheißung bestimmter R-mittel (actiones, exceptiones, interdicta, missiones, stipulationes praetoriae) in diesem od. jenem Falle — öffentlich bekannt. (Vgl. § 194. I.) Willkürliche Abweichung der Prätoren von dem eigenen, einmal aufgestellten Edikt wurde durch bac die 1. Cornelia v. J. 687 untersagt. Während ein Teil der Ediktsbestimmungen nur feststehende Grundsäße des bereits geltenden R. für die praktische Anwendung gestaltete, indem ihnen die Form der gerichtlichen Handhabung (Klagen, Einreden u. dgl.) verliehen wurde: gab ein anderer Teil neuen R-normen Ausdruck, welche durch die fich ändernden R-anschauungen des Volkes hervorgerufen oder in der Jurisprudenz aufgestellt waren und den mit dem fortschreitenden Verkehre sich steigernden R-bedürfnissen entsprachen. (§ 4. V. 3.) So wurden denn die prätorischen Edikte zu einem Hauptfaktor der stetigen Fortentwickelung des Privat-R., durch welchen dasselbe in lebendigem Flusse erhalten wurde. Die Wirksamkeit der im Edikt enthaltenen R-grundsäge beruhte freilich, da die Prätoren keine gesehgebende Gewalt besaßen, lediglich auf der Amtsgewalt derfelben und war mithin formell auf das Amtsjahr des edicirenden Prätors selber beschränkt. Da aber der Nachfolger in der Präturregelmäßig das vom Vorgänger aufgestellte Edikt nach erfolgter Revision wiederholte indem er es gleichzeitig selbst durch vom R-verkehre geforderte neue Zusäße (nova edicta, novae clausulae) zeitgemäß ergänzteso nahmen die meisten Ediktsbestimmungen einen traditionellen Charakter an (edicta tralaticia) und aus den einzelnen edicta entwickelte sich mit der Zeit ein ständiges prä

torisches Edift (edictum perpetuum), welches thatsächlich eine dem Gesez gleichkommende Autorität besaß. Auf diese Weise bildete sich neben dem ius civile ein besonderes ius praetorium, als zweiter selbständiger Bestandteil des Privat-R.; es gab R-verhältnisse und R-ansprüche, welche iure civili, und solche, welche einzig iurisdictione s. tuitione praetoris bestanden, so daß das Privat-R. selbst auf vielen Gebieten verdoppelt erscheint. (Vgl. z. B. § 75. II. §§ 96. 100. 154. 161.)

a. Eodem tempore magistratus. ., ut scirent cives, quod ius. de quaque re quisque dicturus esset, . . edicta proponebant; quae edicta praetorum ius honorarium constituerunt. Honorarium dicitur, quod ab honore praetoris venerat. Pompon. 1. 2 § 10. D. de O. J. 1, 2.

b. Ius autem edicendi habent magistratus populi Romani: sed amplissimum ius est in edictis duorum praetorum, urbani et peregrini, quorum in provinciis iurisdictionem praesides earum habent; item in edictis aedilium curulium. Gaius I. § 6.

c. Ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi vel supplendi vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam. Papinian. 1. 7 § 1 D. de J. et J. 1, 1.

d. Ius honorarium viva vox est iuris civilis. Marcian. 1. 8 eod. C. Auctoritas prudentium (R-doktrin, Juristen-R.). Abgesehen von dem prätorischen Edikt, erfolgte die Fortbildung des R. vornehmlich durch die Thätigkeit der Juristen (iurisconsulti, -periti, prudentes), welche das in den 12 Taf. formulirte R. auf dem Wege der interpretatio durch Ableitung von R-säßen aus den Vorschriften derselben entfalteten, analogisch fortentwickelten (§ 5. II.) und mit den fortschreitenden R-bedürfnissen des praktischen Lebens vermittelten. Diese interpretatio und insbesondere auch die disputatio fori (d. H. die bei Gelegenheit der R-sprechung vorkommenden Erörterungen der R-verständigen über streitige R-fragen und den in concreto anzuwendenden R-sah) führten zur Bildung eines ius non scriptum neben dem aufgezeichneten R. der 12 Taf. (Pompon. 1. 2 § 12. D. de O. J. 1, 2.: Proprium ius civile, quod sine scripto in sola prudentium interpretatione consistit.) Die R-kundigen waren ursprünglich und lange Zeit hindurch die Pontifices, in deren collegium nicht allein der für das Gerichtswesen wichtige Kalender und die legis actiones (die für die R-handlungen und insbesondere für die gerichtliche Verfolgung von Rechten erforderlichen Formen und Formeln) festgestellt und überliefert wurden, sondern überhaupt die Tradition des ius civile sich stetig fortpflanzte. (Pompon. § 6. eod. harum [sc. leg. XII tab.] et interpretandi scientia et actiones apud collegium pontificum erant, ex quibus constituebatur, quis quoquo anno praeesset privatis; et populus annis prope C [bis zur Zulassung der Plebejer zur Prätur 417 d. St.?] hac con

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suetudine usus est). Erst nachdem durch die i. I. 450 d. St. von Cn. Flavius veranstaltete Publikation einer (von Appius Claudius verfaßten) Zusammenstellung des Gerichtskalenders und der legis actiones,,ius Flavianum“ die Pontifices aus dem Alleinbesig der Kenntnis derselben verdrängt waren, und nachdem sich auch den Plebejern bald darauf das coll. pontificum geöffnet hatte, begann die R-kunde durch Lehre und Schrift sich weiter auszubreiten; es bildete sich ein Juristenstand, welcher eine sehr angesehene und einflußreiche Stellung im Staate einnahm, und es entstand allmählich eine juristische Fachwissenschaft, deren Pflege sich später die tüchtigsten Kräfte der Nation mit großer Hingebung zuwandten. Die hervorragendsten dieser älteren Juristen (,, Veteres") sind: 1) Tib. Coruncanius, der Vater der Jurisprudenz, erster plebejischer pont. max. c. 500 d. St. (,,ante Tib. Cor. publice professum [sc. iuris scientiam] neminem traditur; ceteri ad hunc vel[ut?] in latenti ius civile retinere cogitabant solumque consultatoribus vacare potius quam discere volentibus se praesta[re] [vole] bant." Pompon. 1. c. § 35.) 2) S. Aelius c. 550, Verf. des ,,ius Aelianum" einer neuen erweiterten Redaktion des ius Flav. und der „Tripertita“, enthaltend lex XII tab., interpretatio, leg. actiones, (,, velut cunabula iuris." Pompon. 1. c. § 38.). 3) M. Porcius Cato c. 600 (vgl. § 184. I.) 4) Publius Mucius Scaevola, M. Iunius Brutus, M.' Manilius (,,qui fundaverunt ius civile" Pompon. 1. c. § 39.) Vgl. § 36. II. a. 3. 4. § 95. I. a. 3. (Manilianae actiones waren eine Sammlung von Geschäftsformularen der verschiedensten Art, insbesondere für Kauf- u. Mietverträge). 5) Mit Q. Mucius Scaevola c. 650 (,,ius civile primus constituit generatim in libros XVIII redigendo." Pompon. § 41) tritt an die Stelle der bisherigen empirischen Kasuistik eine mehr systematische Behandlung des R. Seine libri iuris civilis, das erste R-system mit formulirten R-regeln, wurden noch von Gaius und Pomponius kommentirt. 6) Aquilius Gallus (3. B. § 141. II. b.) 7) Servius Sulpicius c. 700 legte durch Anwendung der dialektischen Methode den Grund zu einer wissenschaftlichen Theorie des R. (,,ars iur. civ.") und hinterließ eine große Anzahl von Schriften, darunter auch notata Mucii (polemische Bemerkungen zu dem System desselben). Servii auditores: 8) Alfenus Varus, Verf. einer systematischen Responsensammlung unter dem Titel Digesta, welche in Just. Digesten excerpirt ist. 9) Aulus Ofilius, bearbeitete u. a. zuerst in eingehender Weise das prätorische Edikt und legte damit den Grund für eine wissenschaftliche Behandlung des ius honorarium, sowie für die späteren Ediktskommentare. 10) C. Trebatius Testa, A. Cascellius, Q. Aelius Tubero.

(Die in Citaten außerhalb der Just. Digesten erhaltenen Bruchstücke aus den Schriften der Veteres zusammengestellt bei Huschke, iurisprud. Anteiustin. ed. IV. Lips. 1879. p. 1—18. 84-104.)

Nicht bloß durch schriftstellerische Arbeiten (scribere), sondern

torisches Edift (edictum perpetuum), welches thatsächlich eine dem Gesez gleichkommende Autorität besaß. Auf diese Weise bildete sich neben dem ius civile ein besonderes ius praetorium, als zweiter selbständiger Bestandteil des Privat-R.; es gab R-verhältnisse und R-ansprüche, welche iure civili, und solche, welche einzig iurisdictione s. tuitione praetoris bestanden, so daß das Privat-R. selbst auf vielen Gebieten verdoppelt erscheint. (Vgl. z. B. § 75. II. §§ 96. 100. 154. 161.)

a. Eodem tempore magistratus. ., ut scirent cives, quod ius de quaque re quisque dicturus esset, . . edicta proponebant; quae edicta praetorum ius honorarium constituerunt. Honorarium dicitur, quod ab honore praetoris venerat. Pompon. 1. 2 § 10. D. de O. J. 1, 2.

b. Ius autem edicendi habent magistratus populi Romani: sed amplissimum ius est in edictis duorum praetorum, urbani et peregrini, quorum in provinciis iurisdictionem praesides earum habent; item in edictis aedilium curulium. Gaius I. § 6.

c. Ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi vel supplendi vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam. Papinian. 1. 7 § 1 D. de J. et J. 1, 1.

d. Ius honorarium viva vox est iuris civilis. Marcian. 1. 8 eod. C. Auctoritas prudentium (R-doktrin, Juristen-R.). Abgeschen von dem prätorischen Edikt, erfolgte die Fortbildung des R. vornehmlich durch die Thätigkeit der Juristen (iurisconsulti, -periti, prudentes), welche das in den 12 Taf. formulirte R. auf dem Wege der interpretatio - durch Ableitung von R-säßen aus den Vorschriften derselben entfalteten, analogisch fortentwickelten (§ 5. II.) und mit den fortschreitenden R-bedürfnissen des praktischen Lebens vermittelten. Diese interpretatio und insbesondere auch die disputatio fori (d. h. die bei Gelegenheit der R-sprechung vorkommenden Erörterungen der R-verständigen über streitige R-fragen und den in concreto anzuwendenden R-say) führten zur Bildung eines ius non scriptum neben dem aufgezeichneten R. der 12 Taf. (Pompon. 1. 2 § 12. D. de O. J. 1, 2.: Proprium ius civile, quod sine scripto in sola prudentium interpretatione consistit.) Die R-kundigen waren ursprünglich und lange Zeit hindurch die Pontifices, in deren collegium nicht allein der für das Gerichtswesen wichtige Kalender und die legis actiones (die für die R-handlungen und insbesondere für die gerichtliche Verfolgung von Rechten erforderlichen Formen und Formeln) festgestellt und überliefert wurden, sondern überhaupt die Tradition des ius civile sich stetig fortpflanzte. (Pompon. § 6. eod. harum [sc. leg. XII tab.] et interpretandi scientia et actiones apud collegium pontificum erant, ex quibus constituebatur, quis quoquo anno praeesset privatis; et populus annis prope C [bis zur Zulassung der Plebejer zur Prätur 417 d. St.?] hac con

suetudine usus est). Erst nachdem durch die i. I. 450 d. St. von Cn. Flavius veranstaltete Publikation einer (von Appius Claudius verfaßten) Zusammenstellung des Gerichtskalenders und der legis actiones - „ius Flavianum" die Pontifices aus dem Alleinbesig der Kenntnis derselben verdrängt waren, und nachdem sich auch den Plebejern bald darauf das coll. pontificum geöffnet hatte, be gann die R-kunde durch Lehre und Schrift sich weiter auszubreiten; es bildete sich ein Juristenstand, welcher eine sehr angesehene und einflußreiche Stellung im Staate einnahm, und es entstand allmählich eine juristische Fachwissenschaft, deren Pflege sich später die tüchtigsten Kräfte der Nation mit großer Hingebung zuwandten. Die hervorragendsten dieser älteren Juristen (,, Veteres") find: 1) Tib. Coruncanius, der Vater der Jurisprudenz, erster plebejischer pont. max. c. 500 d. St. (,,ante Tib. Cor. publice professum [sc. iuris scientiam] neminem traditur; ceteri ad hunc vel[ut?] in latenti ius civile retinere cogitabant solumque consultatoribus vacare potius quam discere volentibus se praesta[re] [vole] bant." Pompon. 1. c. § 35.) 2) S. Aelius c. 550, Verf. des ,,ius Aelianum" einer neuen erweiterten Redaktion des ius Flav. und der „Tripertita", enthaltend lex XII tab., interpretatio, leg. actiones, (,,velut cunabula iuris." Pompon. 1. c. § 38.). 3) M. Porcius Cato c. 600 (vgl. § 184. I.) 4) Publius Mucius Scaevola, M. Iunius Brutus, M.' Manilius (,,qui fundaverunt ius civile" Pompon. 1. c. § 39.) Vgl. § 36. II. a. 3. 4. § 95. I. a. 3. (Manilianae actiones waren eine Sammlung von Geschäftsformularen der verschiedensten Art, insbesondere für Kauf- u. Mietverträge). 5) Mit Q. Mucius Scaevola c. 650 (,,ius civile primus constituit generatim in libros XVIII redigendo." Pompon. § 41) tritt an die Stelle der bisherigen empirischen Kasuistik eine mehr systematische Behandlung des R. Seine libri iuris civilis, das erste R-system mit formulirten R-regeln, wurden noch von Gaius und Pomponius kommentirt. 6) Aquilius Gallus (3. B. § 141. II. b.) 7) Servius Sulpicius c. 700 legte durch Anwendung der dialektischen Methode den Grund zu einer wissenschaftlichen Theorie des R. (,,ars iur. civ.") und hinterließ eine große Anzahl von Schriften, darunter auch notata Mucii (polemische Bemerkungen zu dem System desselben). Servii auditores: 8) Alfenus Varus, Verf. einer systematischen Responsensammluug unter dem Titel Digesta, welche in Just. Digesten excerpirt ist. 9) Aulus Ofilius, bearbeitete u. a. zuerst in eingehender Weise das prätorische Edikt und legte damit den Grund für eine wissenschaftliche Behandlung des ius honorarium, sowie für die späteren Ediktskommentare. 10) C. Trebatius Testa, A. Cascellius, Q. Aelius Tubero. -(Die in Citaten außerhalb der Just. Digesten erhaltenen Bruchstücke aus den Schriften der Veteres zusammengestellt bei Huschke, iurisprud. Anteiustin. ed. IV. Lips. 1879. p. 1-18. 84-104.)

Nicht bloß durch schriftstellerische Arbeiten (scribere), sondern

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