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geln und Jüten aber kam die Gelegenheit zur Auswanderung wegen des Andringens der Dänen wahrscheinlich nicht unerwünscht. Ihre Wohnsitze wurden auch nach ihrem Abzuge sogleich von den Dänen eingenommen. Die Friesen waren Besitzer der Inseln an Dänemarks Westküste und wahrscheinlich in Schleswig und Jütland Nachbaren der Angeln und Jüten. Die Friesen auf dem Festlande haben den Dänen Platz gemacht, zum Theil auch die Inselfriesen an Dänemarks Küsten, die überdiess die Fluten der Nordsee mehr und mehr eingeschränkt haben. So hat denn von den einstigen Wohnsitzen der deutschen Eroberer Englands fast nur noch Holstein allein seine ursprüngliche niederdeutsche Bevölkerung bewahrt und hier finden sich denn auch in mehrfacher Hinsicht die sichersten Beweise, dass die Eroberer Englands zum grossen Theile von hier ausgingen. Ich begnüge mich nur auf eins aufmerksam zu machen, nämlich auf die grosse Uebereinstimmung der Ortsnamen in England und Holstein, die wahrscheinlich sich noch grösser herausstellen würde, wenn mir die ältesten Verzeichnisse holsteinischer Ortsund Flussnamen zu Gebote ständen. Ich gebe hier eine Liste der hauptsächlichsten Wörter, welche zur Bildung angelsächsischer und holsteinischer Ortsnamen beigetragen haben, indem ich mich für die angelsächsischen Ortsnamen meist auf Leo (Rectitudines singularum personarum, Halle 1842) stütze. Für Holstein halte ich mich an die alten Homannschen Karten, in denen die Namen noch nicht verhochdeutscht sind. Es kann hier natürlich nur auf den zweiten Theil der Zusammensetzung, welcher den allgemeinen Begriff enthält, während der erste denselben näher bestimmt, Rücksicht genommen werden, obwohl auch von den zusammengesetzten Ortsnamen sich unzählige in beiden Ländern finden.

In England und nicht in Holstein und andern niederdeutschen Ländern finden sich die Ortsnamen mit TUN, DUN, DEN oder DENU und BY. Zusammensetzungen mit TUN E, town, dem deutschen Zaun, sind in England sehr häufig; die Kelten hatten bereits das Heckenwesen, wie es noch heute in England besteht; die Angelsachsen nahmen dasselbe von ihnen an und gebrauchten das Wort tûn anfänglich für jede Niederlassung, woraus denn später die jetzige beschränktere Bedeutung von town entstanden ist. DUN Hügel E. don, selbständig erhalten im engl. Worte down und DEN oder denu Thal E. den sind keltische Wörter und erst von den Kelten entlehnt. By endlich, E. by ist das dänische BYE und nur in dänischen An

siedelungen gebräuchlich z. B. Whitby, dessen angels. Name Streoneshalh war Thorpe Anal. anglosax. s. v. Streoneshalh.

Neben town (ton) ist Ags. HAM Deutsch HEIM E. HAM fast am Häufigsten für englische Ortsnamen verwendet, dessen Bedeutung: Haus, Sitz, Wohnung ist. Ich kann ein niederdeutsches hem in holsteinischen Orten und an der Nordseeküste bis zur Weser zwar nicht nachweisen, desto häufiger aber in den spätern Wohnsitzen der Altsachsen am Rhein, wo der Heliand entstanden ist; in Oldenburg und auf den friesisch - dänischen Inseln ist hâm ebenfalls häufig, hier aber friesischen nicht sächsischen Ursprungs. Nicht zu verwechseln ist hâm mit ham, welches einen umzäunten für sich abgeschlossenen Platz bedeutet und selten zu Namen verwandt wird. In Dithmarschen findet sich Hemme als Ortsnamen, in Deutschland Hamm.

BURH, byrig, E. burgh, borough, burg, z. B. Shrewsbury (Scrobbesbyrig) Canterbury (Cantvarabyrig) findet sich überall, wo der Adel zur Macht gelangt ist, daher z. B. bei den Dithmarschen gar nicht, desto häufiger bei den nach dem Rhein gewanderten Altsachsen.

BOTL deutsch büttel, fries. blod Wohnplatz bedeutend, in England selten zu Ortsnamen verwandt, desto häufiger in Holstein und in Hannover.

ÞORP Dorf. Thorpe in Surrey u. m. a. Niederdeutsch dorp. SELE Wohnung, selten in England, Lemsahl in Holstein, OLdenzaal Ober-Yssel, Niederlande.

CYRICE E. church, Schott. und Nth. of E. kirk, deutsch: -kirchen d. b. zur Kirchen und kirch. Niederdeutsch kerke.

VYRð, VURỖ, oberdeutsch wörth (Donauwörth) Niederd. worthe richtiger würde oder wöhrde, künstlich erhöhtes eingefriedigtes Land. In England häufig, ebenso in Holstein und Hannover, Wöhrden, Epenwöhrden, Cuddewöhrden. Die neuern Karten haben in Holstein und Hannover meistens wurth oder worth, die Homannschen noch das richtige würde oder wurd

STEDE: Hamstede (Hamstead) u. s. W. In Holstein auf alten Karten nur - stede, jetzt meistens Stadt. In Hannover und Ostfriesland ebenfalls -stede.

VIC Stadt, Flecken E. wich (Sandwich, Ipswich, Norwich (Norðvic) in Nordengland wick (Alnewick, Berwick, Kerwick). In Niederdeutschland selten, doch Bardowieck bei Lüneburg und Schleswick. In den Niederlanden sind Ortsnamen auf wick häufig.

BRYCG, E. bridge, Cambridge (Geantubrycg) u. s. w. In Holstein Brügge, Gladebrügge, Lohbrügge u. s. w.

BEORH Berg, im Ags. nicht häufig: Wieganbeorh bei Plymouth u. e. a. In Deutschland überall.

Dic Deich, Damm, in England nicht häufig, in Holstein Doverdick, Moordick, Krammersdick.

STAN Stein, E. stone, Niederd. stèn.

EA, lat. aqua Wasser, Fluss, Ahd. aha, gewöhnlich zu Flussnamen, bisweilen auch zu Ortsnamen verwendet. Rumeneá (Romney) Pefeneseá (Pevensey) E. gew. ey auch ea (Bolney, Battersea u. s. w.) Niederdeutsch au; in Holstein sind alle Flüsse Auen. SAE, E. sea, deutsch See.

HAVEN, namentlich in Schottland Newhaven, Beckhaven u. s. w. Niederdeutsch ebenfalls haven, Cuxhaven u. s. w.

LACU, E. lake See. Im Engl. nicht selten. In Holstein Kurslake. BURNE Born, Bach, E. bourne, Eastbourne, Westbourne, New fishbourne u. s. w., Holstein: Quickborn, Woldenborn.

BEC, E. beck Bach, nam. im nördlichen England: Wisebec, Whitbeck. In Holstein: Mehlbeck, Barnbeck, Wandsbeck.

BROC Bach, E. brock, Holstein: brock, brook: Neuenbrock, Widdelbrook,

RIDE rinnendes Gewässer, Bach. In Holstein Mühlenrade, Lehmrade, Rade.

HEAFOD Haupt, Ursprung, Quelle der Gewässer, z. B. Svinesheáfod, E. Waterhead, in Südschottl. Spithead u. s. w. In Holstein Bornhövede.

Muð Mündung,

Ausfluss, E. mouth, Niederdeutsch mund,

Wiltmund in Ostfriesland, Dortmund u. s. w.

Ic Insel, Wasserland, später ey, Ramesig, Sceapig, Meresige, Beardanig. Norderney, Wangerage, friesisch; dänisch oe. OFER Ufer. Hannover (zum hohen Ufer).

NES, NÄS, kleine Landzunge; Nässe, Shearness, Dungeness. Blankenese oder Blankeness in Holstein.

HYRNE Winkel, Ecke. Deutsch horn, Lutzhorn in Holstein. FLEOT Fliess, Kanal, Beam fleót, Vippedes flebt. In Holstein : Beyen fleth, Wewelsfleth, Borsfleth. In Oldenburg: Elsfleth.

FORD Statt Ford Furt, Stafford, Wallingford, Oxford. In Holstein Föhrde, Königsföhrde. In Ostfriesland forde.

MOR Moor, E. moor, Exmoor. In Holstein moor, Wüstemoor.

MERE Moor, Sumpfland. Sturmer in Essex Stûrmere. meer Ostfriesland, Grossenmeer Oldenburg.

FELD E. field sehr häufig. Niederdeutsch felde.

Wy

VEALD Wald, selten in England. Bockswohld, Obernwohld in Holstein, in Ostfriesland häufig wolde.

HOLT, selten in England, häufig in Niederdeutschland.

HYRST, Ahd. hurst Buschwald, E. hurst, Niederdeutsch horst. Weiter wage ich nicht in die Vergleichung einzugehen, da viele holsteinische und sonstige niederdeutsche Namen in ihrer jetzigen Form keinen sichern Anbaltepunkt geben, ältere Namenregister mir aber nicht zu Gebote stehen. Als Ergebniss der obigen Vergleichung stellt sich heraus, dass die Ortsnamen in Holstein und namentlich im westlichen Theile Holsteins sowohl der Zahl als den Lautverhältnissen nach am Genauesten von allen Gegenden Deutschlands mit den englischen Ortsnamen übereinstimmen. In Englandsind die meisten Ortsnamen mit town, ham, wick, chester, church, borough (bury) ford, worth, field, head und ey (eá) gebildet ; in Holstein mit dorp, kerke, buttel, berg, förde, wörde oder wurth, felde, stede, au, beck, fleth, welche sich alle in England wiederfinden. Das heutige Angeln und Schleswig überhaupt zeigt zu sehr verdänischte Namen, als dass auf sie irgend etwas zu bauen wäre.

S. 14.

Keltisches im Angelsächsischen und

Englischen.

Da die Angelsachsen die Britten grossentheils aus den eroberten Landestheilen vertrieben, diejenigen Britten aber, welche unter den Angelsachsen blieben, gewiss ihrer geringern Zahl wegen bald Sprache und Sitten ihrer Herren annahmen, da ferner zwischen den Sachsen und den Britten in Wales und andern keltischen Landestheilen fast beständige Feindschaft herrschte, so ist es natürlich, dass die Zahl der ins Angelsächsische aufgenommenen keltischen Wörter nicht gross sein kann. Zwar führen einzelne Gelehrte, wie z. B. Richard Garnett in den Transactions of the London philological society Bd. 1. sehr lange Verzeichnisse solcher keltischen Wörter im Englischen auf, Aber ein grosser Theil dieser Wörter ist gar nicht aus dem Keltischen entlehnt, sondern dem indo - europäischen Sprachstamme gemeinsam: z. B. das Keltische corn, Lat.

cornu, deutsch horn.

Ich verweise hier namentlich auf Pictets und Bopps Werke über die Verwandschaft des Keltischen mit dem Sanskrit. Andere Wörter scheinen zwar dem Keltischen entnommen zu sein, aber ihre Aufnahme fällt in eine frühere Zeit als die der Eroberung Englands durch die Sachsen, daher sie denn auch bei andern deutschen Stämmen vorkommen. Solche Wörter sind z. B. ags. pôl, E. pool, nhd. pfuhl (das deutsche pf steht nur in fremden Wörtern), ags. dûn Hügel (davon E. down hernieder, aus of dûne) deutsch düne. Eine ziemliche Anzahl keltischer Wörter endlich sind erst in neuern Zeiten in die englische Sprache und deren Mundarten aufgenommen, im Ags. aber noch nicht zu finden z. B. chamrock Klee, garran Ackerpferd, clan, plaid, tartan, claymore, philibeg, usquebaugh u. s. w. aus dem Gaelischen, crowd die Fiedel und flannel aus dem Welschen. So bleiben denn nur wenige Wörter übrig, welche das Ags. dem Keltischen abgeborgt hat, z. B. denu geschützte Gegend, Thal, E. den, crôc Haken, E. crook u. s. w. Die meisten keltischen Wörter finden sich noch in geographischen Namen, Zusammensetzungen mit pen, im Welschen Kopf, z. B. Penrith, mit strath, im Welschen Thal: Strathclyde, Corn, im W. Horn: Cornwallis, Aber im W., Inver im Gael., Zusammenfluss: Abernethy, Invernethy, mit -don und den u. a. m. Auf eine Sammlung keltischer Ausdrücke im Englischen ist es hier nicht abgesehen; es genügt uns, dass der keltische Bestandtheil des Englischen unbedeutend ist; ein Einfluss desselben auf Lautverhältnisse oder gar auf die Formenbildung ist wenigstens im Englischen durchaus nicht vorhanden; eher dürften die Abweichungen der schottischen Lautverhältnisse von den englischen zum Theil keltischem Einflusse zuzuschreiben sein.

S. 15.

Lateinische Wörter im Angelsächsischen seit Einführung des Christenthums.

Gegen Ende des sechsten Jahrhunderts begann das Christenthum unter den Angelsachsen Wurzel zu fassen und machte im Laufe des folgenden Jahrhunderts schnelle Fortschritte. Dies führte der angelsächsischen Sprache eine Anzahl lateinischer Wörter zu, meist kirchliche Ausdrücke, die das Lateinische grossentheils selbst erst aus dem Griechischen überkommen Z. B.

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