Page images
PDF
EPUB

legentlich eines einzelnen Condictionsfalls gedenken; so soll Africanus der Vorläufer, Marcian der Anhänger von Ulpian sein, jener deshalb, weil er an einer Stelle 15) den Unterschied zwischen sine causa ab initio und causa non secuta statuirt, dieser deshalb, weil er die Condictio gegen den non ex iusta causa possidens erwähnt 16). Allein was Africanus anbetrifft, so steht dem sine causa ab initio begreiflich nicht bloss die causa non secuta sondern auch die causa finita gegenüber (dies spricht Ulpian 17) ausdrücklich aus); bezüglich des Marcian ist hervorzuheben, dass die Condictio auf das ex iniusta causa Besessene bereits bei Sabinus und sogar bei den Veteres feststeht 18). Ein Verdienst hat sich Voigt aber dadurch erworben, dass er - soweit ich sehe zum ersten Mal mit Bestimmtheit ausgesprochen hat, dass bei den classischen Juristen es keine allgemein adoptirte technische Bezeichnungsweise der Bereicherungscondictionen giebt19); das schlagendste Beispiel hiefür ist, dass Gaius, der alle Fälle der Bereicherungscondictionen behandelt, dennoch kein einziges Mal einen technischen auf die Causa hinweisenden Ausdruck (cond. indebiti, ob turpem causam u. s. w.) gebraucht 20); aber auch die anderen Juristen, darunter auch Pomponius, Ulpian, Paulus, brauchen viel öfter das unverbundene Wort

15) 1. 4 D. de cond. 12, 7.

16) 1. 25 D. de rer. am. a. 25, 2.

17) 1. 1 § 2 D. de cond. sine causa 12, 7.

18) 1.6 D. de cond. ob turp. vel ini. c. 12, 5.

19) Cond. ob causam S. 298.

20) Inst. II. 79. 82. III. 91. IV. 4. 1. 27 § 1 D. mand. 17, 1; 1. 5 § 3 D. de obl. 44, 7; 1. 25 pr. D. de min. 4, 4; 1. 63 D. de cond. ind. 12, 6; 1. 35 § 4 D. de contr. emt. 18, 1; 1. 25 § 8 D. loc. 19, 2; 1. 54 § 3 D. de furt. 47, 2; 1. 4 D. de cal. 3, 6; 1. 6 D. de don. i. v. et u. 24, 1.

condicere, condictio, und lassen die Bezeichnung des Rückforderungsgrundes weg; das kann nicht blosser Zufall sein.

Aus dem Obigen folgt von selbst, dass die heut in der Justinianischen Compilation aufgestellte Eintheilung der Bereicherungscondictionen ein emblema Triboniani ist; sichtlich haben die Compilatoren sich an Ulpian angeschlossen; aber sie liessen die causa finita weg, oder vielmehr sie verbanden sie mit der bei Ulpian fehlenden causa nulla zur condictio sine

causa.

Diese nach dem materiellen Klagegrunde eingetheilten Bereicherungscondictionen schoben sie nebst der cond. furtiva und der (gleichfalls erst von ihnen geschaffenen) sog. cond. ex lege zwischen diejenige Eintheilung ein, welche allein die Römische ist: nämlich zwischen die processualische Eintheilung in cond. certi und cond. triticaria. Dabei begingen sie einen dreifachen Fehler. Einmal nämlich lässt sich nicht einsehen, weshalb bloss die Bereicherungscondictionen nach den einzelnen Bereicherungsgründen eingetheilt werden sollen; beliebt man eine Eintheilung der Condictionen nach dem materiellen Klaggrund, so musste auch eine cond. ex mutuo, ex stipulatu aufgestellt werden; davon findet sich in der Compilation nichts, bei Theophilus und den Basilikenscholiasten bloss die cond. mutui. Sodann haben sie das Material der classischen Jurisprudenz nicht immer richtig vertheilt; in 1. 3 § 5 D. de cond. causa data 12, 4 werden Fälle behandelt, welche nicht unter diese Condictio sondern unter die condictio sine causa fallen (ein liber homo bona fide serviens hat dem angeblichen Herrn Geld gegeben, um ihn freizulassen); in 1. 23 § 1 D. de cond. ind. 12, 6 wird der Fall behandelt, dass . Jemand nach dem Urtheil sich vergleicht und die Ver

gleichssumme zahlt; der Vergleich wird für nichtig und die Rückforderung für zulässig erklärt; aber es ist klar, dass die durch den Titel angezeigte cond. indebiti nicht anwendbar ist; in 1. 36 eod. handelt es sich um Rückforderung einer Zahlung, die der Dieb für Rückgabe der gestohlenen Sache erhalten hat, während wir doch nach 1. 2 § 1 D. de cond. ob turp. c. 12, 4 und aus 1. 6 1. 7 C. eod. 4, 7 eine cond. ob turpem causam erwarten; in 1. 29 eod. werden die Zahlungen von Veräusserungsunfähigen behandelt, welche, je nachdem die Geldstücke existiren oder consumirt sind, zu vindiciren resp. zu condiciren sind; das kann offenbar keine cond. indebiti sein; auch im Codex können solche Stellen nachgewiesen werden, vgl. 1. 1 C. de cond. ob c. dat. 4, 6; 1. 4 C. de cond. ex lege 4, 9. Endlich ist der Unterschied zwischen den cond. ob turpem und ob iniustam causam von den Compilatoren nicht präcisirt worden; in den Digesten (12, 5) sind beide verbunden, in dem Codex ist die erstere selbständig behandelt (4, 7), die andere mit der ex lege und sine causa verbunden (4, 9).

§ 6. Fortsetzung. Streitfragen.

Aus dieser Beschaffenheit der Justinianischen Compilation erklären sich die Streitfragen unserer Zeit.

1. Man streitet über das Wesen der cond. sine causa. Schon von der Glosse1) her schreibt sich ihre

1) Gl. est et haec species zu 1. 1 D. de cond. s. c. 12, 7; darin wird sie sogar generalissima genannt und der cond. generalis, unter welcher die cond. certi verstanden wird, entgegengestellt; auf diese cond. certi generalis, die schon bei den Byzantinern ausgebildet ist, komme ich in § 8 zurück.

Eintheilung in generalis und specialis; die generalis cond. sine causa liess man mit allen anderen Bereicherungsklagen concurriren, die specialis sollte subsidiär eintreten, d. h. erst dann, wenn keine der anderen begründet wäre. Diese Ansicht findet sich noch bei Voet, Lauterbach, Günther 2); erst die Neueren kennen nur eine einzige cond. sine causa; es ist die specialis der Glosse. Aber welches ist ihr Umfang? In den mannigfachsten Redewendungen wird gelehrt, dass entweder ein gleich Anfangs rechtloses Haben oder ein späteres Wegfallen des das Haben stützenden Grundes vorausgesetzt werde. Aber was ist mit diesen allgemeinen Worten gewonnen? Reinhard3) versuchte eine Specialisirung, die Klage sollte Anwendung finden, wenn etwas ohne mein Wissen und Wollen in die Hände eines redlichen Dritten gelangt ist), ferner in den bekannten Fällen der 1. 18 pr. 1. 32 D. de reb. cred. 12, 1 und endlich bei causa finita; alle diese Fälle sollten wohlbegründete Ausnahmen von der Regel enthalten, dass etwas ohne Vorbehalt Hingegebenes als mit animus donandi hingegeben erscheine und deshalb nicht zurückgefordert werden. könne. Ich finde indess, dass weder das Princip noch die Ausnahmen, wie sie Reinhard entwickelt, die Sache erklären. Das Princip ist falsch, weil durch dasselbe die abstracte Hingabe geleugnet wird; es giebt aber eine abstracte Hingabe wie ein abstractes Versprechen und eine abstracte Klage 5). Aber auch die angebliche Wohlbegründetheit der Ausnahmen kann ich nicht zugeben; es handelt sich in 1. 23 D. de reb. ccr. 12, 1 nicht

2) Voet, comm. ad. Pand. XII, 7 §§ 1. 2. Lauterbach, coll. Pand. XII, 7; Günther, princ. iur. Rom. § 1118.

3) Arch. f. civ. Praxis 29, 249 ff.

4) 1. 23 D. de reb. cred. 12, 1. 1. 24 § 1 D. de a. e. v. 19, 1.

5) 1.9 § 3 D. de iure dot. 23, 3; 1. 15 D. de cond. causa data 12, 4.

um eine Bereicherung mit einer fremden Sache oder aus einer solchen, vielmehr hat die fremde Sache nur die Gelegenheit zu einer Bereicherung gegeben; ich habe den Besitz eines Sclaven in dem Glauben, er sei mir legirt, erworben, ich habe ihn dann verkauft, und er ist beim Käufer gestorben; bis zu seinem Tode bin ich nicht bereichert, weil mein Abkäufer der Vindication ausgesetzt ist, ich also ihm evictionspflichtig bin; mit dem Tode des Sclaven endet die Möglichkeit einer Eviction und Regresspflicht, und es beginnt eine Bereicherung; aber bin ich aus dem Sclaven bereichert oder nicht vielmehr aus dem Kaufgeschäft? würde, wenn ich das Kaufgeschäft nicht abgeschlossen hätte, mit dem Tode des Sclaven die Bereicherung eingetreten sein? erhellt nicht hieraus, dass es sich nicht um eine Bereicherung ex re aliena sondern ex negotiatione propria handelt?") Müsste ich den Kaufpreis selbst dann herausgeben, wenn der Sclave bei mir vor der Uebergabe gestorben ist??) Die Entscheidung in 1. 24 § 1 D. de a. e. v. 19, 1 ruft lebhafte Bedenken wach; es hat Jemand bona fide vom Diebe einen Sclaven mit dessen Peculium gekauft, der Sclave kauft mit Peculiargeld eine Sache und diese wird seinem angeblichen Herrn übertragen; drei Sabinianer (Sabinus, Cassius, Julian) geben dem wahren Herrn des Sclaven. die Condictio; ich bekenne, dass ich sie nicht erklären kann; offensichtlich ist hier eine geschuldete Sache aus Irrthum dem Nichtgläubiger übergeben worden; dadurch ist der Schuldner nicht befreit worden; er indebiti

[ocr errors]

sollte gegen den Empfänger die cond.

6) So ausdrücklich in l. 21 D. de her. vend. 18, 4: . . . pretium enim hominis venditi non ex re sed propter negotiationem percipitur. 7) Uebrigens schwebt über 1. 23 cit. eine Controverse zwischen Thering und Windscheid, an welcher sich jetzt Krüger betheiligt; vgl. Arch. f. civ. Praxis, Bd. 66.

« PreviousContinue »