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incerti ist, die Schätzung nach der Zeit der Litiscontestation erfolgen; danach lautet die Formel nicht immer quanti ea res erit, sondern auch quanti ea res est; in dem Falle der 1 65 § 7 D. de cond. ind. 12, 6 geht die Schätzung sogar auf eine Zeit vor dem Process zurück: quanti conducturus fuisset.

Ich verfehle nicht zu wiederholen (was ich schon in § 2 berichtete), dass Bekker 19) zuerst mit Bestimmtheit ausgesprochen hat, dass die sämmtlichen Condictionen «ohne Vorhängsel oder andere verba praescripta, gleich mit dem si paret. . . oportere begonnen haben». Danach hat er die Formel der cond. incerti in folgender Weise construirt:

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si paret Nm Ao (incertum

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.) dare facere oportere, quanti ea res erit, tantam pecuniam Nm A° condemna s. n. p. a.

Mit dieser stimmen die oben gebildeten drei Formeln bis auf den Umstand überein, dass Bekker die Worte dare facere neben einander stellt, während in meinen Formeln nur eines von beiden Worten (bald dare bald facere) fungirt; sicher hat aber Bekker beide Worte nur in demselben Sinne wie die Römischen Juristen 20) gebraucht, d. h. in disjunctivem Sinne. Vor Allem lege ich darauf Gewicht, dass auch Bekker das Wort incertum nicht als ständig ansieht sondern dessen Specialisirung in der Intentio verlangt. Wenn nämlich das ständige Wort, wie oben gezeigt, schon bei der actio incerti zu argen Verwickelungen führte, so ist es bei der condictio incerti völlig unbrauchbar; die actio incerti verträgt jenes Wort deshalb, weil sie an der in der Demonstratio mitgetheilten causa debendi eine

19) Actionen 1, 111 Note 34.

20) 1.53 pr. D. de v. s. 50, 16.

feste Grundlage besitzt, so dass sie (wenn auch nicht genügend, so doch halblich) individualisirt und von anderen unterschieden erscheint; die abstracte condictio incerti bedarf eines anderen festen Punktes, und dies kann selbstverständlich nur das Processobject sein. Daraus folgt auch, dass die Formulirung der Intentio «quicquid Num A° dare facere oportet» bei der cond. incerti unmöglich ist 21); sie gehört entschieden der actio incerti an; wäre es anders, so hätte die oben (§ 4 S. 34 f.) besprochene Gleichstellung der Formel des Darlehns und der cond. indebiti nicht erfolgen können.

Actio incerti und condictio incerti haben übrigens wegen ihrer (objectiven resp. causalen) Unbestimmtheit eine gemeinsame Eigenschaft: bei Feststellung der Rechtskraft muss man bei ihnen auf die Gründe des Erkenntnisses zurückgehen 22). Damit will ich mich nicht zu der Savignyschen Theorie von der Rechtskraft der Gründe bekennen; auch die Gegner Savignys erklären den Inhalt und das Mass der Entscheidung aus den Erkenntnissgründen; die Erklärung findet aber bei ihnen ihre Grenze in der Entscheidung.

21) So auch Windscheid, Pand. § 424 Note 2 (der 5. Aufl.); ferner Karlowa a. a. O. S. 238; da er aber die actio ex stipulatu als Condictio ansieht, und jene unzweifelhaft eine mit quicquid beginnende Intentio hat, so statuirte er für diese eine Ausnahme. Savigny (System 5, 605) giebt sogar jeder cond. incerti die Intentio quicquid dari fieri oportet.

22) Man sehe z. B. 1. 20 1. 21 pr. D. de exc. rei iud. 44, 2.

§ 18. Editio actionis.

Nicht von denjenigen Punkten, welche Wieding1) erörtert hat, d. h. nicht von dem Zeitpunkt der editio actionis und ihrem Verhältniss zur postulatio und impetratio actionis, will ich handeln sondern von dem Wesen und Inhalt der editio actionis; denn es liegt auf der Hand, dass wir von hier aus Aufschlüsse über die abstracte Natur einer Klage oder über das Gegentheil erhalten müssen.

Die editio actionis wird in 1. 1 pr. § 1 de ed. 2, 13 von Ulpian folgendermassen beschrieben:

qua quisque actione agere volet, eam edere debet; nam aequissimum videtur, eum qui acturus est edere actionem, ut proinde sciat reus, utrum cedere an contendere ultra debeat, et si contendendum putat, veniat instructus ad agendum cognita actione, qua conveniatur. § 1. Edere est copiam describendi facere vel in libello complecti et dare vel dictare. Eum quoque edere Labeo ait, qui producat adversarium suum ad album et demonstret quod dictaturus est, vel id dicendo quo uti velit.

Zweierlei liegt in der Ulpianschen Ausführung: der Inhalt der Edition und ihre legislatorische Rechtfertigung. Den Inhalt erfahren wir aus § 1; danach erfolgt die actionis editio schriftlich oder mündlich; wenn schriftlich, so muss der Kläger den Beklagten das Schriftstück abschreiben lassen oder es ihm übergeben oder es ihm vorlesen 2); wenn mündlich, so muss

1) Libellprocess S. 49 ff.

2) Dies ist wohl die Bedeutung von dictare; die Basiliken übersetzen es mit tidɛî§αı tǹv dywyǹv; vgl. Brissonius v. dictare u. 1. 1 § 4 D. quod leg. 43, 3.

er ihn zum album praetoris führen und eine dort vorhandene Klagformel mit Zeichen oder Worten angeben; sagt es Ulpian auch nicht ausdrücklich, so ist es doch selbstverständlich, dass bei der Verweisung auf das Album der Kläger das Klagformular ausfüllen muss; denn er muss nicht bloss eine Klage schlechthin sondern seine concrete Klage benennen. Bethmann-Hollweg3) fasst dies dahin auf, dass der Kläger den Grund und Gegenstand seiner Klage so genau bezeichnen müsse, dass darüber kein Zweifel bleibt; das ist sicherlich unrichtig. Die Unrichtigkeit beim Gegenstande ergiebt sich aus der Formel der act. ex stipulatu incerta, deren Demonstratio (auch nach Bethmann-Hollweg) lautet1):

quod Aus Aus a No No incertum stipulatus est ... Die Unrichtigkeit beim Klagegrunde folgt aus der Formel der actiones in rem, welche causa non expressa angestellt werden können. Es kommt eben auf die Art der im Album proponirten Formel an; sie soll ausgefüllt werden, und wenn sie keinen Platz für eine specielle Bezeichnung des Gegenstandes resp. des Klagegrundes hat, so muss das eine oder das andere wegbleiben; dabei hebe ich hervor, dass das Albumformular es niemals zuliess, dass beides (Gegenstand und Klagegrund) unausgefüllt blieb; nur Eines konnte fehlen, und dadurch erhielt die actio edita ihre grössere oder geringere Bestimmtheit. Wenn sich BethmannHollweg (a. a. O. Note 8) noch auf 1. 1 § 4 D. de ed. 2, 13 beruft:

edere non videtur, qui stipulationem non edit, so erkennt er selbst an, dass diese Stelle sich nicht auf die editio actionis sondern auf die editio instru

3) Civilpr. 2, 211.

4) Vgl. oben S. 225 f.

mentorum bezieht, welche in dem Digestentitel II, 13 zugleich mit der editio actionis behandelt wird. In einzelnen Klagen (namentlich bei entehrenden) war allerdings eine besondere Genauigkeit im Edict vorgeschrieben:

Coll. 1. Mos. et Rom. II, 6 § 1: qui autem iniuriarum agit, inquit (sc. Praetor), certum dicat, quid iniuriae factum sit et taxationem ponat non maiorem quam quanti vadimonium fuerit5). Gerade solche Ausnahmebestimmungen ergeben, dass im Allgemeinen ein certum dicere nicht erforderlich war.

Mit keinem Wort wird in den Quellen ausdrücklich gesagt, dass die editio actionis die Angabe der causa petendi enthalte; und wenn in meinen früheren Ausführungen mir der Beweis gelungen sein sollte, dass die Condictio eine abstracte Klage ist, so darf ich behaupten, dass die Vorschriften über editio actionis dem nicht zuwider sind.

Hinzuweisen ist auch auf den in den Quellen 6) mannigfach vorkommenden Ausdruck: edere genus actionis; er wäre unerklärlich, wenn es darauf angekommen wäre, den Beklagten mit den Details bekannt zu machen; er stimmt andererseits sehr gut zu dem Satz, dass eine editio actionis schon in dem Hinweis auf das album praetoris enthalten sei.

Aber man wird einwenden, dass der Zweck der editio actionis eine Angabe der Causa erfordere; legislatorisch werde sie von Ulpian damit gerechtfertigt, dass der Verklagte wissen müsse, ob er den Kläger zufriedenstellen oder mit ihm streiten solle, und dass er letzterenfalls vorbereitet zum Streite kom

5) Vgl. noch 1. 19 pr. § 4 D. de furt. 47, 2.

6) 1. 33 D. de iud. 5, 1; consultatio veteris Icti V, 7.

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