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legung Heimbachs wird demnach, was die Formel der Klage betrifft, durch den Nachweis geführt, dass niemals certa pecunia mit derjenigen Klage geltend gemacht werden kann, welche für alia certa res bestimmt ist; dies ergiebt aber mit Sicherheit die 1. 1 pr. D. de trit. act. 13, 3:

qui certam pecuniam numeratam netit ill~ ~~uune utitur „si certam pavur, qui autem alias res, per triticariam actionem petet.

Hier werden zwei Klagen nach dem Object, nicht nach der Causa unterschieden; die erste Klage (si certum petetur) bezieht sich auf pecunia numerata, auf baares Geld, welches sowohl pecunia credita als non credita umfasst; die zweite Klage (cond. triticaria) bezieht sich auf alle anderen Sachen, also nicht auf baares Geld. Hiernach ist die Heimbachsche Unterscheidung einer Klage auf pecunia credita und einer anderen Klage auf sonstiges Certum (es sei pecunia non credita oder alia certa res) eine rein willkürliche. Die Redeweise actio certae creditae pecuniae findet sich einige wenige Male in den Quellen 2); diese Seltenheit wäre unerklärlich, wenn es eine technische Bezeichnung wäre. Der Ausdruck pecunia credita findet sich hundertfältig, allein er nöthigt nicht, eine besondere Klage anzunehmen; er erklärt sich schon daraus, dass der Process um pecunia credita eine eigene Strafstipulation (die sponsio und restipulatio tertiae partis) nach sich zog. Auch die weitere Behauptung Heimbachs, dass bei (seiner) certi condictio die Condemnatio stets auf certa pecunia gerichtet gewesen sei, ist unhaltbar; Heimbach operirt hier einerseits mit Gaius 4, 57:

2) Gaius 4, 13; 1. 12 § 1 D. de distr. pign. 20, 5; 1. 19 D. inst. act. 14, 3.

si vero in condemnatione minus positum fuerit quam oportet, hoc solum actor consequitur quod posuit, andererseits mit einem Basilikenscholion); aus Gaius leitet er die Behauptung ab, dass die Fassung der Condemnatio lediglich von der Willkür des Klägers was doch innerlich unhaltbar und mit prätorischem Imperium unvinhar ist; bei dem Basilikenscholion übersieht er, dass schon die intenu dan Klage, von welcher dort die Rede ist, auf certa pecunia gerichtet ist. Man erwäge nur, Man erwäge nur, wie ungereimt die Heimbachsche Formulirung ist; sie würde etwa lauten:

si paret Num A° servum Stichum dare oportere, iudex, Num A° centum condemna,

der Richter hätte nur zu prüfen, ob der Verklagte den Stichus schuldet, und hätte, falls er die Schuld begründet erachtet, ohne weitere Schätzung den Verklagten zur Zahlung von Hundert zu verurtheilen; denn eine Anweisung zur Schätzung hat der Richter in dieser Formelfassung nicht erhalten.

Rein auf Erfindung beruht dasjenige, was Heimbach von der doppelten Processform der sog. actio certae creditae pecuniae behauptet. Gerade die lex Rubria, auf welche vornehmlich sich Heimbach stützt, bietet das Material zu seiner Widerlegung. Heimbach stellt das Sponsionsverfahren und das iudicio uti oportet se defendere gegenüber; allein gerade nach der lex Rubria gehört beides zu einander; es ist beides wiederholentlich mit der Partikel que, und nur ein einziges Mal mit der Partikel ve an einander gereiht:

1. Rubr. cap. 21: . . . aut se sponsione iudicioque utei oportebit non defendet, seive is ibei de ea

3) Heimbach II, 585. (Heimbach selbst citirt fälschlich S. 581).

re in iure non responderit neque de ea re sponsionem faciet neque iudicio utei oportebit se defendet. ...

Ja auch im 22. Capitel der Lex, wo von Klagen auf andere Gegenstände als pecunia certa credita die Rede ist, werden gleichfalls Sponsionen erwähnt, und wiederum das iudicio uti oportet se defendere damit verbunden:

1. Rubr. c. 22: .. aut sei sponsionem fierei. oportebit, sponsionem non faciet, non restituet, neque se iudicio uti oportebit defendet ...

Richtig ist, dass bei pecunia certa credita eine sponsio und restipulatio tertiae partis stattfindet, richtig ist ferner, dass die Eingehung von Stipulation und Restipulation vom Belieben der Parteien abhängt; aber schon das ist falsch, dass das Ermessen des Klägers darüber entscheidet; mit Gaius 4, 171 ist es sehr wohl verträglich, dass auch der Beklagte auf Abschliessung der Stipulationen dringen konnte; und jedenfalls ist es unrichtig, dass das Verfahren hauptsächlich über das Strafversprechen erging, und dass sich daran erst als nebensächliches das Verfahren über die pecunia certa credita anschloss; kein Wort in den. Quellen spricht dafür, und die Sache selbst dagegen, denn wenn der Beklagte in ein Drittel seiner Schuld oder der Kläger in ein Drittel der von ihm geltendgemachten, aber in Wahrheit nicht existirenden Forderung als Strafe verurtheilt werden soll, so muss zuerst ausgesprochen werden, dass die Schuld besteht, dass die Forderung nicht besteht; das Urtheil de certa pecunia credita musste das principale sein, das über die Strafe konnte sich erst hieran anschliessen 4).

4) Ebenso Zimmern, Civilprocess S. 170; dagegen hat Huschke in den Jahrb. v. 1840 S. 487 sich ebenso wie Heimbach geäussert.

Dass das Verfahren bei pecunia certa credita ein einheitliches war, beweist eine Stelle der lex Julia municipalis. Nach diesem Gesetze ist der Hauseigenthümer verpflichtet, einen bestimmten Theil der Strasse in gutem Stand zu erhalten; unterlässt er es, so versteigert der Aedil die Instandhaltung, und spricht dem Steigerer eine Forderung an den Hauseigenthümer auf Höhe der Steigerungssumme zu; zahlt diesem der Hauseigenthümer dreissig Tage lang nicht, so muss er ihm fortan noch die Hälfte als Strafe zahlen; sodann fährt das Gesetz fort:

. . inque eam rem is, quo quomque de ea re aditum erit, iudicem iudiciumve ita dato, utei de pecunia credita (iudicem) iudicium ve dari oporteret . . .

Das heisst: bleibt der Hauseigenthümer nach Ablauf der dreissig säumig, so erhält der Steigerer einen Process wie über pecunia credita. Wäre diese Verordnung möglich gewesen, wenn über pecunia credita ein alternatives Verfahren bestanden hätte? Sie wird hingegen völlig erklärlich, wenn man an die sponsio tertiae partis denkt; der Hauseigenthümer unterliegt einer doppelten Strafe: zunächst der von 50 pCt., wenn er dreissig Tage säumig ist, sodann der von 33 pCt., wenn er es zum Process kommen lässt.

Was endlich das dritte Argument Heimbachs betrifft, so enthält seine eigene Angabe das Unstichhaltige desselben; er muss zugeben, dass die querela non numeratae pecuniae sich nicht bloss auf creditirtes Geld sondern auch auf andere Sachen bezieht; seine Behauptung, dass dieser Rechtssatz erst späteren Ursprungs sei, ist völlig beweislos; jedenfalls spricht Justinian von ihm in einer Weise, dass offensichtlich ist, er sei schon lange Zeit in Geltung 5).

5) 1. 14 pr. § 1 C. de non num. pec. 4, 30.

Scheinbar einen ganz eigenen Weg ist Voigt gegangen; er behauptet die völlige Identität von actio certae pecuniae creditae und cond. certi, die act. certae pec. cred. sei später cond. certi genannt worden. Voigt hat die Ansicht nicht weiter ausgeführt sondern bloss skizzirt 6). Sieht man genauer hin, so ruht sie auf demselben Grundgedanken wie die Savignysche Theorie; an die Stelle der Savignyschen pecunia mutua tritt bei Voigt die pecunia credita (stipulata, expensalata, numerata); auch die darüber hinausreichenden Fälle der cond. certi erklärt Voigt (wie Savigny) aus dem Bereicherungsprincip1); mit Heimbach) nimmt er übrigens an, dass die Postjustinianischen Juristen das Gebiet der cond. certi dadurch erweiterten, dass sie als neues Institut die Selbsttaxation des Klagobjects seitens des Klägers und somit den Umsatz des incertum in ein certum durch den Kläger recipirten. Meines Erachtens ergiebt Ciceros Rede für den Schauspieler Roscius unzweifelhaft, dass die Selbsttaxation Seitens des Klägers schon in republikanischer Zeit zulässig war.

§ 15. Die 1. a. per condictionem. Die Ueberleitung derselben in die Condictio, Justinianischer Process 1).

Unzweifelhaft ist der Zusammenhang zwischen der legisactio per condictionem und der condictio; zwischen

6) Cond. ob causam S. 258 ff. Jus natur. Bd. 4 S. 392. 7) Cond. ob causam § 86. Jus natur. Bd. 4 S. 399 f.

8) Creditum S. 115 f. 576 f.

1) Vgl. zum Obigen meine Abhandlung «zur legisactio per iudicis arbitrive postulationem und per condictionem» in den Festgaben für Heffter, S. 29-56.

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