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secundum libertatem zu erfolgen, allein weil hier der Beklagte mit dem Besitz des Sclaven auch die Früchte desselben verlor, so musste ihm dafür Sicherstellung geleistet werden, welche jedoch nicht mehr durch Stellung von praedes litis et vindiciarum, sondern durch die stipulatio pro praede litis et vindiciarum erfolgte, diese aber der sponsio praejudicialis vorangehen musste.

Diese neuen judicia liberalia boten aber den Parteien noch andere Vortheile. Weil nämlich die Sponsio praejud. bei Gaius IV, 92 nicht auf,,hic homo", sondern auf homo, quo de agitur, concipirt ist, so folgt daraus, dass diese judicia, weil sie keinen Vindications-Act mehr enthielten, auch die Gegenwart des Streitobjectes nicht erforderten, also vollzogen werden konnten, wenn die Individualität und Identität auch nur aussergerichtlich constatirt, und dann der Besitz regulirt worden war. Dadurch aber gewährten sie den Vortheil, dass der Mensch, dessen Freiheit in Frage stand, gar nicht nach Rom mitzureisen und seiner Erwerbsthätigkeit entzogen zu werden brauchte, also bis zur Entscheidung der Frage als ein thatsächlich Freier sich selbst erhalten konnte.

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Cicero (de orat. I. 38) zählt auch die Frage, ob Jemand civis oder peregrinus sei, zu den causae centumvirales und erwähnt im cap. 40 den Process des Mancinus als eine solche causa centumviralis. Weil die Civitas sich nicht vindiciren liess, so war die legis actio in rem per sacram. zur Entscheidung dieser Frage völlig unbrauchbar. Die legis actio in rem per spons. et sacram. enthielt nun den Vindications-Act nicht mehr, und konnte somit auch zur Entscheidung dieser Frage dienen, wesshalb in der Form dieses neuen judicium legitimum auch Statusfragen entschieden werden konnten, für deren Entscheidung es früher kein judicium legitimum gab. In dieser Beziehung dürfte hier der § 13 Inst. de act. 4, 6 zu erwähnen sein: praejudiciales actiones in rem esse videntur, quales sunt, per quas quaeritur, an aliquis liber vel libertus sit, vel de partu agnoscendo: ex quibus fere una illa legitimam causam habet, per quam quaeritur, an aliquis liber sit; ceterae ex ipsius praetoris jurisdictione substantiam capiunt 4). Wenn nun für die Frage über die Ingenuität schon in dieser Zeit ein judicium proponirt wurde, so konnte auch diese Frage in einem judicium legitimum nur in der Form der legis actio in rem per spons. et sacram. entschieden werden. Wenigstens gehört das Edict des Prätor Rutilius de bonis libertorum schon in das Jahr 636 d. St. 5) 4) Vgl. L. 1. §. 3. D. ne de statu defunct. 40, 15; L. 14. D. de probat. 22, 3.

5) Vgl. L. 1. D. de bon. lib. 38, 2.

Eine prätorische patria potestas, manus, mancipii causa gab es ebenso wenig wie eine prätorische manus injectio ex causa judicati wesshalb die oben besprochenen pontif. actiones in rem simplices bis zu den leges Juliae in Uebung geblieben sein mussten.

Die Klagen der zweiten Hauptart der dritten pontif. actio generalis, nämlich die vindicationes potestatis vel juris in homine wurden von den veränderten Verhältnissen des Verkehrs nicht berührt, sie blieben also ebenfalls bis zu den leges Juliae brauchbar. Wenn also noch Cicero de orat. I. c. 38 die Processe um die Vormundschaft zu den causae centumvirales rechnet, so meint er damit noch die alten vindicationes tutelae, und folglich auch die alten vindicationes curae.

XIV. Capitel.

Die grundgesetzlichen Formen der Rechtsgeschäfte für den Erwerb des Eigenthums; Reformen in diesem Gebiete; Unhaltbarkeit der ausschliesslichen Geltung der pontif. Geschäftsformen für den Erwerb des Eigenthums in der Zeit der lex Aebutia; die Begründung des prätorischen Eigenthums; nähere Bestimmung der für die Verfolgung und Vertheidigung des prätorischen Eigenthums neben der ersten Hauptart der vierten pontif. actio generalis vom Prätor urbanus eingeführten legis actiones in rem.

Vorbemerkungen.

§. 60. Als Grund des Dualismus im römischen Eigenthumsund Erbrecht habe ich oben (S. 188) den Umstand dargelegt, dass die Sponsio praejud. im Gebiete der absoluten Rechte dem Prätor den Dienst versagte, welchen sie ihm im Gebiete der Obligationen leistete, nämlich nichtcivile Ansprüche in civile zu verwandeln, der Prätor urbanus sich also bescheiden musste, überhaupt die Klagbarkeit des formfrei erworbenen Eigenthums durch neue judicia legitima zu erreichen. Weil ich aber die praejud. Function der Sponsio auf die lex Silia zurückgeführt habe, so muss ich auch die Begründung des prätorischen Eigenthums in die Zeit der lex Silia verlegen und die legis actio in rem per sponsionem et sacramentum als die ursprüngliche Klage zur Geltendmachung des prätorischen Eigenthums betrachten (vgl. oben S. 183 fg.). Die Fragen über die Zeit der Begründung des prätorischen Eigenthums und die Klage, durch

welche es geltend gemacht wurde, beantworten sich also mir von selbst, weshalb mir nur der Nachweis übrigbleibt, dass in der Zeit der lex Aebutia und Silia die Bedürfnisse des Verkehrs nur mehr durch die Anerkennung der formfreien Erwerbungsarten des Eigenthums völlig befriedigt werden konnten, dass die formula petitoria vor den leges Juliae kein judicium legitimum war, die Publiciana in rem actio aber vor diesen Gesetzen überhaupt nicht existirte.

Die Anerkennung der formfreien Erwerbungsarten des Eigenthums veranlasst vier weitere Fragen: 1) Was waren die grundgesetzlichen Formen der Rechtsgeschäfte zur Begründung des Eigenthums? 2) Hatten diese Formen zur Zeit der lex Aebutia und Silia noch ihre ursprüngliche Geltung? 3) Weil die Formen der Begründung absoluter Rechte genau den Formen ihrer Geltendmachung entsprachen, die legis actio in rem immobilem aber reformirt und für die Zukunft wieder brauchbar gemacht wurde, so entsteht auch die Frage, ob und welche Reformen der Prätor urbanus vornahm, um auch die grundgesetzlichen Formen dieser Rechtsgeschäfte für die Zukunft brauchbar zu erhalten. 4) Konnten die reformirten Formen dieser Rechtsgeschäfte für die veränderten Verhältnisse des Verkehrs ihre alte ausschliessliche Geltung in dieser Zeit noch behaupten?

Die grundgesetzlichen Formen der Rechtsgeschäfte für den Erwerb des Eigenthums.

§. 61. Die grundgesetzlichen Formen der Rechtsgeschäfte zur Begründung des quiritischen oder gesetzlichen Eigenthums waren die mancipatio und in jure cessio. Ueber erstere gibt Gaius I, 119 -122 folgende Darstellung: Est autem mancipatio, ut supra quoque diximus, imaginaria quaedam venditio: quod et ipsum jus proprium civium Romanorum est; eaque res ita agitur: Adhibitis non minus quam quinque testibus puberibus et praeterea alio ejusdem condicionis, qui libram aeneam teneat, qui appellatur libripens, is, qui mancipio accipit, aes tenens ita dicit: Hunc ego hominem ex jure Quiritium meum esse aio, isque mihi emptus est hoc aere aeneaque libra"; deinde aere percutit libram idque aes dat ei, a quo mancipio accipit, quasi pretii loco. §. 120. Eodem modo et serviles et liberae personae mancipantur, animalia quoque, quae mancipi sunt, quo in numero habentur boves, equi, muli, asini; item praedia tam urbana quam rustica, quae et ipsa mancipi sunt, qualia sunt Italica, eodem modo solent mancipari.

§. 121. In eo solo praediorum mancipatio a ceterorum mancipatione differt, quod personae serviles et liberae, item animalia, quae mancipi sunt, nisi in praesentia sint, mancipari non possunt; adeo quidem, ut eum, qui mancipio accipit, adprehendere id ipsum, quod ei mancipio datur, necesse sit, unde etiam mancipatio dicitur, quia res manu capitur, praedia vero absentia solent mancipari. §. 122. Ideo autem aes et libra adhibetur, quia olim aereis tantum nummis utebantur, et erant asses, dipondii, semisses et quadrantes, nec ullus aureus vel argenteus nummus in usu erat, ut ex lege XII tabularum intelligere possumus.

und

Hier ist vor Allem hervorzuheben, dass Gaius in dieser seiner Darstellung der Mancipatio sich überall des Praesens bedient, darum nurmehr das zu seiner Zeit geltende Recht vorträgt. Wiewohl es nun mehrere Formeln der Rechtsgeschäfte per aes et libram gab, von denen Gaius in II, 104 das Mancipationstestament angibt, die Formel der Coemptio aber in I, 113 als eine mancipatio asse uno andeutet '), so führt er doch für die Begründung der absoluten Gewalt an res mancipi, mögen diese beweglich oder unbeweglich sein, nur die Eine im §. 119 angegebene Formel an, wodurch er aber bezeugt, dass es für die Begründung des gesetzlichen Eigenthums durch aussergerichtliche Rechtsgeschäfte einst nur Eine Formel gab, und dass das ganze zu seiner Zeit noch geltende Recht der Mancipatio sich aus dieser Einen Formel entwickelt hatte. Um also zu bestimmen, welches Wesen die Mancipatio durch die legale Interpretation der Pontifices ursprünglich innehatte, ist vor Allem nöthig, den Sinn dieser Einen Formel festzustellen.

In dieser Beziehung ist nun vorerst zu bemerken, dass „isque" hier im bekannten erklärenden Sinne von „,und zwar" also auch im Sinne von „denn, weil“ zu interpretiren, und aus diesem Grunde nicht,,emptus esto", sondern emptus est" zu lesen ist 2). Wer nämlich behauptet, dass ihm ein Mensch gesetzlich gehört, der kann diese seine Behauptung nicht damit rechtfertigen, dass der Mensch von ihm erworben sein soll, sondern dass er bereits erworben ist. Dadurch verschwindet aber auch die durch die bisherige Auffassung des ,,isque" erzeugte,,logische Sonderbarkeit, dass zuerst das Eigenthum constatirt, und dann Kauf und Zahlung er

1) Vgl. I, 123 und Huschke's Leseart bei Gaius I, 113.

2) Andere Gründe gegen die auch von Boecking angenommene Leseart ,,emptus esto" bei Ihering, Geist II, 2. S 521, Note 706.

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wähnt wird" 3). Das emere (vgl. eximere, adimere) aber heisst in dieser Formel nicht kaufen", sondern ,,nehmen, erwerben", weil die Lex darunter ,,omnem alienationem", also beziehungsweise jede Erwerbung verstand) und die emptio als eine Species des Tausches betrachtet wurde 5). Das emere hoc aere ist also nur ein „nehmen, erwerben um dieses Geld" also wirklich ein manu capere, wie Gaius die Mancipatio erklärt und wie auch usu capere nur durch usus erwerben bedeutet, der Erwerb durch Usus also genau dem Erwerb durch Manus entspricht 5a). Durch dieses manu capere oder emere um ein bestimmtes Geld setzt sich der Erwerber in ein unmittelbares Verhältniss zum Rechtsobjecte, wesshalb dieser Act nur die selbstständige Begründung eines absoluten Rechtes darstellt. Dem entsprechend erwähnt die Mancipationsformel weder ein mancipio dare, noch die Person, von welcher erworben wird, weil es nicht heisst: isque a te mihi emptus est, sondern bloss ,,isque mihi emptus est". Die Mancipationsformel enthält also weder eine Uebertragung des Eigenthums, noch einen Vertrag über dasselbe, weil sie weder das mancipio dare, noch die Willenseinigung zweier Personen zum Ausdruck bringt 5b). Diese Formel enthält also noch den Ausdruck des Eintausches der einen Sache um eine andere, nur mit der näheren Bestimmung, dass hier diese andere Sache stets nur Geld war, woraus sich aber zugleich von selbst ergibt, dass ursprünglich ohne dieses wirkliche Eintauschen der Sache auch kein Eigenthum erworben wurde. Die von Gaius mitgetheilte Mancipationsformel ist also so zu übersetzen:

,,Ich erkläre, dass dieser Mensch da gesetzlich mir gehört,

3) Ihering, Geist II, 2. S. 526.

4) L. 29. §. 1. D. de stat. lib. 40, 7: Quoniam Lex XII tab. emptionis verbo omnem alienationem complexa videtur.

L. 1.

5) §. 2. Inst. de empt. et vend. III, 23: Unde illud est, quod vulgo dicebatur, permutatione rerum emptionem et venditionem contrahi, eamque speciem emptionis et venditionis vetustissimam esse. pr. D. de contrahend. empt. 18, 1: Origo emendi vendendique a permutationibus coepit; olim non ita erat nummus, neque aliud merx, aliud pretium vocabatur, sed unus quisque secundum necessitatem temporum ac rerum utilibus utilia permutabat, quando plerumque evenit, ut, quod alteri supererat, alteri desit.

5a) z. vgl. jetzt auch Bekker, Aktionen, I, S. 31.

5b) Ganz anders schon Plautus, welcher Rud. prolog. 59 sagt: adulescenti, qui puellam ab eo emerat, Trinum. I. 2. 87: Emistin de adolescente hasce aedes?

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